Neosix
2018-12-27, 09:43:33
Ursprünglich wollte ich nur einen kleinen Erfahrungsbericht für den „VR - Eure Erfahrungen“ Thread machen, als ich dann schon auf der zweiten A4 Seite war, dachte ich, ok machst es halt richtig und es wäre einen eigenen Thread wert. Man kann es auch als Positiver Eindruck von VR sehen, der mich so weit getrieben hat.
TLDR: u get what u pay. Gute Brille um in die VR Welt reinzuschnuppern, mit Einschränkungen beim Tracking.
Hallo, ich habe meine alle erste VR Erfahrungen vor 10 Tagen gemacht, und vielleicht wird es einige interessieren. Auch im Hinblick auf die Windows Mixed Reality Brillen, die mittlerweile für 200€ regelmäßig angeboten werden. Und einen relativ günstigen Einstieg in die VR Welt bieten. Aber auch den Eindruck von der Platform im allgemeinen.
Vorwort:
Ich habe einen relativ begrenzen Spiele Budget, deswegen VR Headsets für Anfänglichen 600-800€ kamen für mich nie in Frage. Auch wenn ich gerne eine Vive hätte, so sind mir die Kosten für etwas, was ich vielleicht wegen Motion Sicknes nicht vertrage, einfach zu hoch. 200€ war schon immer meine Grenze, und da sie mit WMR Brillen nun erreicht ist, wollte ich es ausprobieren.
Apropos Motion Sicknes und andere Effekte die bei der Benutzung der 3D Brillen auftreten. Hier gab es bei mir eine echte Überraschung. Ich bin seit ich denken kann, sehr Empfindlich was mein Mittelohr angeht. Reisen per Schiff oder Bus, lassen meinen Mageninhalt schnell aufsteigen. Ich bin sogar so Empfindlich, dass ich als Beifahrer nicht mal eine SMS zurückschreiben kann, ohne Kopfschmerzen oder mulmiges Gefühl im Magen zu kriegen. Hier darf ich keine Minute meine Augen vom der Straße/Horizont wegnehmen. Auch ein Grund warum ich nicht tief bei VR in die Tasche greifen wollte. Die Gefahr war mir zu groß, Geld womöglich verbrannt zu haben.
Softwareseite
Meine Erfahrungen Beziehen sich Großteiles auf Beat Saber und Pavlov im Zusammenspiel mit der Medion Erazer X1000 (Baugleich zu Lenovo Explorer).
Gleich vorweg, die Einrichtung ist Kinder leicht. Die aktuelle Windows Version kommt bereits mit allem daher was man für VR braucht. Es ist so Plug and Play wie es nur sein kann. USB 3 und HDMI rein, sofort plopt die Software zur Einrichtung der „Spielezone“ ein, falls man nicht nur Sitzend spielen möchte und dann ist man im Grunde schon fertig (dazu später mehr). Dazu kann man noch das Entsprechende Plugin für Steam runterladen, und man ist bereits SteamVR kompatibel. Wobei das mittlerweile nicht mal ein Muss ist. Viele Spiele haben bereits eine native WMR Unterstützung erhalten, ich kann sie also ohne Problem aus dem Windows VR Hub starten, zu mindestens nehme ich an, dass ich das deswegen dann tun kann? Ich sehe aktuell keinen Grund den Steamhub zu benutzen, da er irgendwie, was Spiele starten angeht, zum Windows Hub funktionsidentisch ist. Da bedarf es weiterer Tests von mir, um genauere Vorteile der beiden jeweils rauszufinden.
Technik
So, nun kommen wir zum interessanterem Part. Der Technik. Wie weiter Oben angesprochen, habe ich ein sehr empfindliches Mittelohr, und ich hatte beim ersten Aufsetzen der Brille ein mulmiges Gefühl, ob ich nicht nach paar Minuten mit Kopfschmerzen in der Ecke liegen werde. Doch Pustekuchen, ich kann da nur für mich sprechen, aber ich habe keine negativen Auswirkungen von VR gespürt. Auch nach einer Stunde Pavlov auf der „CS Map“ de_dust2, hatte ich keine Kopfschmerzen ect. Es war alles, nun ja normal, fast schon langweilig. Bei Beat Saber sowieso nicht, da man sich hier nicht frei bewegen muss.
