PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : USA - Beispiele für die Tendenz einer defekten Demokratie


(R)evolutionconcept
2017-05-08, 14:34:32
Hallo liebe Gemeinde,

hat einer der politisch informierten vielleicht ein nicht all zu un-aktuelles Beispiel dafür, dass man die USA als defekte Demokratie bezeichnen könnte?
Ich tu' mich gerade ein wenig schwer mit der Suche und dachte, dass die Kenner unter euch auch so vielleicht tolle Beispiele kennen.

Beste Grüße

evo

5tyle
2017-05-08, 14:57:37
Zunächst muss man feststellen, dass der Begriff Demokratie relativ zu bewerten ist. Erstens gibt es keine hundertprozentig feststehende Definition, zweitens folgt ein demokratisches System nicht zwingend feststehenden Regeln, z.B. können demokratische Mechanismen auch innerhalb einer Autokratie verwendet werden.
Politikwissenschaftlich unterscheidet man grob bei einer Republik zwischen parlamentarischer Demokratie und präsidentieller Demokratie. Man kann eine Demokratie zumindest rein technisch gesehen als intakt ansehen, solange die demokratischen Institutionen intakt sind (Gewaltenteilung durch Exekutive, Legislative und Judikative sowie freie Presse) und freie Wahlen gewährleistet sind. Oft wird als Indikator für Fehler in einer Demokratie Korruption oder übermäßiger Lobbyeinfluss herangezogen. Einige Beispiele findet man bei Transparency https://www.transparency.org/country/USA oder RSF https://rsf.org/en/united-states Allerdings werden da Verdachtsfälle oder ähnliches nicht aufgenommen.
Ein klassisches, seit vielen Jahren kritisiertes Beispiel für ein Demokratieproblem in den USA sind die immer wieder milliardenschweren Wahlfinanzierungen der Präsidentschaftskandidaten http://www.dw.com/de/us-wahlkampffinanzierung-wer-bietet-mehr/a-18989112

Joe
2017-05-08, 15:09:33
Ich weiß nicht ob man schon so weit gehen kann.
Wenn Du nur Fakten suchst um einen Standpunkt zu argumentieren kannst Du dich mal in diese Richtungen Informieren:

Prozentualer Anteil der inhaftierten Bürger https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_incarceration_rate https://en.wikipedia.org/wiki/Comparison_of_United_States_incarceration_rate_with_other_countries

Gerrymandering https://de.wikipedia.org/wiki/Gerrymandering

Vetternwirtschaft https://theintercept.com/2017/01/09/u-s-decline-to-banana-republic-accelerates-as-trump-places-son-in-law-jared-kushner-in-white-house/

Versuche von Einschränkung der Pressefreiheit http://money.cnn.com/2017/02/24/media/cnn-blocked-white-house-gaggle/

Versuche von Einschränkung der Religionsfreiheit https://theintercept.com/2017/01/29/trumps-muslim-ban-triggers-chaos-heartbreak-and-resistance/

Cyphermaster
2017-05-08, 15:45:39
Unter Vorbehalt ins ReWi verschoben, da es sich um eine analytische (d.h. wissenschaftliche) Bewertung bzw. Belege für eine These zu einer Regierungsform handelt.

Ich weise WIEDER MAL darauf hin, daß das hier nicht die Plattform für persönliche politische Ansichten usw. ist, und entsprechender Verstoß geahndet wird.

Ectoplasma
2017-05-08, 15:52:35
Vetternwirtschaft https://theintercept.com/2017/01/09/u-s-decline-to-banana-republic-accelerates-as-trump-places-son-in-law-jared-kushner-in-white-house/

Wie kann man unter den Begriff Vetternwirtschaft nur dieses Beispiel ausgraben? Es gehört zwar zu dem Thema, beschreibt es aber nicht.

(R)evolutionconcept
2017-05-08, 16:08:44
Danke für den Input. :)
Die Wahlfinanzierung finde ich dahingehend sehr spannend.

