Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Die Echokammer
Monger
2018-01-01, 22:34:36
Mittlerweile gibt es etliche Artikel zur Echokammer, oder auch Filterblase.
Aber ich sehe wenig Diskussion dazu, deshalb mache ich hier mal ein Fass auf:
http://www.sueddeutsche.de/digital/soziale-medien-sieben-dinge-die-ich-in-der-rechten-facebook-echokammer-gelernt-habe-1.3581195
In dem Artikel sind unten auch viele andere interessante Artikel anderer Journalisten verlinkt.
https://www.lavievagabonde.de/2016/03/13/7-tage-undercover-auf-dunkelfacebook/
Ich wusste von dem Effekt, aber ich habe ihn nicht so ernst genommen. Aber rückblickend, wenn ich an gewisse Diskussionen hier und auf Arbeit denke, wird mir klarer wie unterschiedlich die Wahrnehmungshorizonte unterschiedlicher Menschen sind.
Aber was also tun? Nachrichten auf Facebook verbieten? Die Algorithmen staatlich überwachen? Ein System aus Gegendarstellungen etablieren?
Da stellen sich auch moralische Fragen: Wieviel Information darf ich jemandem ungefragt in den Rachen schieben? Hat jeder Mensch ein Recht, nicht informiert oder gar desinformiert zu werden? Wieviel Weltenschmerz kann man einem erwachsenen Menschen zumuten? Wievele Sphären der Wahrheit gibt es überhaupt?
x-force
2018-01-02, 06:36:50
ich habe jetzt echokammer einmal außen vor gelassen, denn interessant ist imo eher die filterblase.
beides sind für mich auch vollkommen andere dinge.
in einer echokammer kommt durch resonanz immer wieder das gleiche raus.
eine filterblase blendet jedoch explizit dinge aus und hat einen selektiven mechanismus.
aus dem grund werde ich mich auf die filterblase beziehen, eine echokammer dürfte leicht zu begreifen sein.
Ich wusste von dem Effekt, aber ich habe ihn nicht so ernst genommen. Aber rückblickend, wenn ich an gewisse Diskussionen hier und auf Arbeit denke, wird mir klarer wie unterschiedlich die Wahrnehmungshorizonte unterschiedlicher Menschen sind.
je weniger du selbst im kopf hast, desto stärker steigst du auf einflüsse von außen ein, desto leichter bist du manipulierbar.
Aber was also tun? Nachrichten auf Facebook verbieten? Die Algorithmen staatlich überwachen? Ein System aus Gegendarstellungen etablieren?
warum etwas tun?!
bedeutet dir freiheit etwas? an deiner stelle würde ich freiheitliche werte etwas höher halten. das problem gibt es schon seit es menschen gibt. realisiere so etwas wie filterblase islam, filterblase (katholische) kirche, filterblase bildzeitung bei der unterschicht im allgemeinen usw usf.
auch wenn du vllt jetzt etwas zögerst, es gibt auch eine filterblase öff. rechtl medien ;)
du lebst btw in einer ähnlichen blase wenn du dich ausschließlich bei süddeutsche, stern, spiegel und co informierst, denn auch deren primäres interesse ist nicht das schreiben von unabhängigen nachrichten. um darauf zu kommen muss man sich aber in mehreren blasen bewegen.
ich halte btw den begriff filterblase für unsinnig, da es nunmal die art und weise ist wie ein mensch informationen verarbeitet oder aufnimmt. die allererste blase ergibt sich durch eine lokale verortung deines körpers ;) hier filtert deine lokalität die informationen von anderen orten. das ego ist ja qua definition nur in der lage gefiltertert wahrzunehmen.
aber um nochmal bei den blasen zu bleiben:
in je mehr blasen du partizipierst, desto besser wird dein gefühl für die realität, die vielgesuchte wahrheit.
Da stellen sich auch moralische Fragen: Wieviel Information darf ich jemandem ungefragt in den Rachen schieben?
so viel bis dieser sagt: es reicht.
Hat jeder Mensch ein Recht, nicht informiert oder gar desinformiert zu werden? Wievele Sphären der Wahrheit gibt es überhaupt?
natürlich, aber mit uninformiertheit sollte der entzug des wahlrechts einhergehen. wer nicht in der lage ist seine meinung zu begründen oder überhaupt eine zu haben, sollte sich als das sehen,was er ist: bürger zweiter klasse.
es gibt nur eine einzige sphäre der wahrheit, jedoch hat jeder einen anderen blickwinkel auf die wahrheit und ist nicht in der lage alle winkel gleichzeitig zu sehen.
die größe des winkels selbst, quasi der bildausschnitt ist das was man mit aufgeklärtheit, bildung und intelligenz beschreiben kann
edit: lustige info am rand... fakenews werden durch den § 118 owig abgedeckt: belästigung der allgemeinheit. es gibt überhaupt keinen anlaß für aktionismus, es gibt schon lange mechanismen dagegen.
Tobalt
2018-01-02, 07:18:03
kann den artikel bestätigen in zweierlei hinsicht:
auch ohne AfD Like verstärkt sich die Recht Blase schnell. bei mir was es damals Mitgliedschaft im Fußball Verein wo auch rechts konservative waren. ab da geht es schnell. hatte für mich dann nach ca 1 Jahr die Konsequenz dass fb unbenutzbar geworden war. ich benutze es nur noch vereinzelt als Log in Platform und für wenige Nachrichten.
zweitens: eine linke Blase baute sich nie auf obwohl ich diverse Anti Rechte Kommentare Likete.
man könnte meinen dass die nicht rechten fb vor langer Zeit aus diesem Grund verließen und es jetzt nur noch Rechte gibt die aktiv sind ;-)
Lösung um Neutralität zu wahren ist bewusst viele und verschiedene Medien zu konsultieren und sich bei den Artikeln immer auch im Klaren zu sein wie diese einzuordnen sind aufgrund der Ausrichtung des Journals/Blogs
Backbone
2018-01-02, 07:23:27
Interessanterweise haben verschiedene Studien in den letzten Jahren gezeigt das Angänger von AfD und Co. besonders extrem in nur einer Filterblase leben. Die nehmen quasi ausschließlich Informationen auf die das eigene Weltbild stärken, alles andere wird ausgeblendet.
