Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hat die Menschheit je etwas rationales getan?
FeuerHoden
2010-12-25, 19:03:03
Hallo,
ich fröhne gerade meiner allabendlichen Hirnmasturbation und bin dabei draufgekommen dass die Menschheit seit ihrem selbsternannten Bestehen noch nie etwas rationales zustande gebracht hat.
All die großen Künste und Errungenschaften dienten immer irgendwelchen anderen niederen Gelüsten unseres simplen Reptiliengehirns.
Im Grunde ist all das was wir tun eigentlich komplett unnötig und wir hätten alle ein viel leichteres Leben wenn wir uns nur auf die Dinge beschränken würden die wirklich wichtig sind und das ist im Endeffekt nur Essen und Fortpflanung. Aber auch diese Dinge betreiben wir auf höchste irrationale und verschwenderische Art.
Das einzige wirklich sinnvolle was mir einfällt ist die Medizin und die Forschung in diesem Bereich, doch was bleibt am Ende davon übrig? Eigentlich nur unsere Abhängigkeit von symptomlindernden Medikamenten und ein Sozialsystem dass uns gerade noch so nicht sterben lässt.
Eine sehr niederschmetternde und kritische Erkenntnis die so wohl nicht stimmen kann, hoffentlich.
Und da seid ihr gefragt. Bitte bitte sagt mir wo ich mich irre. Was sehe ich falsch?
Noch eine kleine Verdeutlichung meiner Sichtweise anhand eines Beispiels. Das Automobil: Ein Auto ist etwas sehr praktisches und auch sehr sinnvoll da wir damit unsere körperlichen Ressourcen schonen und gleichzeitig unseren Aktionsradius erweitern können, toll toll. Allerdings, die Art und Weise wie wir Autos verwenden und betreiben ist höchst irrational. Es beginnt dabei dass wir unseren Autos wilde, emotionale Namen geben wie 'Mustang', 'Stingray' oder auch 'Elise' oder 'Avantime'. Dann geht es weiter mit der Optik, dem äußeren Erscheinungsbild. Glitzernde Felgen, aufwändige Lackierung, 'dynamische' Formen. Im Innenraum Spielereien wie digitalte Tachometer, Kameras, bunteste Navigationssysteme und verschachtelte Bordcomputer. Technisch: Welche rationale Erklärung gibt es für Motoren mit mehr als 200PS? Ein lautes Motorengeräusch? Ein 'sportliches' Fahrwerk? Was hat es überhaupt mit Sport gemein bei Tempo 130 auf der Autobahn in einen Alcantarasitz zu furzen?
Würde mal Jemand hergehen und ein Auto bauen das wirklich nur für den Zweck des Fahrens gebaut würde, dann gäbe es Autos um 1.000€ für jeden. Aber nein, wir brauchen ja unbedingt ein Radio, und eine Innenverkleidung, und einen Teppich, und und und.
Ich hoffe meine Intention ist soweit klar. Also her mit den tollen Errungenschaften der staatenbildenden Primaten. Zeigt es mir! ;)
MfG
FeuerHoden
[dzp]Viper
2010-12-25, 19:08:25
Hätte der Mensch nicht das Verlangen nach "Mehr", dann würden wir heute noch ohne Sprache und ohne Feuer in einer Höhle sitzen und kaltes ungekochtes Fleisch zwischen den Zähnen zermahlen ;)
Lawmachine79
2010-12-25, 19:29:29
Hallo,
ich fröhne gerade meiner allabendlichen Hirnmasturbation und bin dabei draufgekommen dass die Menschheit seit ihrem selbsternannten Bestehen noch nie etwas rationales zustande gebracht hat.
Und wenn Du so weiter machst, wirst Du es nicht schaffen, Dich zum Orgasmus zu bringen.
Die Frage, was den Menschen vom Tier unterscheidet beantwortet Deine Frage mit einem dicken Ja.
Fireblade
2010-12-25, 21:46:47
Würde mal Jemand hergehen und ein Auto bauen das wirklich nur für den Zweck des Fahrens gebaut würde, dann gäbe es Autos um 1.000€ für jeden. Aber nein, wir brauchen ja unbedingt ein Radio, und eine Innenverkleidung, und einen Teppich, und und und.
Und wenn wir jeden in ne 10m² wohnung zwingen gibts wohnungen für 50€ für jeden! Aber nein wir brauchen ja unbedingt Platz für nen Fernseher und Schränke!
Dieses Spiel kann man beliebig fortführen.
Die Menschheit ist seit jeher auf der Suche nach mehr Lebensqualität. Angefangen von Feuer, über Viehhaltung bis zur Industrialisierung. Und das Streben nach mehr Lebensqualität ist meiner Meinung nach rational genug.
Fusion_Power
2010-12-25, 23:42:28
Nun, was währe denn für dich "rational", bzw. was währe deine Definition des rationalen? Man sollte wohl erst mal die Begriffe klären bevor man kategorisieren kann.
Der_Korken
2010-12-26, 00:05:01
@FeuerHoden: Ich finde alleine schon deinen Beitrag - also eine weitgreifende Selbstreflexion des eigenen Handelns bzw. des Handelns der ganzen Menschheit - in gewisser Weise konstruktiv. Es zeigt dass der Mensch mittlerweile in der Lage ist, auf so einem Niveau zu denken, nachhaltig zu handeln und aus Fehlern zu lernen (wobei die letzten beide Punkte dann doch eher theoretisch sind). Ohne die technische Entwicklung und die Zivilisation würde man sich solche Fragen gar nicht stellen, wäre sich der Bedeutung solcher Fragen gar nicht bewusst.
Du hast allerdings richtig erkannt, dass wir an vielen Stellen noch von niederen Lüsten getrieben werden. Wenn du das allerdings nicht erstrebenswert findest, musst du erstmal vorschlagen, worauf die Menschheit hinarbeiten soll, um überhaupt das Wort "konstruktiv" sinnvoll verwenden zu können.
Ohne die technische Entwicklung und die Zivilisation würde man sich solche Fragen gar nicht stellen, wäre sich der Bedeutung solcher Fragen gar nicht bewusst.
Klingt grad so als ob Philosophie in der Antike unbekannt gewesen wäre.
Chemiker
2010-12-26, 10:31:29
Jemand hat bemerkt, dass der Mensch von emotionalen Bedürfnissen, bzw. ganz generell von Trieben gesteuert wird? Gratulation! Wenn Du noch ein paar Jahrzehnte weiterdenkst bist Du schon fast auf dem Niveau der griechischen Antike. ;D
Sinnvoll, rational. Als wenn eine Beurteilung jemals objektiv sein könnte, vor allem wenn es um das Leben, die Existenz an sich geht.