(Ich lehne mich bei dem Begriff "Defekte Demokratie" übrigens an Wolfgang Merkels Definition an.)

nalye
2017-05-08, 16:14:16
Unter Vorbehalt ins ReWi verschoben, da es sich um eine analytische (d.h. wissenschaftliche) Bewertung bzw. Belege für eine These zu einer Regierungsform handelt.

Ich weise WIEDER MAL darauf hin, daß das hier nicht die Plattform für persönliche politische Ansichten usw. ist, und entsprechender Verstoß geahndet wird.
Und wie immer: Der PoWi-5er kommt schnell, also reisst euch am Riemen!

Leonidas
2017-05-08, 16:36:06
Im Fall der USA kann man sicherlich auch als "Defekt" der Demokratie das faktischen 2-Parteien-System werten, welches es neuen Strömungen und Gedanken nahezu unmöglich macht, wahrgenommen zu werden (es sei denn, sie werden von den zwei Parteien adaptiert).

Genauso ist ein Nachteil dieses Systems, das automatisch kleinere Gruppierungen immer an den Rand der Unscheinbarkeit gedrängt werden. Noch viel schlimmer wird es, wenn dann ideologische Gräben zwischen diesen beiden Parteien entstehen, welche eine Haupteigenschaft von Parlamentarismus - den Kompromiß - praktisch unmöglich machen.

Cyphermaster
2017-05-08, 17:51:41
Genauso ist ein Nachteil dieses Systems, das automatisch kleinere Gruppierungen immer an den Rand der Unscheinbarkeit gedrängt werden.Da ist die Frage: Bug oder Feature? Wir haben bei uns ja auch eine explizite 5%-Hürde - und wie man aus der Geschichte weiß, hat das auch einen guten Grund, nämlich die Verringerung von "Lähmungserscheinungen" durch zu viele Einzelgruppierungen, die ebenso einen Kompromiß erschweren.
Solche Regelungen per se würde ich deshalb nicht unbedingt als einen "Defekt" ansehen. So wie 5tyle schon treffend sagt, ist es abseits der offensichtlichen Undemokratien keine einfache Rechengröße, durch welches Merkmal in exakt welchem Grad man eine Demokratie als "defekt" ansehen will.

Eine reale Demokratie kann auch im intakten Zustand nun mal nicht die Unvereinbarkeit zwischen Minderheiten- und Mehrheitsmeinung, den verschiedenen politischen Ansichten usw. überwinden. So ein System ist also immer notwendig selbst schon ein Kompromiß, über den man geteilter Meinung sein kann. Als "Defekte" würde ich im ersten Grad die Dinge ansehen, die sogar noch neben/außerhalb so eines in der Grundanlage demokratischen Systems passieren, oder sogar diesem zuwider laufen.

Joe
2017-05-08, 17:53:11
Das Zwei Parteien System allein würde ich noch gar nicht als so schweren Defekt werten. Man hat immerhin als Bürger immer eine Alternative zur herrschenden Administration. Bedenklicher ist für mich die Regelung mit den Vorwahlen. Nicht so gut informierte bekommen den Eindruck die Bestimmung der Präsidentschaftskandidaten der beiden Parteien sei ein demokratischer Prozess bzw. ein öffentlicher Prozess an dem es ein Recht zur Teilnahme gäbe. Dabei muss man sich oft Jahre vorher bei der Partei registrieren um Stimmberechtigt zu sein und am Ende ist die Stimme kaum etwas wert, weil der Prozess nicht wirklich demokratisch ist. (Super Delegates, Winner takes all, ect.)

Auch immer sehr beachtenswert IMHO, wenn Strafgerechtigkeit in Frage gestellt wird (Beispiel Türkei) oder versucht wird "Grundrechte" zu sortieren oder zu gewichten (Beispiel bei uns "Supergrundrecht") in der Regel wird versucht zu argumentieren, dass Sicherheit schwerer wiegt als Freiheit und der Staat Freiheit einschränken muss im Sicherheit zu gewährleisten.