Man schaue nur mal auf den NewsFeed von Pegida bei Facebook. Da ist Ausländerkriminalität das nahezu einzige Thema. Wer damit drin steckt MUSS zu dem Schluss kommen das hier überall mordende und plündernde Horden durch die Straßen ziehen.
Paradoxerweise wird sogar das Vorgehen das sie selbst gefordert haben (mehr Polizei zum Schutz der Bevölkerkung) ins negative verkehrt und als Versagen des Staates uminterpretiert. Das Weltbild lautet nämlich in Wirklichkeit gar nicht: Es muss sich was ändern. Es lautet viel mehr: Weltuntergang!
Das ist bei Pegida übrigens meiner Meinung nach auch der Grund warum dort nur noch eine vergleIchsweise kleiner, aber harter Kern hin geht.
Ich sehe das wie mein Vorposter: sich aktiv Informationen aus verschiedenen Quellen beschaffen, gern auch mal am Rand des Spektrums, dabei immer kritisch bleiben, das hilft schon mal. Diese kritische Distanz darf man freilich gerade an den Rändern nicht aufgeben wenn man sie beim Mainstream generell fordert. Wer RT oder Compact unhinterfragt für bare Münze nimmt und bei Spiegel und FAZ permanent auf einen Bias pocht, macht sich selbst unglaubwürdig.
Gent Leman
2018-01-02, 07:42:52
Echokammer und Filterblase sind nur 2 weitere Worte (Dunkel-xyz,Rassist, Nazikeule, Gutmensch) für die herablassende, politische (Gegen)Argumentationskette.
Wer diese Worte verwendet, versucht damit seine eigene Überlegenheit und vermeintliche Weitsicht (Horizont) zu manifestieren.
Perfekt für Bullshit-Pingpong, untermauert mit dem jeweils passendem Link zum unterstützenden Artikel als "Beweis".
x-force
2018-01-02, 07:45:53
Interessanterweise haben verschiedene Studien in den letzten Jahren gezeigt das Angänger von AfD und Co. besonders extrem in nur einer Filterblase leben. Die nehmen quasi ausschließlich Informationen auf die das eigene Weltbild stärken, alles andere wird ausgeblendet.
kennst du indymedia?
im grunde für jeden offen, aber man trifft dort nur (extem)linke.
mir gefällt der grundsätzliche gedanke hinter der seite, aber ich würde niemals behaupten wollen, daß das ganze keine filterblase sei bzw war... die seite ist ja eh nicht mehr was sie mal war.
Echokammer und Filterblase sind nur 2 weitere Worte (Dunkel-xyz,Rassist, Nazikeule, Gutmensch) für die herablassende, politische (Gegen)Argumentationskette.
... und wissensschaft dient der ausgrenzung?!
bullshit bingo entsteht btw, wenn man wie du nicht argumentiert
5tyle
2018-01-02, 08:15:08
Wenn man den Mechanismus hinter der Propaganda versteht, dann merkt man recht schnell, wie sie funktioniert, zumindest auf dieses konkrete Beispiel bezogen. Man könnte das direkt aus einem Handbuch für Propagandisten kopieren und dann immer wieder vervielfältigen und wieder anwenden. Diejenigen, die nicht verstehen wie Propaganda funktioniert, die fallen darauf tatsächlich schneller rein, aber immun ist man dagegen trotzdem nicht, muss sich auch keiner einbilden. Schließlich findet wie ja bei Werbung auch eine unterbewusste Beeinflussung statt, der man sich nicht entziehen kann. Nur dass es hier um Politik geht. Und da kann man dann auch wieder den Rückschluss ziehen, welche Motivation hinter der Propaganda steht. Damit kann man dann auch die Leute verstehen, die das nicht nur durchführen. Sondern die da selbst in ihrer Echokammer leben. Das ist aber nicht nur eine reine Frage der Propaganda, wie Facebook es suggeriert. Sondern das ist auch eine Frage der Ideologie, des Umfelds und an das was die Leute selbst glauben oder aber halt schlicht und einfach was ihnen gefällt. Das professionell zusammengebaute Propagandakonstrukt ist nur für Außenstehende darüber aufgesetzt. Ohne Zweifel wurde da aber ein enormer Aufwand reingesteckt, deswegen wäre es absurd zu behaupten, dass sich ein paar rechte Dilettanten diesen eigenen Propagandaraum geschaffen haben.
