Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Suizid als letzte Option?
Simon Moon
2016-09-11, 06:04:06
Hallo zusammen
Neulich ist mir folgender Comic über den Weg gelaufen:
https://abload.de/img/14317547_116414876033d6q3h.png
Irgendwie hat dieser und die Kommentare dazu mich dann zum nachdenken bewogen. Offenbar sehen da doch einige Menschen den Freitod fast schon ziemlich positiv auf, das irritierte mich dann ziemlich. Selber kenne ich durchaus einige depressive Menschen, welche selber mit dem Gedanken schon spielten oder gar versuchten sich umzubringen.
Um so mehr erstaunte mich nun, dass dieser Comic hier ein imo fast schon ermutigendes Statement zum Suizid von sich gibt. Er suggeriert quasi, dass das "Geschenk des Lebens" eben nicht jeder "dankbar" annehmen muss. Dabei stört mich allein schon, dass hier von beiden Seiten offenbar davon ausgegangen wird, dass es sich tatsächlich um ein "Geschenk" handelt. Das ist meiner Ansicht nach aber nicht möglich - damit man ein "Geschenk" annehmen kann, muss man ja erst existieren und sobald wir existieren, leben wir auch. Wir sind also quasi selber "das Geschenk" und können als solches daher nicht beschenkt werden. Hier klingt es so, als würden wir leblos existieren und irgend jemand schenkt uns dann nachträglich das Leben - was fast schon religiöse Züge annimmt. Und da ist es dann natürlich folglich auch nur logisch, dass man diesem "Schenkenden" auch "dankbar" ggü. sein müsste und somit eine Schuld hat, sein Leben zu leben bzw. der Comic suggeriert dann auch, dass es doch nicht verkehrt sei ein Geschenk nun abzulehnen. Für mich ein ziemlich komisches Konzept.
Meiner Ansicht nach, beginnt mit unserem Leben quasi die Welt für uns und wir können diese erst so wahrnehmen. Davor hat für uns noch nichts existiert und danach wird auch nichts mehr kommen - völlig unabhängig davon, dass das Universum schon Mrd. Jahre alt ist, für uns existiert dies nur solange wir leben. Das Leben ist also kein "Geschenk" an uns, sondern eher die "Entstehung des Universums" für uns. Wenn man nun also Suizid begeht, tut man im Endeffekt nichts anderes, als dies wieder ins Nichts zu befördern.
Daher ist für mich selber, diese Option nahezu ausgeschlossen. Ob die Wahrnehmung nun positiv oder negativ ist, liegt im Endeffekt allein an sich selber. Der Freitod befreit einem dabei nicht vom Leid, sondern beendet halt einfach alles. Klar hat man dann kein Leid mehr, aber was bringt es, wenn man diese "Befreiung" gar nicht mehr wahrnehmen kann? Da ist es im Prinzip dann auch egal, ob man 1, 10 oder 100 Jahre lang "nur gelitten" hat - man wird sich an dieses Leid auch nicht erinnern können, da man schlichtweg nicht mehr existiert.
Und hier seh ich dann eben - für mein Verständnis und meiner Ansicht nach - den Fehlschluss vieler Menschen, welche nicht mehr leben wollen. Es ist häufig meiner Einschätzung nämlich nicht so, dass diese nicht mehr leben wollen, sondern eher so, dass sie diese Wahrnehmung der Realität nicht mehr ertragen. Häufig wird hier dann im Tod der "Frieden" gesucht. Das deutet für mich daraufhin, dass sie durchaus eine weitere Existenz wünschen - denn ohne Existenz ist auch kein (Seelen-)Frieden möglich.
Nun ist das bisher natürlich arg philosophisch und wer zum Beispiel an starken Depressionen oder einem körperlichen Gebrechen leidet, dem hilft dies auch nicht dabei, seine Existenz angenehmer zu machen. Doch ein Ende dieser Durststrecke ist eben nur möglich, solange man auch selber noch lebt. Sofern also noch eine Chance besteht, dass die bestehende Existenz wieder positiv aufgefasst werden können wird, sollte man in jedem Fall zuerst dieses Option ausprobieren. Wie diese Option dann aussieht, ist im Prinzip vollkommen egal bzw. kommt halt auf die Person drauf an.
Bei körperlichen Leiden ist es hier natürlich einfacher solche Optionen zu eruieren. Hier kann man eher schauen, was es für Therapien gibt und wie diese das Leiden mindern. Und hier kommt auch der Punkt, wo ich Suizid am ehesten nachvollziehen kann. Wer ohne Chance auf Heilung oder Linderung der Schmerzen / Einschränkungen leidet, bei dem ist es durchaus nachvollziehbar, dass er das nicht mehr bis zum bitteren Ende durchziehen will und lieber stirbt solange er noch klar denken kann.
Bei psychischen Leiden finde ich es dann schon schwieriger. Hier muss man sich eben zuerst fragen, worin dieses Leiden denn seine Ursache hat und die Lösung ist nicht so pauschal wie ein Strick um den Hals. Umgekehrt kann man hier auch nach belieben ausprobieren, gerade wenn man "psychisch am Ende ist" - wenn es scheitert, kann man das Nächste probieren usw. und wenn alles scheitert, kann man sich ja immer noch umbringen. Wobei die Optionen hier halt eben eigentlich so vielseitig sind, dass einem eher der natürliche Tod ereilt, bevor man diese ausgeschöpft hat. Leider sind diese Menschen eben häufig in einer gedanklichen Sackgasse und sehen all die Möglichkeiten gar nicht oder gehen Aufgrund ihrer psychischen Verfassung schon von vornherein vom Scheitern aus. Zudem unterziehen sich diese Menschen meist zusätzlichen Druck durch Erwartungen an sich selbst, denen sie nicht gerecht werden oder denken gar, es wäre besser für die Welt, wenn sie sich umbringen.
Und hier kommt meine Kritik dann wieder zum Anfang. Mich irritiert, dass der Comic hier den Freitod quasi als vernünftige Entscheidung darstellt, weil man eben nicht leben möchte. Gerade hier wäre es doch viel wichtiger zu fragen, wieso man denn nicht mehr leben möchte?
Natürlich kann man auch eine 800-Seitige Dissertation darüber schreiben, weshalb der Freitod nun gerechtfertigt ist. Und an diesem ist meiner Meinung nach objektiv gesehen auch nichts Falsches oder Verwerfliches - es ist meiner Ansicht nur sinnlos, dafür auch noch zu argumentieren oder sich zu rechtfertigen. Wenn man nicht mehr existiert, sind auch die vorher gebrachten Argumente und Rechtfertigungen bedeutungslos und man wird auch nicht mehr wahrnehmen, ob die Angehörigen den Freitod nun akzeptiert oder verachtet haben. Aber es lässt sich auch nicht rückgängig machen und eine andere Option noch ausprobieren.
Abschliessend daher: Der Tod bzw. das Ende der Existenz wird für jeden Menschen sowieso kommen. Wieso sollte man also diese Existenz verkürzen wollen? Im besten Fall kann man die zusätzliche Existenz noch geniessen, im schlimmsten Fall verliert man nichts.
Oder wie seht ihr das Thema?
Gent Leman
2016-09-11, 07:22:50
Für geistig und körperlich gesunde Menschen ist das die Pro- und Kontradiskussion eine philosophische Spielerei, ein Gesprächsthema über ein Tabu. Jeder aus dieser Fraktion kann nicht wirklich in die Gefühlswelt der potentiellen Kandidaten eintauchen und wer darüber wissenschaftliche Arbeiten verfasst, hat eben nur eine Umstandsbeschreibung in der Hand aber niemals eine Anleitung zur Rechtfertigung oder Ablehnung.
Simon Moon
2016-09-11, 08:33:53
Für geistig und körperlich gesunde Menschen ist das die Pro- und Kontradiskussion eine philosophische Spielerei, ein Gesprächsthema über ein Tabu. Jeder aus dieser Fraktion kann nicht wirklich in die Gefühlswelt der potentiellen Kandidaten eintauchen und wer darüber wissenschaftliche Arbeiten verfasst, hat eben nur eine Umstandsbeschreibung in der Hand aber niemals eine Anleitung zur Rechtfertigung oder Ablehnung.
In dem Thread dürfen sich natürlich auch Betroffene melden.
Aber interessant, dass dies als Tabu-Thema betrachtet wird. Meiner Meinung nach sollte die Gesellschaft sich für dieses Thema interessieren. 2013 starben etwa in Deutschland über 10'000 Menschen durch Suizid und die Zahl der Suizidversuche liegt geschätzt etwa bei 100'000 - 150'000 pro Jahr. Dabei deuten sich die Suizid(-Versuche) meist im Voraus bereits an und geschehen dann eher im Affekt, obwohl Betroffene sich eigentlich externe Hilfe wünschten. Doch die Betroffenen sind in dieser Situation nicht mehr fähig diese Hilfe anzufordern und sehen keinen anderen Ausweg mehr.
Imo sollte sich hier einerseits die "gesunde" Bevölkerung sensibilisieren und eher auf Betroffene zugehen und diesen Hilfsangebote vermitteln, andererseits sollten sich Betroffene in einer solchen Situation rational auseinandersetzen, bevor eine Extremsituation die Handlung auslöst. Ich denke, wer sich hier bewusst damit auseinandersetzt was ein Suizid für Konsequenzen hat, wird eher weniger dazu neigen. Wer sich aber darüber nie Gedanken macht, wird eher der Illusion erliegen, dass er im Tod einen Frieden findet.
Insofern find ich solche Comics welche in 6 Bildern quasi suggerieren, dass es 800-Seiten an Argumenten zum Suizid gibt, sogar gefährlich. In der Schweiz gibt es ja auch begleitete Sterbehilfe, Exit. Die setzt da aber klare Anforderungen voraus, nämlich:
https://www.exit.ch/freitodbegleitung/bedingungen/
- versteht, was sie tut (Urteilsfähigkeit)
- nicht aus dem Affekt handelt und sämtliche Alternativen zum Freitod erwogen hat (Wohlerwogenheit)
- einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz)
- von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie)
- den Suizid eigenhändig ausführt (Tatherrschaft)
Gent Leman
2016-09-11, 08:52:48
Da bin ich völlig bei dir, du hast das schon sehr durchdacht dargestellt. Ich wollte nur den Punkt einbringen, dass "stabil Gesunde" das Thema rational angehen und eben der Meinung sind, selbst in völliger Apathie noch einen Sinn zu sehen. Körperlich oder geistig labil - egal. Auf einer Wiese zu sitzen und die Umwelt zu spüren, das muß doch besser sein, als DAS NICHTS. Die kurzen Momente der Normalität, der Freude - das ist es schon Wert. Ich sehe das ja auch so, aber kenne die Angst vor dem Grauen "danach" nicht.