Eine gewisse Rhetorik in diese Richtung ist vermutlich in beiden Fällen normal. Wenn allerdings wirklich Taten folgen sollten die Alarmglocken läuten.
Eine Stärke und Schwäche des zwei Parteien Systems in Amerika ist, dass es praktisch unmöglich ist die Verfassung zu verändern.

Leonidas
2017-05-08, 18:15:23
Mal ganz demokratietheoretisch gesprochen:

Eigentlich ist jede Schwäche (ab gewisser Größe) ein Beispiel für einen Defekt, wenn damit die Bildung von "Volkswillen" unterbunden wird.

Darunter würde ich spontan zählen:
- Zweiparteiensystem
- Winner-Takes-It-All-Prinzip
- Mehrheitsentscheidungen mit 50,01%

In gewissem Sinne sogar die parlametarische Demokratie per se - wobei da die USA uns wieder voraus sind, denn dort kümmern sich Gruppen darum, festzustellen, welcher Abgeordnete bei welcher Entscheidung wie entschieden hat und veröffentlichen das auch. Dort nimmt man diese Abgeordnete wenigstens auch medial in die Pflicht entsprechend ihres Abstimmungsverhaltens.

Dies führt aber gleichzeitig auch auf eine weitere Spur zur dysfunktionalen Demokratie: "Früher" konnte man mit öffentlicher Diskussion Politiker noch stürzen oder zum Einlenken bewegen. Heuer nun begreifen die mehr und mehr, das die Journalisten eigentlich auch nur Klicks generieren wollen - wenn man also nur lang genugen Atem hat, sitzt man das einfach aus. Die vierte Gewalt funktioniert nicht mehr - weil jener das praktische Gesehen schon egal ist, Hauptsache nur es gibt was sensationelles zu berichten.

5tyle
2017-05-08, 18:37:53
Natürlich ist es auch immer Ansichtssache, wenn man zwei Politiker in zwei verschiedenen Staaten fragt, werden sie möglicherweise sagen, ihr Staat sei jeweils die beste Demokratie der Welt.
Die USA sehen sich ja sozusagen als ureigenster Verfechter der Demokratie, dennoch baut die Bill of Rights u.a. auf liberalen Ideen der Französischen Revolution aus dem 18. Jahrhundert.
Man sollte aber auch aufpassen und nicht die Verfassung mit Demokratie gleichsetzen. Demokratie ist ein laufender, lebender Prozess den man nicht unbedingt statisch festlegen kann, gerade in Zeiten starker technologischer Progression oder gesellschaftlichen Wandels. Es wird ja auch immer gesagt, das demokratische System sei kein Selbstverständnis und man müsse die Demokratie immer wieder neu erfinden bzw. verteidigen.

Die NSDAP wurde übrigens in einem demokratischen System als demokratische Partei gewählt, im Reichstag im demokratischen Prozess eingebunden, sogar in einer demokratischen Parteienkoalition, die Demokratie hatte allerdings abgewirtschaftet und 1932 ca. 33%, 1933 hatte die Partei 44% Zustimmung im Deutschen Reich. Demokratisch gewählt von den Wählern, welche die Demokratie loshaben wollten, allerdings kam erst später die Machtergreifung. Trotzdem kann man kaum behaupten, die NSDAP wäre eine demokratische Partei, nur weil sie demokratisch gewählt wurde.

Vielleicht könnte man sagen, dass die Demokratie tendenziell immer anfällig für sowas ist. Ob das ein allerdings ein systemischer Defekt ist mit der Wahl von Volksvertretern oder einfach ein Risiko, ist schwierig zu sagen. Man könnte ja auch sagen, eine demokratisches System ist keine Demokratie, wenn es sich nicht selbst abwählen könnte, deswegen ist eine Demokratie die sowas von vorne herein ausschließt nicht zwangsweise besser, oder?

Monger
2017-05-08, 18:40:47
Diese YouTube Reihe erklärt sehr gut unterschiedliche Wahlsysteme, und deren Schwächen:
https://www.youtube.com/playlist?list=PL7679C7ACE93A5638

Der Sprecher nennt keine Namen, aber die genannten Merkmale gegen das Wahlsystem in den USA abzugleichen ist ja simpel.

