(del)
2008-08-14, 08:44:10
Linux - Warum?
Das ist eine sehr oft gestellte Frage und ich habe mich entschlossen einmal einen kleinen Text zu verfassen, der sich vornehmlich an Leute richtet, die noch keine (wenige) Erfahrungen mit Linux haben aber prinzipiell offen für etwas neues sind.
Vor ca. einem Jahr war es bei mir so weit, ich hatte einen alten Rechner und einen guten Kumpel, der seit Jahren begeisterter Linux User ist. Ich wollte es einfach mal ausprobieren und so haben wir uns getroffen und mein Rechner wurde mit gentoo-Linux und dem enlightenment Windowmanager bestückt. Seitdem hat mich das Betriebssystem begeistert und ich habe in diesem einen Jahr viele neue Erfahrungen gesammelt, viel gelernt, ich benutze mittlerweile ausschließlich Linux.
Im Folgenden schreibe ich mal kurz auf, was mich denn so begeistert und versuche ein bisschen meine Arbeitsweise zu beschreiben um Neulingen einen Eindruck zu vermitteln, was unter Linux, im speziellen Gentoo möglich ist.
Software installieren
Wie jede andere große Distribution auch hat Gentoo eine Paketverwaltung, das sogenannte Portage. Möchte man ein (hinreichend stabiles und bekanntes) Programm installieren, so macht man einfach die Konsole auf, besorgt sich root-Rechte (Administrator-Rechte) und legt los (Pidgin dürfte auch der Windowswelt bekannt sein):
bazooka@Pentium4 ~ $ su
Passwort:
Pentium4 bazooka # emerge -va pidgin
These are the packages that would be merged, in order:
Calculating dependencies... done!
[ebuild R ] net-im/pidgin-2.4.3 USE="gtk ncurses nls perl -bonjour -dbus -debug -doc -eds -gadu -gnutls -groupwise -gstreamer -meanwhile -networkmanager -prediction -qq -sasl -silc -spell -tcl -tk -zephyr" 0 kB
Total: 1 package (1 reinstall), Size of downloads: 0 kB
Would you like to merge these packages? [Yes/No] No
Quitting.
Wie man sieht, gibt es hier USE Flags, man kann also bestimmen, wie man denn sein Programm gerne hätte. Z.B. Könnte man Pidgin hier direkt die Fähigkeit für das Protokoll gadu-gadu mit einbauen:
Pentium4 bazooka # USE="gadu" emerge -va pidgin
These are the packages that would be merged, in order:
Calculating dependencies... done!
[ebuild N ] net-libs/libgadu-1.8.0 USE="ssl -threads" 399 kB
[ebuild R ] net-im/pidgin-2.4.3 USE="gadu* gtk ncurses nls perl -bonjour -dbus -debug -doc -eds -gnutls -groupwise -gstreamer -meanwhile -networkmanager -prediction -qq -sasl -silc -spell -tcl -tk -zephyr" 0 kB
Total: 2 packages (1 new, 1 reinstall), Size of downloads: 399 kB
Would you like to merge these packages? [Yes/No]
Das Portage bemerkt dann automatisch, dass dafür zusätzlich die libgadu installiert werden müsste und bietet dies dann auch direkt an. Jetzt könnte man z.B. der libgadu noch das USE Flag "threads" setzen, ihm somit also die Fähigkeit geben mit mehreren Threads zu arbeiten... Nachdem man mit seinen Einstellungen zufrieden ist, wird mit "y" bestätigt und danach werden automatisch die Quelltexte heruntergeladen, kompiliert und das Programm in das System installiert. Man muss dabei sozusagen nur einfach abwarten. Das dauert bei kleinen Programmen wie Pidgin ein paar wenige Minuten, kann bei großen Paketen wie z.B. Open Office auf meinem Pentium 4 auch gut und gerne 12 Stunden dauern (mein Laptop mit C2D @ 1,8 Ghzschafft es in knapp 3 Stunden).
Die Einfachheit dieses Systems hat mich sehr überrascht und gefreut, schließlich war ich es gewohnt Software immer zuerst von irgendeiner Website herunterzuladen und mich dann durch ein halbes Dutzend Fensterchen zu klicken.
