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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Zukunft der Elektrotechnik - Wo geht es hin?


Gast
2009-09-06, 22:11:06
Durch die hohe Integration ganzer Schaltungen in IC Bausteinen und auf wirtschaftlicher Seite die dazu führende Umstellung ganzer Betriebe auf SMD Bausteinen mit hoher Integrationsdichte, sowie ganzer µChips für 3 Cent das Stück und der dadurch verstärkten Abkehr von der Analogtechnik für Steuer- und Regelsysteme ist die Frage berechtigt, ob dies auch dazu führen könnte, daß klassische zum Handlöten einfache Bausteine wie Transitoren, Kondensatoren, Widerstände und ICs in THC Bauweise vom Markt verschwinden oder von Hochintegrierten oder sehr kleinen aber einfachen SMD Bausteinen verdrängt werden.

Denn wenn die Nachfrage der Industrie nach diesen wenig integrierten ICs oder Standardkomponenten sinkt, wer sollte sie dann noch produzieren?

Früher habe ich z.b. noch einfache ICs, Widerstände und Transistoren mit Duchkontaktierung in meinem Radio gefunden, heute finde ich aber meist nur noch ein bis zwei hochintegrierte IC, sowie winzige Widerstände in SMD Bausweise in einem neuen Radio.
Wer sollte also die klassischen relativ großen Bausteine heute noch herstellen, wenn die Industrie dafür offenbar kaum noch Bedarf dafür hat?
Sind das, was man heutzutage noch an den relativ großen Bausteinen kaufen kann, nur noch Restposten aus vergangen Tagen oder kann man sicher gehen, daß man solche Bauteile auch noch in 100 Jahren kaufen können wird?


Und wenn man sich alte Bauanleitungen und Schaltungen ansieht, dann sind dort oft ICs verbaut, die selbst im gut sortierten Elektronikversandhandel heutzutage gar nicht mehr verkauft werden, weil es bessere noch viel stärker integrierte SMD ICs gibt, die dann auch noch beim Funktionsumfang um 50 zusätzliche mögliche Aufgaben zugenommen haben.
Das Problem für den Hobbyelektroniker ist hier jetzt nur, was macht er, wenn er nicht SMD löten will und diese Bausteine in anderer Bauform nicht verfügbar sind?

Wo geht also der Weg der Elektrotechnik eurer Meinung nach hin?

Spasstiger
2009-09-07, 02:18:46
Interessante Fragestellung. Mir wurde an der Uni mal eine Studienarbeit angeboten, bei der es darum ging, einen HF-Verstärker zu entwickeln, der als Referenz für ein im Aufbau befindliches Projektpraktikum dienen soll, bei dem die Studenten möglichst selbstständig ein Übertragungssystem für ein 2,4-GHz-Band entwerfen und fertigen dürfen.
Eine Anforderung bei der Studienarbeit war dabei, dass man Standardbausteine verwenden soll, die voraussichtlich auch noch in 20 Jahren verfügbar sind. Natürlich schon in SMD-Bauweise, bedrahtete Bauelemente sind in den Signalpfaden von HF-Schaltungen unbrauchbar. Aber dennoch kann man nicht blindlinks davon ausgehen, dass alle heutigen Produkte auch in 10-20 Jahren noch angeboten werden.

StefanV
2009-09-07, 08:48:26
Naja, in 20 Jahren werden aktuelle IC Produkte durch die Bank weg nicht verfügbar sein, eben weil die Fertigung in 20 Jahren eine ganz andere sein wird.

Oder fertigt heute noch irgendeine Halbleiterfabrik in NMOS oder PMOS??

Monger
2009-09-07, 09:59:44
Ich hab zuerst mit einem Studium im Bereich Nachrichtentechnik angefangen. Das war damals in der FH mit Elektrotechnik unter einem Dach. Da haben die uns auch mal gezeigt, wie eigentlich die Lehrpläne für Elektrotechnik vor 15 Jahren aussahen...
Das hatte kaum noch irgendwas gemeinsam. Der "klassische" Elektrotechniker ist sowieso am aussterben. Selbst für so simple Dinge wie einen Lichtschalter setzen sich mittlerweile digitale Schaltungen durch, die über Netzwerk kommunizieren. Ein Elektrotechniker muss heute auch ein gutes Stück weit eine Ahnung von Netzwerktechnik haben.

Und das wird auch noch so weitergehen. Ich glaube auch, dass integrierte Schaltungen bald so spottbillig sein werden, dass sich selbst simpelste klassische Schaltkreise nicht mehr lohnen.