Auf der anderen Seite haben alle modernen Staaten ihre Schwächen in der Verfassung, man sollte das also gegen andere moderne Staaten vergleichen.

Gewaltenteilung ist in USA z.B. wesentlich ausgeprägter als in Deutschland, z.B. Mitglieder der Regierung dürfen nicht gleichzeitig im Parlament sitzen. Unternehmen sind vor Gericht ein eigener rechtlicher Körper (im Gegensatz zu Deutschland, wo Gerichtsverfahren gegen Unternehmen trotzdem gegen Einzelpersonen laufen). z.B. Verbraucherschutz ist daher dort wesentlich stärker als hier.

Zusammengefasst kann man wohl sagen: Judikative ist in USA eine enorm stabile Säule, insbesondere Legislative ist aber aufgrund des Wahlsystems gehandicapped.

Cyphermaster
2017-05-08, 19:19:14
Im Ernst, Leute?

Es gibt durchaus sehr gute, demokratische Systeme in effektiv undemokratischen Ländern. Warum? Wie so oft: Die besten Abläufe/Vorgaben auf dem Papier helfen nichts, wenn sich real eh keiner dran hält. Den Faktor einfach auszublenden, bringt mich zum Kopfschütteln; insbesondere, wenn einem das wie derzeit so deutlich (teilweise wirklich dreist) von verschiedenen Seiten offensichtlich präsentiert wird.

Poekel
2017-05-08, 22:27:11
Politikwissenschaftlich unterscheidet man grob bei einer Republik zwischen parlamentarischer Demokratie und präsidentieller Demokratie.
Dieser Unterschied ist in dieser Diskussion eher nebensächlich. Defekte Demokratie ist ein politikwissenschaftlicher Begriff, der eingeführt wurde, um die ab den 90ern steigende Anzahl von Systemen einzuordnen, die formal ein demokratisches Wahlregime hatten, aber in der Praxis nicht mit liberalen Demokratien zu vergleichen war:
https://de.wikipedia.org/wiki/Defekte_Demokratie
https://en.wikipedia.org/wiki/Embedded_democracy
https://www.wzb.eu/sites/default/files/personen/merkel.wolfgang.289/merkel_embedded_and_defective_democracies.pdf

Der wichtige Punkt ist hier, dass demokratische Regime nicht aufgrund des Wahlregimes identifiziert werden, sondern anhand der 5 Bereiche:
Wahlregime, Partizipationsrechte, Freiheitsrechte, Gewaltenkontrolle, demokratische Regierungskontrolle

Kernthese der Theorie ist, dass eben das Wahlregime nicht ausreicht, um liberale Demokratien zu identifizieren, sondern dass der Kenrpunkt liberaler Demokratien das interdependente Zusammenspiel der verschiedenen Bereiche ist. Vor dem Hintergrund der "Dritten Welle der Demokratisierung" würde diese Theorie ein Analyseinstrument bilden, mit dem z. B. die Stabilität der neuen "Demokratien" untersucht werden könnte (je defekter desto wahrscheinlicher ein Rückfall in ein autoritäres System).

Im internationalen Vergleich würde man jetzt die USA wohl eher unwahrscheinlich als "defekte Demokratie" bezeichnen, ganz einfach auch, weil in dem Fall wohl nur sehr wenig liberale Demokratien überbleiben würden, und der Erklärungsgewinn eher gering wäre.

Interessanter wäre wohl die Frage, ob z. B. eine Zunahme an Defekten, vielleicht nicht nur in den USA, sondern auch in anderen westlichen Demokratien festgestellt werden kann, und falls ja, welche Aussagen man über die potentielle Stablität westlicher Demokratien treffen kann. Oder stellt man fest, dass es keinen Anstieg von Defekten gibt (institutioneller Rassismus, Gerrymandering, Wahlmännersystem, Arm-Reich-Schere etc. ist nicht vollkommen neu) und zumindest für bisher über lange Zeit stabile westliche Demokratien ist die Theorie der "embedded Democracy" doch nicht sonderlich geeignet als Analyseinstrument zur Stabilität?