Was ist an der Existenz rational? Welches Ziel hat das Leben? Mit einem Ziel könnte man sich einen schnellen Weg dorthin überlegen. Entsprechend wäre rationales Handeln möglich.
Was ist eigentlich am sich Vermehren rational? Es ist übrigens völlig unnötig zu leben. Wofür sollte es denn auch nötig sein?
Und um mal ein paar dicke Bretter in den Raum zu werfen: Freier Wille ist undenkbar. Wie sollte er funktionieren wenn es nur Kausalität und Zufall gibt? Der Wille muss immer Folge sein. Ein überaus komplexes Uhrwerk das irgendwann gebaut und in Betrieb genommen wurde. Ob der Zufall eine Rolle spielt ist nicht geklärt. Durch die gewaltige Komplexität des Gehirns und der Umwelt ist das Leben eines Menschen allerdings so wenig vorhersagbar wie das Wetter über ein Menschenleben. Zu viel Variablen, zu viele Startwerte die gekannt werden müssten. Ein Leben nach dem Tod ist kaum vorstellbar, da das Bewusstsein ein Phänomen der Emergenz ist. Der Aufbau und die Funktionsweise des Gehirns erzeugen dieses. Mit dem Hirn endet zwangläufig das Bewusstsein. Der Tod ist somit das Ende. Und der Tod ist das Ziel des Lebens. ;D
Wen das Sorgen bereitet sollte Epikur lesen. Goethes Faust und das Werk Nietzsches zur Überwindung des Nihilismus ist auch nicht verkehrt...
Ein Sinn des Lebens ist nicht existent. Einen Sinn kann nur etwas als Teil eines größeren haben. Ein Zahnrad in einer Uhr z. B. Welchen Sinn aber hat die Uhr? Sie hat einen Sinn für einen Menschen der an der Zeit interessiert ist. Welchen Sinn hat der Mensch? Welchen das Universum, die Existenz an sich? Irgendwann kommt man immer an einem Punkt an wo es keinen Sinn mehr für etwas geben kann. Das Allexistierende kann keinen Sinn haben. Niemand würde es vermissen wäre es nicht da, da dann niemand da wäre. Nach Schopenhauer wäre die Nichtexistenz der Existenz sogar vorzuziehen. Man kann dem Mann schwerlich widersprechen, da der nichtexistierende nichts vermissen kann, während der Existierende zwangsläufig Leid erfährt in seinem endlichen Leben.
Wer anfängt für die Menschheit definieren zu wollen was nötig und unnötig ist, der ist ein besonders anmaßender Diktator. Die lächerlichen Versuche Normalität zu definieren gehören dazu. Die Religionen sind faschistische Diktatoren, da sie im Besitz der Moral sind. Wer die Moral in Händen hält, dem gehört die Welt. Für die anderen entscheiden was gut und was böse ist, was richtig, was falsch, was gesund, was krank usw. ist. Das ist eine gewaltige Macht. Nur von wenigen in Frage gestellt. Die wenigsten Menschen nähern sich auch nur einer realistischeren Einschätzung ihrer selbst. Die Arroganz und Selbstverleugnung sind bemerkenswert. Es liegt genau vor ihren Augen ausgebreitet aber sie wollen, bzw. können es nicht sehen. Dass der Mensch nur ein Tier, eine Maschine ist. Die ihrer Natur folgt. So wie ein Uhrwerk seiner Natur folgt. Eine bemerkenswert komplexe, hochgradig faszinierende Maschine die viele Frage nach ihrer Funktion, nach den für die Emergenz des Bewusstseins notwendigen Bedingungen stellt. Aber letztlich nur eine Maschine. Sie lebt und irgendwann stirbt sie. Nichts mystisches, kein Gott, kein Ziel. Gott, Sinn, freier Wille, alles Eitelkeit! Lächerliche Anmaßung, die dann nicht einmal konsequent durchdacht wird.
Wir sind. Ein Leben, welches befriedigend ist, ist ein Leben welches der jeweiligen Natur, der Persönlichkeit entspricht. Wozu willkürliche Begriffe wie gut und böse verwenden? Was maßt sich der eine an, über die Natur des anderen zu urteilen? Über seine Natur kann mit derselben Berechtigung geurteilt werden! Zu urteilen ist schwachsinn, da Objektivität grundsätzlich unmöglich ist, da es keinen absoluten Maßstab geben kann. Alle Menschen unterscheiden sich in ihrer Natur, in ihrem Willen, in ihrer Persönlichkeit, wie man es auch nennen mag. Welcher Mensch ist da der Maßsstab? Der Maßstab ist der, der sich dazu macht und die Macht erlangt dass viele ihm folgen. Ein evolutionäres Konzept. Was erfolgreich ist, das setzt sich durch. Ohne Begründung. Ohne gut, ohne böse, ohne richtig und falsch, ohne sinnvoll oder unsinnig. Das sind Urteile und die brauchen immer einen Maßstab.
Der freie Mensch ist sein eigener Maßstab. Ein freier Mensch handelt nach seiner Natur. Er stellt sich nicht die Fragen nach gut und böse. Er denkt auch nicht über einen Sinn nach. Die Frage stellt sich überhaupt nicht. Der freie Mensch weiss, dass es keinen Sinn geben kann. Der freie Mensch urteilt nicht. Was nicht heißt, dass er nicht handelt. Er tut was er will, nachdem er weiss was er will und was und wer er ist. Er fürchtet den Tod nicht, denn der Tod ist nicht zu fürchten, da nicht Teil des Lebens, bzw. korrekter: des Seins. Allein das Leid fürchtet er, da dieses Teil des Lebens, bzw. des Seins ist.
Sofern dieser Thread eine Betrachtung über den Überfluss sein soll ändert das nichts an der Schlussfolgerung. Was für den einen überflüssig ist, ist für den andere notwendig, bzw. bereichernd für sein Leben. Die Vielfalt an Produkten, an Ideen und Dienstleistungen spiegelt die Unterschiedlichkeit der Menschen wieder.
Auch wenn das viele Konservative wie auch Linke nicht kapieren, da sich beide anmaßen zu entscheiden was richtig und was falsch, was nötig und was unnötig, was gut und was böse ist. Das sind die Feinde der Freiheit.
Kein Mächtiger wird jemals ehrlich im Namen der Freiheit sprechen und handeln. Denn nur die Unfreiheit gibt ihm Macht.
Madman123456
2010-12-26, 11:19:52
"rational" ist für mich eine Handlung für die der handelnde eine Begründung hat die "Sinn"macht.
Derjenige tut dies und jenes um dann dies und das zu erreichen.
Ich glaub sowas ist schon ein oder zweimal in der Geschichte der Menschheit vorgekommen.