Ansonsten kann ich so ziemlich alle Aussagen meines Kumpels zu seiner Vive bestätigen. Ja man sieht den Fliegengittereffekt, ja er ist beim Spielen egal. Ja man hätte gerne mehr FOV, doch auch damit kam ich bei Pavlov klar. Ich hatte vorher mir Bilder angeschaut, die fast schon periskopische Verhältnisse zeigten, davon ist man aber meilenweit entfernt. Ja man spielt Gefühl mit einem FOV von 70-75. Ja 85-90 wäre schöner. Aber zu meiner Xbox 360 Zeit, habe ich Bad Company 2 auf der Konsole gespielt, das hatte ein FOV von irgendwas um die 55° DA hatte ich Probleme durch die Tür zu kommen. DAS waren unterirdische Verhältnisse. Wenn man das erlebt hat, schreckt sowas bei VR nicht ab. Und solange jedweder upgrade von diesem Zustand, das x-Fache von den 200€ kostet, ist es das definitiv für mich nicht wert.
Tracking der Controller
Die Brille selber verfügt, falls nicht bekannt, über Inside Out tracking. Das heißt, auf externe Kameras oder LED Boxen die die Eigene Position und die der Hände verfolgen, wird verzichtet. Stattdessen hat die Brille selber 2 nach unten geneigte Kameras, die die genannten „Motion Controller“ erfassen sollen. Riesen Vorteil, den man nicht klein genug reden kann, es gibt damit viel weniger Kabelsalat im Zimmer. Da außer einem Kabel zum Rechner (der gefühlt gerne 1 Meter länger hätte sein können) nichts im Zimmer platziert und mit Strom versorgt werden muss. Das war durch aus ebenfalls ein Kaufgrund. Doch hier fangen die Probleme, bzw. eine leichte Ernüchterung an.
Die Technik hat klare Limitierungen. Um es kurz zu machen, solange man die Hände auseinanderhält, würde ich das Tracking als Ausreichend gut bezeichnen. An der Pointer Funktion gibt es nichts auszusetzen, ich kann gefühlt jeden Pixel in der Landschaft anleuchten. Etwas weniger Zittern wäre vielleicht schön, aber wenn einem die Kugeln in Pavlov um die Ohren fliegen, ist das nicht so dramatisch. Es gibt aber auch ein klares Worst Case Szenario für diese Brille. In Pavlov äußert sich das folgendermaßen. Um mit einem Gewehr präzise zu feuern, muss man es wie in echt, mit zwei Händen halten. Da man in VR kein Fadenkreuz hat, muss man selber durchs Visier gucken. Dabei entsteht jedoch zwischen der Brille und den Controllern sozusagen eine gerade Linie. Und das mag die Brille ganz und gar nicht. Es ist zwar nicht katastrophal, doch kann es selten mal zu Aussetzern kommen und das Gewehr mal zur Seite reist, weil die Brille den zweiten Controller nicht mehr korrekt sieht und sie sich im Raum relativ nah befinden, kann das die Brille durch einander bringen. Einmal war es so schlimm, dass ich beim Zielen mit dem Karabiner, plötzlich in meinen eigenen Lauf geschaut habe, weil die Software einfach mal die Hände vertauscht hat. Ob ich mich selber erschossen hätte, habe ich jetzt nicht getestet und so extrem ist es (bisher) nur einmal passiert. Aber das es passieren kann, zeigt, dass die Technik kein vollwertiger Ersatz für externes tracking darstellt.