Geht es um Beispiele, wäre natürlich der institutionelle Rassismus in den USA ein sehr aktuelles Beispiel für einen potentiellen Defekt, da es genügend Daten gibt, die einigermaßen stark belegen, dass Schwarze in den USA vor allem bei den Freiheitsrechten benachteiligt sind.

GSXR-1000
2017-05-09, 03:01:24
Unternehmen sind vor Gericht ein eigener rechtlicher Körper (im Gegensatz zu Deutschland, wo Gerichtsverfahren gegen Unternehmen trotzdem gegen Einzelpersonen laufen).

Sorry. Die aussage ist so nicht richtig. Nicht mal im ansatz. Ich weiss auch nicht wo du das herhast.
Ausserdem solltest du mal differenzieren was du meinst. zivilrecht? Strafrecht? Wirtschaftsrecht? Vertragsrecht?

Breegalad
2017-05-09, 03:39:40
folgender Absatz (https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie#Gesamtgesellschaftliche_Perspektive) aus dem Wikipedia-Artikel 'Demokratie' hat mich überrascht und bestürzt:
"... Ein dauerhafter Bestand der Demokratie ist nach Broch jedoch erst dann gewährleistet, wenn sie sich zu einer Zivilreligion entwickelt hat.[38] Eine solche Zivilreligion wird auch von dem einflussreichen Politikwissenschaftler Benjamin R. Barber gefordert: „Wir brauchen eine Art weltweite Zivilreligion, also das, was wir auf US-amerikanischer Ebene bereits haben. Wir brauchen einen Zivilglauben, der Blut und lokale Zugehörigkeit übersteigt und es den Menschen ermöglicht, sich rund um gemeinsame Prinzipien zu organisieren“.[39]..."
gefunden bei der Suche nach einer Möglichkeit, verschiedene Demokratie-Ausprägungen zu bewerten. (https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratiemessung)

Poekel
2017-05-09, 11:04:01
folgender Absatz (https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratie#Gesamtgesellschaftliche_Perspektive) aus dem Wikipedia-Artikel 'Demokratie' hat mich überrascht und bestürzt:
Es geht dabei wohl um den Umstand, dass Demokratie einen gesellschaftlichen Grundkonsens benötigt, um auf längere Sicht stabil zu bleiben. Eine Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht (siehe Weimarer Republik).

Der im Zitat angeführte Hinweis auf die demokratische Kultur der USA wirft z. B. die interessante Frage auf: Sind die USA aufgrund ihrer demokratischen Kultur im Vergleich zu anderen Staaten weitgehend immun gegenüber antidemokratischen Tendenzen? Also, dass z. B. Trump zwar Präsident wird, er aber keinen autoritären Staat errichten könnte, weil die demokratischen Institutionen selbst bei seinen extremeren Wählern noch sehr stark verankert sind, während andere Staaten in Autoritarismus zurückfallen würden. Trump würde in dem Fall vielleicht 4-8 Jahre Präsident sein, danach das Pendel (ähnlich zu McCarthy) wieder zurückschwingen.

Es wäre eine Theorie, die demokratische Kultur (vor allem Zivilgesellschaft) als zentralen Bestandteil zur Erklärung der Stabilität von Demokratien heranzieht, und stände als Theorie somit im Gegensatz zur Theorie der "embedded democracy", in die demokratische Kultur zwar einfliesst, aber nicht als zentraler Bestandteil betrachtet wird.

Der Wikiartikel zu Barber ist da vielleicht auch ganz hilfreich:
https://de.wikipedia.org/wiki/Benjamin_R._Barber

GSXR-1000
2017-05-09, 11:28:10
Es geht dabei wohl um den Umstand, dass Demokratie einen gesellschaftlichen Grundkonsens benötigt, um auf längere Sicht stabil zu bleiben. Eine Demokratie ohne Demokraten funktioniert nicht (siehe Weimarer Republik).