Anscheinend wurde hier das Wort falsch verstanden; ist was "rationales" nun etwas das nichts mit unseren Instinkten zu tun hat? Das wär ziemlicher Unsinn. Überleben gehört zu unseren Instinkten und auch wenn man die bedeutung von "rational" soweit verdreht das überleben nicht "rational" wäre ists am ende dann doch weil man überhaupt garnichts mehr tun kann, auch nichts was in die merkwürdige auffassung von "rational" passt.
Anscheinend ist mit "rational" die loslösung von unseren Instinkten gemeint. Ähm...
Wir steigen mit Leuten in die Kiste ohne auch nur an Vermehrung zu denken, tatsächlich arbeiten viele Chemiker an immer neuen Methoden um den natürlichen Akt der Fortpflanzung zu verhindern.
Wir haben diese sehr grosse anzahl an nervenenden in bestimmten organen die nur dazu dienen das wir spass an der stimulation derselben haben.
Und wir erfinden ungefähr ne millionen Sachen die die tatsächliche Fortpflanzung die hernach passieren könnte verhindern.
Der Sex ist sicherlich ein Ur-instinkt. Das herauslösen des Sex aus der Fortpflanzung auf das man Sex haben kann ohne Kinder zu kriegen ist aber nun ziemlich weit davon entfernt.
Monger
2010-12-26, 13:26:11
"Rational" ist nunmal sehr relativ. Man kann seinen Verstand (=ratio) ja für alles mögliche benutzen - für Gutes, für Schlechtes, für die Liebe, für den Beruf, für Verbrechen...
Macchiavelli war derjenige der den Begriff der "Staatsräson" (also: Vernunft) geprägt hat. Vorher waren insbesondere die europäischen Adeligen in erster Linie an dem Wohl ihrer eigenen Sippe interessiert, d.h. dem Fortbestand der Dynastie.
Dass der Staat an sich - mit all seinen Bürgern - schützenswert ist, das ist eine vergleichsweise junge Entwicklung. Vor allem die Interpretation des Staates hat sich zunehmend über die Jahrhunderte ausgeweitet: war in der französischen Revolution erstmal nur die persönliche Freiheit gemeint, hat man das im Laufe der Industrialisierung nach und nach erweitert, auf die Bereiche der sozialen, finanziellen und infrastrukturellen Sicherheit. Ganz neu ist mittlerweile, dass man die Ökologie eines Landes auch als rationalen Wert betrachtet.
Da steckte auch natürlich immer ein Eigeninteresse dahinter, weil sich über die Jahrhunderte hinweg gezeigt hat, dass selbst die stärkste Herrscherkaste sich selbst vom Spielbrett kegeln kann, wenn sie sich nur ausreichend Feinde im eigenen Land schafft, oder sich selbst die Lebensgrundlage entzieht.
Aber das ist hier nicht mit "rational" gemeint, oder? Was hier gemeint ist, ist keine Staatsräson, sondern so etwas wie eine globale Vernunft. Also etwas, was den gesamten Erdball umfasst. Da muss man aber der Menschheit auch mal zu Gute halten, dass das ein extrem modernes Phänomen ist. Der erste Kongress in dem tatsächlich die gesamte Welt an einem Tisch saß und über gemeinsame Probleme gestritten hat, war der erste Klimagipfel von 1992. 18 Jahre ist das her! Nicht mal eine Generation.
Die UN existiert zwar seit 1945, aber wenn überhaupt, haben nur die ständigen UN Mitglieder gemeinsam entschieden.
So gesehen: gemessen daran, dass wir auf diesem Planeten die rationalen Interessen von 6 Milliarden Individuen koordinieren müssen, finde ich sind wir vor allem seit Ende des kalten Krieges ganz schön weit gekommen.
hasufell
2010-12-26, 14:26:12
Ganz neu ist mittlerweile, dass man die Ökologie eines Landes auch als rationalen Wert betrachtet.
neu in unserer Welt vielleicht
aber ich glaube Naturvölker und Indianer vor tausenden Jahren wussten das schon besser.
was ich damit sagen will ist, dass man "Geschichte" nicht einfach linear begreifen kann. Zu meinen wir wären "weiter" als andere vor 2000 Jahren lässt sich nur einwandfrei auf Technologie beziehen (da gibt es nur kleine Ausnahmen).
Was den Umgang mit unserer Umwelt betrifft sind wir am weitesten ZURÜCK als alle vorhergegangenen Generationen. Klimagipfel hin oder her.
Was die politische Entwicklung betrifft, drehen wir uns im Kreis. Die einzigen Vernunftsdurchbrüche bilden Gewalt und Wahnsinn, die dann wieder wirkungslos im Nichts verpuffen. Das einzige was sich stetig entwickelt hat ist die Größe von Verwaltungseinheiten.
Unser System wird schon lange nicht mehr als Übergang gesehen, wie es Vernunftbesessene vor hunderten von Jahren schon begriffen haben, sondern als "kleinstes Übel", status quo.
Technologie kann man auch für undenkbares nutzen, was früher rein logistisch nicht möglich war. Wir könnten mit etwas Aufwand die GANZE Welt nach ihrer Meinung fragen.
dem einzigen dem ich deshalb zustimmen kann ist, dass der kommunikationstechnologische Fortschritt eigentlich erst globales Denken ERMÖGLICHT.
Real ist es deswegen aber nicht. Bis heute.
Deswegen ist die Welt imo einen Schritt zurück gegangen, so ausgeklügelt unser System auch sein mag. Das bedeutet garnichts.
Monger
2010-12-26, 15:16:08
neu in unserer Welt vielleicht
aber ich glaube Naturvölker und Indianer vor tausenden Jahren wussten das schon besser.
Deshalb hab ich ganz bewusst "rationaler Wert" geschrieben. Dass die Naturvölker wirklich erfassen konnten, was der Mensch für eine Auswirkung auf seine Umgebung haben kann, bezweifle ich. Der Respekt vor der Natur hatte da mehr spirituelle als wirtschaftliche Gründe.
Was die politische Entwicklung betrifft, drehen wir uns im Kreis. Die einzigen Vernunftsdurchbrüche bilden Gewalt und Wahnsinn, die dann wieder wirkungslos im Nichts verpuffen. Das einzige was sich stetig entwickelt hat ist die Größe von Verwaltungseinheiten.
Mir ist das zu pauschal. Seit dem zweiten Weltkrieg hat es in der nördlichen Hemisphäre keinen größeren bewaffneten Konflikt mehr gegeben. Das Geplänkel mit Afghanistan & Co. ist nix im Vergleich zu dem was in Europa in so ziemlich allen Jahrhunderten außer dem 21ten passiert ist. Die meisten Länder sind heute politisch sehr stabil, und die es nicht sind, waren es auch vorher nie.