Raumtracking
Wie Oben angesprochen, muss man als aller ersten Schritt erstmal sein Spielfeld einrichten. Mangels Erfahrungen mit anderen Brillen, nehme ich an, dass es bei der Vive und Oculus durch die externen Kameras/Boxen passiert. Bei WMR Brillen, muss man die „Grenzen“ des Bereichs abklappern in dem man die Brille vor sich hält, und dann von Eck zu Eck trottelt während die Brille Richtung PC gerichtet ist. Auf dem Monitor kann man seine relative Position im Raum sehen. Hat man also ein Rechteck mit mindestens 1,5x2 Meter so gezeichnet, wird das zum neuen Spielbereich. Und die Brille kann dann in VR Umgebunden die „Wände“ optisch signalisieren. Das klappt, wenn man ein großes Zimmer hat bestimmt ohne Probleme. Im meinem Fall ist das etwas problematischer. Diese Art die Grenzen zu „ziehen“. Ist nicht gerade genau. In meinem Fall habe ich knapp mehr als die 2x2 Meter, die Brille schneidet gerne jedoch Bereiche zu klein. Obwohl ich genug Platz habe, musste ich erstmalig 2x den Bereich abklappern bevor er akzeptiert wurde. Mir ist auch nicht klar wie das genau funktioniert. Die Brille scannt nicht wirklich den Raum, die Kameras soll man ja immer auf den PC richten. Also wird hier die relative Position zum Monitor genommen? Warum lässt man nicht auf 360 „Bild“ mit den Kameras machen oder etwas Ähnliches. Für Oculus gibt es die Guardian Boundary Editor Software, mit der man auf dem PC, seinen Spielebereich millimetergenau anpassen kann. So etwas Ähnliches würde ich mir auch hier wünschen.
Zweites Feature, die Brille „merkt sich“ den Spielebereich. So das man beim erneuten Aufsetzen nicht wieder alles neu „zeichnen“ muss. Beim Aufsetzen erscheint die Meldung, „Bereich wurde erkannt“ und man kann sofort los Spielen. Das hat jetzt in meinem Test eine Woche ohne Probleme Funktioniert, bis ich heute vom Vive Kumpel zum Pavlov eingeladen wurde, und ich dann beim Aufsetzen der Brille mit der Fehlermeldung begrüßt wurde, dass der Spielebereich nicht erkannt wurde, obwohl ich im Zimmer nicht wirklich was verändert habe. Ich dürfte also statt mit ihm zu spielen, erstmal meine Fix Punkte langsam ablaufen, und obwohl es die gleichen waren wie vorher, ist der Bereich irgendwie 1/3 kleiner geworden. Ich schätze es sehr, dass man hier versucht hat möglich alles automatisch zu machen. Doch wenn die Ergebnisse und die Bedingungen für mich nicht nachvollziehbar sind, warum der Bereich jetzt anders ist als vorher, nervt mich das. Und da hätte ich gern einen Manuellen Eingriff. Hier werde ich weiter testen müssen. Wenn es funktioniert, ist die Einrichtung ok, aber wenn nicht, stehe ich da im Regen, mangelhaft.
Ein weiteres Problem welches aufgetreten ist. Ich habe keine Ahnung, wie die Brille meine Körpergröße „schätzt“. In Pavlov bin ich trotz 1.83, ein 2.2m Riese. Wo andere Spieler mir teils nur bis zum Bauchnabel reichen. Ich habe in kurzen Tests auch keine Möglichkeit gefunden das in Pavlov anzupassen. Das führt dazu, dass ich eine Waffe, die auf dem Boden liegt, nicht aufheben kann. Selbst wenn ich die Controller auf den Boden lege, im Spiel fehlen da immer 30 Zentimeter um die Waffe zu Berühren. Auch gibt es spielerisch eine Einschränkung. Weil ich „so groß“ bin, kann ich ohne Probleme über Hindernisse drüber schießen, was zwar witzig ist, hat aber auch den Nachteil das ich viel weniger Möglichkeiten habe in Deckung zu gehen.
Bei Beat Saber äußert sich das ähnlich. Bei Roten Flächen zum Ausweichen bin ich einfach „zu hoch“. Selbst wenn ich auf die Knie gehe, kann ich mich unter den Waagerechten Roten Flächen nicht durch ducken. Zwar hat Beat Saber ingame eine höhen Einstellung, in der ich alle Werte zwischen 1.5 und 2.1 Meter probiert habe, während der Songs hat das aber nicht wirklich Auswirkungen gehabt. Ich muss mich fast hinlegen um unter den Flächen zu rutschen… Da bin ich noch auf Fehlersuche.