Der im Zitat angeführte Hinweis auf die demokratische Kultur der USA wirft z. B. die interessante Frage auf: Sind die USA aufgrund ihrer demokratischen Kultur im Vergleich zu anderen Staaten weitgehend immun gegenüber antidemokratischen Tendenzen?
Um.diese frage zu bejaheb bzw ueberhaupt kritisch zu beleuchten muesste man erstmal unterstellen, das die USA ueberhaupt ein demokratisches system haetten.
Nach modernen demokratieverstaendnis, welches zum beispiel gleichheit der rechte und gleichheit und fairness von wahlen und stimmgewichtung hat die usa das nicht.
In den usa,reagiert ein praesident der nicht mal die stimmmehrheit hat von 2 optionen. Faktisch liegt er in der absolutstimmenzahl deutlich (ca 2-3 mio stimmen) zurueck.
Das widerspricht schonmal dem grundsatz von gleichheit aller stimmen in einer im amerikanischen system existenziellen frage.
Die amerikanische "demokratie" ist eine kaeufliche demokratie. Wie man alleine an der praesidentschaftskampagne sieht, oder auch an der praesidentschaft bush/trump die beide politik besonders spezifisch fuer ihr jeweils eigenes geschaeft gemacht haben/machen.
Zudem ist es eine reine mediendemokratie.
Soetwas wie politikethik gibt es nicht.
Da ist es ein skandal bei der ein amtsenthebungsverfahren angeleiert wird wenn ein praesident das oval office als oral office missbraucht, ein praesident, der die UN beluegt, mehrfach, um einen angriffskrieg anzuzetteln...der wird wiedergewaehlt.
Am ende ist das in den USA Keine demokratie, weil auf allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, juristischen und politischen ebenen kapitalismus ohne hemmschuhe gepredigt und gelebt wird. Hemmschuhe wie die ausgleichende soziale komponente finden faktisch nicht statt.

Es ist auf allen ebenen ein sozialdarwinistischer ansatz, welcher macht und geld gleichsetzt.
Survival of the fittest halt. Und das ist eine extrem antidemokratische prinzipie die aber in den staaten auf allen ebenen gelebt wird.

Poekel
2017-05-09, 11:55:42
Um.diese frage zu bejaheb bzw ueberhaupt kritisch zu beleuchten muesste man erstmal unterstellen, das die USA ueberhaupt ein demokratisches system haetten.
Nach modernen demokratieverstaendnis, welches zum beispiel gleichheit der rechte und gleichheit und fairness von wahlen und stimmgewichtung hat die usa das nicht.
In den usa,reagiert ein praesident der nicht mal die stimmmehrheit hat von 2 optionen. Faktisch liegt er in der absolutstimmenzahl deutlich (ca 2-3 mio stimmen) zurueck.
Dem würde ich widersprechen. Du argumentierst mit einem dichotomen Ansatz, der mittlerweile eher nicht mehr gebräuchig ist. In diesen Fällen wird mehr oder weniger einfach eine Checkliste durchgegangen und dahingehend entschieden, ob Demokratie oder nicht.

Probleme dieses Ansatzes sind häufig, dass Systeme als Nichtdemokratie bezeichnet werden, obwohl eigentlich demokratisch verfasst, und umgekehrt. Siehe den Link von Breegalad, wonach z. B. Japan für sehr lange Zeit als nicht demokratisch identifiziert würde und z. B. Deutschland nach WK2 erst ab 1970 als Demokratie identifiziert würde (da gewaltfreier Regierungswechsel ein Checkpunkt war).

Aktuell wird daher eher versucht, Demokratien anhand formaler Bedingungen, die aber nicht zu eng gefasst sind, zu identifizieren, dann aber versucht, die Qualität im Sinne einer Skala zu beschreiben.

