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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wissenschaft im Vatikan


Monger
2006-02-24, 11:41:43
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltraum/0,1518,400601,00.html

Wie ich finde, ein sehr spannender und irgendwie... versöhnlicher Artikel. Es arbeiten also nicht nur Holzköpfe dar, sie haben nur Schwierigkeiten sich der Öffentlichkeit so zu präsentieren wie sie gerne würden. Politische Querelen also.

Imperator Katarn
2006-02-24, 14:25:05
Das ist doch nichts neues, daßsich die Kirche um eine versöhnliche Haltung zur Wissenschaft bemüht. Das hat zwei Aspekte:

1) vertritt die christliche Lehre eine starke Abgrenzung zwischen Physis und Metaphysis, zwischen Natur und Übernatur. Die transzendente Übernatur ist in diesem Schema Domäne der Religion, im verleibenden Bereich der Natur darf sich die Wissenschaft dann austoben. Sie darf nur nicht wagen, die Grenzen dieses ihr von der Kirche angedachten Areals zu überschreiten und sich mit Dingen zu befassen, die die Kirche als dem Reich des Sprituellen zugehörig ansieht, sonst gibt's wieder die ganz harte Keule der Inquisition. Man merkt das besonders an einer Äußerung von einer der Personen in dem Artikel: "Ich brauchte etwas, um meine spirituellen Bedürfnisse zu nähren.". Er vermochte seine spirituellen Bedürfnisse nicht in der wissenschaftlichen Forschung zu nähren, die spirituelle Qualität der Natur blieb ihm verborgen.

2) eigentlich in gewissem Widerspruch zur strikten Abgrenzung aus 1) betrachtet die Kirche die Urknalltheorie als Ansatzpunkt für das Schöpfungskonzept: der Urknall soll demnach Gottes Werk sein, mit dem Urknall habe Gott das Universum erschaffen.

Edit: an einer Stelle führt der im Artikel genannte George Coyne seine eigenen Glaubensvorstellungen ad absurdum, nämlich als er sagt, der Autor des Buches Genesis könne nichts von der kosmischen Hintergrundstrahlung gewußt haben, da die erst im 20. Jhdt. entdeckt wurde. Wenn aber der Autor des Buches Genesis nicht einfach nur herumphantasiert hat, was die Schhöpfungsgeschichte zu einem bedeutungslosen Märchen degradieren würde, muß er wohl durch irgendeine Art von göttlicher Offenbarung auf sie gekommen sein - und in der hätte ihm Gott auch von der kosmischen Hintergrundstrahlung erzählen können...

Radeonfreak
2006-02-24, 14:34:33
Seit wann hat die Kirche der Wissenschaft zu sagen wo die Grenzen liegen ? :|

Alles was erforscht werden kann wird erforscht werden.Ob es der Kirche passt oder nicht. Vielleicht haben sie ja Angst das sie überflüssig werden (Was sie eigentlich schon sind)

Monger
2006-02-24, 16:05:25
Fairerweise muss man ja sagen, dass die katholische Kirche eine lange Forschungstradition hat. Schulen, Universitäten usw. wurden ursprünglich allesamt von der Kirche gegründet und unterhalten. Mönche waren die gelehrtesten Personen des frühen Mittelalters, nicht nur was die Geisteswissenschaften angeht, sondern auch Astronomie, Mathematik und Chemie.

Erst im Spätmittelalter (so ungefähr mit Galileo Galilei) kam das große Zerwürfnis, und seitdem prügeln sich beide Bereiche.

Heeragon
2006-02-24, 16:32:32
Naja Wissen ist Macht.
Und die Kirche hatte lange Zeit VIEL Macht. :)

Leonidas
2006-02-24, 17:06:56
Edit: an einer Stelle führt der im Artikel genannte George Coyne seine eigenen Glaubensvorstellungen ad absurdum, nämlich als er sagt, der Autor des Buches Genesis könne nichts von der kosmischen Hintergrundstrahlung gewußt haben, da die erst im 20. Jhdt. entdeckt wurde. Wenn aber der Autor des Buches Genesis nicht einfach nur herumphantasiert hat, was die Schhöpfungsgeschichte zu einem bedeutungslosen Märchen degradieren würde, muß er wohl durch irgendeine Art von göttlicher Offenbarung auf sie gekommen sein - und in der hätte ihm Gott auch von der kosmischen Hintergrundstrahlung erzählen können...



Da die Bibel Kirchen-offiziell als das Werk von durch Gott beinflußter Autoren gilt, gibt es ganz automatisch einen Widerspruch, wenn man irgendwas in der Bibel anzweifelt.