Software
Wie steht es denn mit der Produktvielfalt unter Linux? Findet man denn überhaupt alles, was man braucht? Meine Erfahrung dabei ist: Ja, absolut. Ich habe bis jetzt für jedes sinnvolle Programm, das ich unter Windows benutzt habe einen mindestens äquivalenten Ersatz unter Linux gefunden und darüber hinaus auch viel mehr, so dass keine Wünsche offen blieben.
Office -> Open Office, gnumeric für schöne Graphen
LaTex -> Lyx
Vektor-Graphik -> ink-scape
3D Graphik -> Blender
2D Graphik -> Gimp
(fast)alle Bildformate in alle anderen umwandeln, dabei nach Vorgaben bearbeiten (skalieren, drehen, beschneiden, beschriften, ...): convert
pdf Erzeugen und z.B. aneinanderhängen -> Ghost script
Surfen & Emails -> Firefox/Thunderbird
Bilder gucken -> gqview
Graphischer Datei-Browser -> Konqueror
Brennprogramm -> K3B
Messenger -> Pidgin
IRC -> Xchat
Kurven Plotten -> gnuplot
Video -> kaffeine, mplayer
audio -> audacious, amarok
cd-rippen -> cdparanoia (per konsole), grip als graphische oberfläche dazu
Das sind so die wichtigsten Programme, die ich oft benutze. Alle genannten Programme sind natürlich open source. Es überrascht mich immer wieder, wie viele open source Programme es gibt und wie viel Mühe und Arbeit darin steckt. In meiner Windows Zeit habe ich größtenteils mit Shareware, Freeware und eben kommerziellen Produkten gearbeitet, daher einmal die großen Unterschiede zwischen dieser Art von Software und open source: Bei open source Software findet man keine riesigen Werbebanner, Boxen mit 15 Sekunden Timer zum Wegklicken, eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten mit Hinweisen auf die Vollversion etc. Sie kostenlos und Quelloffen, die größeren Projekte (wozu alle genannten dazu zählen), werden gepflegt, weiterentwickelt und Sicherheitslücken werden aufgrund der großen Community und des offenen Quellcodes relativ schnell beseitigt. Wenn einem das Programm nicht so gefällt, wie es programmiert wurde, kann man sich auch den Quelltext vornehmen und es umschreiben...
Eines muss noch zum Thema gesagt werden: Linux ist kein Zockersystem. Es gibt Spiele für Linux, aber hierbei kann sich die Vielfalt keinesfalls mit Windows messen. Wer also Wert auf das Zocken legt, sollte sich mal den Spielethread hier im Subforum anschauen und überlegen, ob ihm diese Spiele genügen oder darüber nachdenken für das Zocken ein Windows zu benutzen oder sich eine Spielonsole zuzulegen. Nichtsdestotrotz - Pausenspiele, wie Supertux, Tetrisclones uvm. findet man in Massen.
