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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Forscher erschaffen Künstliches Leben


Logan
2010-05-20, 22:20:22
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,696016,00.html

Ehrlich gesagt weiss ich nicht was man davon halten soll. Normalerweise bin ich ein befürworter von genforschung usw. da ich hier die einzige möglichkeit sehe, bestimmte krankheiten zubekämpfen. Aber geht das nicht zu weit ? Und niemand kann mir erzählen das der einzige sinn darin besteht krankheiten zuheilen, hinter solchen projekten stehen oftmals personen, die ganz andere ziele verfolgen, den niemand investiert selbstlos zig millionen in so ein projekt, wenn er sich nicht was davon verspricht.

Und ausserdem weiss keiner wie solche künstliche bakterien sich in zukunft verhalten werden, darin sehe ich mitunter das grösste risiko.

Monger
2010-05-20, 22:43:26
Irgendwie finde ich die Meldung wenig spektakulär. Genmanipulationen an bestehenden Bakterien ist ja mittlerweile ein alter Hut. Hier hat man halt nicht nur Teile, sondern ein komplettes Genom ausgetauscht.
Technisch gesehen sicherlich ein interessanter Schritt, aber ethisch gesehen auch nicht viel bedenklicher als die tiefgreifende Manipulation existierenden Lebens.

Edit: was den Nutzen angeht: Craig Venter plant ja sowas wie eine informationstechnische Revolution der Biochemie. Sprich: man zieht sich im Computer die Funktionen zusammen die eine Zelle erfüllen soll, und dann produziert man sie. Da wird in den ersten Jahrzehnten wahrscheinlich weniger hochkomplexe Medikamente dabei rauskommen, sondern relativ einfache chemische Verbindungen - die aber halt besonders billig und effizient. Ein Bakterium was z.B. Zellulose aufsplitten könnte, wäre Gold wert.

Popeljoe
2010-05-20, 22:47:46
Also für mich ist das die Büchse der Pandora: ein künstliches Bakterium?!
Wer soll sich denn wie vor diesem Frankenstein in Mikro-Format schützen?
Wenn dein Immun System es nicht kennt, kann es auch nicht reagieren.
Aber keine Sorge: wird schon Nichts passieren... (http://www.youtube.com/watch?v=M-cIjPOJdFM)

PHuV
2010-05-20, 22:53:42
Na ja, ob das auch so ausgehen muß? Ich glaube eher, daß so eine Mutation ganz schnell selbst kaputt gehen würde. Ob der Mensch dabei überlebt, ist wieder einen andere Frage. ;)

huha
2010-05-20, 23:00:14
Und ausserdem weiss keiner wie solche künstliche bakterien sich in zukunft verhalten werden, darin sehe ich mitunter das grösste risiko.

Erstens ist es kein künstliches Leben, sondern nur ein kleiner Schritt auf dem Weg dorthin.
Und zweitens werden schon viele Chemikalien (z.B. Insulin) mittels genmanipulierter Organismen hergestellt.

Wer soll sich denn wie vor diesem Frankenstein in Mikro-Format schützen?

Genau so, wie man sich vor anderen Bakterien schützt? Das Ding ist auch nur ein normales Bakterium, wie es in der Natur ebenfalls durch Mutationen entstehen könnte. Ist es halt nicht, weil der entsprechende Selektionsdruck anders war als das, was wir nun gerne hätten. Schützen kann sich jeder so, wie man sich sinnvollerweise auch vor jedem anderen Bakterium schützt.
Außerdem ist kaum anzunehmen, daß die speziell genmanipulierten Bakterien in der Wildbahn sonderlich überlebensfähig sind; Bakterien passen sich ziemlich schnell an, also ist die Konkurrenz groß und damit werden die suboptimalen Organismen sehr schnell verdrängt--und alles, was wir extra an "Funktionen" einbauen, ist suboptimal.

Wenn dein Immun System es nicht kennt, kann es auch nicht reagieren.
Genau, deshalb sterben auch alle Kinder.

-huha

Monger
2010-05-20, 23:07:04
Es ist doch eigentlich ganz interessant, dass selbst die einfachsten heute bekannten Mikroben immer noch relativ komplex sind...

Offenbar - aus welchen Gründen auch immer - braucht ein Bakterium heute eine ganze Reihe an Anlagen, um überhaupt überleben zu können. Möglicherweise ist die Konkurrenz einfach knüppelhart, möglicherweise braucht es auch gewisse Schutzmechanismen, um in einer sauerstoffhaltigen Umgebung überleben zu können...

Das Leben auf der Erde hat gut eine Millarde Jahre Erfahrung darin, zu überleben. Wird ein Weilchen dauern, bis wir mit diesem Erfahrungsschatz konkurrieren können.

Metzler
2010-05-20, 23:09:32
Irgendwie finde ich die Meldung wenig spektakulär. Genmanipulationen an bestehenden Bakterien ist ja mittlerweile ein alter Hut. Hier hat man halt nicht nur Teile, sondern ein komplettes Genom ausgetauscht.
Technisch gesehen sicherlich ein interessanter Schritt, aber ethisch gesehen auch nicht viel bedenklicher als die tiefgreifende Manipulation existierenden Lebens.