Natürlich muss man mit Gegendarstellungen gegen Propaganda und Desinformationskampagnen angehen, die einseitige Sichtweisen vermitteln oder Halbwahrheiten verbreiten die von den Propagandisten immer und immer wieder in leicht abgeänderter Form wiederholt werden, mit dem Ziel, Menschen zu einer bestimmten Handlung zu Bewegen oder unterbewusst zu beeinflussen. Gegendarstellungen betreffen aber nicht nur Fakten, sondern auch die Beschreibung der Methoden der Propaganda und die Verzerrung mit Hilfe sprachlicher Mittel. Der Teil der wirklich krassen Propaganda ist bereits gesetzlich verboten und strafbar. Man reizt halt den rechtlichen Spielraum aus (meiner Meinung nach eher etwas großzügig bemessen, in anderen Ländern geht man da restriktiver mit sowas um), der von der Meinungsäußerung gedeckt ist um damit massiv für sich selbst politische Werbung zu machen. Das ist natürlich klar, dass das in manchen Dingen auch zu weit geht und es wird immer Mitläufer geben, die dem hirnlos hinterherrennen, erst handeln dann denken, einfach kopieren. Diese dürften jedoch so zahlreich nicht sein, vor allem auch weil sich das durch die Gegendarstellungen in den Medien relativ einfach als Propaganda entlarven ließ, auch wenn es sicher Momente gab wo bei manchen Zweifel über die Natur der Propaganda aufkamen.
Zahlreicher sind die Leute die prinzipiell hinter dieser Ideologie stehen und dann auch mit Propaganda in diesem Ausmaß kein Problem haben, auch wenn sie die Aussagen und Ziele die natürlich für den Beobachter völlig überspitzt sind nicht unterstützen, denn die Inhalte sind aus deren Sicht nur sowas wie eine Spielform ihrer Ideolgie, ohne aber deren destruktive Kraft wirklich einschätzen zu können bzw. zu unterschätzen. Dazu ist es besonders wichtig zu wissen wie diese Leute ticken und das kann man über Facebook auch nicht wirklich erfahren, indem man sich rein auf die Contents bei FB reduziert, man muss schon das Gesamtbild betrachten. Eigentlich ist das sogar die billige Methode, was natürlich dem Anhänger des rechten Gedankenguts, der sich seit jeher in dem Umfeld bewegt, etwas abstrus erscheinen dürfte (Ich müsste mich ja als Journalist schämen, einen derartigen Artikel zu veröffentlichen, auch wenn es jetzt natürlich nicht völlig uninteressant ist).
Man sollte halt überlegen, ob wir als Gesellschaft wirklich Propaganda als Mittel der Kommunikation in der Politik bis zu diesem Grad überhaupt zulassen wollen, so stark, dass es sogar die Alltagspolitik irrational beeinflusst, andererseits muss ja Politik gesellschaftlich vermittelbar sein und legitime Meinungen in die Politik transportiert werden können (Also Meinungsbildung und Propaganda sind sozusagen zwei verschiedene Dinge). Die Propaganda selbst lebt meist so lange, wie Leute daran glauben. Nur manche Dinge und Ideologien, Geschichten etc. werden nie vergessen werden und man muss ja auch feststellen, dass man es hier mit einer ja fast hundert Jahre alten Ideologie zu tun hat die da dahintersteht, die diese Form der Kommunikation als normal oder berechtigt empfindet, weil es als legitim empfunden wird, Menschen auf diese Art und Weise von der eigenen Sache zu überzeugen bzw. notfalls auch hinzubiegen. Jemand der in einer rechten Familie und Umfeld aufgewachsen ist, der wird sich daran sicher nicht stören sondern das ist da normal und gut.
Und natürlich lebt die Politipropaganda wie die Ideologie letztenendlich davon, dass sie immer weiter gefüttert und auch aktiv gelebt wird. Man sollte sie aber auch nicht ignorieren. Vielleicht ist es genau dieser Widerspruch, was das Ganze so problematisch macht. Letztenendes sollte aber jeder Einzelne wissen wie er dazu steht und man sollte zumindest über die historisch relevanten Fälle bescheid wissen, was ich selbst besonders schlimm finde waren die Indoktrinationen in russischen Schulen im letzten Jahrhundert, wo man den Leuten von Grund auf völligen Müll erzählte. Die Geschädigten leben teils heute noch und in manchen Fällen befinden die sich sogar immer noch in der Welt, die ihnen das Regime in ihrer Erziehung aufgezwungen hat, weil sie nie aus der Lage waren daraus auszubrechen. Das gab es ja noch zig andere ähnlicher Fälle in anderen diktatorischen Regimen des 20. Jh., und in der Tat wollen auch die Rechten selbst heute noch in den Schulunterricht eingreifen. Genau da ist meiner Meinung nach aber definitiv eine Schwelle überschritten, wo man mit rechtsstaatlichen Mitteln eingreifen muss. Es gibt ja auch einige Sekten und andere Systeme die auf eine ganz ähnliche Art und Weise regelrecht Gehirnwäsche verbreiten und ausüben, indem sie eine alternatives Konzept der Realität erschaffen. Da ist sicher der Punkt erreicht, wo man die Leute dann einfach nur noch aus ihrer Art Matrix oder Echokammer oder was auch immer herausholen muss, weil sie das selbst nicht mehr blicken, dass sie Opfer von Manipulation wurden, und niemand ist wahrhaft immun gegen diese Methoden. Ein Anzeichen dafür ist natürlich, dass man keine Widersprüche mehr duldet, diese aber ignoriert oder entsprechend systematisch uminterpretiert. Um das zu erkennen und sich da hineinzuversetzen, reicht eine einfache politische Bildung alleine nicht aus, man muss das schon verstehen, welcher menschliche Mechanismus da dahinter steckt und wie man sich Emotionen und psychologische Muster dazu systematisch zunutze macht und wie schwierig das teilweise ist das dann auch entsprechend als Fake zu identifizieren. Deswegen tue ich mich auch so schwer mit den Zeitungsartikeln. Natürlich leben wir wenn man so will selbst nach dem Kalten Krieg zu einem gewissen Grad in einer westlich indoktrinierten Gesellschaft, aber der Punkt ist da eher die freie Meinungsäußerung. Die Rechten beanspruchen diese gerne für sich, bei denen ist die aber nur eingeschränkt vorhanden und oft merken das die Beteiligten nicht weil sie darüber getäuscht werden, oder aber glauben halt einfach nicht an das Prinzip der freien Meinungsäußerung per se, sondern machen sich dieses nur zu Nutze, um andere Leute ihre Meinungen aufzudrücken und das ist es was da so in etwa passiert.