Controller
Zu den Controllern kann ich nur begrenzt etwas sagen, da ich kein Vergleich kenne. Sie erfühlen ihre Funktion. Etwas gewöhnungsbedürftig ist einzig die Steuerung bei Pavlov mit dem Touchpad. Um sich schneller zu bewegen muss man den Bereich weiter außen Berühren, soweit so normal. Leider habe ich einen relativ kurzen Daumen. Das führt dazu, wenn ich „nach vorne“ laufen möchte, mein Daumen entweder auf dem Touch Bereich aufliegt, was dazu führt das ich mich nicht mehr mit maximaler Geschwindigkeit bewege, oder ich mit meinem Daumen eine sehr unangenehme Haltung annehmen muss, die auf Dauer schmerzt. Warum ich für die Bewegungen im Raum nicht den gut erreichbaren Stick benutzen kann standardmäßig, ist mir schleierhaft. Vor der nächste Pavlov Sitzung werde ich versuchen das Umzustellen.
Der Controller selber leuchtet wie ein Weihnachtsbaum mit den ganzen LED Dioden fürs Tracking. Womit wir auch schon zu meinem Problem mit ihnen kommen. Die Akku Laufzeit von den Dingern ist unterirdisch bei mir. Offizielle Angabe lautet 6-8 Stunden, davon bin ich meilenweit entfernt. Die mitgelieferten noname 1.5V Batterien musste ich schon nach 3 Stunden wegschmeißen. Meine Eneloops reichen im Grunde auch nur für 1 Tag/Sitzung. Am zweiten Tag wird bereits mit akku low Meldung gewarnt. Ok sie haben „nur“ 1.2V es gab aber sonst nie solche krassen „Probleme“. Einige User berichten von ähnlichen Erfahrungen, dass die Controller Batterien wie sonst wegsaugen, andere kommen auf 10h. Ich überlege aktuell mir stärkere 1.5V Akkus von Energizer für 10ner zu holen. Laut reddit kommt man damit mit Rumble off sogar auf 10h, sollte das bei mir weiter so extrem auseinanderliegen, wäre das wieder ein Reklamationsgrund.
VR Eindruck
Gerade von den Linsen bin ich sehr enttäuscht. Ich kann das am besten nur so beschreiben, denn für den optimalen VR Effekt, ich wie durch einen Stecknadelkopf im 90° Winkel gucken muss. Sitz die Brille nicht absolut genau, oder ist auch nur leicht verrutscht, habe ich relativ starken, sagen wir Blur oder Halo Effekt von den Rändern her, und der scharfe Bereich geht stark Richtung Mitte. Laut Reddit bin ich wohl nicht der einzige mit dem Eindruck, manche sagen sogar es sei ein Montagsmodell und wäre eher eine Garantie Fall. Andere sagen, das liegt an der Fehlenden Hardware IPD Einstellung. Man kann die IPD Softwareseitig bei WMR tunen, standardmäßig sind 63mm voreingestellt. Ich werde das weiter testen / mich informieren ob die Effekte in der Stärke wirklich „normal“ ist. Auch mein Vive Kumpel kann die von mir angesprochenen „Linsenbrechungseffekte“ nicht nachvollziehen, bei ihm ist immer alle Scharf bis zu den Rändern. Das macht mich fast neidisch. Aber er ist auch was IPD angeht komplett unempfindlich und meint, er kann bei sich daran drehen wie er mag, er sehe keinen Unterschied.
Fazit nach den ersten Tagen
Zum Gesamt Eindruck selbst, muss ich sagen, dass ich zwar nicht enttäuscht, jedoch in Anbetracht, dass die WMR Brillen zum Preis von 450€ gestartet sind, ist die Technik in meinen Augen den „Vollpreis“ definitiv nicht wert. Ich will die Brille nicht runtermachen, und sagen es ist ein 200€ Spielzeug, aber für mein Empfinden ist der Preis für die Brille genau da, wo er auch von Anfang an hätte sein sollen. (jaja ich weiß Entwicklungskosten und so). Mein Punkt ist, dass Lenovo/Medion und nun auch Acer die Brillen Teilweise für 150-200 raushauen, und ich glaube, dass Lenovo bei 200€ keinen Verlust mit der Brille macht.
Ich werde die Brille nicht zurückschicken und weiter VR mit ihr Testen, da sie für mich genau das macht was ich wollte, ich jedoch gerne etwas mehr hätte.