Zudem sind die Gründe von Suizid wohl umfangreich komplexer, als nur vom "Kranksein" zu sprechen. Da hängt sich einer, unvorhersehbar, mit Anfang 20 auf, weil er unglücklich verliebt ist. Einer springt im gleichen Alter aus dem selben Grund von einer Brücke - beides im eigenen Freundeskreis erlebt. :(
Der Nächste macht vielleicht Schluß mit seiner gesamten Existenz, weil er pleite ist. Das sind keine Kranken, weder körperlich noch geistig.
Alex31
2016-09-11, 09:26:57
Ich denke, wer sich hier bewusst damit auseinandersetzt was ein Suizid für Konsequenzen hat, wird eher weniger dazu neigen. Wer sich aber darüber nie Gedanken macht, wird eher der Illusion erliegen, dass er im Tod einen Frieden findet.
Welche Komsequenzen hat denn der Freitod? Außer das Angehörige oder Freunde getroffen sein werden, passiert da wenig. Die Welt wird sich weiter drehen und auch sonst wird das für die Person, die sich so entscheidet, eher weniger Konsequenzen haben. Wer früher stirbt ist halt nun einmal länger Tod.
Für viele Leute ist das "Geschenk" des Lebens eine schwere Bürde. Sie fühlen sich geknechtet und suchen nach einem Ausweg. Diesen finde sie nur leider nicht in der Art und Weise wie es sich die Angehörigen wünschen würden. Und in unserer recht egoistischen Gesellschaft werden diese Leute an die Ecken gedrängt, weil sie halt nun einmal nicht so happy sind. Im Nachhinein wird man sich kurzfristig Gedanken machen, woran es gelegen haben könnte. Ändern tut sich nichts und nach spätestens einem halben Jahr ist die Person vergessen.
In einer Gesellschaft, die immer mehr vereinsamt und in der es keine Richtungen mehr gibt, weil angeblich alles jederzeit möglich ist, wird die Anzahl der Suizide weiter ansteigen. Der Erfolgsdruck gerade auf Jugendliche steigt weiter und damit werden nicht alle klar kommen.
der_roadrunner
2016-09-11, 09:46:08
Ich denke, wer sich hier bewusst damit auseinandersetzt was ein Suizid für Konsequenzen hat, wird eher weniger dazu neigen. Wer sich aber darüber nie Gedanken macht, wird eher der Illusion erliegen, dass er im Tod einen Frieden findet.
Da sieht man mal wieder, dass sich der Mensch für sehr viel wichtiger hält, als er tatsächlich ist. Man ist Milliarden Jahre nicht existent, wird dann, oh Wunder, geboren, lebt wenn's gut läuft seine ~80 Jahre und ist dann wieder Milliarden Jahre nicht existent. Wenn man jetzt diese ~80 Jahre auf vielleicht 40 Jahre reduziert passiert genau was? Genau, nichts! Die Erde dreht sich weiter um die Sonne. Die Menschheit beliebt genauso unbedeutend wie zuvor.
der roadrunner
5tyle
2016-09-11, 10:34:49
Suggeriert der Comic tatsächlich, dass Suizid etwas positives ist? Oder eher, dass man sich irgendwann damit auseinandersetzt, auch wenn man nicht will, bzw. sich nicht von dem Thema bis in die letzte Konsequenz emotional trennen kann oder will? Unter anderem in der Form emotional abgrenzen, dass man den Suizid anderer Menschen einfach nicht akzeptieren kann, obwohl es einem selbst doch egal sein könnte. Es ist gesellschaftlich geächtet. Zumindest in weiten Teilen, was mich betrifft, ich halte von aktiver Sterbehilfe eigentlich nichts.
Ist das Gegenteil von Suizid Courage? Ich komme nicht umhin z.B. an Leute zu denken, die selbstlos anderen Menschen im Ausland helfen, z.B. Soldaten der UN oder die Helfer beim Ebola-Ausbruch. Natürlich sind das jetzt keine automatischen Helden, aber sie setzen potenziell ihr eigenes Leben dafür ein, damit andere Menschen ein besseres Leben und eine Zukunft haben, die sie vielleicht selbst gar nicht hatten. Lebensmüde ist das nicht, eher gefährlich. Man könnte das auch einfach bleiben lassen, aber trotzdem gibt es Menschen die sich für andere, ohne diese Menschen zu kennen, einsetzen und es gibt unzählige andere Beispiele dafür. Aufopferung ist allerdings ein anderes Extrem und würde aber auch nicht toleriert werden, vielleicht der Märtyrertod, aber auch der ist umstritten und wie auch Suizid oder Courage kulturell unterschiedlich definiert.
Es gibt neben der humanistischen Komponente noch ganz andere Gründe wieso ich selbst etwas gegen Suizid und Freitod habe. Ich wohne seit ein paar Jahren in einer Stadt, direkt an einem großen Fluss. Nicht weit von hier gibt es mehrere Brücken flussaufwärts. Dieses Jahr wurden bisher allerdings erst, muss man leider dazu sagen, fünf Leichen aus dem Fluss gezogen. Es passiert aber die ganze Zeit. Über die ganzen anderen Suizidfälle, die ich mitbekommen habe aus früheren Zeiten will ich gar nicht reden, am allerwenigsten verstehe ich, wieso man wegen Geld Suizid begehen kann. Das kann ich echt am allerwenigsten nachvollziehen und halte das einfach nur für dumm und feige. Für mich wäre das eher ein neuer Anreiz wieder etwas aufzubauen, wenn ich irgendwas verliere. Früher habe ich vereinzelt vielleicht auch mal depressiv auf Rückschläge reagiert, aber das hat sich irgendwann ins Gegenteil umgekehrt, je schlechter es mir in irgend einer Hinsicht ging umso hartnäckiger verfolgte ich eine Verbesserung dieser Zustände. Deswegen ist Suizid für mich völlig ausgeschlossen, würde mich aber trotzdem für andere einsetzen, wenn es unbedingt sein müsste.
Fliwatut
2016-09-11, 10:50:14
Ob die Wahrnehmung nun positiv oder negativ ist, liegt im Endeffekt allein an sich selber.
Ich wollte jetzt nicht deinen Text komplett zitieren, aber das hier ist mir ins Auge gesprungen, darauf möchte ich kurz eingehen. Meinst du, ein Kind in den Slums von Manila sieht das auch so? Sicher nicht. Allerdings bringen die sich auch nicht alle um, also muss das schon ein vielschichtigeres Problem sein.
Es gibt auch verschiedenste Gründe für Selbstmord: emotionelle, krankheitsbedingte, finanzielle. Wer keinen Ausweg mehr weiß und das Leben nicht mehr lebenswert findet, der beendet es. Einerseits mag es in gewisser Art feige sein, aber was hat denn jemand zum Beispiel davon, noch 5 Jahre mit einem Pankreaskarzinom dahin zu vegetieren? Depressive Menschen sind einfach krank, die Krankheit bestimmt ihr Leben, denen kann man imho nur wenig Vorwürfe machen, oft helfen Medikamente auch nicht.
Ich persönlich glaube auch nicht, dass nach dem Tod für immer Ende ist. Nein, ich glaube nicht ans Paradies oder so etwas, ich meine, dass es nach dem Tod ein neues Bewusstsein geben wird, das man als seines wahrnimmt.
Monger
2016-09-11, 11:19:32
Man kann versuchen sich dem Thema via Philosophie zu nähern - aber es bringt meiner Meinung nach nicht viel. Der Wunsch nach Existenz ist nicht rational, dem Universum ist es egal wieviele Beobachter es hat...
Man kann evolutionär argumentieren, dass wohl nichts tiefer in den genetischen Code eingegraben ist als zu existieren, sonst gäbe es kein Leben auf der Erde. Das beantwortet aber leider nicht, warum manche Menschen trotzdem den Suizid vornehmen.
Man kann - und das ist für mich der wichtigste Ansatz - empirisch an die Sache rangehen.
Die meisten Menschen die einen Suizid versuchen und überleben, versuchen es kein zweites mal.
Viele Menschen - insbesondere Frauen - versuchen Suizid mit "sanften" Methoden die relativ häufig fehlschlagen.
Menschen die den Wunsch nach Suizid äußern, haben fast immer auch eine psychische Erkrankung wie z.B. Depression. Selbst bei alten Menschen korreliert der Wunsch nach Sterbehilfe fast immer mit Altersdepression, aber nicht mit anderen körperlichen Erkrankungen.
Wenn man Personen nach einem Suizid nach Gründen befragt, ist die Nummer 1 Antwort: "um den Schmerz zu töten".
Kurzum: natürlich gilt das nicht für den Einzelfall, aber in aller Regel sind Suizidgedanken eben NICHT der Wunsch nach dem Tod, sondern der Wunsch nach einem schmerzfreien Leben.
Warum die Psyche sich manchmal ausgerechnet das Gegenteil als Lösungsweg sucht - keine Ahnung. Die menschliche Psyche ist voller Widersprüche.
Simon Moon
2016-09-11, 11:55:52
Welche Komsequenzen hat denn der Freitod? Außer das Angehörige oder Freunde getroffen sein werden, passiert da wenig. Die Welt wird sich weiter drehen und auch sonst wird das für die Person, die sich so entscheidet, eher weniger Konsequenzen haben. Wer früher stirbt ist halt nun einmal länger Tod.
Und wär länger lebt, ist später Tod. Das ist doch eine eher hohle Phrase. Der Punkt ist, dass die Konsequenz eben der Tod ist und der sich nicht rückgängig machen lässt. Da würde ich mir schon zuerst 2x überlegen, ob ich nicht vielleicht doch noch etwas verpasse, wenn es im Endeffekt sowieso egal ist ob man nun tot oder lebendig ist.
Für viele Leute ist das "Geschenk" des Lebens eine schwere Bürde. Sie fühlen sich geknechtet und suchen nach einem Ausweg.
Aber dieser Ausweg wird auch von Menschen die effektiv einen Suizidversuch begehen nicht im Tod gesucht, sondern es besteht eigentlich der Wunsch nach einem besseren Leben. In dieser Problemsituation wird dann eben meist nicht mehr klar gedacht und da man keine Möglichkeit zur Verbesserung findet (auch wenn vielleicht möglich), der Suizid als konkreter Ausweg in Betracht gezogen und wenn diese Möglichkeit dann im Fokus steht, quasi im Geist als mögliche Option durchdacht wurde, kann es zu einer ausführenden Impulshandlung kommen. Schlägt der Versuch aber fehl, sind die meisten Betroffenen trotzdem froh noch am Leben zu sein.