Vielleicht sind Menschen generell zu gutgläubig und an vielen Punkten nicht skeptisch genug oder in ihren politischen Ansichten zu instabil, und das ist natürlich eine Frage des Vertrauens. Trotzdem konnte man zumindest der politischen Propaganda und ähnlichen Gefahren immer wieder etwas entgegensetzen und letztenendes widerstehen, wenn auch oft etwas zu spät. Das wird dieses mal nicht anders sein und in Zukunft werden die Leute zumindest für billig gestrickte Propaganda nicht mehr so anfällig sein, bedeutet aber nicht, dass sie da in ein paar Jahren immer noch auf etwas Neues hereinfallen, aber nach dem alten Prinzip. Auch sollte man die Ideologie nicht mit Propaganda gleichsetzen, auch wenn die Methode eine Untermenge davon ist. Früher vor 20-30 Jahren hätte das in der Form besser funktioniert bis hin zum politischen Umsturz, heute aber nicht mehr.
Letztens ist die Aufklärung die Aufgabe möglichst unabhängiger Medien aber einfach ist das natürlich nicht in einer Zeit wo nur noch Überschriften gelesen werden. Außerdem ist es immer ein etwas problematisch, wenn man von sich selbst behauptet, die Welt gegen Propaganda schützen zu können, denn genau das ist ja auch einer der wichtigste Methoden der Propagandatreibenden.
Die freie Meinungsäußerung ist wahrscheinlich die Beste, wenn auch nicht unbedingt zufriendstellendste Antwort auf Propaganda.
Gent Leman
2018-01-02, 08:24:37
... und wissensschaft dient der ausgrenzung?!
Facebook und journalistische Extraktion daraus sehe ich jetzt nicht als Wissenschaft an. Algorithmen sind für die Verweildauer auf FB relevant, viel mehr interessiert diese Kapitalfirma nicht. Und das Artikel mit einfachen, kontroversen Triggern besser für Onlinepublikationen als Betrachtungen nach wissenschaftlichem Standard sind, ist auch klar.
Meine Betrachtung der Verwendung dieser Worte bezieht sich auf deren Auftauchen in den Medien und Diskussionslandschaften. Und dort werden sie eben verwendet, wie von mir beschrieben.
Für einen soziologischen und medientheoretischen Aspekt muß man z. B. schon bei der Erklärung vom Begriff "Information" ansetzen. Da sollte dann der TS lenken, welche Absicht mit der Threaderöffnung verfolgt wird.
Und wenn sich noch mehr "sueddeutsche Tims" mit "lavievagabonde Melanies" über Fakeprofile auf FB unterhalten, dann haben wir eine gefilterte Echokammerblase voll mit Journalisten, die sich dauerhaft selbst bestätigen und nichts mehr echt ist.
Exxtreme
2018-01-02, 09:17:18
Ernsthaft? Also wenn ich Echokammer-Tendenzen sehe dann zuallererst bei Journalisten. :D
Zudem gibt es hier ein recht interessantes Interview:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/twitter-datenanalyse-wir-hatten-eine-falsche-vorstellung-von-der-filterblase-a-1185406.html
So heftig ist der Effekt offenbar nicht.
Leonidas
2018-01-02, 09:27:47
Aber was also tun? Nachrichten auf Facebook verbieten? Die Algorithmen staatlich überwachen? Ein System aus Gegendarstellungen etablieren?
Meines Erachtens hat Politik dort nichts verloren. Es sollte bei sozialen Netzwerken um die Kontakte selber gehen. Diskussionsplattformen für dieses und jenes gibt es andere zuhauf. Genau diese Funktionalität sollte Facebook nicht erfüllen, weil Facebook die extreme Tendenz zur Zentralisierung hat - am Ende müssen alle auf Facebook diskutieren, womit die Plattform zu viel Macht bekäme (schon hat). Facebook sollte diesbezüglich reguliert werden - geht natürlich nur, wenn es von den USA ausgeht.
Monger
2018-01-02, 10:13:07
zweitens: eine linke Blase baute sich nie auf obwohl ich diverse Anti Rechte Kommentare Likete.
Halte ich schlicht für falsch. Der Artikel von Fleischhauer ist leider Bezahlinhalt, deshalb kann ich ihn nicht verlinken, aber gerade das Beispiel in USA zeigt, dass auch im linken, demokratischen Lager unzählige Gerüchte kursieren die das eigene Weltbild manifestieren.
Lösung um Neutralität zu wahren ist bewusst viele und verschiedene Medien zu konsultieren und sich bei den Artikeln immer auch im Klaren zu sein wie diese einzuordnen sind aufgrund der Ausrichtung des Journals/Blogs
Unter der Annahme, dass die Wahl dieser "unterschiedlichen" Medien tatsächlich eine Streuung darstellt.
Das darf bezweifelt werden, sonst kämen bestimmte gesellschaftliche Ereignisse nicht als Überraschung.
Wer diese Worte verwendet, versucht damit seine eigene Überlegenheit und vermeintliche Weitsicht (Horizont) zu manifestieren.
