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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warmes Wasser gefriert schneller als kaltes?


mittelding
2010-01-25, 00:03:31
Hallo!

Leute mit etwas physikalischem Verständnis haben für meine Frage vermutlich nur ein müdes Lächeln übrig, aber ich würde es auch gerne verstehen.

Also bei Galileo (Ruhe! :D) haben die vor kurzem das kälteste Dorf der Welt gezeigt, liegt irgendwo in Russland und da hatte es hin und wieder mal -72°C, zum Zeitpunkt des Besuchs vom Kamerateam so um die -50 bis -60°C.

Dieser nervige Reporter wollte mit einer alten Legende aufräumen, und zwar, dass man dort Wasser aus einem Becher in die Luft werfen kann und es als Eis wieder herunterkommt.

Erst der Versuch mit kaltem Wasser - funktionierte nicht.
Dann mit warmen oder gar heißen Wasser aus der Thermoskanne - funktionierte.

Als Begründung wurde angegeben, dass erhitzes Wasser schneller an Wärme verliert als kaltes. Gut, das weiß ich aus dem damaligen Physikunterricht auch noch.. vergleicht man eine frische Tasse Tee mit 90°C und eine nicht ganz so heiße, so verliert die 90°C in den ersten Minuten viel mehr Temperatur als die kühlere.

Warum gefriert jetzt aber das warme/heiße Wasser in der Luft, und das kalte nicht?
Was ich nicht verstehen will: sagen wir, das kalte Wasser hat die Temperatur T, als es sich im Becher befindet - das heiße Wasser also 4 oder 5T (ist jetzt nur geschätzt).

Wenn man jetzt das heiße Wasser hochwirft, so kühlt es sich zwar in den ersten Milisekunden oder Sekunden zwar viel stärker ab als das kalte Wasser, aber zu irgendeinem Zeitpunkt in der Luft muss es doch auch die Temperatur T passieren - die Temperatur, die das kalte Wasser schon von vornherein hatte.

Und warum sollte sich das Wasser ab diesem Punkt jetzt schneller abkühlen als das von vornherein kalte Wasser mit exakt der selben Temperatur T?

Das kalte Wasser mit der Starttemperatur T hat ja dann sogar noch den kompletten Flug vor sich, während das heiße Wasser, wenn es T erreicht, sich ja shcon längst in der Luft befindet, also viel weniger Zeit übrig hat, sich noch abzukühlen.

Naja, die Antwort ist sicher relativ einfach, aber ich zerbrech mir jetzt schon ne Stunde den Kopf und komm nicht drauf.

Danke

Zoroaster
2010-01-25, 00:10:50
http://de.wikipedia.org/wiki/Mpemba-Effekt

Da ist es bei Wiki erklärt.

Daredevil
2010-01-25, 00:22:14
Hier mal einfacher als bei Wiki erklärt.
http://www.sat1.de/comedy_show/clever/wissensbuch/content/09642/003/

Chemiker
2010-01-25, 10:00:00
Ohne die Links zu lesen:
Das hochgeworfene, heiße, Wasser verdampft teilweise. Es bilden sich also viele kleine Tröpfchen, bzw. größere Tröpfchen werden durch das Verdampfen kleiner. Die kleinen Tröpfchen haben ein schlechteres Oberfläche zu Volumen Verhältnis als die größeren Tröpfchen des kalten Wassers. Daher können sie schneller Wärme an die Umgebung abgeben und gefrieren.

Spasstiger
2010-01-25, 11:10:46
@Chemiker: Klingt einleuchtend. Die Oberfläche der Wassertröpchen ist durch das Verdampfen größer. Wenn man aus einer Kugel n kleinere Kugeln mit dem gleichen Gesamtvolumen macht, vergrößert sich die Gesamtoberfläche mit dem Faktor n^(1/3).

BAGZZlash
2010-01-25, 12:02:41
Ohne die Links zu lesen:
Das hochgeworfene, heiße, Wasser verdampft teilweise. Es bilden sich also viele kleine Tröpfchen, bzw. größere Tröpfchen werden durch das Verdampfen kleiner. Die kleinen Tröpfchen haben ein schlechteres Oberfläche zu Volumen Verhältnis als die größeren Tröpfchen des kalten Wassers. Daher können sie schneller Wärme an die Umgebung abgeben und gefrieren.

Ich denke nicht, das dies hier die entscheidende Rolle spielt. Das Zerstäuben des Wassers beim Hochwerfen ist ja rein mechanischer Natur, Verdampfungseffekte spielen hier nur eine untergeordnete Rolle.
Außerdem gefriert warmes Wasser schneller als kaltes auch dann, wenn es nicht durch die Gegend geworfen wird. Lies vielleicht doch mal die Links, dann siehst Du es. Außerdem ist eine Erklärung für das Phänomen nicht so einfach, denn es ist noch nicht vollständig erklärt. Die genannte Erklärung klingt somit vielleicht einleuchtend, greift aber deutlich zu kurz.

Eine Sache ist mir bei den Links aufgefallen: Die "wissenschaftliche Erklärung" bei Sat1 erklärt nun eigentlich wirklich null Komma gar nichts.