Menschen welche sich wirklich bewusst nach quasi den Exit* Kriterien umbringen sind da klar in der Minderheit. Das sind in der Schweiz afaik ca. 300 - 400 pro Jahr - im Vergleich zu ~10'000 - 15'000 Suizidabsichten wie oben beschrieben. Diese Menschen befassen sich dann aber auch über eine längere Zeit konkret mit dem geplanten Freitod und versuchen eben zuerst möglichst objektiv die Alternativen zu eruieren, auch mit fachlicher Hilfe. Hierzu ist folgende Dokumentation sehr interessant:
http://www.srf.ch/play/tv/dok/video/tod-nach-plan-andre-psychisch-krank-und-lebensmuede?id=4565f15b-383e-457b-9b09-ea17fad3b56d
*https://www.exit.ch/freitodbegleitung/bedingungen/
- versteht, was sie tut (Urteilsfähigkeit)
- nicht aus dem Affekt handelt und sämtliche Alternativen zum Freitod erwogen hat (Wohlerwogenheit)
- einen dauerhaften Sterbewunsch hegt (Konstanz)
- von Dritten nicht beeinflusst wird (Autonomie)
- den Suizid eigenhändig ausführt (Tatherrschaft)
Diesen finde sie nur leider nicht in der Art und Weise wie es sich die Angehörigen wünschen würden. Und in unserer recht egoistischen Gesellschaft werden diese Leute an die Ecken gedrängt, weil sie halt nun einmal nicht so happy sind. Im Nachhinein wird man sich kurzfristig Gedanken machen, woran es gelegen haben könnte. Ändern tut sich nichts und nach spätestens einem halben Jahr ist die Person vergessen.
Das trifft vielleicht bei entfernten Bekannten oder Arbeitskollegen, aber keineswegs bei Angehörigen zu. Dort verändert der Suizid eines Nahestehenden oft eine nachhaltige Lebensveränderung. Meist sind dann auch starke Schuldgefühle da und die Angehörigen überlegen, wie sie hätten besser eingreifen können.
Da sieht man mal wieder, dass sich der Mensch für sehr viel wichtiger hält, als er tatsächlich ist. Man ist Milliarden Jahre nicht existent, wird dann, oh Wunder, geboren, lebt wenn's gut läuft seine ~80 Jahre und ist dann wieder Milliarden Jahre nicht existent. Wenn man jetzt diese ~80 Jahre auf vielleicht 40 Jahre reduziert passiert genau was? Genau, nichts! Die Erde dreht sich weiter um die Sonne. Die Menschheit beliebt genauso unbedeutend wie zuvor.
Lies doch nochmal mein Initialposting, ich weiss, es ist halt mehr als ein Satz. Geht mir auch nicht darum, wie wichtig man sich nun nimmt :smile:
Zudem sind die Gründe von Suizid wohl umfangreich komplexer, als nur vom "Kranksein" zu sprechen. Da hängt sich einer, unvorhersehbar, mit Anfang 20 auf, weil er unglücklich verliebt ist. Einer springt im gleichen Alter aus dem selben Grund von einer Brücke - beides im eigenen Freundeskreis erlebt. :(
Der Nächste macht vielleicht Schluß mit seiner gesamten Existenz, weil er pleite ist. Das sind keine Kranken, weder körperlich noch geistig.
Ja, es gibt auch solche Fälle, in denen man nach einem Schicksalsschlag relativ ohne Vorzeichen Suizid begeht, das ist hingegen eher selten. Der Grossteil leidet davor an Depressionen. Je nach Quelle finde ich hier Angaben von 50 - 90% welche an einer psychischen Erkrankung leiden. Dabei müssen depressive Menschen nach aussen auch nicht immer traurig wirken und allfällige Therapien werden auch kaum im Bekanntenkreis erzählt. Zumindest bei den Fällen, welche ich mitbekommen habe, war immer eine psychische Krankheit mit im Spiel."Zum Glück" ist es bei allen die ich persönlich kenne nur beim Versuch geblieben. Dabei waren die Gründe hier ebenfalls eine Problemsituation die über längere Zeit andauerte und der Leidensdruck mehr oder weniger absehbar anstieg und kein einzelnes Ereignis.
Mosher
2016-09-11, 12:46:45
Sorry, habe jetzt nicht alles gelesen.
Mir fällt dazu noch ein, dass manche Menschen einem ja öfter mal sagen, was man für ein Glück hätte, überhaupt am Leben zu sein. Eines von Millionen Spermien! Und man hat gewonnen! Wo bleibt die Dankbarkeit?
Aber da greift dann eben auch deine Argumentation von #1, der ich übrigens voll zustimme.
Jeder, der am Leben ist hat eben schon diesen 1:1.000.000 - Kampf hinter sich. Das ist Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt miteinander reden können. Für alles, was danach kommt, ist es völlig irrelevant, dass man das damals 999.999 andere Mitstreiter per Zufallsprinzip "ausgebootet" hat. Wir haben ja keine Wahl mehr.
Andersherum kann es den 999.999 Verlieren auch völlig egal sein, dass sie verloren haben. Sie werden niemals ein Bewusstsein entwickeln, mit Hilfe dessen sie ihre Niederlage als solche erleben werden können.
Zum Thema Suizid:
Ich glaube daran, dass in einem gesunden Menschen im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte jeder Zeit ein so starker Selbsterhaltungstrieb innewohnt, dass es ihm unmöglich wird, lebensbeendende Maßnahmen an sich selbst durchzuführen (Tödlicher Unfall durch Leichstinn zähle ich jetzt nicht dazu)
Bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ein Mensch, der vielleicht noch nicht krank genug ist, dass sein Lebenserhaltungstrieb im Schnitt - Ich betrachte die "Glücksempfindenskurve" eines jeden Menschen als so einer Art Sinus mit Offset. - verlieren würde, phasen- oder punktweise doch unter die Schwelle rutschen kann und dann im Affekt Suizid begeht.
Wer weiß, vielleicht hätte diese Person niemals Suizid begangen, hätte 2 Minuten vorher das Telefon geklingelt und man hätte ein insgesamt positives Gespräch geführt.
Jedenfalls erschien es der Person genau in dem Moment des Suizids als praktikable Lösung, ihr - wie auch immer geartetes - Ziel zu erreichen und deshalb war der Suizid möglich.
Das ist meiner Meinung nach Grundvorrausstzung für Suizid.
Interessant finde ich hierbei, dass es durch hinreichende Romantisierung wohl möglich ist, jungen Menschen den Suizid attraktiv zu reden. Generell hat der Tod durch Suizid eine gewisse romantische Komponente mit gefährlicher Anziehungskraft.
Aber auch das Spiel mit dem eigenen Leben, das Testen weiterer Grenzen kann zu einem "aus Versehen" Suizid führen. So eine Art russisches Roulette.
Ich habe im Freundes- und Bekanntenkreis 3 Suizide mitbekommen, an einem davon gebe ich mir irgendwie auch heute noch manchmal die Schuld, weil er angekündigt war.
Deshalb beschäftige ich mich schon seit etlichen Jahren mit dem Thema. Früher kam noch eine Depressivität und Drogenabhängigkeit dazu, die die Faszination an dem Thema begünstigten.
Heute kann ich weitaus rationaler darüber reden, bin aber froh, selbst auch schon nah genug an diese Grenze gestoßen zu sein, um mir ein Bild davon zu machen, was eventuell in suizidalen Personen vorgeht.
BlacKi
2016-09-11, 13:49:10
Im besten Fall kann man die zusätzliche Existenz noch geniessen, im schlimmsten Fall verliert man nichts.
Oder wie seht ihr das Thema?
selbstmord gedanken beginnen wohl phasenweise. man denkt nicht rund um die uhr daran sich umzubringen. aber wenn man in dieser phase ist, dann erachtet man man den selbstmord als etwas befreiendes. alles fällt von einem ab, alle sorgen los. man gewinnt mehr als man verliert. wenn man dann überhaupt keinen funken hoffnung mehr hat, dann ist die sache beschlossen.
in diesen momenten gibt es kein genießen am leben mehr, man kann sich nur noch von der qual erlösen.
den selbstmord selbst kann man nicht schlecht reden, aber man kann den personen vl helfen indem man ihnen neue ziele im leben gibt, oder neue möglichkeiten aufzeigt.
Simon Moon
2016-09-11, 14:17:14
Suggeriert der Comic tatsächlich, dass Suizid etwas positives ist? Oder eher, dass man sich irgendwann damit auseinandersetzt, auch wenn man nicht will, bzw. sich nicht von dem Thema bis in die letzte Konsequenz emotional trennen kann oder will? Unter anderem in der Form emotional abgrenzen, dass man den Suizid anderer Menschen einfach nicht akzeptieren kann, obwohl es einem selbst doch egal sein könnte. Es ist gesellschaftlich geächtet. Zumindest in weiten Teilen, was mich betrifft, ich halte von aktiver Sterbehilfe eigentlich nichts.
Ich denke hier halt einfach, jemand der bereits akut suizidal ist, der kann es so auffassen, dass es viele Argumente für den Freitod gibt und Kritiker dafür halt einfach kein Verständnis haben. Wenn man nun als Nahestehender einer betroffenen Person in einer solchen Situation ist, kann dann diese vielleicht ausblenden, dass man eigentlich nur versucht alternative Lösungswege aufzuzeigen bzw. zu überdenken und es wird als persönlicher Angriff aufgefasst. In den zum Comic gehörigen Kommentaren vielen mir dabei einige Kommentare die in diese Richtung hindeuteten auf.
Zudem find ich halt auch die Pointe nicht treffend. Das Leben ist "kein Geschenk" - es ist eher ein "Zustand". Wir können dies daher auch nicht ablehnen wie ein Buch, sondern höchstens diesem Zustand ein Ende setzen. Und wenn man das Leben als Gegebenheit sieht, dass wir überhaupt existieren, finde ich auch die Frage nach der Dankbarkeit absurd. Wem gegenüber sollten wir das auch sein? Einem imaginären Gott? Unseren Eltern? Wieso denn? Wenn wir nicht existieren würden, dann würden wir das eben nicht und wären dann ja auch nicht enttäuscht über die Nichtexistenz.
Persönlich würde ich auch niemanden ächten oder verurteilen wegen einem Suizid. Ich bedauere solche Entscheide nur extrem, weil ich nicht davon ausgehe, dass diese wohlüberlegt sind und es durch eine Impulshandlung verursacht wurde. Wenn es hier in der Schweiz keine Organisation wie Exit gäbe, würde ich das vielleicht anders sehen - aber dadurch hat man die Möglichkeit, seinen Suizid genau zu planen, wenn man dies wirklich will und findet vielleicht ja doch noch eine bessere Option. Zudem denke ich, ist es für die Angehörigen leichter, wenn sie sich darauf vorbereiten und einstellen können, als wenn sie plötzlich mit dem Tod eines nahestenden Menschen abfinden müssen und dabei noch Schuldgefühle bekommen.
Ist das Gegenteil von Suizid Courage? Ich komme nicht umhin z.B. an Leute zu denken, die selbstlos anderen Menschen im Ausland helfen, z.B. Soldaten der UN oder die Helfer beim Ebola-Ausbruch. Natürlich sind das jetzt keine automatischen Helden, aber sie setzen potenziell ihr eigenes Leben dafür ein, damit andere Menschen ein besseres Leben und eine Zukunft haben, die sie vielleicht selbst gar nicht hatten. Lebensmüde ist das nicht, eher gefährlich. Man könnte das auch einfach bleiben lassen, aber trotzdem gibt es Menschen die sich für andere, ohne diese Menschen zu kennen, einsetzen und es gibt unzählige andere Beispiele dafür. Aufopferung ist allerdings ein anderes Extrem und würde aber auch nicht toleriert werden, vielleicht der Märtyrertod, aber auch der ist umstritten und wie auch Suizid oder Courage kulturell unterschiedlich definiert.