Perfekt für Bullshit-Pingpong, untermauert mit dem jeweils passendem Link zum unterstützenden Artikel als "Beweis".
Ich habs bewusst im ReWi Forum geschrieben, weil ich eben nicht auf eine einzelne Ideologie abheben will. Wir sind alle in einer Blase, egal ob links, rechts, oben, unten.
Obwohl es tatsächlich Unterschiede in der Wirkungsweise zu geben scheint: Angstkultur scheint in bestimmten Blasen stärker vertreten zu sein als in anderen, Gemeinschaftsgefühl auch.
Die zentrale Frage hier ist halt: wie durchlässig ist diese Blase tatsächlich? Woran erkennt man die Grenzen dieser Blase?
Facebook ist halt ganz besonders effizient darin dir deine ganz eigene Blase zu basteln, ohne dass man das merkt. Das heißt aber nicht, dass sie die einzigen sind.
Backbone
2018-01-02, 12:05:09
Unter der Annahme, dass die Wahl dieser "unterschiedlichen" Medien tatsächlich eine Streuung darstellt.
Das darf bezweifelt werden, sonst kämen bestimmte gesellschaftliche Ereignisse nicht als Überraschung.
Eine Gesellschaft ist ein hochkomplexes Gebilde, da kann niemand Vorhersagen treffen, Überraschungen sind da eher die Regel als die Ausnahme.
Nimm nur mal das Rentensystem, oder meinetwegen auch das Krankenkassensystem. Wenn du da auch nur an einer einzigen Stellschraube drehst hast du dutzende von Effekten an Stellen an denen du es vorher nie vermutet hättest, einfach weil selbst das schon viel zu komplex für einen kompletten Überblick ist.
Oder nimm dir den Jahresabschluss eines beliebigen DAX-Konzerns. Sowas kann kein einzelner Mensch mehr verstehen. Das ist weit jenseits dessen was man vollumfänglich noch erfassen kann.
Die Idee mit vollständigen Informationen, was auch immer das sein soll, soetwas monstös komplexes wie eine Gesellschaft zu verstehen um dann von nix mehr überrascht zu werden ist absurd.
Monger
2018-01-02, 15:54:31
Die Idee mit vollständigen Informationen, was auch immer das sein soll, soetwas monstös komplexes wie eine Gesellschaft zu verstehen um dann von nix mehr überrascht zu werden ist absurd.
Ich meinte jetzt eher gesellschaftliche Trends. Wahlprognosen waren schon lange nicht mehr so schlecht wie in den letzten 5 Jahren. Man sollte eigentlich annehmen, dass wenn man ein paar Leute nach ihrer Meinung befragt, man ein halbwegs brauchbares Stimmungsbild zu was auch immer bekommt.
Heute stimmt das halt überhaupt nicht mehr. Wenn du früher ausreichend viele Leute befragt hast, bekamst du sowas wie ne Glockenkurve. Das scheint heute nicht mehr der Fall zu sein. Da bilden sich mehrere Höcker aus, die Spaltung der Meinungen nimmt zu. Denke ich.
Ich glaube dass diese Blasen ein ganz generelles Internetproblem sind. Aber nichts direkt mit irgendwelchen Algorithmen oder fehlgeleiteten Journalisten zu tun haben.
Es ist einfach so, wenn Du vor 20 Jahren geglaubt hast, die Erde ist flach und die Mondlandung gefälscht hast Du kaum positives Echo finden können. Das war die absolute Ausnahme. Heute ist es so, egal wie schwachsinnig die Theorie, durch das Wunder des Internets findest Du garantiert noch fünf Andere, die die gleiche Meinung haben.
Man sucht sich quasi selbst die Blase aus, indem man vorzieht den Leuten zuzuhören, deren Meinung man eh schon kennt und teilt.
Monger
2018-01-02, 16:09:02
...
Man sucht sich quasi selbst die Blase aus, indem man vorzieht den Leuten zuzuhören, deren Meinung man eh schon kennt und teilt.
Sehe ich auch so. Facebook ist nur die Spitze des Eisbergs, aber das Problem der Zersplitterung ist allgemein.
Ich mein... ich bin nicht ernsthaft in anderen Foren unterwegs wie in diesem hier. Es ist schon anstrengend genug, sich hier eine thematische Übersicht zu schaffen, und darauf zu antworten. Ergo, meine Forenmeinung ist größtenteils geprägt von einer demografischen Gruppe: fast ausschließlich männlich, deutsch, jenseits der 30, Nerds, gute Mittelschicht...
Das ist jetzt alles andere als ein Bevölkerungsdurchschnitt.
Döner-Ente
2018-01-02, 19:33:59
Ich bin mir nicht sicher, ob man da überhaupt etwas machen kann bzw. sollte.
Zunächst mal ist die Tendenz, sich eher mit Gleichgesinnten zu unterhalten bzw. Artikel, die die eigene Meinung widerspiegeln, nicht so stark zu hinterfragen wie Artikel, die die eigene Meinung nicht treffen, schlicht menschlich und nichts neues.
Allerdings (wie Joe schon sagte): Das Internet macht es möglich, für jegliche Meinung (für die man früher in seinem "echtem" Umfeld nur Ablehnung erfahren hätte) Gleichgesinnte zu finden.
Ich würde das noch nicht mal allein nur negativ sehen - klar findet man so leicht Zustimmung für extreme/abwegige Positionen, die einem das reale Umfeld um die Ohren gehauen hätte, auf der anderen Seite eröffnet das aber auch die Möglichkeit, sich aus der "Comfort Zone" der in der eigenen Real-Life-Umgebung vorherrschenden Meinungen herauszuwagen, was ja zunächst erstmal positiv ist.