Er hat ja nicht nur das Genom ausgetauscht, sondern es komplett synthetisch zusammengebaut und dabei das Original Genom noch um 100 Gene reduziert, die er für unwichtig bzgl. der Funktion des ursprünglichen Bakteriums hielt. Dass dieses neue, synthetisch produzierte Genom jetzt auch noch vom Bakterium angenommen wird und sich das Bakterium reproduziert, ist doch das eigentlich bahnbrechende da dran, wenn ich den Original Artikel richtig verstehe (nebst der Tatsache, dass die 100 Gene, die er entfernt hat, anscheinend wirklich nicht wichtig waren).

Hier übrigens noch der Original Artikel:
http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/328/5981/958

Hydrogen_Snake
2010-05-20, 23:10:38
Habe einen Ted Talk zu dem Thema gesehen. Sehr interessant!

Yavion
2010-05-20, 23:42:15
Er hat ja nicht nur das Genom ausgetauscht, sondern es komplett synthetisch zusammengebaut und dabei das Original Genom noch um 100 Gene reduziert, die er für unwichtig bzgl. der Funktion des ursprünglichen Bakteriums hielt. Dass dieses neue, synthetisch produzierte Genom jetzt auch noch vom Bakterium angenommen wird und sich das Bakterium reproduziert, ist doch das eigentlich bahnbrechende da dran, wenn ich den Original Artikel richtig verstehe (nebst der Tatsache, dass die 100 Gene, die er entfernt hat, anscheinend wirklich nicht wichtig waren).

Hier übrigens noch der Original Artikel:
http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/328/5981/958

Ok. Der Mann hat sich mit dem Bakterium auf jeden Fall ausgiebig auseinandergesetzt.
Er hat jetzt durch Reverse Engineering, Nachdenken und Try-and-Error eine Sequenz gefunden, die funktioniert.
Das ist auf jeden Fall eine bemerkenswerte Leistung, aber das impliziert nicht, dass er 100% verstanden hat, wie und warum es funktioniert.
Aber es ist ein Anfang.

drexsack
2010-05-21, 09:19:43
Ich finde es spannend.

Quantar
2010-05-21, 10:01:02
Hmm, was mich interessiert und was aus dem Artikel leider nicht hervorgeht ist die Frage, wie das Verhalten einzustufen ist. Spannend wird es imo erst wenn dieses nicht mehr berechenbar ist. Praktisch gesehen ist das natürlich doof wenn es nur darum geht dass das Ding spezifische Aufgaben erledigen soll (was wohl der Fall sein soll). Da ist "eigenständiges" Verhalten eher unerwünscht.

Monger
2010-05-21, 10:39:50
Hmm, was mich interessiert und was aus dem Artikel leider nicht hervorgeht ist die Frage, wie das Verhalten einzustufen ist. Spannend wird es imo erst wenn dieses nicht mehr berechenbar ist.
Das ist aktuell bei JEDER Genmanipulation so. Man kann zwar mittlerweile nachweisen, dass Gen X Verhalten Y produziert - das heißt aber nicht, dass das einzige Resultat ist. Die ganzen Querbeziehungen zwischen verschiedenen Genen sind weitgehend unerforscht.

Das ist ja eigentlich genau das Ziel von Craig Venter: die Genome so weit runterbrechen, dass man Baustein für Baustein zusammenfügen kann, ohne Nebenwirkungen zu haben.

Metzler
2010-05-21, 10:42:22
Das ist ja eigentlich genau das Ziel von Craig Venter: die Genome so weit runterbrechen, dass man Baustein für Baustein zusammenfügen kann, ohne Nebenwirkungen zu haben.

Aber auch nur auf bakterieller Ebene, oder? Bei komplexeren Lebensformen bezweifel ich, dass das möglich sein wird.

Quantar
2010-05-21, 11:02:57
Ich ahne dass es jetzt auf eine Determinismusdiskussion hinausläuft. :-X

Metzler
2010-05-21, 11:04:58
;D Wenn ich mir meinen Kollegen und seine Forschung im Bereich Emergenz so anschaue... ;)

Quantar
2010-05-21, 11:34:04
Denkt denn niemand an die armen Quanten.... :frown:
Spaß beiseite. Von der Architektur her sind die Dinger ja eher Sense-React modelliert (im Sinne eines Braitenberg Vehikels). Solange sie nicht deliberativ modelliert werden erübrigt sich ja die Determinismusdebatte.

G.A.S.T.
2010-05-21, 13:38:01
Wieso soll man eine Meldung ernst nehmen, wenn sie im Spiegel steht?

Metzler
2010-05-21, 13:39:23
Wieso soll man eine Meldung ernst nehmen, wenn sie im Spiegel steht?
Weil sie von Sciencemag ursprünglich kommt?