Diesen Helfern geht es ja keineswegs darum zu sterben, sondern eher darum, Leben zu retten. Wenn man davon ausgeht, dass so 90 - 95% der Suizidversuche in einem emotionalen Ausnahmezustand passieren und eben nicht wohldurchdacht sind, wird dies wohl kaum als mögliche Suizidmethode in Betracht gezogen werden. Bei den restlichen, welche den Freitod bei klarem Verstand und selbstbestimmt, ohne Hoffnung auf Besserung ihres Leidens gewählt haben, wird es die geistige oder körperliche Verfassung wohl nicht erlauben.
Es gibt neben der humanistischen Komponente noch ganz andere Gründe wieso ich selbst etwas gegen Suizid und Freitod habe. Ich wohne seit ein paar Jahren in einer Stadt, direkt an einem großen Fluss. Nicht weit von hier gibt es mehrere Brücken flussaufwärts. Dieses Jahr wurden bisher allerdings erst, muss man leider dazu sagen, fünf Leichen aus dem Fluss gezogen. Es passiert aber die ganze Zeit. Über die ganzen anderen Suizidfälle, die ich mitbekommen habe aus früheren Zeiten will ich gar nicht reden, am allerwenigsten verstehe ich, wieso man wegen Geld Suizid begehen kann. Das kann ich echt am allerwenigsten nachvollziehen und halte das einfach nur für dumm und feige. Für mich wäre das eher ein neuer Anreiz wieder etwas aufzubauen, wenn ich irgendwas verliere. Früher habe ich vereinzelt vielleicht auch mal depressiv auf Rückschläge reagiert, aber das hat sich irgendwann ins Gegenteil umgekehrt, je schlechter es mir in irgend einer Hinsicht ging umso hartnäckiger verfolgte ich eine Verbesserung dieser Zustände. Deswegen ist Suizid für mich völlig ausgeschlossen, würde mich aber trotzdem für andere einsetzen, wenn es unbedingt sein müsste.
Eben, die wenigsten Suizide sind wohlüberlegt. Dazu sind die Betroffen in der Situation gar nicht in der Lage. Das hat nichts mit dumm oder feige zu tun. Aber es ist als Aussenstehender imo wichtig, dass man in einer solchen Situation auf die Personen zugeht, Hinweise zum Suizid beachtet, mit ihr spricht und auf sie eingeht und fachliche Hilfe organisiert, denn dazu sind sie selber nicht mehr in der Lage. In 99% der Fälle wird nämlich auch Hilfe bzw. eine Besserung gesucht - und bei dem 1% das wirklich den Tod will, nun, die können sich auch nacher noch umbringen, der Tod rennt nicht davon.
Ich wollte jetzt nicht deinen Text komplett zitieren, aber das hier ist mir ins Auge gesprungen, darauf möchte ich kurz eingehen. Meinst du, ein Kind in den Slums von Manila sieht das auch so? Sicher nicht. Allerdings bringen die sich auch nicht alle um, also muss das schon ein vielschichtigeres Problem sein.
Das ist dann imo ein ganz anderes Thema, aber ja, das denke ich. Wenn es in einem Slum zur Welt kam und nichts anderes kennt, wird es deswegen nicht unzufrieden sein. Genauso wenig wie im Mittelalter alle unzufrieden waren, wo die Lebensverhältnisse nach unserem Masstab auch nicht angenehm gewesen sind.
Wichtig für Kinder sind ersteinmal die Grundbedürfnisse, angefangen vom körperlichen wie Essen, Trinken, Schlafen, dann das Sicherheitsbedürfnis, dass einem die Eltern physischen Schutz geben und dann die sozialen Bedürfnisse, dass die Eltern Verständnisvoll sind, Liebe vermitteln usw. Das ist zwar in einem Slum erschwert möglich, aber nicht ausgeschlossen. Doch auch hier in Europa kann es sein, dass Eltern diese Bedürfnisse ihrer Kinder nicht erfüllen.
Ich denke aber, dass man seine Wahrnehmung durchaus auch selber beeinflussen kann. Auch wenn man selber unglücklich ist und die eigenen Bedürfnisse nicht erfüllt werden, kann man den Fokus eher auf positive Dinge zu lenken versuchen und somit langfristig eine positivere Weltsicht entwickeln. Umgekehrt, wird man die Welt wohl eher als schlecht betrachten, wenn man seine Aufmerksamkeit nur den negativen Dingen widmet. Ein depressiver Philanthrop ist mMn. genauso möglich, wie ein zufriedener Misanthrop - heikel wirds erst, wenn man ein depressiver Misanthrop ist.
Es gibt auch verschiedenste Gründe für Selbstmord: emotionelle, krankheitsbedingte, finanzielle. Wer keinen Ausweg mehr weiß und das Leben nicht mehr lebenswert findet, der beendet es. Einerseits mag es in gewisser Art feige sein, aber was hat denn jemand zum Beispiel davon, noch 5 Jahre mit einem Pankreaskarzinom dahin zu vegetieren? Depressive Menschen sind einfach krank, die Krankheit bestimmt ihr Leben, denen kann man imho nur wenig Vorwürfe machen, oft helfen Medikamente auch nicht.
Man sollte aber nicht davon ausgehen, dass jeder, der einen Suizidversuch unternimmt, alle Optionen klar durchgedacht wurden und keine Alternativen mehr bestehen. In der Realität sind die meisten Menschen nach einem gescheiterten Versuch froh darüber, noch am Leben zu sein.
Und nur weil jemand depressiv ist, heisst das nicht automatisch, dass ein Todeswunsch entsteht. Häufig wird, trotz einem Leidensdruck, nicht mehr an den Tod gedacht, als dies bei gesunden Personen der Fall ist. Statt zufrieden zu leben, leben diese Menschen eben "unglücklich". Dem Tod wird dabei vielleicht gleichgültig gegenübergestanden - aber er wird nicht herbeigesehnt. Herbeigesehnt wird auch bei depressiven Menschen eine Zustandsbesserung.
Es geht dabei auch nicht darum, jemanden Vorwürfe zu machen. Das ist ggü. einem Toten sowieso sinnlos und schlägt im Endeffekt nur auf einen selber zurück. Da treten viel eher Selbstvorwürfe auf, wenn dann plötzlich der Gedanke aufkommt, vielleicht hätte man ja doch noch etwas ändern können für einen Menschen, der sich selbst umgebracht hat und dieser würde nun vielleicht froh sein, doch noch am Leben zu sein.
Man kann versuchen sich dem Thema via Philosophie zu nähern - aber es bringt meiner Meinung nach nicht viel. Der Wunsch nach Existenz ist nicht rational, dem Universum ist es egal wieviele Beobachter es hat...
Ich denke schon, dass das etwas bringt. Wenn man sich bereits in gesundem Zustand auf philosophische Weise damit befasst, kann man für sich die Option Suizid schon einmal gänzlich ausschliessen. Wenn man dann in eine Depression gerät und keinen Ausweg mehr sieht, ist diese Überlegung schon im Gehirn verwurzelt und diese Option kommt dann gar nicht zur Disposition. Wenn man sich aber erst in der Depression mit dem Gedanken an Suizid auseinandersetzt, kommt man eher zu einem anderen Ergebnis. Quasi also eine Selbstprävention um eben diesen Impulshandlungen vorzubeugen.
Aber auch unabhängig davon, kann man sich hierbei generell mit dem Thema Tod befassen und akzeptieren, dass dieser irgendwann kommt.
Fliwatut
2016-09-11, 14:42:21
Wenn es in einem Slum zur Welt kam und nichts anderes kennt, wird es deswegen nicht unzufrieden sein.
Die Menschen dort wissen sehr wohl, wie beschissen es ihnen geht und wie beschissen die Zukunftsaussichten und die ihrer Kinder sind. Mir wurde dort schon angeboten, ein Baby zu kaufen...
Das ist zwar in einem Slum erschwert möglich, aber nicht ausgeschlossen.
Nichts von alledem, was du aufgezählt hast, bekommen Kinder im Slum.
Ich denke aber, dass man seine Wahrnehmung durchaus auch selber beeinflussen kann.
Natürlich kann man das, der Mensch ist ein Meister des Selbstbetruges, wäre es nicht so, wären die Suizidraten wohl noch viel höher.
Auch wenn man selber unglücklich ist und die eigenen Bedürfnisse nicht erfüllt werden, kann man den Fokus eher auf positive Dinge zu lenken versuchen und somit langfristig eine positivere Weltsicht entwickeln.
Das liest sich zwar sehr schön, aber ein Mensch in einer verzweifelten Lage wird nur sehr schwer Dinge finden, die die verzweifelte Lage positiver erscheinen lassen. Man kann sich am Gesang eines Vogels erfreuen, die Verzweiflung ist aber immer noch da, wenn der Vogel längst weg ist. Um aus so einer Lage wieder heraus zu kommen, braucht man viel seelische Kraft, das schafft aber nicht jeder.
Man sollte aber nicht davon ausgehen, dass jeder, der einen Suizidversuch unternimmt, alle Optionen klar durchgedacht wurden und keine Alternativen mehr bestehen. In der Realität sind die meisten Menschen nach einem gescheiterten Versuch froh darüber, noch am Leben zu sein.
Jemand, der sich ernsthaft umbringen will, denkt mMn. nicht mehr rational über Optionen nach oder sucht kleine positive Dinge, um das Leben schön und lebenswert zu finden.
Und wer sich ernsthaft umbringen will, der schafft das auch, ich denke, dass der größte Teil gescheiterter Versuche Hilferufe sind.
Und nur weil jemand depressiv ist, heisst das nicht automatisch, dass ein Todeswunsch entsteht.
Nein, das ist klar, Depressionen verursachen aber auch Schmerzen, nur eben keine körperlichen, sondern seelische und von diesen Schmerzen will man sich erlösen, wenn man sie nicht mehr aushalten kann.
Es geht dabei auch nicht darum, jemanden Vorwürfe zu machen.
Ja, sorry, das war das falsche Wort.
Wenn man sich bereits in gesundem Zustand auf philosophische Weise damit befasst, kann man für sich die Option Suizid schon einmal gänzlich ausschliessen.
Das glaube ich nicht, man kann sich so nicht dagegen "impfen", niemand weiß, wie er reagiert, wenn er in eine verzweifelte Lage gerät. Viele Menschen begehen ja auch Selbstmord auf Raten: saufen bis zum Exzess, nehmen Drogen, fressen sich zu Tode. Du siehst das jetzt total rational und sagst dir, dass Selbstmord nie für dich in Frage kommt, ob du das auch noch so siehst, wenn du mal in so eine Lage gerätst (was dir hoffentlich nie passieren wird), weißt du nicht.