Unser System wird schon lange nicht mehr als Übergang gesehen, wie es Vernunftbesessene vor hunderten von Jahren schon begriffen haben, sondern als "kleinstes Übel", status quo.
Vielleicht von dir.
Neu ist, dass man sich keine Verbesserungen in der Lebensqualität mehr erwartet, das ist richtig. Wir sind (seit dem späten Mittelalter) wohl die erste Generation die sich in einer besseren Position sieht als ihre Kinder.
Aber gerade heute wird doch sehr fieberhaft an der Welt von morgen gebastelt. Das Problem ist, dass keine Lösung bisher tragfähig ist.
Technologie kann man auch für undenkbares nutzen, was früher rein logistisch nicht möglich war. Wir könnten mit etwas Aufwand die GANZE Welt nach ihrer Meinung fragen.
Es geht nicht nur darum die Meinung der ganzen Welt zu HÖREN (das tun wir wohl mittlerweile ganz gut. Keine humane Katastrophe die heute unbemerkt bleibt), sondern darauf zu ANTWORTEN.
Ich glaube nicht, dass heute noch wirklich Unklarheit darüber herrscht, wo unsere Probleme liegen.
FeuerHoden
2010-12-26, 15:47:37
Und wenn wir jeden in ne 10m² wohnung zwingen gibts wohnungen für 50€ für jeden! Aber nein wir brauchen ja unbedingt Platz für nen Fernseher und Schränke!
Dieses Spiel kann man beliebig fortführen.
Die Menschheit ist seit jeher auf der Suche nach mehr Lebensqualität. Angefangen von Feuer, über Viehhaltung bis zur Industrialisierung. Und das Streben nach mehr Lebensqualität ist meiner Meinung nach rational genug.
Bist du der Meinung das wir dem Ziel 'Mehr Lebensqualität' näher kommen?
Ist es so dass wir alle in Summe immer gesünder werden? Dass wir alle immer mehr Freizeit und Freiheit haben? Das wir immer mehr Wohlstand haben?
Zumindest sei ich auf der Welt bin hat sich in Summe alles eher verschlecht. Um bei deinem Beispiel mit der Wohnung zu bleiben. Als ich auf die Welt kam gabs ne 150m² Wohnung um 500€, heute gibts ne 50m² Wohnung um 500€. Auch waren wir in Summe weniger fett, haben weniger getrunken, weniger geraucht und hatten weniger Krebs. Auch musste damals nur ein Elternteil arbeiten um eine Familie zu ernähren, heute müssen mindestens 2 Elternteile dafür arbeiten, und zwar mehr Stunden pro Woche für weniger Geld, weniger Urlaub, geringere Sozialleistungen und eine kleinere Rente.
Mir scheint also das wir uns nicht mehr in Richtung 'Mehr Lebensqualität' befinden.
Aber zum Thema: Ich wollte keine Diskussion um die Bedeutung des Begriffs 'Rationalität' lostreten, aber wie es scheint gibt es unterschiedliche Auffassung für diesen Begriff. Ich meine 'rational' im Sinne von 'notwendig', und auch im Sinne davon die eigene Situation ohne einen Nachteil für sich oder andere zu verbessern. Was von dem was wir bisher getan haben musste getan werden und was hat es uns letztendlich gebracht?
Das einzige was mir dazu einfällt ist wie bereits erwähnt die Medizin, welche aber, wenn man etwas weiter denkt, auch die irrationale Symptome behandelt. Eine abgetrennte Hand wieder anzunähen ist durchaus rational, die Hand überhaupt erst abzutrennen dagegen nicht.
Was sind denn die langfristigen Vorteile irrationalen Handelns? Ich kaufe mir einen Sportwagen um ein paar Glücksdrüsen im Gehirn zu aktivieren und nach ein paar Jahren fahr ich damit in nen Graben, toll. Und ne Zusatzkrankenversicherung hab ich nicht abgeschlossen weil ich mir sonst die Versicherung für aus Auto nicht mehr hätte leisten können.
Warum tut man sowas?
hasufell
2010-12-26, 16:18:11
Deshalb hab ich ganz bewusst "rationaler Wert" geschrieben. Dass die Naturvölker wirklich erfassen konnten, was der Mensch für eine Auswirkung auf seine Umgebung haben kann, bezweifle ich. Der Respekt vor der Natur hatte da mehr spirituelle als wirtschaftliche Gründe.
Es gibt auch Naturvölker die dabei zusehen durften wie ihre Umgebung und damit teilweise auch ihre Lebensgrundlage u.a. auch auf ökologische Weise zerstört wurde. Artenvernichtung durch Jäger, Zerstörung von Wäldern und Fluren. Die Bisonjagd in Amerika oder weniger bekannt die beinahe Ausrottung vom Jiru (tibetische Antilopenform) sind da nur Einzelbeispiele.
Ich bezweifle, dass sich das Verständnis auf spirituellen Schamanismus beschränkt.
Es mögen keine gebildeten Menschen sein, die Kenntnis von Industrialisierung usw usf haben, aber das Gleichgewichtsprinzip in der Natur lässt sich auch viel einfacher verstehen, vor allem, wenn man DIREKT von ihr abhängig ist als Jäger, Nomade oder Bauer.
Die Ägypter verehrten nicht den Nil nur weil er irgendwie spirituell war und man darin gut baden konnte. Der war ihre Lebensgrundlage.
Mir ist das zu pauschal. Seit dem zweiten Weltkrieg hat es in der nördlichen Hemisphäre keinen größeren bewaffneten Konflikt mehr gegeben. Das Geplänkel mit Afghanistan & Co. ist nix im Vergleich zu dem was in Europa in so ziemlich allen Jahrhunderten außer dem 21ten passiert ist. Die meisten Länder sind heute politisch sehr stabil, und die es nicht sind, waren es auch vorher nie.
Wieso. Es herrscht der virtuelle Krieg. (und jetzt sogar mehrdeutig)
http://www.youtube.com/watch?v=4W5CN_dbj68
Nur weil mir niemand mit dem Knüppel auf den Kopf haut, ist meine Freiheit nicht weniger bedroht.
Vielleicht von dir.
Neu ist, dass man sich keine Verbesserungen in der Lebensqualität mehr erwartet, das ist richtig. Wir sind (seit dem späten Mittelalter) wohl die erste Generation die sich in einer besseren Position sieht als ihre Kinder.
Aber gerade heute wird doch sehr fieberhaft an der Welt von morgen gebastelt. Das Problem ist, dass keine Lösung bisher tragfähig ist.
Auf Lebensqualität allein wollte ich garnicht hinaus. Es gibt einfach keinen Bedarf mehr an Utopie.