Positiv sind nochmals anzumerken die kinderleichte Einrichtung und Handhabung ohne viel Schnickschnack. Auflösung, FOV und sonstiges sind absolut ok und ich hatte wenn alles lief sehr gute VR Erfahrungen. Das erste Mal, eine abgesägte Schrottflinte per Hand nachladen, hat mir ein Minutenlanges Grinsen ins Gesicht gezaubert. Etwas was man sonst mit Drücken von „R“ erledigt, selbst ausführen, hatte etwas ungemein Befriedigendes. Ob dieser Eindruck langfristig „reicht“ um für mich eine teurere VR Brille zu rechtfertigen, bin ich mir dennoch nicht sicher.
Dazu kommen noch die angesprochenen Probleme mit dem Tracking. Oculus will mit der Quest eine weitere Inside Out tracking Brille für 399€ rausbringen Anfang des Jahres. Ich werde die Quest verfolgen, gerade im Hinblick auf tracking. In meinen Augen wird da eine einfache Kamerasoftware die irgendwelchen LEDs folgt, für ein zufriedenstellendes Ergebnis nicht reichen. Das bedarf schon einen „intelligenten Algorithmus", einer schlauen „KI“ oder „power of the cloud“ bedürfen. Nennt es wie ihr wollt, aber solche Sachen, wie von mir beschriebenen Fälle, wo ich plötzlich in meinen eigenen Lauf gucke, darf es nicht geben.
Die in meinen Augen suboptimalen Linsen und die Controller die ein Deal mit Batterie Herstellern haben müssen trüben ebenfalls einen positiven Eindruck. Aktuell ist Weihnachten und ich will mich da nicht mehr als nötig mit beschäftigen, werde mich aber im Neujahr evtl. mit dem Support in Verbindung setzen.
Sollte weitere Interesse bestehen, kann ich gerne einen weiteren Eindruck nach 2-6 Monaten machen, um einen Vergleich zu ziehen wie sich mein Eindruck von der VR/Platform sich entwickelt hat. Aber auch sonst, stehe ich gerne für Fragen und Anregungen offen. So und jetzt könnt ihr mich fertig machen, weil ich bestimmt irgend was total offensichtlich falsch eingestellt hatte :wink:
ps. wir haben keinen WMR präfix in der VR Kategorie, ich finde das gehört geändert
TLDR: u get what u pay. Gute Brille um in die VR Welt reinzuschnuppern, mit Einschränkungen beim Tracking.
Hallo, ich habe meine alle erste VR Erfahrungen vor 10 Tagen gemacht, und vielleicht wird es einige interessieren. Auch im Hinblick auf die Windows Mixed Reality Brillen, die mittlerweile für 200€ regelmäßig angeboten werden. Und einen relativ günstigen Einstieg in die VR Welt bieten. Aber auch den Eindruck von der Platform im allgemeinen.
Vorwort:
Ich habe einen relativ begrenzen Spiele Budget, deswegen VR Headsets für Anfänglichen 600-800€ kamen für mich nie in Frage. Auch wenn ich gerne eine Vive hätte, so sind mir die Kosten für etwas, was ich vielleicht wegen Motion Sicknes nicht vertrage, einfach zu hoch. 200€ war schon immer meine Grenze, und da sie mit WMR Brillen nun erreicht ist, wollte ich es ausprobieren.
Apropos Motion Sicknes und andere Effekte die bei der Benutzung der 3D Brillen auftreten. Hier gab es bei mir eine echte Überraschung. Ich bin seit ich denken kann, sehr Empfindlich was mein Mittelohr angeht. Reisen per Schiff oder Bus, lassen meinen Mageninhalt schnell aufsteigen. Ich bin sogar so Empfindlich, dass ich als Beifahrer nicht mal eine SMS zurückschreiben kann, ohne Kopfschmerzen oder mulmiges Gefühl im Magen zu kriegen. Hier darf ich keine Minute meine Augen vom der Straße/Horizont wegnehmen. Auch ein Grund warum ich nicht tief bei VR in die Tasche greifen wollte. Die Gefahr war mir zu groß, Geld womöglich verbrannt zu haben.
Softwareseite
Meine Erfahrungen Beziehen sich Großteiles auf Beat Saber und Pavlov im Zusammenspiel mit der Medion Erazer X1000 (Baugleich zu Lenovo Explorer).