Tigerchen
2006-02-24, 17:19:41
Fairerweise muss man ja sagen, dass die katholische Kirche eine lange Forschungstradition hat. Schulen, Universitäten usw. wurden ursprünglich allesamt von der Kirche gegründet und unterhalten. Mönche waren die gelehrtesten Personen des frühen Mittelalters, nicht nur was die Geisteswissenschaften angeht, sondern auch Astronomie, Mathematik und Chemie.

Erst im Spätmittelalter (so ungefähr mit Galileo Galilei) kam das große Zerwürfnis, und seitdem prügeln sich beide Bereiche.

Das Problem bei all den Religionen ist eben daß sie vorgeben wo Wissenschaft zu enden hat weil an dieser Stelle eben der liebe Gott alles gesagt hat was es zu sagen gibt. Dies ist ein Grundpfeiler der Theokratien und keineswegs auf den Katholizismus begrenzt. Diverse christliche Gruppen versuchen ja seit einiger Zeit wieder solche Grenzen zu errichten um irgendwann wieder ihre Gewaltherrschaft wieder zu erlangen. Die Muslime sind in dieser Hinsicht schon mehrere Schritte weiter. Sie stehen aber vor dem Problem doch einigen erlauben zu müßen sich mit Wissenschaften zu beschäftigen. Das ist ein Problem. Denn wenn man einem Geist erstmal erlaubt eigenen Gedanken zu folgen läßt es sich nie genau sagen welche Richtung diese Gedanken nehmen. So ist es nur konsequent wenn iranische Atomforscher keinerlei unkontrollierte Kontakte haben dürfen.

PHuV
2006-02-24, 17:48:55
Besonders interessant fand ich die Rede von Johannes Paul II., wo er den Absolutismus gegenüber den Relativismus verteidigte, natürlich wieder eine sehr gute Basis für wissenschaftliche Betrachtungen.

Monger
2006-02-24, 18:22:39
Das Problem bei all den Religionen ist eben daß sie vorgeben wo Wissenschaft zu enden hat weil an dieser Stelle eben der liebe Gott alles gesagt hat was es zu sagen gibt. Dies ist ein Grundpfeiler der Theokratien und keineswegs auf den Katholizismus begrenzt.

Es ist ein Problem des Christentums und des Islams, und in beiden Fällen seit gar nicht so langer Zeit. Beim Judentum bin ich mir nicht sicher.

Wenn du dir mal die altgriechische Philosophie anschaust, wirst du erstaunliche Parallelen zum Christentum feststellen. Erkenntnislehre, Dualismus aus Körper und Seele, Suche nach dem Ursprung...

Mit der Philosophie hat sich das Christentum auch die Wissenschaft an Bord geholt, und damit die Zielsetzung, mit dem Glauben die Welt erklären zu können - was natürlich schief laufen muss.

dragonmaster
2006-02-24, 21:04:10
naja die kathol. Kirche war nur solange mit der Wissenschaft einverstanden solange diese die Aussagen der Bibel unterstützten, als dann aber Galileo bewies dass die Erde um die Sonne kreist und nicht umgekehrt war es sehr schnell mit dem Wohlwollen der kath. Kirche vorbei, und selbst heutzutage ist kathl. Kirche nicht ganz in der Neuzeit angekommen.

Aber wer ein Buch das vor 2000 Jahren geschrieben als alleinige und alleingültige Antwort für wissenschaftl. Fragen aller Colleur nimmt macht sich zum Sklaven seiner Geschichte ohne jeglichen Fortschritt, welche Ergebnisse dieses hatte ist ja allgemein bekannt, Reformation, Humanismus,Aufklärung etc.

Solange die Führer dieser Religion sich für unfehlbar halten und dies für immer festgeschrieben haben, bin ich nicht bereit diese Religion ernst zu nehmen, da sie ja augenscheinlich an Realitätsverlust leidet.

Tigerchen
2006-02-25, 08:17:17
Es ist ein Problem des Christentums und des Islams, und in beiden Fällen seit gar nicht so langer Zeit. Beim Judentum bin ich mir nicht sicher.

Wenn du dir mal die altgriechische Philosophie anschaust, wirst du erstaunliche Parallelen zum Christentum feststellen. Erkenntnislehre, Dualismus aus Körper und Seele, Suche nach dem Ursprung...

Mit der Philosophie hat sich das Christentum auch die Wissenschaft an Bord geholt, und damit die Zielsetzung, mit dem Glauben die Welt erklären zu können - was natürlich schief laufen muss.