Der Artikel bei der SZ illustriert das ganz gut: "Im analogen Leben konnte ich nichts darüber lernen: Meine Freunde und Bekannten teilen größtenteils meine politischen Überzeugungen. Also sollte mir Tim die Tür in die rechte Echokammer öffnen."
Mit anderen Worten: Der Author hat nur seine "Real-Life-Echokammer" temporär gegen eine frei gewählte Digitale eingetauscht.
Vieles von dem, was in dem Artikel als Eigenschaft der Echokammer genannt wird, trifft die analoge Echokammer in Form von Freunden und Bekannten, die größtenteils die eigenen Überzeugungen teilen, genau so. Auch dort werden dann immer wieder die selben Themen durchgekaut, "angenehme" Quellen eher nicht hinterfragt usw.
Ob es jetzt hilft, Leuten z. B. bei Facebook ungefragt gezielt "andere Informationen" anzudrehen, bezweifle ich...mag vielleicht für wenige ein Augenöffner sein, dass es auch andere Aspekte gibt, aber die meisten werden wohl eher mit Ablehnung und Trotz reagieren.
Letztendlich ist jeder Mensch selbst für sein Informationsverhalten, das Abwägen und Einsortieren von medialen Inhalten und einen "Blick über den Tellerrand" verantwortlich.
Ich bin mir nicht sicher, ob man da überhaupt etwas machen kann bzw. sollte.
Natürlich sollte man da was machen. Nur keine Verbote oder dümmliche Regelungen. Den Leuten müssen diese Blase einfach nur im Hinterkopf haben. Das muss einfach bewusst sein.
Man muss Aufklärung betreiben.
Als Staat würde ich mir z.B. das Recht rausnehmen, google, Facebook und Co. dazu zu zwingen paar Guerilla Kampagnen für mich zu fahren.
Man denkt sich irgend was dummes aus, dass grad noch so wahr sein könnte z.B. über den Böhmermann, den spannt man dann gleich mit ein, indem er so zweideutig sich windend irgendwas dementiert. Dann schaut man wie die Gaudi sich verbreitet und paar Tage/Wochen später kann man dann medienwirksam auflösen.
Sone Geschichte machst du 4-5 mal pro Jahr und ich garantiere Dir, ein wesentlicher Teil der Bevölkerung ist ausreichend sensibilisiert.
lumines
2018-01-02, 21:16:34
Spannend ist ja auch die Frage, wie die Filterblase von komplett anderen Bevölkerungsgruppen aussieht. Fände ich nicht uninteressant einmal das zu sehen, was komplett andere Gruppen so zu sehen bekommen. So direkt kommt man damit ja selten in Kontakt.
EDIT: Oh, habe den Post von Döner-Ente übersehen.
dr_AllCOM3
2018-01-03, 00:27:45
Ich glaube dass diese Blasen ein ganz generelles Internetproblem sind. Aber nichts direkt mit irgendwelchen Algorithmen oder fehlgeleiteten Journalisten zu tun haben.
Es ist einfach so, wenn Du vor 20 Jahren geglaubt hast, die Erde ist flach und die Mondlandung gefälscht hast Du kaum positives Echo finden können. Das war die absolute Ausnahme. Heute ist es so, egal wie schwachsinnig die Theorie, durch das Wunder des Internets findest Du garantiert noch fünf Andere, die die gleiche Meinung haben.
Man sucht sich quasi selbst die Blase aus, indem man vorzieht den Leuten zuzuhören, deren Meinung man eh schon kennt und teilt.
Es ist generelles menschliches Verhalten, dass man Dinger bevorzugt, die einem vertraut sind. Ein Resultat: Hollywood produziert nur noch Remakes und Schema F.
Algorithmen sorgen dann fuer den Rest, indem du nach aehnlichen Inhalten nicht mal mehr suchen musst, sondern es die einzigen Alternativen sind.
Nun sind alle Internetdienste in erster Linie Unternehmen und an Profit interessiert. Die waeren schoen daemlich, dir eventuell kontroverse Inhalte vorzuschlagen. Hier im Forum gibt es zwar viele Schneeflocken, aber der durchschnittliche Internetbenutzer will gar nicht gross Denken oder gar unbequeme Inhalte. Dir deine Blase zu praesentieren ist profitabler.
Hat schon seinen Grund, warum die Politik (z.B. NDG) nun versucht dort einzugreifen. Mit der Tagesschau hatte man die allgemeine Meinung noch unter Kontrolle. Profitgesteuerte Blasen, je mehr Konflikt und Kontroverse desto profitabler, hat man nicht unter Kontrolle.
Es ist generelles menschliches Verhalten, dass man Dinger bevorzugt, die einem vertraut sind.
Ich glaube es ist vor allem auch ein Wahrnehmungsproblem.
Wir setzen die gleichen Maßstäbe an, egal ob am Stammtisch 5 von 10 Zustimmen oder im Internet 5 von 80.000.000. Im Kopf ist es für uns das gleiche Ergebnis, eine gleichwertige Bestätigung.
dr_AllCOM3
2018-01-03, 01:47:11
Ich glaube es ist vor allem auch ein Wahrnehmungsproblem.
Wir setzen die gleichen Maßstäbe an, egal ob am Stammtisch 5 von 10 Zustimmen oder im Internet 5 von 80.000.000. Im Kopf ist es für uns das gleiche Ergebnis, eine gleichwertige Bestätigung.
Menschen sind auch richtig schlecht mit Maßstäben.