Gleich vorweg, die Einrichtung ist Kinder leicht. Die aktuelle Windows Version kommt bereits mit allem daher was man für VR braucht. Es ist so Plug and Play wie es nur sein kann. USB 3 und HDMI rein, sofort plopt die Software zur Einrichtung der „Spielezone“ ein, falls man nicht nur Sitzend spielen möchte und dann ist man im Grunde schon fertig (dazu später mehr). Dazu kann man noch das Entsprechende Plugin für Steam runterladen, und man ist bereits SteamVR kompatibel. Wobei das mittlerweile nicht mal ein Muss ist. Viele Spiele haben bereits eine native WMR Unterstützung erhalten, ich kann sie also ohne Problem aus dem Windows VR Hub starten, zu mindestens nehme ich an, dass ich das deswegen dann tun kann? Ich sehe aktuell keinen Grund den Steamhub zu benutzen, da er irgendwie, was Spiele starten angeht, zum Windows Hub funktionsidentisch ist. Da bedarf es weiterer Tests von mir, um genauere Vorteile der beiden jeweils rauszufinden.
Technik
So, nun kommen wir zum interessanterem Part. Der Technik. Wie weiter Oben angesprochen, habe ich ein sehr empfindliches Mittelohr, und ich hatte beim ersten Aufsetzen der Brille ein mulmiges Gefühl, ob ich nicht nach paar Minuten mit Kopfschmerzen in der Ecke liegen werde. Doch Pustekuchen, ich kann da nur für mich sprechen, aber ich habe keine negativen Auswirkungen von VR gespürt. Auch nach einer Stunde Pavlov auf der „CS Map“ de_dust2, hatte ich keine Kopfschmerzen ect. Es war alles, nun ja normal, fast schon langweilig. Bei Beat Saber sowieso nicht, da man sich hier nicht frei bewegen muss.
Ansonsten kann ich so ziemlich alle Aussagen meines Kumpels zu seiner Vive bestätigen. Ja man sieht den Fliegengittereffekt, ja er ist beim Spielen egal. Ja man hätte gerne mehr FOV, doch auch damit kam ich bei Pavlov klar. Ich hatte vorher mir Bilder angeschaut, die fast schon periskopische Verhältnisse zeigten, davon ist man aber meilenweit entfernt. Ja man spielt Gefühl mit einem FOV von 70-75. Ja 85-90 wäre schöner. Aber zu meiner Xbox 360 Zeit, habe ich Bad Company 2 auf der Konsole gespielt, das hatte ein FOV von irgendwas um die 55° DA hatte ich Probleme durch die Tür zu kommen. DAS waren unterirdische Verhältnisse. Wenn man das erlebt hat, schreckt sowas bei VR nicht ab. Und solange jedweder upgrade von diesem Zustand, das x-Fache von den 200€ kostet, ist es das definitiv für mich nicht wert.
Tracking der Controller
Die Brille selber verfügt, falls nicht bekannt, über Inside Out tracking. Das heißt, auf externe Kameras oder LED Boxen die die Eigene Position und die der Hände verfolgen, wird verzichtet. Stattdessen hat die Brille selber 2 nach unten geneigte Kameras, die die genannten „Motion Controller“ erfassen sollen. Riesen Vorteil, den man nicht klein genug reden kann, es gibt damit viel weniger Kabelsalat im Zimmer. Da außer einem Kabel zum Rechner (der gefühlt gerne 1 Meter länger hätte sein können) nichts im Zimmer platziert und mit Strom versorgt werden muss. Das war durch aus ebenfalls ein Kaufgrund. Doch hier fangen die Probleme, bzw. eine leichte Ernüchterung an.