Grey
2010-01-25, 17:17:39
Aus dem Wiki-Artikel doch hervor, dass das Phänomen noch nicht abschließend geklärt ist.

Dort ist von einigen Theorien und wahrscheinlichen Ursachen die Rede (exklusive obiger Erklärung) so wie der Tatsache, dass der Effekt von der Umgebung abhängig ist.

Die engl. Referenz ist auch ganz gut verständlich geschrieben:
http://www.desy.de/user/projects/Physics/General/hot_water.html

fdk
2010-01-25, 17:37:58
Bei dem pro7 "Experiment" spielt sicher auch noch ne Rolle das heißes Wasser eine niedrigere Oberflächenspannung+höhere Viskosität ggnü. kaltem Wasser hat. Damit kann es sich in der Luft besser verteilen und ergibt kleinere Tröpfchen.

ux-3
2010-01-25, 19:18:34
Es hilft auch, sich klar zu machen, wie wenig Energie dem Wasser zur Abkühlung auf 0°C entzogen werden muss, und wie viel Energie für die Umwandlung in Eis weg muss.

Acid-Beatz
2010-01-25, 22:19:38
Bei dem pro7 "Experiment" spielt sicher auch noch ne Rolle das heißes Wasser eine niedrigere Oberflächenspannung+höhere Viskosität ggnü. kaltem Wasser hat. Damit kann es sich in der Luft besser verteilen und ergibt kleinere Tröpfchen.

Hohe Viskosität = zähflüssig
Niedrige Viskosität = dünnflüssig

Nur mal als kleine Anmerkung :cool:

Oid
2010-01-25, 23:20:36
Es hilft auch, sich klar zu machen, wie wenig Energie dem Wasser zur Abkühlung auf 0°C entzogen werden muss, und wie viel Energie für die Umwandlung in Eis weg muss.

Versteh ich nicht. Warum muss Wasser mit 0°C noch Energie entzogen werden damit es gefriert?
Oder meinst du den Bereich zwischen 4°C und 0°C?

ux-3
2010-01-25, 23:27:08
Warum muss Wasser mit 0°C noch Energie entzogen werden damit es gefriert?


Vermutlich gehen die Freiheitsgrade der Rotation beim Phasenwechsel verloren. Ob hier auch 1/2 k T pro Freiheitsgrad gilt? Jedenfalls muss diese Energie weg, bevor sich ein Kristall bilden kann.

No.3
2010-01-26, 00:14:47
Versteh ich nicht. Warum muss Wasser mit 0°C noch Energie entzogen werden damit es gefriert?

warum muss man Eis mit 0°C Energie zu führen damit es schmilzt? ;)


Abkühlen und Gefrieren ist das Gleiche wie Schmelzen und Aufheizen, nur mit umgekehrten Vorzeichen. (dito wenn das Wasser verdampft bzw. wieder zu einer Flüssigkeit kondensiert).

Stichwort: Latente Wärme (http://de.wikipedia.org/wiki/Latente_Wärme) d.h. im Eis gibt es, vereinfacht gesagt, sehr viele Wasserstoffbrücken zwischen den Wassermolekülen. Diese müssen erst gebrochen werden (d.h. die Anzahl muss stark reduziert werden) bevor das Wasser in die flüssige Phase geht und für das Brechen der Bindungen braucht es eben Energie.

Umgekehrt wenn sich dann Eis bildet d.h. viele neue Wasserstoffbrücken gebildet werden wird dabei viel Energie freigesetzt die erst einmal abgeführt werden muss.

Chemiker
2010-01-26, 10:36:28
Einfach mal nach Phasenübergang 1. Ordnung suchen.
Temperaturkonstanz beim Phasenübergang, unendlich große Wärmekapazität, Sprung in der Funktion S wie U wie H gegen T aufgetragen...

No.3
2010-01-26, 19:45:32
Einfach mal nach Phasenübergang 1. Ordnung suchen.
Temperaturkonstanz beim Phasenübergang, unendlich große Wärmekapazität, Sprung in der Funktion S wie U wie H gegen T aufgetragen...

zu viele Fachausdrücke und Variablen ftw ;) :biggrin:

Piffan
2010-01-26, 21:33:38
Eigentlich sind doch die Erklärungen im Wiki- Link verständlich, sowohl die Volumenverringerung aufgrund des höheren Dampfdrucks als auch die Verringerung der gelösten Salze durch Ausfällung. Was gibts da noch lange zu Grübeln bzw. reicht das nicht? :tongue:

BTW: Die Erklärung in der Fernsehsendung ist ja wohl Lötzinn. Schlechte Empfehlung für die Sendung/Buch.....Das konnte früher Jean Pütz besser in seiner Hobbythek.

DrumDub
2010-01-26, 23:03:56
gibt es eigentlich noch andere stoffe mit einer dichteanomalie wie wasser?

Chemiker
2010-01-27, 12:10:30
gibt es eigentlich noch andere stoffe mit einer dichteanomalie wie wasser?Anscheinend ja: http://de.wikipedia.org/wiki/Dichteanomalie