Die Konsole
Am Anfang fällt es sehr schwer, in einer Konsole zu arbeiten. Die ganzen Befehle und die Benutzung wollen erst einmal gelernt sein, aber schon nach ein paar Wochen fühlt man sich in der Konsole wohl und nach einigen Monaten offenbart sie ihre Stärken. Graphische Dateimanager mögen ihre Vorteile haben, können aber niemals die Möglichkeiten bieten, die man unter einer Konsole hat. Ich persönlich habe noch keine drei Mal einen Graphischen Dateimanager benutzt, sondern erledige alles direkt mit Konsole und Tastatur. Und darf dabei von mir behaupten schneller als viele geübte Anwender mit Drag&Drop zu sein. Hier mal ein kleiner Eindruck:
Angenommen, ich möchte einige meiner Photos in das aktuelle Verzeichnis kopieren (dafür steht der Punkt, -r heißt, dass man nicht nur Dateien, sondern das Verzeichnis kopieren möchte)
bazooka@Pentium4 ~ $ cp photos/2008-05-29_Maifete/ . -r
Das geht jetzt nicht besonders komfortabel und die Konsole zeigt hier auch keine besonderen Stärken. Aber angenommen, ich möchte diese Photos jetzt skalieren:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ mogrify -geometry 50% *.jpg
Das war es. Mehr brauche ich dafür nicht zu unternehmen, ich muss kein Zusatzprogramm wie Irfanview oder ähnliches öffnen um meine Bilder zu verkleinern. Das ist doch schon eimal toll, oder? In der Konsole kann man auch direkt skripten:
Angenommen ich möchte meine Bilder jetzt auch noch durchnummerieren und das Ergebnis anzeigen:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ I=0; ls | while read file; do mv $file $I.jpg; I=$(($I+1)); done
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ ls
0.jpg 1.jpg 2.jpg 3.jpg 4.jpg
Wer sich ein bisschen Gedanken darüber macht, merkt wie unbegrenzt die Möglichkeiten damit sind. Anstatt solche scripts direkt per hand einzugeben, kann man sie sich auch in einer Datei abspeichern, so fotografiere ich z.B. des öfteren Übungsblätter oder Mitschriften für Studienkollegen ab. Um ihnen diese dann komfortabel als pdf geben zu können habe ich mir ein kleines Skript geschrieben, das die Photos automatisch um 90 Grad dreht, sie etwas herunterskaliert und die Qualität reduziert und anschließend als pdf zusammenhängt:
#!/bin/bash
while getopts ':o:' OPTION ; do
OUTPUTFILE=$OPTARG
done
shift $(( OPTIND - 1 ))
STEP=0
for ARG ; do
STEP=$(( $STEP + 1 ))
convert "$ARG" -geometry 60% -rotate 90 -quality 85 "$ARG+photostopdftemp.pdf"
echo "Converted $ARG into pdf. ($STEP/$#)"
done
echo "Beginning to concatenate pdf files."
gs -q -sPAPERSIZE=letter -dNOPAUSE -dBATCH -sDEVICE=pdfwrite -sOutputFile="$OUTPUTFILE" *photostopdftemp.pdf && rm -f *photostopdftemp.pdf
echo "All pdf files concatenated and written to $OUTPUTFILE"
Das sieht dann so aus:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ /home/bazooka/script/photos2pdf.sh -o Mitschrift.pdf *.jpg
Converted 0.jpg into pdf. (1/10)
Converted 1.jpg into pdf. (2/10)
Converted 2.jpg into pdf. (3/10)
Converted 3.jpg into pdf. (4/10)
Converted 4.jpg into pdf. (5/10)
Converted 5.jpg into pdf. (6/10)
Converted 6.jpg into pdf. (7/10)
Converted 7.jpg into pdf. (8/10)
Converted 8.jpg into pdf. (9/10)
Converted 9.jpg into pdf. (10/10)
Beginning to concatenate pdf files.
All pdf files concatenated and written to Mitschrift.pdf
Klar, es kostet Zeit sich das alles anzueignen, aber mir hat es Spaß gemacht und das Script hat sich mittlerweile mehr als rentiert. Das benutzt z.B. meine Freundin auch, oder auch andere Freunde von mir. Und ich benutze deren Scripts.
Der Desktop
Ich benutze wie gesagt den Windowmanager enlightenment, da er nicht allzu weit verbreitet ist, will ich eigentlich hier nur auf einen Aspekt eingehen, den so weit ich weiß alle Windowmanager gemeinsam haben: Mehrere Desktops. Ich benutze zwar einen 22 Zoll Bildschirm aber wer kennt das nicht? Ab und zu ist einfach alles zu klein, speziell wenn man mehrere Programme offen hat. Die Anzahl der Desktops kann ich frei wählen von 1 bis einige hundert. Per Tastaturkürzel kann ich dann zwischen den einzelnen Desktops wechseln, bzw. wenn ich die Maus aus dem Bildschirmrand herausbewege landet sie auf dem nächsten Desktop. So entsteht auch bei 10 offenen Programmen keine Unordnung undich muss mich nciht mit einer überfüllten Taskleiste herumschlagen. Auch das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, steigert meiner Meinung nach die Effizienz aber enorm.