Philosophen von vor einigen hundert Jahren hatten bereits den Gedanken des Weltbürgers und verstanden das tausendjährige Reich nicht nur als religiöse Idee, sondern als Vollendung der Aufklärung.
Mir stellt sich aber die Frage ob wir überhaupt aufgeklärter sind als die Menschen aus der Zeit oder ob wir schon wieder Ideen verloren haben.
Es ist keine Lösung tragfähig, weil der Wille nicht klar ist. Man will ja keine Kompromisse eingehen.
Es geht nicht nur darum die Meinung der ganzen Welt zu HÖREN (das tun wir wohl mittlerweile ganz gut. Keine humane Katastrophe die heute unbemerkt bleibt), sondern darauf zu ANTWORTEN.
Oh, es hapert schon beim hören. Da müssen wir nicht auf globale Ebene gehen, sondern uns mal vor Augen führen, dass unsere aktuelle Regierung sich offen gegen mehr Volksentscheide ausgesprochen hat.
Ich glaube nicht, dass heute noch wirklich Unklarheit darüber herrscht, wo unsere Probleme liegen.
Wir wissen nichtmal wo unser Wille liegt.
G.A.S.T.
2010-12-27, 18:32:31
Zumindest sei ich auf der Welt bin hat sich in Summe alles eher verschlecht. Um bei deinem Beispiel mit der Wohnung zu bleiben. Als ich auf die Welt kam gabs ne 150m² Wohnung um 500€, heute gibts ne 50m² Wohnung um 500€. Auch waren wir in Summe weniger fett, haben weniger getrunken, weniger geraucht und hatten weniger Krebs. Auch musste damals nur ein Elternteil arbeiten um eine Familie zu ernähren, heute müssen mindestens 2 Elternteile dafür arbeiten, und zwar mehr Stunden pro Woche für weniger Geld, weniger Urlaub, geringere Sozialleistungen und eine kleinere Rente.
Mir scheint also das wir uns nicht mehr in Richtung 'Mehr Lebensqualität' befinden.
Trifft das deiner Meinung nach auf die ganze Welt zu, oder meinst du nicht, dass das eher ein Problem von D-Land (Doof-Land) ist?
Atropin
2010-12-27, 23:20:47
Jemand hat bemerkt, dass der Mensch von emotionalen Bedürfnissen, bzw. ganz generell von Trieben gesteuert wird? Gratulation! Wenn Du noch ein paar Jahrzehnte weiterdenkst bist Du schon fast auf dem Niveau der griechischen Antike. ;D
Sinnvoll, rational. Als wenn eine Beurteilung jemals objektiv sein könnte, vor allem wenn es um das Leben, die Existenz an sich geht.....
............Was ist an der Existenz rational? ist für den andere notwendig Das sind die Feinde der Freiheit.
Kein Mächtiger wird jemals ehrlich im Namen der Freiheit sprechen und handeln. Denn nur die Unfreiheit gibt ihm Macht.
Ein absolut lesenswerter und brillianter Beitrag! Wobei ich mich bei den darauf
folgenden Antworten wirklich Frage ob ihn überhaupt einer gelesen hat....?
FeuerHoden
2010-12-28, 09:13:10
Trifft das deiner Meinung nach auf die ganze Welt zu, oder meinst du nicht, dass das eher ein Problem von D-Land (Doof-Land) ist?
Nein, das war nur ein Beispiel das bekannt sein sollte damit sich jeder was dazu vorstellen kann. Und nebenbei, es ist ein Beispiel aus Österreich. ;)
Nehmen wir mal Afrika. Hier hat die Bevölkerung seit je her Naturpflanzen gegen Krankheiten verwendet. Einige dieser Pflanzen werden auch zur Herstellung von Medikamente benötigt. Doch überall dort wo es geht versuchen die Pharmaindustrien Inhaltsstoffe zu syntetisieren. Die Pflanzen werden aber trotzdem gerodet und sterben aus. Früher konnte Mahutma ausm Dorf ein paar Km raus gehen und ein paar Pflanzen einsammeln, das geht immer weniger und wird irgendwann einmal gar nicht mehr möglich sein. Das ist eine noch viel verheerendere irrationale Entwicklung des menschlichen Tun und Treibens.
Der Fünfte Elefant
2010-12-28, 10:33:27
Rationales Handeln ist immer auch eine Frage des Standpunktes, das sollte man nicht vergessen.
In deinem Beispiel werden die Pflanzen geerntet ( anderswo Wälder vernichtet, massenhaft Kinder in die Welt gesetzt, 2mal jährlich um die Welt gejettet, etc) weil es dem ausführendem Menschen richtig erscheint, sei es weil er/sie eben die Heilkraft der Pflanzlichen Wirkstoffe benötigt, sei es weil die Pflanzen verkauft werden und so kurzfristig das materielle Überleben gesichert werden kann oder sei es schlicht weil sich der Großgrundbesitzer dann den 3 ten Ferrari in die Garage stellen kann.
Natürlich kann man von einem weit entfernten Standpunkt aus sagen: Hey, ihr handelt völlig verkehrt, euer Verhalten ist völlig irrational! , und das mag von diesem Standpunkt aus auch durchaus zutreffend sein, nur von einem anderen Standpunkt aus tritt dann eben das langfristige vernichten der Überlebensgrundlage (so die betroffenen überhaupt die Möglichkeit haben dies zu erkennen) gegenüber dem Überleben im hier und jetzt zurück.
Ein anderes Aspekt ist die naive Vorstellung des Menschen als Raional handelndes Wesen.
Von den Millionen an Entscheidungen die wir Tag für Tag treffen ist bestenfalls eine niedrige 3 stellige Zahl überhaupt rational beeinflußt , alle andere Entscheidungen werden rein emotional und/oder auf Basis faktisch festverdrahteter Denkmuster (siehe Vorurteile) getroffen. Doch selbst beim winzigen Bruchteil an rational beeinflußten Entscheidungen ist festzustellen das uns das Handeln entgegen oder auch nur relevant abweichend von unseren Emotionen extrem schwerfällt.
Fritzchen
2010-12-28, 10:46:44
Die Ägypter verehrten nicht den Nil nur weil er irgendwie spirituell war und man darin gut baden konnte. Der war ihre Lebensgrundlage.
Haben die jetzt ihre Abwässer nicht in den Nil geleitet?
Der Gewässer Schutz ist doch gerade in Deutschland stark ausgeprägt auch ganz ohne dieses Spirituell zu sehen.
Auf Lebensqualität allein wollte ich garnicht hinaus. Es gibt einfach keinen Bedarf mehr an Utopie.