5tyle
2016-09-11, 14:47:20
Persönlich würde ich auch niemanden ächten oder verurteilen wegen einem Suizid. Ich bedauere solche Entscheide nur extrem, weil ich nicht davon ausgehe, dass diese wohlüberlegt sind und es durch eine Impulshandlung verursacht wurde. Wenn es hier in der Schweiz keine Organisation wie Exit gäbe, würde ich das vielleicht anders sehen - aber dadurch hat man die Möglichkeit, seinen Suizid genau zu planen, wenn man dies wirklich will und findet vielleicht ja doch noch eine bessere Option. Zudem denke ich, ist es für die Angehörigen leichter, wenn sie sich darauf vorbereiten und einstellen können, als wenn sie plötzlich mit dem Tod eines nahestenden Menschen abfinden müssen und dabei noch Schuldgefühle bekommen. Finde es auch gut, wenn man das Thema überhaupt thematisiert und nicht einfach wegwischt. Vielleicht denke ich da einfach zu einseitig, oder zu humanistisch, dass ich mich nicht wirklich damit abfinden kann, dass es organisiertes Ableben gibt. Zumindest wenn es zum Alltag wird und nicht eher die absolute Ausnahme bleibt, weil es keinen anderen Weg gibt und alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.
Wenn man davon ausgeht, dass so 90 - 95% der Suizidversuche in einem emotionalen Ausnahmezustand passieren und eben nicht wohldurchdacht sind, wird dies wohl kaum als mögliche Suizidmethode in Betracht gezogen werden. Bei den restlichen, welche den Freitod bei klarem Verstand und selbstbestimmt, ohne Hoffnung auf Besserung ihres Leidens gewählt haben, wird es die geistige oder körperliche Verfassung wohl nicht erlauben. Wenn es nicht der alltäglich depressive Suizid ist, was ist mit Selbstmordattentätern? Darunter sollen auch welche gewesen sein, die unheilbar erkrankt waren, zeugungsunfähig waren oder ganz offenbar depressiv waren etc. Die haben das vielleicht als Fügung betrachtet und dann deswegen den Freitod gewählt. Zumindest stellen sich ein paar ähnliche Fragen, das Ableben ergibt auch hier keinen Sinn, dennoch wird dieser Weg freiwillig beschritten. Im Gegensatz zum normalen Suizid verspricht man sich einen Vorteil, aber wie soll das gehen, wenn man sich tötet, dann bekommt man davon nichts mehr mit.
Eben, die wenigsten Suizide sind wohlüberlegt. So ist es. Kannte mal eine Polizeikommissarin, die hatte bereits zwei Leute von dem Sprung abgehalten. Sie sagte, dass sie ihren Beruf vielleicht nicht hätte weitermachen können, wenn es nicht gut ausgegangen wäre. Kannte auch einen ehemaligen Zugführer, die Details spare ich mir mal, jedenfalls war der nicht mehr fähig seinen Beruf auszuüben und war seitdem arbeitslos. Und jeder hier scheint selbst mit einem Suizid oder dessen Folgen in Berührung gekommen zu sein. Deswegen bin ich auch überzeugt, dass man in diesem Bereich noch viel machen könnte, oft sind es gesellschaftliche Zwänge oder Notsituationen die zu Depressionen und Suizid führen. Die Gründe dafür werden von den Betroffenen aber leider manchmal erst im Nachhinein verstanden und merken dann manchmal gar nicht, dass ein Ausweg aus der Situation einfacher gewesen wäre als sie womöglich erst dachten. Man befindet sich in einer Art Sackgasse, aus der man im ersten Moment keinen Ausweg sieht.
Rooter
2016-09-11, 14:57:30
(habe jetzt nur den Comic im Startpost gelesen)
Warum soll man ein Geschenk behalten müssen?
MfG
Rooter
Fusion_Power
2016-09-11, 15:03:17
Der Comic gibt mir gar nix aber ich kenne das Gefühl immerhin sehr gut, bin auch ehr depressiv veranlagt und hatte in der Vergangenheit recht düstere Gedanken.
Aber ich hab keinerlei Drang mehr dazu, mir was anzutun, ich will im Leben ja noch so einiges erreichen und erleben, und die Liste wird immer länger. ;) Man muss sich nur Ziele setzen.
Das mit dem Selbstmord ist irgend wie auch so eine gesellschaftliche Sache, es fällt schon auf dass Depressionen und Suizide ehr in den "Wohlstandsgesellschaften" auftreten, weniger in den wirklichen Krisengebieten wos brennt, oder bei den ganz armen der Welt die eigentlich gar nix haben was sich zum leben lohnt. Da herrscht aber ein zäher Überlebenswille, sei die Lage noch so hoffnungslos. Schon interessant, das sollte mal wissenschaftlich untersucht werden.
greeny
2016-09-11, 15:08:27
Ich denke, wer sich hier bewusst damit auseinandersetzt was ein Suizid für Konsequenzen hat, wird eher weniger dazu neigen. Wer sich aber darüber nie Gedanken macht, wird eher der Illusion erliegen, dass er im Tod einen Frieden findet.
Mache mir seit Jahrzehnten Gedanken darüber, und glaube trotzdem, nur im Tod Frieden zu finden...
Für viele Leute ist das "Geschenk" des Lebens eine schwere Bürde. Sie fühlen sich geknechtet und suchen nach einem Ausweg. Diesen finde sie nur leider nicht in der Art und Weise wie es sich die Angehörigen wünschen würden. Und in unserer recht egoistischen Gesellschaft werden diese Leute an die Ecken gedrängt, weil sie halt nun einmal nicht so happy sind. Im Nachhinein wird man sich kurzfristig Gedanken machen, woran es gelegen haben könnte. Ändern tut sich nichts und nach spätestens einem halben Jahr ist die Person vergessen.
Da sieht man mal wieder, dass sich der Mensch für sehr viel wichtiger hält, als er tatsächlich ist. Man ist Milliarden Jahre nicht existent, wird dann, oh Wunder, geboren, lebt wenn's gut läuft seine ~80 Jahre und ist dann wieder Milliarden Jahre nicht existent. Wenn man jetzt diese ~80 Jahre auf vielleicht 40 Jahre reduziert passiert genau was? Genau, nichts! Die Erde dreht sich weiter um die Sonne. Die Menschheit beliebt genauso unbedeutend wie zuvor.
*unterschreib*
Eben, die wenigsten Suizide sind wohlüberlegt.
Sorry, aber das ist Quatsch... Kenne genug Leute, die sich jahrelang damit bis ins Kleinste auseinandersetz(t)en...
Simon Moon
2016-09-11, 17:14:02
Jemand, der sich ernsthaft umbringen will, denkt mMn. nicht mehr rational über Optionen nach oder sucht kleine positive Dinge, um das Leben schön und lebenswert zu finden.
Und wer sich ernsthaft umbringen will, der schafft das auch, ich denke, dass der größte Teil gescheiterter Versuche Hilferufe sind.
Geb ich dir absolut recht. Ein Teil dieser Hilferufe wird jedoch auch nicht gescheitert sein - da kann man dann halt nur mutmassen.
Das glaube ich nicht, man kann sich so nicht dagegen "impfen", niemand weiß, wie er reagiert, wenn er in eine verzweifelte Lage gerät. Viele Menschen begehen ja auch Selbstmord auf Raten: saufen bis zum Exzess, nehmen Drogen, fressen sich zu Tode. Du siehst das jetzt total rational und sagst dir, dass Selbstmord nie für dich in Frage kommt, ob du das auch noch so siehst, wenn du mal in so eine Lage gerätst (was dir hoffentlich nie passieren wird), weißt du nicht.
Nur weil ich das rational sehe, heisst es nicht, dass mir solche Situationen der Verzweiflung oder depressive Gedanken fremd sind. Aber da ich bisher noch nie Suizidabsichten hatte, weiss ich auch nicht, ob ich diese Situationen einfach anders bewältigt habe oder ob ich mich dabei weniger verzweifelt / auswegslos fühlte. Aber vielleicht fühlte ich mich in solchen Situationen auch gerade darum weniger verzweifelt, weil ich mir eingebläut habe, dass es immer noch eine bessere Option als Suizid geben muss?
Aber die meisten, welche psychische Probleme haben, machen sich für Situationen erhöhter Anspannung einen Notfallplan. Da stehen dann entsprechende Kontaktpersonen zum reden drauf oder etwa Beschäftigungen welche ablenken und beruhigen. Die philosophische Überlegung, dass ein Suizid eigentlich nie die beste Option ist, ist dabei nichts anderes - nur dass das eben nicht auf einem Papierkärtchen in der Brieftasche aufbewahrt wird, sondern im Kopf vergegenwärtigt. Klar kann auch so noch etwas schief gehen, aber die Chance ist sicher geringer, wenn man sich zuvor bereits Gedanken darüber gemacht hat.
Und dein Selbstmord auf Raten ist eben in dem Sinne gerade kein Suizidversuch. Bei Alkohol und Drogen geht es ja gerade darum, aus dem unerträglichen Zustand zu flüchten und sich zu betäuben / aufzuheitern. Klar ist einem dabei bewusst, dass dies der Gesundheit auf mittel- bis lange Frist schadet, aber dahinter steckt imo kein versteckter Todeswunsch (auch wenn es hier Psychologen gibt, welche sowas postulieren), sondern man nimmt dies daher billigend in Kauf.
Das mit dem Selbstmord ist irgend wie auch so eine gesellschaftliche Sache, es fällt schon auf dass Depressionen und Suizide ehr in den "Wohlstandsgesellschaften" auftreten, weniger in den wirklichen Krisengebieten wos brennt, oder bei den ganz armen der Welt die eigentlich gar nix haben was sich zum leben lohnt. Da herrscht aber ein zäher Überlebenswille, sei die Lage noch so hoffnungslos. Schon interessant, das sollte mal wissenschaftlich untersucht werden.
Das scheint eher ein Mythos zu sein, dass Suizide eher in Wohlstandsgesellschaften stattfinden. Ich kann hier zumindest keine Tendenz erkennen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Suizidrate_nach_L%C3%A4ndern
Aber das ist denke ich generell auch schwierig zu vergleichen. In Europa herrscht eine relativ gute medizinische Versorgung, was wohl durchaus Suizidversuche scheitern lässt, in 3. Welt Ländern hingegen wird wohl kaum jeder Suizid als solcher erfasst. Und dann stammen die Daten hier aus einer Zeitspanne von Anfang der 90ern bei einigen Ländern bis 2012 bei den aktuellsten Daten.
Sorry, aber das ist Quatsch... Kenne genug Leute, die sich jahrelang damit bis ins Kleinste auseinandersetz(t)en...
Ich war hier selber überrascht. Aber in allen Daten die ich bisher gefunden habe, wird davon ausgegangen, dass der Faktor an Suizidversuchen ca. 10x höher ist als vollendete Suizide. Siehe z.b.
http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/14149/14173/14972/index.html?lang=de
Wie willst du dir das anders erklären?
Ok, ich hätte Suizidversuche schreiben müssen, falls du darauf anspielst.
drunken-n00b
2016-09-17, 00:42:12
Juhu....Philosophie!