Für die Demokratie selbst und z. B. eher unerheblich, ob ein US-Präsident mit weniger als der absoluten Stimmmehrheit gewählt wurde. Hier muss man vielleicht auch hervorheben, dass die Betongung auf absolut korrekte Auslegung demokratischer Formalia, eine eher deutsche Eigenheit ist, die mit unserer Geschichte erklärt wird. Würde man die theoretischen Anforderungen an den Wahlprozess tatsächlich so eng anlegen, wie gerne immer postuliert, könnte man wohl jede Wahl in Deutschland wiederholen. Der wichtigere Punkt (weshalb bei uns nach dem Krieg eben so penibel darauf geachtet wurde, auf höchstmögliche Korrektheit zu schauen) ist die Legitimität.

Eine Stimmenmehrheit verschafft mehr Legitimtät und hat damit einen Einfluss auf die demokratische Kultur eines Systems. Solange aber eine überwiegende Mehrheit das Präsidentschaftswahlrecht in den USA als legitim betrachtet, ist es kein grundsätzliches Problem für die Demokratie dort, wenn ein Präsident nicht die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten hat.

Da jetzt z. B. Barber aus den USA kommt, liegt es natürlich nahe, dass er grundsätzlich vielleicht eher eine US-zentrierte Sichtweise an den Tag legt (von dem was ich gelesen habe, sind seiner Meinung nach die größten Gegensätze zur Demokratie übrigens entfesselter Kapitalismus und Tribalismus). Daher wohl der Fokus auf Basisdemokratie, Zivilgesellschaft und Grassrootsbewegungen, der aus deutscher Sicht vielleicht nicht so überzeugend wirkt, weil basisdemokratische Traditionen hier kaum vorhanden sind und in den USA seit ihrer Entstehung ein Eckpfeiler des Systems darstellen (meiner Meinung nach ist es vielleicht nicht das beste, Sherrifs und Staatsanwälte zu wählen, aber grundsätzlich haben dort Bürger viel mehr Partizipationsmöglichkeiten als hier).

nalye
2017-05-09, 12:00:34
Um.diese frage zu bejaheb bzw ueberhaupt kritisch zu beleuchten muesste man erstmal unterstellen, das die USA ueberhaupt ein demokratisches system haetten.
Nach modernen demokratieverstaendnis, welches zum beispiel gleichheit der rechte und gleichheit und fairness von wahlen und stimmgewichtung hat die usa das nicht.
In den usa,reagiert ein praesident der nicht mal die stimmmehrheit hat von 2 optionen. Faktisch liegt er in der absolutstimmenzahl deutlich (ca 2-3 mio stimmen) zurueck.
Das widerspricht schonmal dem grundsatz von gleichheit aller stimmen in einer im amerikanischen system existenziellen frage.
Die amerikanische "demokratie" ist eine kaeufliche demokratie. Wie man alleine an der praesidentschaftskampagne sieht, oder auch an der praesidentschaft bush/trump die beide politik besonders spezifisch fuer ihr jeweils eigenes geschaeft gemacht haben/machen.
Zudem ist es eine reine mediendemokratie.
Soetwas wie politikethik gibt es nicht.
Da ist es ein skandal bei der ein amtsenthebungsverfahren angeleiert wird wenn ein praesident das oval office als oral office missbraucht, ein praesident, der die UN beluegt, mehrfach, um einen angriffskrieg anzuzetteln...der wird wiedergewaehlt.
Am ende ist das in den USA Keine demokratie, weil auf allen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, juristischen und politischen ebenen kapitalismus ohne hemmschuhe gepredigt und gelebt wird. Hemmschuhe wie die ausgleichende soziale komponente finden faktisch nicht statt.

Es ist auf allen ebenen ein sozialdarwinistischer ansatz, welcher macht und geld gleichsetzt.
Survival of the fittest halt. Und das ist eine extrem antidemokratische prinzipie die aber in den staaten auf allen ebenen gelebt wird.
Und ab hier ist es wieder vorbei. Ihr schafft es wirklich nicht auch nur einen Tag sachlich zu diskutieren, oder? Der Thread wurde bewusst als Testballon offen gehalten, der Versuch war es allemal wert. Dennoch schade :(