Deswegen sollte man aber trotzdem aufpassen das die "Naturvölker" und Ihre Lebensweise nicht all zu Romantisch dargestellt werden.
Das waren ja meisten nur kleine Gruppen die keinen Großen Eindruck in der Natur hinterlassen haben.
Heute wollen 7Mrd Menschen nicht nur mit dem Nötigsten versorgt sein.
Entspricht es eigentlich einem Rationalen Denken wenn man heute einen Ölwechsel an seinem Auto nicht mehr in einem Wasserschutz Gebiet durchführt oder wenn man sein Altöl nicht mehr einfach in den Hausmüll kippt?
Der Mensch handelt doch recht oft Vernunft begabt.
Labberlippe
2010-12-28, 10:52:38
Nein, das war nur ein Beispiel das bekannt sein sollte damit sich jeder was dazu vorstellen kann. Und nebenbei, es ist ein Beispiel aus Österreich. ;)
Nehmen wir mal Afrika. Hier hat die Bevölkerung seit je her Naturpflanzen gegen Krankheiten verwendet. Einige dieser Pflanzen werden auch zur Herstellung von Medikamente benötigt. Doch überall dort wo es geht versuchen die Pharmaindustrien Inhaltsstoffe zu syntetisieren. Die Pflanzen werden aber trotzdem gerodet und sterben aus. Früher konnte Mahutma ausm Dorf ein paar Km raus gehen und ein paar Pflanzen einsammeln, das geht immer weniger und wird irgendwann einmal gar nicht mehr möglich sein. Das ist eine noch viel verheerendere irrationale Entwicklung des menschlichen Tun und Treibens.
Hi
Eigentlich kann man sagen das in jeden Land wo die Großkonzerne in den Markt eindringen die Löhne fallen und die Arbeitstunde fallen.
In einen solchen Korrupten Land wie Österreich war es eh nur eine Frage der Zeit.
Gruss Labberlippe
Dicker Igel
2010-12-28, 11:03:14
Die Frage, was den Menschen vom Tier unterscheidet beantwortet Deine Frage mit einem dicken Ja.
Was wäre denn der Unterschied, mal so ganz aus "neutraler Ecke" betrachtet?
Ich sehe da keinen - wir sind nur effizienter.
Welchen Sinn hat der Mensch? Welchen das Universum, die Existenz an sich? Irgendwann kommt man immer an einem Punkt an wo es keinen Sinn mehr für etwas geben kann.
Was einen Sinn des Ganzen aber nicht ausschließen muss.
Der freie Mensch ist sein eigener Maßstab. Ein freier Mensch handelt nach seiner Natur. Er stellt sich nicht die Fragen nach gut und böse. Er denkt auch nicht über einen Sinn nach. Die Frage stellt sich überhaupt nicht. Der freie Mensch weiss, dass es keinen Sinn geben kann. Der freie Mensch urteilt nicht. Was nicht heißt, dass er nicht handelt. Er tut was er will, nachdem er weiss was er will und was und wer er ist. Er fürchtet den Tod nicht, denn der Tod ist nicht zu fürchten, da nicht Teil des Lebens, bzw. korrekter: des Seins. Allein das Leid fürchtet er, da dieses Teil des Lebens, bzw. des Seins ist.
Sehe ich auch so - nur finde ich, dass man Leid nicht fürchten muss.
Es gehört eben dazu und hat sicher auch einen Sinn.
Kein Mächtiger wird jemals ehrlich im Namen der Freiheit sprechen und handeln. Denn nur die Unfreiheit gibt ihm Macht.
Kommt imo ganz drauf an wie man in der Hinsicht "mächtig" definiert, oder besser gesagt, die "mächtige Person", was eben ihre Macht definiert.
Warum ist sie mächtig?
Deswegen ist die Welt imo einen Schritt zurück gegangen, so ausgeklügelt unser System auch sein mag. Das bedeutet garnichts.
Eben - persöhnliche Verbundenheit bleibt auf der Strecke.
Wenn nur über Technik kommunziert wird fehlt einfach eine gewisse Natürlichkeit - es ist "anders".
Man ist zudem auch von der Technik abhängig, fällt diese aus, ist man abgeschnitten und "allein".
Monger
2010-12-28, 12:09:37
Wieso. Es herrscht der virtuelle Krieg. (und jetzt sogar mehrdeutig)
http://www.youtube.com/watch?v=4W5CN_dbj68
Nur weil mir niemand mit dem Knüppel auf den Kopf haut, ist meine Freiheit nicht weniger bedroht.
Man kann das als Variation vom immer gleichen sehen - oder als Fortschritt. Konflikte heute sind komplexer, vielschichtiger, und verlaufen entlang von Fronten die es vor wenigen Jahrzehnten noch gar nicht gab. Das ist natürlich kein Zeichen dafür dass die Menschheit friedlicher geworden ist, aber ein Zeichen dafür dass man mit stumpfer Gewalt heute nicht mehr weiter kommt.
Das würde ich durchaus als Fortschritt verbuchen.
Auf Lebensqualität allein wollte ich garnicht hinaus. Es gibt einfach keinen Bedarf mehr an Utopie.
Bedarf gibt es schon, es wagt nur keiner mehr, so eine Utopie zu konstruieren. Vielleicht auch deshalb, weil zumindest die Utopien des 20ten Jahrhunderts sich eher als Alptraum entpuppt haben: das Häuschen im Grünen für jeden, mit zwei Autos vor der Tür, der Kühlschrank gut gefüllt mit Lebensmitteln die nahezu unbegrenzt haltbar sind, Materialien die sich beliebig formen lassen und nahezu unzerstörbar sind...
Es ist keine Lösung tragfähig, weil der Wille nicht klar ist. Man will ja keine Kompromisse eingehen.
Man geht ständig Kompromisse ein. Die Frage ist: wie hoch soll der Preis sein? Zahlt sich der Kompromiss letztendlich aus? Das ist halt in vielen Fragen (insb. Klimaschutz) derzeit überhaupt noch nicht klar. Wäre ich Barack Obama, würde ich auch nicht zulassen dass die USA sich selbst wirtschaftlich (noch mehr) strangulieren, nur um anschließend von den Chinesen ausgelacht zu werden.
Oh, es hapert schon beim hören. Da müssen wir nicht auf globale Ebene gehen, sondern uns mal vor Augen führen, dass unsere aktuelle Regierung sich offen gegen mehr Volksentscheide ausgesprochen hat.
Das meinte ich nicht.