DVD anschauen
Vielleicht hat der ein oder andere eine DVD aus einem Urlaubsland mitgebracht und somit schon Bekanntschaft mit den sogenannten Ländercodes gemacht: Eine DVD soll nur in der Region abgespielt werden können, für die sie bestimmt ist. So bietet PowerDVD z.B. die Möglichkeit die Region frei zu wählen und diese Einstellung 5 mal(?) zu ändern. Spielt man also gerne ausländische DVDs und deutsche im Wechsel ab, bekommt man früher oder später ein Problem. Unter Linux ist so ein Mist gar nicht implementiert, ich muss keine Zusatzsoftware installieren um solche Sachen zu umgehen. Auch spielt mir mein mplayer alles, was ich ihm in das Laufwerk stecke. Egal ob kopiergeschützt oder nicht.
Der mplayer kann übrigens auch "dumpen" d.h., er schreibt den Medienstream direkt auf die Platte. Das ist sehr nützlich um Videos direkt mitzuschneiden (von DVD, Internet, ...) Auch kann er mit allen (vielen?) win32codecs umgehen und somit auch Formate wie wma abspielen...
SSH
Manchmal möchte ich meinen Desktop Rechner gerne fernsteuern, oder von dem Laptop aus auf dessen Dateien zugreifen. Zu diesem Zwecke habe ich SSH eingerichtet. Jetzt kann ich auf meinem Laptop einfach die Konsole aufmachen, "ssh Pentium4" eintippen und ein Passwort eingeben. Damit lande ich quasi in einer Konsole auf dem Desktop Rechner. Jetzt kann ich Musik anstellen, Laustärke kontrollieren, eine Datei herunterladen, auf Dateien zugreifen, den Rechner herunterfahren usw....
Das Gefühl dabei
Mit Gentoo fühle ich mich einfach wohl. Ich kann einfach mein Betriebssystem genau so anpassen, wie ich es gerne hätte, ich werde nicht gegängelt, ich werde nicht mit lästigen Popups geplagt, die mich darauf aufmerksam machen, dass mein System "eventuell gefährdet" ist, dass eine Trialversion von weiß Gott was abgelaufen ist usw. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt, ich habe z.B. in der Universität einen Account auf dem Unix Cluster und somit dort auch einen gewissen Speicherplatz. Diesen kann ich ganz bequem über ssh in meinen eigenen Verzeichnisbaum eingliedern und ohne Einschränkungen alles damit machen, was ich in anderen Ordnern auf meiner Platte auch machen könnte (das geht auch über ftp, sftp, smb...). Ich finde für alle erdenklichen Situationen passende Software und Tools, die ich bei Bedarf in Scripten benutzen kann, oder den Quelltext modifizieren könnte. Die Gentoo Community ist groß und für jedes Problem, das bei mir aufgetaucht ist, habe ich in der gentoo-wiki oder Linus Foren Antworten gefunden. Diese Freiheit setzt eine gewisse Mündigkeit des Nutzers voraus, so kenne ich jemanden, der nach einegen Bierchen bei seiner Freundin auf dem Rechner (auch Linux) folgendes eingegeben hat: rm -rf /*.
Durch ein Missgeschick beim scherzhaft gemeinten Gerangel kam es dazu, dass die Enter Taste betätigt wurde. Der Befehl löscht ALLES, was der Benutzer löschen darf. Im speziellen also sämtliche privaten Dateien, Musik usw. Ohne Nachfrage, ohne Papierkorb.
So etwas sollte man sich bewusst machen, Mit Trial & Error kommt man bei diesem Betriebssystem auf Dauer nicht weiter.
Ich hoffe mit diesem Text einigen Neulingen einen kleinen Eindruck vermittelt zu haben, was uns Linux "freaks" an diesem Betriebssystem so begeistert. Wenn euch dieser Text gefällt, könnte man ihn ja eventuell Sticky machen oder an entsprechender Stelle verlinken. Über Ergänzungen und weitere Erfahrungen würde ich mich freuen und bitte jegliches geflame Linux vs. Windows vs. Mac zu unterlassen.