Die Technik hat klare Limitierungen. Um es kurz zu machen, solange man die Hände auseinanderhält, würde ich das Tracking als Ausreichend gut bezeichnen. An der Pointer Funktion gibt es nichts auszusetzen, ich kann gefühlt jeden Pixel in der Landschaft anleuchten. Etwas weniger Zittern wäre vielleicht schön, aber wenn einem die Kugeln in Pavlov um die Ohren fliegen, ist das nicht so dramatisch. Es gibt aber auch ein klares Worst Case Szenario für diese Brille. In Pavlov äußert sich das folgendermaßen. Um mit einem Gewehr präzise zu feuern, muss man es wie in echt, mit zwei Händen halten. Da man in VR kein Fadenkreuz hat, muss man selber durchs Visier gucken. Dabei entsteht jedoch zwischen der Brille und den Controllern sozusagen eine gerade Linie. Und das mag die Brille ganz und gar nicht. Es ist zwar nicht katastrophal, doch kann es selten mal zu Aussetzern kommen und das Gewehr mal zur Seite reist, weil die Brille den zweiten Controller nicht mehr korrekt sieht und sie sich im Raum relativ nah befinden, kann das die Brille durch einander bringen. Einmal war es so schlimm, dass ich beim Zielen mit dem Karabiner, plötzlich in meinen eigenen Lauf geschaut habe, weil die Software einfach mal die Hände vertauscht hat. Ob ich mich selber erschossen hätte, habe ich jetzt nicht getestet und so extrem ist es (bisher) nur einmal passiert. Aber das es passieren kann, zeigt, dass die Technik kein vollwertiger Ersatz für externes tracking darstellt.
Raumtracking
Wie Oben angesprochen, muss man als aller ersten Schritt erstmal sein Spielfeld einrichten. Mangels Erfahrungen mit anderen Brillen, nehme ich an, dass es bei der Vive und Oculus durch die externen Kameras/Boxen passiert. Bei WMR Brillen, muss man die „Grenzen“ des Bereichs abklappern in dem man die Brille vor sich hält, und dann von Eck zu Eck trottelt während die Brille Richtung PC gerichtet ist. Auf dem Monitor kann man seine relative Position im Raum sehen. Hat man also ein Rechteck mit mindestens 1,5x2 Meter so gezeichnet, wird das zum neuen Spielbereich. Und die Brille kann dann in VR Umgebunden die „Wände“ optisch signalisieren. Das klappt, wenn man ein großes Zimmer hat bestimmt ohne Probleme. Im meinem Fall ist das etwas problematischer. Diese Art die Grenzen zu „ziehen“. Ist nicht gerade genau. In meinem Fall habe ich knapp mehr als die 2x2 Meter, die Brille schneidet gerne jedoch Bereiche zu klein. Obwohl ich genug Platz habe, musste ich erstmalig 2x den Bereich abklappern bevor er akzeptiert wurde. Mir ist auch nicht klar wie das genau funktioniert. Die Brille scannt nicht wirklich den Raum, die Kameras soll man ja immer auf den PC richten. Also wird hier die relative Position zum Monitor genommen? Warum lässt man nicht auf 360 „Bild“ mit den Kameras machen oder etwas Ähnliches. Für Oculus gibt es die Guardian Boundary Editor Software, mit der man auf dem PC, seinen Spielebereich millimetergenau anpassen kann. So etwas Ähnliches würde ich mir auch hier wünschen.
Zweites Feature, die Brille „merkt sich“ den Spielebereich. So das man beim erneuten Aufsetzen nicht wieder alles neu „zeichnen“ muss. Beim Aufsetzen erscheint die Meldung, „Bereich wurde erkannt“ und man kann sofort los Spielen. Das hat jetzt in meinem Test eine Woche ohne Probleme Funktioniert, bis ich heute vom Vive Kumpel zum Pavlov eingeladen wurde, und ich dann beim Aufsetzen der Brille mit der Fehlermeldung begrüßt wurde, dass der Spielebereich nicht erkannt wurde, obwohl ich im Zimmer nicht wirklich was verändert habe. Ich dürfte also statt mit ihm zu spielen, erstmal meine Fix Punkte langsam ablaufen, und obwohl es die gleichen waren wie vorher, ist der Bereich irgendwie 1/3 kleiner geworden. Ich schätze es sehr, dass man hier versucht hat möglich alles automatisch zu machen. Doch wenn die Ergebnisse und die Bedingungen für mich nicht nachvollziehbar sind, warum der Bereich jetzt anders ist als vorher, nervt mich das. Und da hätte ich gern einen Manuellen Eingriff. Hier werde ich weiter testen müssen. Wenn es funktioniert, ist die Einrichtung ok, aber wenn nicht, stehe ich da im Regen, mangelhaft.