Was ich meinte, ist: wenn die Bevölkerung murrt, und über dieses oder jenes klagt, spricht sich das selbstverständlich rum. Ob sich jemand der Sache annimmt und etwas tut, ist eine völlig andere Frage. Aber die Information an sich steht durchaus zur Verfügung.
hasufell
2010-12-31, 02:11:41
Man kann das als Variation vom immer gleichen sehen - oder als Fortschritt. Konflikte heute sind komplexer, vielschichtiger, und verlaufen entlang von Fronten die es vor wenigen Jahrzehnten noch gar nicht gab. Das ist natürlich kein Zeichen dafür dass die Menschheit friedlicher geworden ist, aber ein Zeichen dafür dass man mit stumpfer Gewalt heute nicht mehr weiter kommt.
Das würde ich durchaus als Fortschritt verbuchen.
das ist eine Grundsatzfrage. Versklavung kann auch gewaltlos passieren.
Gewalt haben wir u.a. nicht mehr, weil sich heutzutage viele lieber versklaven lassen als ihr Leben in den Topf zu werfen.
Vielleicht liegt das auch entfernt daran, dass wir keinen Bezug mehr zur Härte der Natur haben oder zum rohen Überleben. Das Überleben beschränkt sich häufig nur noch auf Emanzipation in gesellschaftlichen Strukturen.
oder um es mit Chuck Palahniuks (bzw. Tylers) Worten zu sagen:
"We have no Great War. No Great Depression. Our Great War's a spiritual war... our Great Depression is our lives."
Bedarf gibt es schon, es wagt nur keiner mehr, so eine Utopie zu konstruieren. Vielleicht auch deshalb, weil zumindest die Utopien des 20ten Jahrhunderts sich eher als Alptraum entpuppt haben: das Häuschen im Grünen für jeden, mit zwei Autos vor der Tür, der Kühlschrank gut gefüllt mit Lebensmitteln die nahezu unbegrenzt haltbar sind, Materialien die sich beliebig formen lassen und nahezu unzerstörbar sind...
Wenn Utopie nicht mehr gewagt wird, entwickeln wir uns zurück.
Man geht ständig Kompromisse ein. Die Frage ist: wie hoch soll der Preis sein? Zahlt sich der Kompromiss letztendlich aus? Das ist halt in vielen Fragen (insb. Klimaschutz) derzeit überhaupt noch nicht klar. Wäre ich Barack Obama, würde ich auch nicht zulassen dass die USA sich selbst wirtschaftlich (noch mehr) strangulieren, nur um anschließend von den Chinesen ausgelacht zu werden.
Die Weltwirtschaft geht keine Kompromisse ein. Wo hat sie das getan?
Sie hat ja auch kein Bewusstsein. Es gibt nur minimale Anstrengungen das schlimmste abzuwenden. Aber es gab nie Anstrengungen, dass man sich der Vorgänge der Industrialisierung und Globalisierung BEWUSST IST und sie dadurch direkt steuern kann.
Man lässt diese Dinge einfach erst passieren. Nachgedacht wird später... vielleicht, wenn es nicht zuviel Stress bedeutet.
Das meinte ich nicht.
Was ich meinte, ist: wenn die Bevölkerung murrt, und über dieses oder jenes klagt, spricht sich das selbstverständlich rum. Ob sich jemand der Sache annimmt und etwas tut, ist eine völlig andere Frage. Aber die Information an sich steht durchaus zur Verfügung.
Und ich meinte auch etwas völlig anderes. Und zwar die Utopie einer weltweiten Volksabstimmung.
Die ist technisch realisierbar.
Monger
2011-01-01, 18:09:04
oder um es mit Chuck Palahniuks (bzw. Tylers) Worten zu sagen:
"We have no Great War. No Great Depression. Our Great War's a spiritual war... our Great Depression is our lives."
Da sieht man mal, was für einen enormen Stellenwert die persönliche Entfaltung gewonnen hat. Das ist gut so, aber wenn unsere größte Sorge die persönliche spirituelle Entwicklung ist, ist das Jammern auf sehr hohem Niveau.
Wenn Utopie nicht mehr gewagt wird, entwickeln wir uns zurück.
"Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen" - Helmut Schmidt
Natürlich haben Utopien ihre Daseinsberechtigung. Aber gleich so weit zu gehen, dass die Welt untergeht wenn man gerade mal keiner Utopie nachjagt, geht mir dann doch zu weit.
Und ich meinte auch etwas völlig anderes. Und zwar die Utopie einer weltweiten Volksabstimmung.
Die ist technisch realisierbar.
Technisch ja, aber wäre sie auch sinnvoll?
Die Abstimmung an sich ist ja nicht sinnstiftend.
Ich finde, Wahlen werden überschätzt. Sie sind Werkzeuge, aber nicht eigentlicher Kern einer Demokratie. Die Wahlurne dient nicht zur Entscheidungsfindung, sondern zur Legitimation.
Volksabstimmungen machen nur Sinn, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die sind selbst auf nationaler Ebene praktisch nicht gegeben, geschweige denn international. So weit sind wir noch lange nicht.
Im Grunde greift diese Utopie viel zu kurz: viel wichtiger (und viel schwieriger) ist die Utopie eines Verfahrens, dass das Know-How und die Meinung jedes einzelnen Bürgers dieser Welt in eine Entscheidung destilliert. Da fehlt mir aber selbst in den absoluten Grundzügen bereits die Vorstellungskraft.
hasufell
2011-01-01, 18:51:36
Da sieht man mal, was für einen enormen Stellenwert die persönliche Entfaltung gewonnen hat. Das ist gut so, aber wenn unsere größte Sorge die persönliche spirituelle Entwicklung ist, ist das Jammern auf sehr hohem Niveau.
Das an sich meinte ich aber nicht, sondern dass der Bezug zur Radikalität verloren geht, weil die einzige Depression EBEN das "Leben" ist.
Mit abnehmender Radikalität, nimmt die Angst zu. Mit zunehmender Angst, nimmt die Handlungsunfähigkeit zu. Mit zunehmender Handlungsunfähigkeit, nimmt die Versklavung zu.
Deswegen sehe ich einen Rückschritt auf gewisser Ebene.
"Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen" - Helmut Schmidt
ein Politiker.
Natürlich haben Utopien ihre Daseinsberechtigung. Aber gleich so weit zu gehen, dass die Welt untergeht wenn man gerade mal keiner Utopie nachjagt, geht mir dann doch zu weit.
Ich weiss nicht ob sie untergeht oder wann, aber ich nehme einen Rückschritt wahr.
Die Welt ist zerteilt und in allen Teilen kontrolliert. Die Effizienz von Kontrollmechanismen hat sich durch den technologischen Fortschritt exponentiell gesteigert.
Aus dem Staat austreten ist verboten.
Das war vor tausend Jahren vermutlich nicht anders, aber da gab es auch keine Industrialisierung, Globalisierung und Technologie wie heute. Denn alle 3 Komponenten waren VÖLLIG unkontrolliert in ihrem Wachstum.