Das ist eine sehr oft gestellte Frage und ich habe mich entschlossen einmal einen kleinen Text zu verfassen, der sich vornehmlich an Leute richtet, die noch keine (wenige) Erfahrungen mit Linux haben aber prinzipiell offen für etwas neues sind.
Vor ca. einem Jahr war es bei mir so weit, ich hatte einen alten Rechner und einen guten Kumpel, der seit Jahren begeisterter Linux User ist. Ich wollte es einfach mal ausprobieren und so haben wir uns getroffen und mein Rechner wurde mit gentoo-Linux und dem enlightenment Windowmanager bestückt. Seitdem hat mich das Betriebssystem begeistert und ich habe in diesem einen Jahr viele neue Erfahrungen gesammelt, viel gelernt, ich benutze mittlerweile ausschließlich Linux.
Im Folgenden schreibe ich mal kurz auf, was mich denn so begeistert und versuche ein bisschen meine Arbeitsweise zu beschreiben um Neulingen einen Eindruck zu vermitteln, was unter Linux, im speziellen Gentoo möglich ist.
Software installieren
Wie jede andere große Distribution auch hat Gentoo eine Paketverwaltung, das sogenannte Portage. Möchte man ein (hinreichend stabiles und bekanntes) Programm installieren, so macht man einfach die Konsole auf, besorgt sich root-Rechte (Administrator-Rechte) und legt los (Pidgin dürfte auch der Windowswelt bekannt sein):
bazooka@Pentium4 ~ $ su
Passwort:
Pentium4 bazooka # emerge -va pidgin
These are the packages that would be merged, in order:
Calculating dependencies... done!
[ebuild R ] net-im/pidgin-2.4.3 USE="gtk ncurses nls perl -bonjour -dbus -debug -doc -eds -gadu -gnutls -groupwise -gstreamer -meanwhile -networkmanager -prediction -qq -sasl -silc -spell -tcl -tk -zephyr" 0 kB
Total: 1 package (1 reinstall), Size of downloads: 0 kB
Would you like to merge these packages? [Yes/No] No
Quitting.
Wie man sieht, gibt es hier USE Flags, man kann also bestimmen, wie man denn sein Programm gerne hätte. Z.B. Könnte man Pidgin hier direkt die Fähigkeit für das Protokoll gadu-gadu mit einbauen:
Pentium4 bazooka # USE="gadu" emerge -va pidgin
These are the packages that would be merged, in order:
Calculating dependencies... done!
[ebuild N ] net-libs/libgadu-1.8.0 USE="ssl -threads" 399 kB
[ebuild R ] net-im/pidgin-2.4.3 USE="gadu* gtk ncurses nls perl -bonjour -dbus -debug -doc -eds -gnutls -groupwise -gstreamer -meanwhile -networkmanager -prediction -qq -sasl -silc -spell -tcl -tk -zephyr" 0 kB
Total: 2 packages (1 new, 1 reinstall), Size of downloads: 399 kB
Would you like to merge these packages? [Yes/No]
Das Portage bemerkt dann automatisch, dass dafür zusätzlich die libgadu installiert werden müsste und bietet dies dann auch direkt an. Jetzt könnte man z.B. der libgadu noch das USE Flag "threads" setzen, ihm somit also die Fähigkeit geben mit mehreren Threads zu arbeiten... Nachdem man mit seinen Einstellungen zufrieden ist, wird mit "y" bestätigt und danach werden automatisch die Quelltexte heruntergeladen, kompiliert und das Programm in das System installiert. Man muss dabei sozusagen nur einfach abwarten. Das dauert bei kleinen Programmen wie Pidgin ein paar wenige Minuten, kann bei großen Paketen wie z.B. Open Office auf meinem Pentium 4 auch gut und gerne 12 Stunden dauern (mein Laptop mit C2D @ 1,8 Ghzschafft es in knapp 3 Stunden).
Die Einfachheit dieses Systems hat mich sehr überrascht und gefreut, schließlich war ich es gewohnt Software immer zuerst von irgendeiner Website herunterzuladen und mich dann durch ein halbes Dutzend Fensterchen zu klicken.