Prinzipiell stehe ich dem Freitod eher offen gegenüber - so er denn einen Zweck erfüllt! Genauso sehe ich es bei der Sterbehilfe. Gerade bei unserer medizinischen Versorgungssituation lese ich häufig Berichte über sterbenskranke und/oder schwerstbehinderte, welche ewig über künstliche Maßnahmen am Leben erhalten werden.
Ich finde dies menschenunwürdig und sogar nicht mehr vereinbar mit dem Hippokratischen Eid. Gerade wenn solche Menschen sich entschließen (so sie es noch können) den leichten Weg zu gehen, dann sollte man sie gehen lassen.
Allerdings sehe ich keinen Sinn (rational - nicht emotional) darin sich das Leben zu nehmen, nur weil man mit selbigem überfordert ist - in welcher Hinsicht auch immer.
Depressionen an sich sind da ein schwieriges Thema, da jeder Depressionen anders erlebt.
Interessant finde ich den Vergleich mit den Ländern der 3ten Welt. Ich habe für mich überlegt, wie es mir wohl in solch einem Land ergehen würde. Letztenendes kam ich zu dem Schluss, dass ich wohl keine Zeit für bestimmte Gedanken hätte, welche ich mir in unserem Wohlstand im Überfluss mache. Der Kopf schaltet wohl solche Gedanken aus, wenn es wohl sowieso schon "ums nackte Überleben" geht. Aber das ist nur eine Vermutung, entstanden aus viel Gesabbel mit Freunden und noch mehr Wein ;)
IchoTolot
2016-09-18, 11:07:26
Für geistig und körperlich gesunde Menschen ist das die Pro- und Kontradiskussion eine philosophische Spielerei, ein Gesprächsthema über ein Tabu. Jeder aus dieser Fraktion kann nicht wirklich in die Gefühlswelt der potentiellen Kandidaten eintauchen und wer darüber wissenschaftliche Arbeiten verfasst, hat eben nur eine Umstandsbeschreibung in der Hand aber niemals eine Anleitung zur Rechtfertigung oder Ablehnung.
Genau so ist es.
Ich stand vor 6-7 Jahren auch vor der Frage und wollte meinem Leben schon ein Ende setzen, alles hinschmeißen. Halt so einen richtigen Shutdown.
Ich hatte schwere Depressionen, Panikattacken, hab mich nicht mehr aus der Wohnung getraut.. Wenn man in einer richtig schweren Depression steckt, dann ist die Welt wirklich grau. Man sagt das immer, aber wenn ich daran zurückdenke, dann war für mich alles grau, farblos, sinnlos und unendlich anstrengend und zermürbend. Wenn man das lange genug mitmacht, dann erscheint ein "Aufhören" eine "Erlösung" davon, auch wenn es der Tod ist, als Rettung. Dann ist irgendwann egal, was es beendet, Hauptsache die belastung verschwindet endlich. Das ist wie Folter. Irgendwann redet jeder Mensch. Depressionen sind wie Folter unter der man irgendwann zusammenbricht. Rationale Entscheidungen kann man da nicht mehr erwarten. Hauptsache es hört auf.
Darum ist wie Gent Leman schon sagt, das diskutieren darüber, wenn man es nicht selber erlebt hat, eine philosophische Spielerei ohne wirklich mitreden zu können.
Depressionen sollten nur auch in der Gesellschaft anerkannt werden als das was sie sind:
Potentiell tödliche Krankheiten!
interzone
2016-09-18, 12:02:37
Der Freitod ist imo ein Thema für jüngere Menschen in der Lebensfindungsphase oder Menschen, die physisch oder psychisch so angeschlagen sind, dass sie ihrem Leiden ein Ende bereiten müssen (nicht wollen).
Es ist natürlich unendlich dumm, wenn ein Mensch aus einer temporären Krise heraus seine Existenz beendet. Keine Frage.
Die Klassiker sind wohl Schule, Liebe oder Schulden.
Alles Probleme, die mit Hilfe und/oder zeitlichem Abstand lösbar/relativierbar sind.
Diese Menschen in ihrer "Melancholie" noch zu unterstützen (soziale Netzwerke, etc.), ist problematisch bzw. verantwortungslos.
Ich vermute, dass viele Leute, die aus "nichtigen" (oberen) Gründen mit dem Selbstmordgedanken spielen, in ihrer Lebensphase nicht in der Lage sind, überhaupt Verantwortung zu übernehmen.
Sich mit diesen Menschen in sozialen Netzwerken auszutauschen, ist...sicher nicht konstruktiv.
Ein komplett anderes Thema sind Menschen, die krank sind.
Wenn Medikamente nicht wirken (Schmerzen/Depressionen), und das Leben nur noch ein Leiden ist, befürworte ich den Suizid.
Dicker Igel
2016-09-18, 13:22:47
Der Wunsch nach Existenz ist nicht rational, dem Universum ist es egal wieviele Beobachter es hat...
An sich beobachtet das Universum - oder eben "beiderseits" nur der jeweilige Teil - sich ja nur selbst.
Jemand, der sich ernsthaft umbringen will, denkt mMn. nicht mehr rational über Optionen nach oder sucht kleine positive Dinge, um das Leben schön und lebenswert zu finden.
Und wer sich ernsthaft umbringen will, der schafft das auch, ich denke, dass der größte Teil gescheiterter Versuche Hilferufe sind.
Dem stimme ich zu.
Lord Wotan
2016-09-18, 20:17:28
Selbstmord ist weder ersterbenswert noch zu fördern. Sondern bringt nur schlechtes Kama.
Oldboy
2016-09-18, 20:36:40
Meiner Ansicht nach, beginnt mit unserem Leben quasi die Welt für uns und wir können diese erst so wahrnehmen. Davor hat für uns noch nichts existiert und danach wird auch nichts mehr kommen - völlig unabhängig davon, dass das Universum schon Mrd. Jahre alt ist, für uns existiert dies nur solange wir leben.
...
Abschliessend daher: Der Tod bzw. das Ende der Existenz wird für jeden Menschen sowieso kommen. Wieso sollte man also diese Existenz verkürzen wollen? Im besten Fall kann man die zusätzliche Existenz noch geniessen, im schlimmsten Fall verliert man nichts.
Oder wie seht ihr das Thema?
Provokant gefragt:
Wieso sollte man das Leben verlängern wollen?
Betrachtet man die Dauer unserer Existenz nur mal im Vergleich dieses Universums, ist es so, als hätten wir nie existiert.
Der Tod kommt irgendwann, stimmt.
Wie lange dauert der Tod?
Nimmt man den Tod zeitlich wahr? Wohl kaum. Er existiert nur für die Lebenden. Wenn man so will, kommt er jede Nacht. Ob diese Nacht nur Stunden oder Millarden Jahre dauert, spielt keine Rolle.
Möglicherweise liegen die Chancen auf ein erneutes Geschenk ja höher als auf einen 6er im Lotto. Zeit spielt dabei ja absolut keine Rolle. Nieten(existierendes Bewusstsein vorausgesetzt) können auch dabei sein. Vielleicht gibt's ja aber in einem anderen Universum ein lohnenderes Geschenk. ;)
So gesehen, im besten Fall erhält man bei schnellstmöglichem Tod ein besseres Geschenk(dass man dann jeweils voll auskostet...wobei der Mensch nicht zwangsläufig als Hauptgewinn gilt), im schlimmsten Fall zieht man immer nur Nieten...
Suizid an sich ist darüber hinaus eine reine Frage der persönlichen Umstände und des Charakters. Das ist ähnlich bei Krankheiten etc.. Wer es nicht aus eigener Erfahrung erlebt, kann es auch nicht wirklich nachvollziehen. Für den Fall der Fälle hätte ich beispielsweise auch eine bevozugte (sichere)Methode, die quasi in der theoretischen Schublade liegt.
In diesem Sinne präferiere ich den Suizid auch als eine Situation, die einzig dem freien Willen unterliegt(sofern der Betreffende zurechnungsfähig ist). Die Konsequenz sollte ja jedem klar und wohlüberlegt sein.
Dass bei den überwiegenden (gescheiterten) Suizidversuchen der Tod nicht erwünscht war, stimme ich auch eher zu.
Kundschafter
2016-09-19, 06:21:45
Als Bulle habe ich (leider) schon unzählige Suizidopfer sehen müssen. Bei manchen Menschen kann ich es echt verstehen (unheilbare, schmerzhafte Krankheiten), bei vielen anderen stellte ich mir immer wieder die Frage, warum so jung ?
Sind Liebeskummer, schlechte Schulnoten oder andere, aus meiner Sicht eher, sorry, "Lapalien" ein Grund, sein Leben wegzuwerfen ?
Egal, mit wem man darüber redet, eine Antwort habe ich bis heute nicht gefunden und ich bin nun schon fast 40 Jahre im Dienst.
Und ich hoffe, es nimmt das hier keiner persönlich, die, die sich vorher melden und den Suizid ankündigen, wollen bzw. werden es in der Regel nicht machen. Das sind die, die in ihrer Verzweifelung noch einmal eindringlich um Hilfe suchen/bitten.
Die, die es wirklich und endgültig tun wollen, machen es einfach. Einige Bilder/Geschichten/Menschen gehen einem für den Rest des Lebens nicht mehr aus dem Kopf.
Meine Erfahrung.
Simon Moon
2016-10-15, 18:09:51
Toll, heute gerade von 2 Suiziden im Bekanntenkreis erfahren. Kannte die zwar nicht persönlich, aber langsam frag ich mich schon. Das Leute sterben, ist ja der natürlich Lauf der Dinge. Aber irgendwie sollte es doch in den 30ern eher heissen "xy ist bei einem Unfall gestorben" oder meinetwegen "XY ist bei einem Raubüberfall gestorben" - aber doch nicht selber verursacht...
Ich hab keine wirkliche Meinung zu pro / contra aber ich finde Suizid hoch interessant.
Ist es nicht die wichtigste / interessanteste und weitreichendste Entscheidung, die ein Mensch in seinem Leben Treffen kann? Also die Wahl es vorzeitig zu beenden.
Ist vielleicht ein bisschen zu sehr aus der Comedy Ecke, aber bringt einem doch zum Nachdenken:
gVEDnyDMHHQ
Blackland
2016-10-15, 20:56:35
Der Freitod ist für die Einen eine (Er)Lösung, für die Anderen ein (Aus)Weg, für den gesunden und nicht psychisch belasteten "Normalo" Dummheit.
Jede Fraktion hat ihr eigenes Für und Wider, nur das bei zwei die Waagschale auf der "Für"-Seite wahrscheinlich voller/schwerer ist.
Ein unbedarftes Diskutieren darüber ist sicher sehr schwierig, da man sich normalerweise in die Gemüts- und Lebensumstände nicht hineinversetzen kann.
Simon Moon
2016-10-15, 21:14:59
Ich hab keine wirkliche Meinung zu pro / contra aber ich finde Suizid hoch interessant.