Was hier aber zaehlt, ist die Dauer der du etwas ausgesetzt bist. 2h sind 2h, egal wo.
https://en.wikipedia.org/wiki/Mere-exposure_effect
Korfox
2018-01-03, 08:30:00
zweitens: eine linke Blase baute sich nie auf obwohl ich diverse Anti Rechte Kommentare Likete.
Das fand ich auch interessant. Ich selbst habe kein Facebook, aber (villeicht oben schon verlinkt?) es gab mal einen Reporter eines großen deutschen Blattes (Stern? Spiegel?), der wenige Wochen vor der Bundestagswahl mehrere FB-Accounts anlegte und dann eben bewusst diese Filterblasen erzeugte. Einen klar rechtspopulistischen Account inkl. AfD-Linkes, einen klar linksautonomen und Der Linken zugewandten Account, und noch ein paar für die Mitte.
Man konnte die Inhalte, die diese Accounts eingeblendet bekamen dann uneingeloggt abrufen und anschauen. Und da erstaunte mich schon, dass die beiden extremen Accounts quasi identische Nachrichten erhielten (man würde es wohl als 'aus der rechten Blase' bezeichnen), während die gemäßigten Accounts tatsächlich recht durchmischte Nachrichten bekamen, die deutlich schwerer Filtern und Blasen zuzuordnen waren.
Colin MacLaren
2018-01-03, 08:57:04
Imho funktioniert die Filterblase so:
Man sucht sich ein Thema, dass einen brennend interessiert. Dort wird dann durchaus ein gewisses Hintergrundwissen, aber auch eine feste Meinung aufgebaut. Dann wird man in eine Sphäre gezogen, wo dies stark thematisiert und die eigene Meinung geteiltt. Alles Übrige was dann dort thematisiert wird saugt man relativ ungefragt auf.
Beispiel: So 3/4 meiner Freunde sind schon immer überzeugte Grün-Wähler. Wenn man fragt warum, kommt immer wie aus der Pistole geschossen: Tierschutz. Tierschutz ist deren wichtigstes politisches Thema. Bei allen anderen Themen wird meist ungefragt die grüne Weltsicht übernommen, beim Nachfragen fehlt aber Hintergrundwissen und es wird zugegeben, dass die Zeit fehlt, sich damit zu beschäftigen. Warum er z.B. gegen genmanipulierte Lebensmittel ist kann keiner umfassend begründen.
Anders herum funktioniert das natürlich genau so, etwa beim Schwiegervater, der glühender AFD-Anhänger ist.
Gent Leman
2018-01-03, 09:09:40
Und so kann man behaupten, Echokammern gibt es auch schon immer im realen Leben.
Sie nennt sich dort "soziales Umfeld" oder "Freunde". Bezieht man dann seine themenrelevanten Informationen ausschliesslich aus dieser Quelle, dann haben wir auch noch die Filterblase a.k.a "Hörensagen" oder auch "Tratsch".
Da ist nix Neues, aber es taugt als tolles buzzword:cool: in Ereiferungen.
Colin MacLaren
2018-01-03, 12:13:04
Da mir das Powi zu anstrengend geworden ist lese ich nur noch die Beiträge von Lawmachine79.
...
Es ist aber sicher richtig dass man im Internet schneller hineingezogen wird und mehr Möglichkeiten hat, selbst zu filtern. Musste man damals die ganze Zeitung wälzen googelt man heute "Messerstecherei Chemnitz" o.ä. und hat sein Weltbild bestätigt.
Die Frage ist, ob das wirklich was an den Meinungen ändert. Die Grundsituation ist doch immer die Gleiche: Es treffen zwei Menschen aufeinander, die konträre Meinungen haben. Dann kann jeder noch so viel diskutieren und Argumente vorbringen wie er will, es ändert ja nicht die Meinung des anderen. Mal Hand aufs Herz: Habt Ihr schon irgendwann mal in Eurem Leben irgendjemand davon überzeugt, dass seine Meinung die Falsche sei? Gefährlich wird es lediglich, wenn einer eigentlich keine Meinung hat und mit so einer Filterblase in Kontakt kommt und wort- und argumentreich bombardiert wird. Da derjenige keine Gegendarstellungen hat wird er da vielleicht hineingezogen. Das war aber früher nicht anders.
Exxtreme
2018-01-03, 12:48:42
Es ist aber sicher richtig dass man im Internet schneller hineingezogen wird und mehr Möglichkeiten hat, selbst zu filtern.
Genau das sagt auch der Artikel, den ich verlinkt habe. Rein technisch gibt es diese Filterblase offenbar gar nicht. Die Algorithmen sind da eher unschuldig. Der Interviewte meinte, dass diejenigen, denen man die Filterblasenexistenz unterstellt auch andere Nachrichten gelesen haben müssten. Sie haben sie aber nicht weiter empfohlen.
lumines
2018-01-03, 13:35:14
Rein technisch gibt es diese Filterblase offenbar gar nicht. Die Algorithmen sind da eher unschuldig.
Rein technisch gibt es nichts außer Filterblasen. Niemand von uns bekommt bei normaler Nutzung den rohen Datenbestand z.B. in Recommender-Systemen gezeigt.
Algorithmen sind auch nicht "schuldig", aber sie sind eben auch nie neutral. So etwas wie Neutralität ist ein rein menschliches Konzept, das nirgendwo irgendwie natürlich als Referenzpunkt eingebettet ist. Neutralität, Fairness etc. muss man selbst definieren und etablieren. Keine Technologie oder Algorithmen nehmen einem das irgendwie ab.