Software
Wie steht es denn mit der Produktvielfalt unter Linux? Findet man denn überhaupt alles, was man braucht? Meine Erfahrung dabei ist: Ja, absolut. Ich habe bis jetzt für jedes sinnvolle Programm, das ich unter Windows benutzt habe einen mindestens äquivalenten Ersatz unter Linux gefunden und darüber hinaus auch viel mehr, so dass keine Wünsche offen blieben.
Office -> Open Office, gnumeric für schöne Graphen
LaTex -> Lyx
Vektor-Graphik -> ink-scape
3D Graphik -> Blender
2D Graphik -> Gimp
(fast)alle Bildformate in alle anderen umwandeln, dabei nach Vorgaben bearbeiten (skalieren, drehen, beschneiden, beschriften, ...): convert
pdf Erzeugen und z.B. aneinanderhängen -> Ghost script
Surfen & Emails -> Firefox/Thunderbird
Bilder gucken -> gqview
Graphischer Datei-Browser -> Konqueror
Brennprogramm -> K3B
Messenger -> Pidgin
IRC -> Xchat
Kurven Plotten -> gnuplot
Video -> kaffeine, mplayer
audio -> audacious, amarok
cd-rippen -> cdparanoia (per konsole), grip als graphische oberfläche dazu
Das sind so die wichtigsten Programme, die ich oft benutze. Alle genannten Programme sind natürlich open source. Es überrascht mich immer wieder, wie viele open source Programme es gibt und wie viel Mühe und Arbeit darin steckt. In meiner Windows Zeit habe ich größtenteils mit Shareware, Freeware und eben kommerziellen Produkten gearbeitet, daher einmal die großen Unterschiede zwischen dieser Art von Software und open source: Bei open source Software findet man keine riesigen Werbebanner, Boxen mit 15 Sekunden Timer zum Wegklicken, eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten mit Hinweisen auf die Vollversion etc. Sie kostenlos und Quelloffen, die größeren Projekte (wozu alle genannten dazu zählen), werden gepflegt, weiterentwickelt und Sicherheitslücken werden aufgrund der großen Community und des offenen Quellcodes relativ schnell beseitigt. Wenn einem das Programm nicht so gefällt, wie es programmiert wurde, kann man sich auch den Quelltext vornehmen und es umschreiben...
Eines muss noch zum Thema gesagt werden: Linux ist kein Zockersystem. Es gibt Spiele für Linux, aber hierbei kann sich die Vielfalt keinesfalls mit Windows messen. Wer also Wert auf das Zocken legt, sollte sich mal den Spielethread hier im Subforum anschauen und überlegen, ob ihm diese Spiele genügen oder darüber nachdenken für das Zocken ein Windows zu benutzen oder sich eine Spielonsole zuzulegen. Nichtsdestotrotz - Pausenspiele, wie Supertux, Tetrisclones uvm. findet man in Massen.