Ist es nicht die wichtigste / interessanteste und weitreichendste Entscheidung, die ein Mensch in seinem Leben Treffen kann? Also die Wahl es vorzeitig zu beenden.
Wenn ich jetzt zurück denke als ich das Thema eröffnet habe, irgendwie zieh ich das nun wie magisch an oder nehme es bewusster wahr. Aber seit letztem Monat begegne ich dieser Thematik irgendwie ständig. Und dabei sehe ich es eben auch wie du - es ist für jemanden selber die "wichtigste" Entscheidung und umso mehr verstört mich, wie häufig diese Entscheidung dann eben "aus dem Bauch heraus" gefällt wird.
Und soweit ich nun dem Thema begegne, ist es eigentlich meist kein Todeswunsch - sondern eben ein Hilferuf. Ihn ähnlicher Form habe ich nun auch von Leuten erfahren, die sich bewusst selbst kaputt machen, damit sie in eine "Kategorie" (oder wie man das nennen könnte) fallen, in denen man ihnen hilft. Also eigentlich dasselbe, nur eben nicht so radikal, drastisch. Im speziellen habe ich dies hier bei "Magersucht" erfahren, die nicht etwa dem erreichen eines Schönheitsideals dient, wie allgemein geglaubt, sondern eben dafür, auf sich aufmerksam zu machen, dass man Hilfe braucht.
Das Problem scheint aber, dass weder den Therapeuten, noch den Hilfe-Suchenden konkret klar ist, was für eine Hilfe denn gesucht wird. Aus materieller Sicht haben wir hier ja alles was wir brauchen, also sind diese Bedürfnisse erfüllt. Die Therapeuten, Psychiater und Psychologen begegnen dem Thema dann meiner Meinung nach auch ziemlich hilflos und erzählen was, von "Selbstliebe" und "Abgrenzung ggü. den Problemen anderer", also sich davon nicht herunter ziehen lassen. Ich persönlich finde das aber nur einen Spiegel unserer "individualistischer" Gesellschaft - jeder muss für sich selbst klar kommen und sich am besten von der Welt abschotten bzw. mit den anderen Menschen im Beruf, sowie mittlerweile Sozialleben konkurrenzieren und wer das nicht kann, der ist der "Kranke". Und diese "Kranken" werden dann von den "Egomanen" stigmatisiert und als Simulanten dargestellt, weil sie nicht mit unserer Ellenbogengesellschaft klar kommen.
Ich denke, hier braucht es mal ein Umdenken. Statt das wir alle "Probleme" institutionalisieren - also immer mehr Gesetze, Leute in Altersheime stecken oder Pillen verschreiben - sollte man sich den Problemen seiner Mitmenschen mehr annehmen und nicht immer sagen, dass das nicht das eigne Problem ist. Das ist meiner Ansicht nach dann aber eben eine Entscheidung, ob man persönlich für eine möglichst produktive Marktwirtschaft arbeitet oder ob man sich als Teil einer menschlichen Gesellschaft versteht. Aktuell wird aber eben immer der materielle Vorteil einer produktiven Marktwirtschaft beworben...
Dbc2pnfN3r0
Monger
2016-10-16, 04:32:42
Das Problem scheint aber, dass weder den Therapeuten, noch den Hilfe-Suchenden konkret klar ist, was für eine Hilfe denn gesucht wird. Aus materieller Sicht haben wir hier ja alles was wir brauchen, also sind diese Bedürfnisse erfüllt. Die Therapeuten, Psychiater und Psychologen begegnen dem Thema dann meiner Meinung nach auch ziemlich hilflos und erzählen was, von "Selbstliebe" und "Abgrenzung ggü. den Problemen anderer", also sich davon nicht herunter ziehen lassen.
Suizidgedanken kommen ja in aller Regel mit einer Depression daher, und die Hinweise verdichten sich, dass Psychotherapeuten eventuell nicht die richtigen Ansprechpersonen dafür sind.
Die meisten Menschen denken bei Depressionen an soziale Umstände, an persönliche Probleme - kurz, an irgendwelche sachlichen Gründe weshalb diese Person völlig zu recht gerade ihr Leben für scheiße hält.
Seit ein paar Jahren gibt es aber noch ein anderes, eher biologisches Erklärungsmodell. Danach wären viele Depressionen auf Autoimmunreaktionen des Nervensystems zurückzuführen, ergo Entzündungen.
Wenn du mit einer Lungenentzündung zum Psychotherapeuten gehst, kannst du natürlich lange mit dem reden ohne dass irgendwas besser wird. Depressionen wären da nicht wesentlich anders. Das tückische an Depressionen ist halt, dass sie sich mental so äußern, und nicht körperlich.
Simon Moon
2016-10-16, 17:11:13
Suizidgedanken kommen ja in aller Regel mit einer Depression daher, und die Hinweise verdichten sich, dass Psychotherapeuten eventuell nicht die richtigen Ansprechpersonen dafür sind.
Die meisten Menschen denken bei Depressionen an soziale Umstände, an persönliche Probleme - kurz, an irgendwelche sachlichen Gründe weshalb diese Person völlig zu recht gerade ihr Leben für scheiße hält.
Seit ein paar Jahren gibt es aber noch ein anderes, eher biologisches Erklärungsmodell. Danach wären viele Depressionen auf Autoimmunreaktionen des Nervensystems zurückzuführen, ergo Entzündungen.
Wenn du mit einer Lungenentzündung zum Psychotherapeuten gehst, kannst du natürlich lange mit dem reden ohne dass irgendwas besser wird. Depressionen wären da nicht wesentlich anders. Das tückische an Depressionen ist halt, dass sie sich mental so äußern, und nicht körperlich.
Das Problem ist halt, dass "Depression" eben nur die Symptome beschreibt, aber nicht die Ursache erklärt. Analog ist es, wie wenn man hustet - das kann eine bakterielle Entzündung sein, das kein ein Virus sein, das kann vom Rauchen kommen etc. pp. Was wir daher als Depression beschreiben, können ganz unterschiedliche Gründe haben - entsprechend sind die Therapien auch sowohl psychologisch, als auch medikamentös und aktuell probiert man halt aus, in der Hoffnung, dass etwas wirkt.
Natürlich mögen hier biologische Faktoren eine grosse Rolle spielen, die sozialen Umstände sind aber eben durchaus auch ein Faktor bis zu welchem Grad man mit den Symptomen zurecht kommt. Und gerade, da man noch keine fundierte neurologische Erklärungsmodelle hat, sollte man psychologische Ansätze nicht vernachlässigen. Ansonsten besteht imo die Gefahr, dass es eben wie bei den Amis läuft, wo die Bevölkerung man Antidepressiva quasi als Nahrungsergänzung nimmt.
Monger
2016-10-16, 21:18:05
Und gerade, da man noch keine fundierte neurologische Erklärungsmodelle hat, sollte man psychologische Ansätze nicht vernachlässigen. Ansonsten besteht imo die Gefahr, dass es eben wie bei den Amis läuft, wo die Bevölkerung man Antidepressiva quasi als Nahrungsergänzung nimmt.
Gebe ich dir vollkommen recht. Man sollte nichts ausschließen.
Mir geht es vor allem darum, dass im öffentlichen Bewusstsein Depressionen immer noch mehr als Charakterzug denn als Krankheit betrachtet werden.
Das fängt schon bei der Sprache an....
Niemand würde sagen: "Ich bin beingebrochen", oder "ich bin eine grippale Persönlichkeit", aber eben "ich bin depressiv", so als ob das keine Krankheit, sondern ein Teil des eigenen "Ich" ist.
Wenn du mit einer schweren Viruserkrankung im Bett liegst, wirst du auch nicht die folgenden Sätze hören:
"Mensch, reiß dich mal zusammen."
"Konzentrier dich doch mal auf die schönen Momente."
"Hey, du kannst gerne mit mir darüber reden."
"Mach doch mal mehr Sport, triff mehr Leute, geh öfter vor die Tür."
greeny
2016-10-16, 21:40:05
Wenn du mit einer schweren Viruserkrankung im Bett liegst, wirst du auch nicht die folgenden Sätze hören:
"..., triff mehr Leute, geh öfter vor die Tür."
Och, gäbe da schon ein paar... :tongue: :biggrin:
Ab davon, stimme ich dir voll zu...
afk|freeZa|aw
2016-10-17, 11:45:44
Ich hatte schwere Depressionen, Panikattacken, hab mich nicht mehr aus der Wohnung getraut.. Wenn man in einer richtig schweren Depression steckt, dann ist die Welt wirklich grau. Man sagt das immer, aber wenn ich daran zurückdenke, dann war für mich alles grau, farblos, sinnlos und unendlich anstrengend und zermürbend. Wenn man das lange genug mitmacht, dann erscheint ein "Aufhören" eine "Erlösung" davon, auch wenn es der Tod ist, als Rettung. Dann ist irgendwann egal, was es beendet, Hauptsache die belastung verschwindet endlich. Das ist wie Folter. Irgendwann redet jeder Mensch. Depressionen sind wie Folter unter der man irgendwann zusammenbricht. Rationale Entscheidungen kann man da nicht mehr erwarten. Hauptsache es hört auf.
Darum ist wie Gent Leman schon sagt, das diskutieren darüber, wenn man es nicht selber erlebt hat, eine philosophische Spielerei ohne wirklich mitreden zu können.
Depressionen sollten nur auch in der Gesellschaft anerkannt werden als das was sie sind:
Potentiell tödliche Krankheiten!
this.leide selber seit jahren unter depressionen.habe mich aber erst vor ein paar monaten aufraffen können etwas dagegen zu tun.ist aber wie ein kampf gegen windmühlen.
und eigentlich will ich diesen kampf auch gar nicht gewinnen.einzig die gesellschaft drängt mich dazu und das "wie werden es dir hinterbliebenen auffassen?".
medikamente bringen einen scheiss,ausser das sie einem kurzzeitig eine maske für die aussenwelt aufsetzen und" alles gut" suggerieren...
ich für mich persönlich halte mir die möglichkeit des suizid durchaus weiter offen.und niemand hat das recht mich deswegen zu verurteilen.
eins ist sicher.nur ich oder das schicksal (unfall z.b.) werden über mein ableben entscheiden.
greeny
2016-10-17, 13:03:29
medikamente bringen einen scheiss,ausser das sie einem kurzzeitig eine maske für die aussenwelt aufsetzen und" alles gut" suggerieren...
Oder auch nichtmal das... Hab den Überblick verloren, wie viele AD's ich ausprobiert hab. Außer Nebenwirkungen, keine Wirkung.
Simon Moon
2016-10-22, 18:13:47
medikamente bringen einen scheiss,ausser das sie einem kurzzeitig eine maske für die aussenwelt aufsetzen und" alles gut" suggerieren...
Oder auch nichtmal das... Hab den Überblick verloren, wie viele AD's ich ausprobiert hab. Außer Nebenwirkungen, keine Wirkung.