Nighthawk13
2009-09-07, 11:34:42
Der Trend geht klar zu System-on-Chip, wenn ich bei unseren Hardwareentwicklern so ins Labor schaue.
Auf die Platine kommt hauptsächlich nur noch die Ansteuerung des Chips(Spannungsregler, Enstörkondensatoren, Leistungsstufen, IO-Buchsen).
Die eigentliche Kunst besteht hauptsächlich darin, das Teil ohne Störstrahlung stabil zum laufen zu kriegen, da sind auch viele Erfahrungswerte nötig.

Gast
2009-09-08, 07:24:34
Das ist doch keine neue Entwicklung. Dem "klassischen" E-Techniker wird es wie dem Uhrmacher gehen. Mein alter Herr hat vor einigen Jahren noch regelmäßig den Lötkolben geschwungen, kleine Schaltungen entworfen oder auch mal eine Platine auf kalte Lötstellen hin untersucht. Seit bestimmt 7 Jahren ist das nicht mehr so, da wird nicht teuer repariert (Mannstunden), sondern nur noch ausgewechselt und SPS genutzt. Dafür sitzt er jetzt am Rechner und kümmert sich um die Vernetzung.

Gast
2009-09-08, 12:50:53
Bezüglich sicherheitsgerichteter Schaltungen werden die diskreten Bauteile wohl nicht aussterben. Deren Verhalten ist vorhersagbar und über lange Zeit nachgewiesen, auch bieten diese Mindestbelastbarkeiten, welche in einem IC nicht gegeben sind. Von den ganzen Fehlerfällen in einem IC über einen Zeitraum von 10 Jahren gesehen ganz zu schweigen. ICs werden in einigen Bereichen einfach als Kurzschluss angenommen. Also ist ein Mindestbedarf an diskreten Bauteilen für einige Industriebereiche notwendig, um überhaupt eingesetzt werden zu dürfen. Nicht aber im Konsumgüterbereich mit mehreren Millionen abgesetzten Einheiten.

Hier liegt der Knackpunkt. Die Stückzahlen. Auch weiterhin werden Kleinserien oder Individuallösungen immer einen guten Teil von diskreten Bauteilen für die Lösung benötigen. Ein vollintegriertes Bauteil wird erst in Masse günstig. Sollten nun die weltweiten Absatzzahlen wirklich einbrechen, wird es sich zeigen, wie sich die Kalkulationen für hochintegrierte Schaltkreise dauerhaft entwickeln. Es wird ja häufig vom Verlauf der letzten Jahre auf die Zukunft extrapoliert. Das kann aber zu deutlichen Fehlannahmen führen.

Beren
2009-09-12, 19:38:30
In der Industrie macht die gute alte Analogtechnik Ihre letzten Atemzüge. Ich bin in einem Stahlwerk beschäftigt (Automatisierungstechniker) und kann sagen, daß wir bei uns nur noch eine Altanlage mit Analogtechnik haben. Aber auch diese Anlage soll nächstes Jahr modernisiert werden. Alte Analogtechnik raus, neue digitale Steuerungs- / Regelsysteme rein.

Ich muss sagen, dass ich die neue Technik bevorzuge. Dank moderner Entwicklungsumgebungen hat man Diagnosemöglichkeiten, die es früher in der Form nicht gab. Änderungen an Steuerungen sind schnell erledigt (selbst bei laufender Anlage: Programm modifizieren und in die Steuerung laden). Nicht mehr Karten ziehen, rumlöten etc.

Von den vorteilen der Bustechnik mal zu schweigen...

KOnd1
2009-09-12, 21:48:55
Ich denke nicht das SMD das leisten kann:

http://www.audioinnovationen.de/assets/images/Kenwood-KA907-offen.jpg

Beren
2009-09-12, 22:43:33
@KOnd1: Die Leistung selbst wird in vielen Fällen immer mit analoger Elektronik "modifiziert" werden. Aber die Ansteuerung der Analogtechnik (Leistung) verlagert sich immer mehr aufs Digitale.
Siehe Frequenzumrichter: Gleichrichter, Thyristoren... Die Leistungswege werden niemals durch SIMD oder Digitaltechnik abgelöst werden. Aber die Ansteuerung dessen!
Da muss man klar differenzieren: Leistung gleich analog, Steuerung gleich digital

Gast
2009-09-13, 01:25:13
"Denken" heißt in diesem Fall "nichts wissen" ;) Klasse-D Endstufe und DSP davor bietet deutlich mehr Möglichkeiten...