Die Konsole
Am Anfang fällt es sehr schwer, in einer Konsole zu arbeiten. Die ganzen Befehle und die Benutzung wollen erst einmal gelernt sein, aber schon nach ein paar Wochen fühlt man sich in der Konsole wohl und nach einigen Monaten offenbart sie ihre Stärken. Graphische Dateimanager mögen ihre Vorteile haben, können aber niemals die Möglichkeiten bieten, die man unter einer Konsole hat. Ich persönlich habe noch keine drei Mal einen Graphischen Dateimanager benutzt, sondern erledige alles direkt mit Konsole und Tastatur. Und darf dabei von mir behaupten schneller als viele geübte Anwender mit Drag&Drop zu sein. Hier mal ein kleiner Eindruck:
Angenommen, ich möchte einige meiner Photos in das aktuelle Verzeichnis kopieren (dafür steht der Punkt, -r heißt, dass man nicht nur Dateien, sondern das Verzeichnis kopieren möchte)
bazooka@Pentium4 ~ $ cp photos/2008-05-29_Maifete/ . -r
Das geht jetzt nicht besonders komfortabel und die Konsole zeigt hier auch keine besonderen Stärken. Aber angenommen, ich möchte diese Photos jetzt skalieren:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ mogrify -geometry 50% *.jpg
Das war es. Mehr brauche ich dafür nicht zu unternehmen, ich muss kein Zusatzprogramm wie Irfanview oder ähnliches öffnen um meine Bilder zu verkleinern. Das ist doch schon eimal toll, oder? In der Konsole kann man auch direkt skripten:
Angenommen ich möchte meine Bilder jetzt auch noch durchnummerieren und das Ergebnis anzeigen:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ I=0; ls | while read file; do mv $file $I.jpg; I=$(($I+1)); done
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ ls
0.jpg 1.jpg 2.jpg 3.jpg 4.jpg
Wer sich ein bisschen Gedanken darüber macht, merkt wie unbegrenzt die Möglichkeiten damit sind. Anstatt solche scripts direkt per hand einzugeben, kann man sie sich auch in einer Datei abspeichern, so fotografiere ich z.B. des öfteren Übungsblätter oder Mitschriften für Studienkollegen ab. Um ihnen diese dann komfortabel als pdf geben zu können habe ich mir ein kleines Skript geschrieben, das die Photos automatisch um 90 Grad dreht, sie etwas herunterskaliert und die Qualität reduziert und anschließend als pdf zusammenhängt:
#!/bin/bash
while getopts ':o:' OPTION ; do
OUTPUTFILE=$OPTARG
done
shift $(( OPTIND - 1 ))
STEP=0
for ARG ; do
STEP=$(( $STEP + 1 ))
convert "$ARG" -geometry 60% -rotate 90 -quality 85 "$ARG+photostopdftemp.pdf"
echo "Converted $ARG into pdf. ($STEP/$#)"
done
echo "Beginning to concatenate pdf files."
gs -q -sPAPERSIZE=letter -dNOPAUSE -dBATCH -sDEVICE=pdfwrite -sOutputFile="$OUTPUTFILE" *photostopdftemp.pdf && rm -f *photostopdftemp.pdf
echo "All pdf files concatenated and written to $OUTPUTFILE"
Das sieht dann so aus:
bazooka@Pentium4 ~/2008-05-29_Maifete $ /home/bazooka/script/photos2pdf.sh -o Mitschrift.pdf *.jpg
Converted 0.jpg into pdf. (1/10)
Converted 1.jpg into pdf. (2/10)
Converted 2.jpg into pdf. (3/10)
Converted 3.jpg into pdf. (4/10)
Converted 4.jpg into pdf. (5/10)
Converted 5.jpg into pdf. (6/10)
Converted 6.jpg into pdf. (7/10)
Converted 7.jpg into pdf. (8/10)
Converted 8.jpg into pdf. (9/10)
Converted 9.jpg into pdf. (10/10)
Beginning to concatenate pdf files.
All pdf files concatenated and written to Mitschrift.pdf
Klar, es kostet Zeit sich das alles anzueignen, aber mir hat es Spaß gemacht und das Script hat sich mittlerweile mehr als rentiert. Das benutzt z.B. meine Freundin auch, oder auch andere Freunde von mir. Und ich benutze deren Scripts.
Der Desktop
Ich benutze wie gesagt den Windowmanager enlightenment, da er nicht allzu weit verbreitet ist, will ich eigentlich hier nur auf einen Aspekt eingehen, den so weit ich weiß alle Windowmanager gemeinsam haben: Mehrere Desktops. Ich benutze zwar einen 22 Zoll Bildschirm aber wer kennt das nicht? Ab und zu ist einfach alles zu klein, speziell wenn man mehrere Programme offen hat. Die Anzahl der Desktops kann ich frei wählen von 1 bis einige hundert. Per Tastaturkürzel kann ich dann zwischen den einzelnen Desktops wechseln, bzw. wenn ich die Maus aus dem Bildschirmrand herausbewege landet sie auf dem nächsten Desktop. So entsteht auch bei 10 offenen Programmen keine Unordnung undich muss mich nciht mit einer überfüllten Taskleiste herumschlagen. Auch das ist am Anfang gewöhnungsbedürftig, steigert meiner Meinung nach die Effizienz aber enorm.