Streng gläubige Juden unterscheiden sich in keinster Weise von den Hardlinern des Islams und des Christentums.
Und diese Rechthaberei ist so alt wie das Christentum und der Islam.

PHuV
2006-02-25, 09:31:50
Solange die Führer dieser Religion sich für unfehlbar halten und dies für immer festgeschrieben haben, bin ich nicht bereit diese Religion ernst zu nehmen, da sie ja augenscheinlich an Realitätsverlust leidet.

So kann man das auch nicht sehen, die sehen sehr wohl, was in der Realität da ist. Gerade Karol Józef Wojtyła (Johannes Paul II.), auch wenn ich persönlich seine Statments überhaupt nicht möchte und ihn sehr kritisch sehe, sah sehr wohl genau, was die Realität ist.

Nur muß man sich doch mal vorstellen, daß man über eine Milliarde Gläubige zu betreuen hat, dazu einen großen Klerus und Machtapperat. Da kann man nicht so einfach neue Erkenntnisse und Theorieen umsetzen.

Beispielsweise wärste auch sehr erstaunt, wie teilweise in der Wissenschaft an ollen Kamellen und alten Ergebnissen mit aller Macht festgehalten wird.

Bitte nicht falsch verstehen, ich finde das auch nicht gut, kann aber zu einem gewissen Teil die Vorbehalte der Kirchenoberen aus deren Standpunkte nachvollziehen.

blackbox
2006-02-26, 13:42:01
Etwas OT:
Der Vatikan hat wahrscheinlich das größte wissenschaftliche Archiv der Welt.
Wer weiß, welche Schätze der Vatikan der Öffentlichkeit vorenthält.

ShadowXX
2006-02-28, 13:32:25
Nur muß man sich doch mal vorstellen, daß man über eine Milliarde Gläubige zu betreuen hat, dazu einen großen Klerus und Machtapperat. Da kann man nicht so einfach neue Erkenntnisse und Theorieen umsetzen.

Warum?
Angst vor Machtverlust?

Beispielsweise wärste auch sehr erstaunt, wie teilweise in der Wissenschaft an ollen Kamellen und alten Ergebnissen mit aller Macht festgehalten wird.

Altbekannt....viele wissenschaftliche Theoretiker werfen sich wegen verschiedener Theorien öfters mal die Köpfe ein...

Bitte nicht falsch verstehen, ich finde das auch nicht gut, kann aber zu einem gewissen Teil die Vorbehalte der Kirchenoberen aus deren Standpunkte nachvollziehen.
Und wieder die Frage: welche Vorbehalte? Angst vor Machtverlust?

Monger
2006-02-28, 15:13:01
Warum?
Angst vor Machtverlust?

Selbst wenn: das wäre ja ein absolut legitimes Argument. Die katholische Kirche würde sich und ihren Glauben lächerlich machen, wenn sie auf einen Schlag uralte Dogmen über Bord werfen würde. Ein Glaube gewinnt ja nunmal vorwiegend Kraft durch das eigene Alter.

Imperator Katarn
2006-02-28, 16:01:47
Die katholische Kirche würde sich und ihren Glauben lächerlich machen, wenn sie auf einen Schlag uralte Dogmen über Bord werfen würde.setzt sie sich dieser Gefahr nicht auch dann aus, wenn sie es statt auf einen Schlag nur allmählich tut? Wenn sie z.B. heute zugibt, daß es ein Fehler war, Dinge wie Hexenverbrennungen, Inquisition oder Ablaßhandel zu betreiben?

Monger
2006-02-28, 16:48:40
setzt sie sich dieser Gefahr nicht auch dann aus, wenn sie es statt auf einen Schlag nur allmählich tut? Wenn sie z.B. heute zugibt, daß es ein Fehler war, Dinge wie Hexenverbrennungen, Inquisition oder Ablaßhandel zu betreiben?

Nur bei Leuten die ohnehin nicht glauben.
In Europa ist sowieso Hopfen und Malz verloren, aber die katholische Kirche hat ja nach wie vor in Südamerika, Nordamerika und sogar Teilen von Asien und Afrika noch ganz eindrucksvolle Anhängerzahlen. Die gilt es zu bewahren und auszuweiten. Ich glaube, die dortige Vorstellung von Religion unterscheidet sich ganz deutlich von der unseren. Sex vor der Ehe ist in vielen Regionen der Erde alles andere als selbstverständlich. Wenn ich da alleine schon an meine amerikanische Verwandtschaft denke... :rolleyes:


Ich glaube wirklich nicht, dass die katholische Kirche schwere strategische Fehler begeht. Was aber an meiner Antipathie natürlich nicht das geringste ändert...