Depressionen werden aktuell ja vor allem in zwei Kategorien geteilt:
http://www.menschenswetter.de/editorial_articles/show/1207/forscher-finden-zwei-formen-von-depression
"Es ist schon länger bekannt, dass ein Mangel der Hormone/Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin im Gehirn Depressionen verursacht. Doch „bei Serotonin waren das eher depressive Verstimmung, Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit; bei Noradrenalin eher Antriebsmangel, Konzentrationsschwächen und Ängstlichkeit.“ erläutert der Psychiater Dr. med. Philipp Homan vom Universitätsklinikum Bern (Schweiz) den Unterschied der beiden Hormone."
Die meisten Medikamente gehen dann entsprechend halt auch nur auf die Serotonin- bzw. Noradrenalin-Rezeptoren. Die Dopamin-Rezeptoren werden hier häufig ignoriert, ausser Buproxion wüsste ich kein Medikament (gegen Depressionen!), welches diese anspricht.
Die Frage ist aber, ob es nicht noch weitere Arten der Depression gibt, welche eben eher im Dopamin-System zu orten sind. Und in den genannten Beispielen geht ja auch vor allem die Motivation und Glück unter.
Marscel
2016-10-23, 05:39:54
Abschliessend daher: Der Tod bzw. das Ende der Existenz wird für jeden Menschen sowieso kommen. Wieso sollte man also diese Existenz verkürzen wollen? Im besten Fall kann man die zusätzliche Existenz noch geniessen, im schlimmsten Fall verliert man nichts.
Diese Diskussionen, der Comic und Standpunkte sind einfach zu führen von Menschen, die das selbst nicht erlebt haben. Ich selbst habe keine Probleme mehr über Depressionen zu reden, warum ich das trotzdem ungerne mache, ist der unglaublich große Schwall an Blödsinn, der dann manchmal auf einen einrollt. Ich glaube, so ähnlich fühlen sich Frauen, die wegen einer Schwangerschaft fast sterben mussten, wenn ihnen zölibatäre Kuttenträger was von Abtreibungsverbot und der Bibel erzählen wollen.
Das mit dem "schlimmsten Fall verliert man nichts": Die schlimmsten Phasen waren für mich diejenigen, wenn ein graues Etwas dir mit seinen metaphysischen Händen dich mit Druck am Kopf packt, dabei laut hauchend in den Ohren liegt und jeden unangenehmen Gedanken in die Hölle amplifiziert. Das ist das letzte, was man fühlt, bevor man in den Schlaf dämmert, was einen Nachts aufweckt und nicht weiterschlafen lässt, oder eben mit dem Wecker morgens erstmal den Kopf zerreißt. Ich wusste beim zweiten Mal weder, woher sie eigentlich genau kommen, noch ob und wann sie jemals wieder weg sein werden.
Schlimmere Fälle haben das vermutlich ununterbrochen über Monate, vielleicht Jahre: Du fängst an zu verstehen, dass es Menschen gibt, die dem ein Ende setzen wollen, dass die letzte freie Bastion im Kopf nur noch damit beschäftigt ist, sich Wege aus dem Übel zu suchen. Da verpufft die Relevanz von weltlichen Dingen wie Angehörigen, Bekannten, Arbeit und Vermögen, einfach weil so gut wie nichts mehr da ist, was sich gedanklich ihrer noch annehmen kann. Du hättest mir in dieser Zeit alles mögliche, für andere Menschen Sonnige erzählen können. Mein einziges Interesse galt da aber lediglich mal 5 Sekunden Ruhe im Kopf zu kriegen, oder irgendwann mal wieder ruhig durchschlafen zu können.
Nehmen wir ein Beispiel mit Kindern, denen gegenüber weitläufig eine quasi-religiöse Opferungsbereitschaft erwartet wird. Bringt sich ein Elternteil beispielsweise aus depressiver Krankheit um, so ist nicht nur der übliche Shistorm der Nichtbetroffenen einerseits zu erwarten, dass dieser angesichts der Kinder ja nicht einmal wagen dürfte an sowas zu denken, andererseits halte ich es dann durchaus für wahrscheinlich, dass sich der Betroffene von seiner Umwelt einschl. seiner Nachfahren im Kopf krankheitsbedringt nur noch entkoppeln konnte.
Nicht voll korrelierend mit dem Text hier, aber eine der besseren Illustrationen zum Thema allgemein: http://hyperboleandahalf.blogspot.de/2013/05/depression-part-two.html
Man kann den erlebten Schweregrad vermutlich kaum objektiv quantifizieren und deren weiteren Verlauf prognostizieren. Der Kategorische Imperativ spricht aber auch von Leidminimierung, und sofern andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sollte man Menschen gehen lassen dürfen.
Diese Diskussionen, der Comic und Standpunkte sind einfach zu führen von Menschen, die das selbst nicht erlebt haben. Ich selbst habe keine Probleme mehr über Depressionen zu reden, warum ich das trotzdem ungerne mache, ist der unglaublich große Schwall an Blödsinn, der dann manchmal auf einen einrollt.
Das ist nun mal leider so, alles, was man selbst nicht kennt, wird nicht akzeptiert oder falsch verharmlost. Alle fallen immer wieder darauf ein, daß Empfindungen und Wahrnehmungen eben eine stark subjektive Sache sind. Man kann nicht das eigene Empfinden mit anderen vergleichen. Selbst in einer ähnlichen oder gleichen Situation reagiert jeder anders. Und mit Halb- oder Nichtwissen meint ja jeder heute, solche Dinge ohne Erfahrung beurteilen zu können. Daran reibt sich ja permanent die Gesellschaft.
Simon Moon
2016-11-07, 04:33:40
Ich finde es falsch Menschen als Krank zu bezeichnen die den Freitod wählen,
es ist deren Wille.
Wenns so einfach wär. Das ist zumeist ein Spontagedanke - wohl so, wie wenn du an der Kasse eine Sonderartikel findest, der dir gerade zusagt. Die meisten bereuen es danach. Da muss man eher von Affekt sprechen und der entspricht eben nicht dem langfristigen Wille. [/QUOTE]
Das muss nicht bedeuten die Person ist krank. Aber statistisch gesehen ist der Grossteil eben depressiv - wobei das wie erkannt eben ein Sammelsurium an Symptomen ist, die nicht mal die desselber Ursache haben. Durch solche unlogischen Eingliederung entsteht dann etwa die Idee, wer sich umbring sei krank
Warum darf man das in vielen Ländern nicht öffentlich aussprechen,
ich vermute dahinter was eigenes:
Ok, aber hier können wir es aussprechen und die Suizdiraten unterscheiden sich nicht wesentlich nach so einem Kriterium.
eder Mensch der den Freitod öffentlich ausspricht, würde das System gefährden,
wenn die Leute überzeugt davon wären wenn der Freitod eine Alternative wäre.
Dann würde keine Unterdrückung seitens der Herrschenden bzw. Sklavenarbeit (Deutschland 1 euro Jobs höhöhö) funktionieren.
Ebenso würde das Weltweite ausbeutungs System in sich zusammen fallen,
lieber wird seitens Politik und der Religionen argumentiert du bist krank bzw. danach kommst du in die Hölle blablabla.
Für Massenhaften Suizid wird man kaum eine Mehrheit finden. Klar, das "System" würde aber einer kritischen Masse zusammenbrechen - aber was hat der einzelne davon? Im Endefekt ist trotzdem angenehmer so zu leben, wie es hier der minimal Standard ist. Der ist ja trotz allem gestiegen verglichen mit früher. Da braucht es auch keine Hölle, der Mensch normale lebt einfach in den Tag hinein - ob er nun in einer illegalen Minie nach Diamanten schürft oder im Büro Tabellen kalkuliert...
Da du nicht weißt was unser Universum darstellt, genauso weis die Wissenschaft auch nur einen kleinen Teil,
Die Wissenschaft ist hier schon ziemlich weit. Zumindeset da die Software die uns vorgaukelt, wir wären autonome Wesen, basiert auch nur auf der Hardware unseres Gehirns. Ohne dieses Organ ist auch unsere Ich-Wahrnehmung nicht mehr vorhanden.
würde ich mir das 2x überlegen ersparen vielleicht verpasst du ja Seelisch was nach dem Tod.
Naja, das sage ich meinen PC-Komponenten jeweils wenn ich sie durch neue ersetze, aber doch nicht einem vernünftig denken Menschen.
Uns machen nunmal unsere Synapsen im Gehirn aus, welche Erinnerungen speichern - sind die verrotet, ist es nicht mehr als eine zerbrochne CPU auf der Müllhalde. Da lebt nichts weiter, da wird vielleicht kompostiert/eingeschmolzen und die Atome / Moleküle wieder verwendet, aber das hat nichts mehr mit dem ursprünglichen zu tun.
Das wissen wir mittlerweile ziemlich genau.
Eine Theoretische irdische Sache (Wo die Wissenschaft komplett ansteht):
Du stirbst,
das Bakterium zersetzt einen Teil deines Rückenmarks,
der Käfer frisst einen Teil davon,
kackt die N.Stoffe mit DNA aus,
die Pflanze nimmt den Nährstoff auf,
bildet Samen,
streut diese aus,
der Sämling wächst.
Die DNA wird bei der Nährstoffaufnahme generell nicht in die DNA des Aufnehmers übertragen. Und selbst wenn, würde ein einzelnes DNA Fragment nicht meine Person reflektieren. Dem Gedanken entsprechend, soll man meinetwegen Kinder zeugen - da geht die DNA tatsächlich weiter und quasi ein Teil der "Hardware" existiert weiter und man kann sie sogar noch programieren.[/QUOTE]
Man weis es nicht, manche Theorien gehen davon aus das der Wiederstandsfähigere DNA Strang sich zum Samen entwickelt,
würde heißen ein Teil deiner DNA lebt in einer Pflanze weiter.[/QUOTE]
So läuft ese eben nicht. Deine DNA ist da schon längst zerfallen und wird in der Aufnahme in einzelne Proteine geteilt - da bleibt nichts relevantes der DNA übrig.
Simon Moon
2016-11-07, 04:42:53
Das ist nun mal leider so, alles, was man selbst nicht kennt, wird nicht akzeptiert oder falsch verharmlost. Alle fallen immer wieder darauf ein, daß Empfindungen und Wahrnehmungen eben eine stark subjektive Sache sind. Man kann nicht das eigene Empfinden mit anderen vergleichen. Selbst in einer ähnlichen oder gleichen Situation reagiert jeder anders. Und mit Halb- oder Nichtwissen meint ja jeder heute, solche Dinge ohne Erfahrung beurteilen zu können. Daran reibt sich ja permanent die Gesellschaft.
Das trifft aber dann weit auf mehr Bereiche als nur psychische Erkrankungen zu. Und am meisten mit Vorurteilen zu kämpfen haben natürlich diejenigen, welche nicht "arbeiten". Die Gründe sind dabei dann egal - ob nun Ausländer, psychisch krank, zu alt oder was ich - Schuld ist immer der einzelne. Dabei würde gerade eine fairere Verteilung von Arbeit vielem Vorbeugen - weniger Burnouts und weniger arbeitslose an deren Selbstwert das knarzt.
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