Es gibt eben diese seltsame Idee, dass alles irgendwie einen natürlichen, idealen Zustand hat und der Mensch kommt und fügt seine Ideologien und eigenen "Bias" hinzu. Die Idee geht dann so weiter, dass man sich von seinen Überzeugungen frei machen muss und dann so etwas wie ideologiefreie Technologie erschaffen kann. Das ist aber praktisch unmöglich. Ideologie strukturiert unsere Realität und wie wir sie wahrnehmen. Man kann sie nicht einfach entziehen und bekommt so den "neutralen" Zustand, weil er schlicht nicht natürlich existiert.
Das absolute Maximum, welches wir erreichen können, ist das irgendwie zu erkennen und zu reflektieren.
Monger
2018-01-03, 17:02:51
Habt Ihr schon irgendwann mal in Eurem Leben irgendjemand davon überzeugt, dass seine Meinung die Falsche sei?
Die eigene Meinung ändert man immer aktiv, nie passiv. Ich habe noch nie jemanden überzeugt, aber hin und wieder habe ich eine andere Meinung übernommen.
Aber was wenn es eben keine anderen Meinungen mehr gibt? Gerade die Facebook Blase zeigt doch, dass Dissenz einfach nicht mehr existiert. Man weiß ja nicht mal etwas von dem was man wahrscheinlich ablehnt.
Edit: ich schätze mal, es muss Menschen am Rande der Blase geben, die Beiträge von hier wie drüben angezeigt bekommen, aber eben selber nicht weiterleiten. Aber viele Leute wie ich sitzen wohl in der Blase und kriegen eben nix mehr vom Kopp Verlag o.ä. vorgeschlagen. Wenn ich mich auf meine Facebook Timeline verlassen würde, gäbe es nur eine sehr überschaubare Menge an Quellen.
Simon Moon
2018-01-05, 18:11:49
Interessanterweise haben verschiedene Studien in den letzten Jahren gezeigt das Angänger von AfD und Co. besonders extrem in nur einer Filterblase leben. Die nehmen quasi ausschließlich Informationen auf die das eigene Weltbild stärken, alles andere wird ausgeblendet.
Jupp, am CCC gabs dazu einen spannenden Vortrag:
https://youtu.be/6jNWl5d_DOk
Das interessante dabei finde ich, dass jemand der nicht in dieser Filterblase steckt, von den ganzen FakeNews auch relativ wenig mitbekommt.
Paradoxerweise wird sogar das Vorgehen das sie selbst gefordert haben (mehr Polizei zum Schutz der Bevölkerkung) ins negative verkehrt und als Versagen des Staates uminterpretiert. Das Weltbild lautet nämlich in Wirklichkeit gar nicht: Es muss sich was ändern. Es lautet viel mehr: Weltuntergang!
Ich würds eher so deuten, dass ihre Botschaft sowas wie "Du wirst verarscht" lautet, das weckt natürlich Ärger. Entsprechend ist das Publikum auch der "Wutbürger", der sowieso unzufrieden ist und diese Botschaft dankbar aufgreift. Das sehen ja auch etliche AfD Anhänger indirekt so - indem sie quasi zugeben, die AfD sei nur so stark, weil die Regierung bisher versagt habe - wobei wir dann wieder beim Paradox sind - wird gehandelt, ist ein Versagen, wird nicht gehandelt, ist es auch ein Versagen.
Im Prinzip ist es dabei immer das gleiche Spiel: Auf dem Tisch liegen 10 Kekse, der Banker nimmt davon 9 und sagt zum Arbeiter: "Schau, der xy will deinen Keks klauen". Divide et impera...
Mal Hand aufs Herz: Habt Ihr schon irgendwann mal in Eurem Leben irgendjemand davon überzeugt, dass seine Meinung die Falsche sei?
Naja, eine Meinung kann nicht falsch oder richtig sein - es ist eine Meinung und aus der jeweiligen Perspektive und dem Erfahrungswert daher natürlich richtig. Keiner wird seine Meinung entsprechend als "falsch" kategorisieren, da es dann nicht mehr mit seinen Erfahrungen übereinstimmt. Was jedoch möglich ist, jemandem eine neue Perspektive zu eröffnen - das erreicht man aber imo nicht, indem man die andere Meinung mit Argumenten niederknüppelt, denn dadurch versetzt man seinen Diskussionspartner nur in eine Abwehrposition. Eher sollte man durch Fragen den anderen dazu zwingen, eine andere Perspektive einzunehmen.
Im Internet hab ich sowas noch nie geschafft. Auch im RL weiss ich natürlich nicht, ob die Meinung nachhaltig verändert wurde. Aber z.b. bezüglich der Todesstrafe konnte ich schon einige zum nachdenken anregen, indem ich das Gegenüber dazu zwang sich zu fragen, wie er sich denn etwa fühlen würde, wenn er unschuldig verurteilt würde und ob man als Bürger vertreten kann, dass Unschuldige im Namen des Staates hingerichtet werden. .... gab da wirklich eine längere Diskussion.
* Anders siehts natürlich bei Naturwissenschaften aus. Dort kann man jemandem erklären, dass er etwas missverstanden hat und wer auch wirklich am Wissen interessiert ist, wird das dann einsehen und sich über den Erkenntnisgewinn freuen. (kennt doch sicher jeder diesen Moment "Achsooo ist das, logisch, ich dachte immer...")
x-force
2018-01-05, 18:24:57
wobei wir dann wieder beim Paradox sind - wird gehandelt, ist ein Versagen, wird nicht gehandelt, ist es auch ein Versagen.
was ein quark. handeln hat eine absicht. wenn die absicht nicht stimmt, wird idr das ziel nicht erreicht und jegliches handeln wird zum versagen... ist das zu komplex für dich?
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