Ein Gleichgewicht gab es in dem letzten Jahrhundert nicht, weder im Umgang mit diesen Dingen, noch mit unserer Umwelt oder mit uns selbst.
Technisch ja, aber wäre sie auch sinnvoll?
Vermutlich nicht, denn es will wohl niemand die Meinung der Mehrheit wissen.
Die Abstimmung an sich ist ja nicht sinnstiftend.
Ich finde, Wahlen werden überschätzt. Sie sind Werkzeuge, aber nicht eigentlicher Kern einer Demokratie. Die Wahlurne dient nicht zur Entscheidungsfindung, sondern zur Legitimation.
deswegen ist es per definitionem eigentlich auch keine Demokratie. Der Wille des Volkes findet nicht Einzug in politischen Entscheidungen, weil die Abstraktionsebene völlig unkontrolliert bleibt. Wir haben keine Macht über Politiker. Das hat der Bundespräsident... und der ist, nunja. Auch Politiker. Der Kreis ist in sich geschlossen, in allen Bereichen.
Volksabstimmungen machen nur Sinn, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die sind selbst auf nationaler Ebene praktisch nicht gegeben, geschweige denn international. So weit sind wir noch lange nicht.
Die einzige Rahmenbedingung demokratischen Wählens ist die Mündigkeit der Teilnehmer.
Im Grunde greift diese Utopie viel zu kurz: viel wichtiger (und viel schwieriger) ist die Utopie eines Verfahrens, dass das Know-How und die Meinung jedes einzelnen Bürgers dieser Welt in eine Entscheidung destilliert. Da fehlt mir aber selbst in den absoluten Grundzügen bereits die Vorstellungskraft.
Wie wärs mit ner Abstimmung? (nicht Wahlen.)
John.S
2011-01-02, 13:43:50
Hallo,
ich fröhne gerade meiner allabendlichen Hirnmasturbation
Das trifft es genau, denn nichts anderes ist dieses Thema..:D
All die großen Künste und Errungenschaften dienten immer irgendwelchen anderen niederen Gelüsten unseres simplen Reptiliengehirns.
Na klar, wenn man es so sieht, dann ist alles was wir tun, irational. Dein Fehler ist aber, die niederen Gelüste mit Irationalität gleichzusetzen. Das mag zwar oft der Fall sein, aber bei weitem nicht immer. Diese niederen Gelüste erfüllen bei allen Lebewesen rationale Funktionen, in dem Sinne, dass sie dem Individuum oder der Art Vorteile bringen, sonst wären die Triebe in der Evolution ganz einfach nicht entstanden.
Das einzige wirklich sinnvolle was mir einfällt ist die Medizin und die Forschung in diesem Bereich, doch was bleibt am Ende davon übrig? Eigentlich nur unsere Abhängigkeit von symptomlindernden Medikamenten und ein Sozialsystem dass uns gerade noch so nicht sterben lässt.
Das ist Jammern, auf hohem Niveau. Wer mal live erlebt hat, wie Menschen ohne moderne Medizin und Technik leben und welch Probleme man da hat, der wird nicht so reden...
Noch eine kleine Verdeutlichung meiner Sichtweise anhand eines Beispiels. Das Automobil: Ein Auto ist etwas sehr praktisches und auch sehr sinnvoll da wir damit unsere körperlichen Ressourcen schonen und gleichzeitig unseren Aktionsradius erweitern können, toll toll. Allerdings, die Art und Weise wie wir Autos verwenden und betreiben ist höchst irrational. Es beginnt dabei dass wir unseren Autos wilde, emotionale Namen geben wie 'Mustang', 'Stingray' oder auch 'Elise' oder 'Avantime'. Dann geht es weiter mit der Optik, dem äußeren Erscheinungsbild. Glitzernde Felgen, aufwändige Lackierung, 'dynamische' Formen. Im Innenraum Spielereien wie digitalte Tachometer, Kameras, bunteste Navigationssysteme und verschachtelte Bordcomputer. Technisch: Welche rationale Erklärung gibt es für Motoren mit mehr als 200PS? Ein lautes Motorengeräusch? Ein 'sportliches' Fahrwerk? Was hat es überhaupt mit Sport gemein bei Tempo 130 auf der Autobahn in einen Alcantarasitz zu furzen?
Du reduzierst das Auto hier nur auf emotionale Namen, teils unnötige Extras und überdimensionierte Motoren und wunderst dich dann, dass das Auto für dich sinnlos erscheint? Das ist doch schon fast ein Zirkelschluss.
Es gibt aber jede Menge Menschen, die das Auto praktisch benutzen, das ganze Transportwesen ist heute bei weitem Leistungsfähiger als vor 100 Jahren. Wenn sich dann jemand für sein Auto Extras leistet, dann wird daurch noch lange nicht der ganze Gebrauch des Autos irational.
Würde mal Jemand hergehen und ein Auto bauen das wirklich nur für den Zweck des Fahrens gebaut würde, dann gäbe es Autos um 1.000€ für jeden. Aber nein, wir brauchen ja unbedingt ein Radio, und eine Innenverkleidung, und einen Teppich, und und und.
Wieso setzt du Minimalismus mit Rationalität gleich?:confused:
Eine Innenverkleidung ist für dich sinnlos? Willst du etwa ständig an die Blechteile des Autos gelangen? Weißt du wie schlecht so ein Auto im Winter isoliert?
1000€? Aber ein halbwegs guter Motor, der lange hält, gute Emissionswerte hat, kostet schon mehr als das.
Selbst wenn wir den Aspekt des Musikhörens und dem dadurch besseren Wohlbefinden (oder ist Wohlfühlen auch irational?:D) ausblenden, man kann mit dem Radio auch Nachrichten und Verkehrsdurchsagen hören.
Du erinnerst mich gerade an die Politiker der DDR, die auch meinten, sie wissen ganz genau, wieviel der Mensch braucht...
hasufell
2011-01-02, 18:54:43
Das ist Jammern, auf hohem Niveau. Wer mal live erlebt hat, wie Menschen ohne moderne Medizin und Technik leben und welch Probleme man da hat, der wird nicht so reden...
das ist nun auch sehr pauschal
es gibt Menschen, die in Armut ohne moderne Medizin und Technik leben und auch das relative Gegenteil von Selbstversorgern.
Natürlich haben beide mehr Existenzprobleme und 2 gebrochene Beine bedeuten "verkackt"
Allerdings verstehe ich nicht was hier ständig mit "Jammern auf hohem Niveau" gemeint ist, wenn sich Menschen bewusst werden, dass auch die Freiheit in unserem System erkauft ist und somit auch nur eine mögliche Freiheit ist.
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