DVD anschauen
Vielleicht hat der ein oder andere eine DVD aus einem Urlaubsland mitgebracht und somit schon Bekanntschaft mit den sogenannten Ländercodes gemacht: Eine DVD soll nur in der Region abgespielt werden können, für die sie bestimmt ist. So bietet PowerDVD z.B. die Möglichkeit die Region frei zu wählen und diese Einstellung 5 mal(?) zu ändern. Spielt man also gerne ausländische DVDs und deutsche im Wechsel ab, bekommt man früher oder später ein Problem. Unter Linux ist so ein Mist gar nicht implementiert, ich muss keine Zusatzsoftware installieren um solche Sachen zu umgehen. Auch spielt mir mein mplayer alles, was ich ihm in das Laufwerk stecke. Egal ob kopiergeschützt oder nicht.
Der mplayer kann übrigens auch "dumpen" d.h., er schreibt den Medienstream direkt auf die Platte. Das ist sehr nützlich um Videos direkt mitzuschneiden (von DVD, Internet, ...) Auch kann er mit allen (vielen?) win32codecs umgehen und somit auch Formate wie wma abspielen...
SSH
Manchmal möchte ich meinen Desktop Rechner gerne fernsteuern, oder von dem Laptop aus auf dessen Dateien zugreifen. Zu diesem Zwecke habe ich SSH eingerichtet. Jetzt kann ich auf meinem Laptop einfach die Konsole aufmachen, "ssh Pentium4" eintippen und ein Passwort eingeben. Damit lande ich quasi in einer Konsole auf dem Desktop Rechner. Jetzt kann ich Musik anstellen, Laustärke kontrollieren, eine Datei herunterladen, auf Dateien zugreifen, den Rechner herunterfahren usw....
Das Gefühl dabei
Mit Gentoo fühle ich mich einfach wohl. Ich kann einfach mein Betriebssystem genau so anpassen, wie ich es gerne hätte, ich werde nicht gegängelt, ich werde nicht mit lästigen Popups geplagt, die mich darauf aufmerksam machen, dass mein System "eventuell gefährdet" ist, dass eine Trialversion von weiß Gott was abgelaufen ist usw. Die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt, ich habe z.B. in der Universität einen Account auf dem Unix Cluster und somit dort auch einen gewissen Speicherplatz. Diesen kann ich ganz bequem über ssh in meinen eigenen Verzeichnisbaum eingliedern und ohne Einschränkungen alles damit machen, was ich in anderen Ordnern auf meiner Platte auch machen könnte (das geht auch über ftp, sftp, smb...). Ich finde für alle erdenklichen Situationen passende Software und Tools, die ich bei Bedarf in Scripten benutzen kann, oder den Quelltext modifizieren könnte. Die Gentoo Community ist groß und für jedes Problem, das bei mir aufgetaucht ist, habe ich in der gentoo-wiki oder Linus Foren Antworten gefunden. Diese Freiheit setzt eine gewisse Mündigkeit des Nutzers voraus, so kenne ich jemanden, der nach einegen Bierchen bei seiner Freundin auf dem Rechner (auch Linux) folgendes eingegeben hat: rm -rf /*.
Durch ein Missgeschick beim scherzhaft gemeinten Gerangel kam es dazu, dass die Enter Taste betätigt wurde. Der Befehl löscht ALLES, was der Benutzer löschen darf. Im speziellen also sämtliche privaten Dateien, Musik usw. Ohne Nachfrage, ohne Papierkorb.
So etwas sollte man sich bewusst machen, Mit Trial & Error kommt man bei diesem Betriebssystem auf Dauer nicht weiter.
Ich hoffe mit diesem Text einigen Neulingen einen kleinen Eindruck vermittelt zu haben, was uns Linux "freaks" an diesem Betriebssystem so begeistert. Wenn euch dieser Text gefällt, könnte man ihn ja eventuell Sticky machen oder an entsprechender Stelle verlinken. Über Ergänzungen und weitere Erfahrungen würde ich mich freuen und bitte jegliches geflame Linux vs. Windows vs. Mac zu unterlassen.