Ein weiteres Problem welches aufgetreten ist. Ich habe keine Ahnung, wie die Brille meine Körpergröße „schätzt“. In Pavlov bin ich trotz 1.83, ein 2.2m Riese. Wo andere Spieler mir teils nur bis zum Bauchnabel reichen. Ich habe in kurzen Tests auch keine Möglichkeit gefunden das in Pavlov anzupassen. Das führt dazu, dass ich eine Waffe, die auf dem Boden liegt, nicht aufheben kann. Selbst wenn ich die Controller auf den Boden lege, im Spiel fehlen da immer 30 Zentimeter um die Waffe zu Berühren. Auch gibt es spielerisch eine Einschränkung. Weil ich „so groß“ bin, kann ich ohne Probleme über Hindernisse drüber schießen, was zwar witzig ist, hat aber auch den Nachteil das ich viel weniger Möglichkeiten habe in Deckung zu gehen.
Bei Beat Saber äußert sich das ähnlich. Bei Roten Flächen zum Ausweichen bin ich einfach „zu hoch“. Selbst wenn ich auf die Knie gehe, kann ich mich unter den Waagerechten Roten Flächen nicht durch ducken. Zwar hat Beat Saber ingame eine höhen Einstellung, in der ich alle Werte zwischen 1.5 und 2.1 Meter probiert habe, während der Songs hat das aber nicht wirklich Auswirkungen gehabt. Ich muss mich fast hinlegen um unter den Flächen zu rutschen… Da bin ich noch auf Fehlersuche.
Controller
Zu den Controllern kann ich nur begrenzt etwas sagen, da ich kein Vergleich kenne. Sie erfühlen ihre Funktion. Etwas gewöhnungsbedürftig ist einzig die Steuerung bei Pavlov mit dem Touchpad. Um sich schneller zu bewegen muss man den Bereich weiter außen Berühren, soweit so normal. Leider habe ich einen relativ kurzen Daumen. Das führt dazu, wenn ich „nach vorne“ laufen möchte, mein Daumen entweder auf dem Touch Bereich aufliegt, was dazu führt das ich mich nicht mehr mit maximaler Geschwindigkeit bewege, oder ich mit meinem Daumen eine sehr unangenehme Haltung annehmen muss, die auf Dauer schmerzt. Warum ich für die Bewegungen im Raum nicht den gut erreichbaren Stick benutzen kann standardmäßig, ist mir schleierhaft. Vor der nächste Pavlov Sitzung werde ich versuchen das Umzustellen.
Der Controller selber leuchtet wie ein Weihnachtsbaum mit den ganzen LED Dioden fürs Tracking. Womit wir auch schon zu meinem Problem mit ihnen kommen. Die Akku Laufzeit von den Dingern ist unterirdisch bei mir. Offizielle Angabe lautet 6-8 Stunden, davon bin ich meilenweit entfernt. Die mitgelieferten noname 1.5V Batterien musste ich schon nach 3 Stunden wegschmeißen. Meine Eneloops reichen im Grunde auch nur für 1 Tag/Sitzung. Am zweiten Tag wird bereits mit akku low Meldung gewarnt. Ok sie haben „nur“ 1.2V es gab aber sonst nie solche krassen „Probleme“. Einige User berichten von ähnlichen Erfahrungen, dass die Controller Batterien wie sonst wegsaugen, andere kommen auf 10h. Ich überlege aktuell mir stärkere 1.5V Akkus von Energizer für 10ner zu holen. Laut reddit kommt man damit mit Rumble off sogar auf 10h, sollte das bei mir weiter so extrem auseinanderliegen, wäre das wieder ein Reklamationsgrund.
VR Eindruck
Gerade von den Linsen bin ich sehr enttäuscht. Ich kann das am besten nur so beschreiben, denn für den optimalen VR Effekt, ich wie durch einen Stecknadelkopf im 90° Winkel gucken muss. Sitz die Brille nicht absolut genau, oder ist auch nur leicht verrutscht, habe ich relativ starken, sagen wir Blur oder Halo Effekt von den Rändern her, und der scharfe Bereich geht stark Richtung Mitte. Laut Reddit bin ich wohl nicht der einzige mit dem Eindruck, manche sagen sogar es sei ein Montagsmodell und wäre eher eine Garantie Fall. Andere sagen, das liegt an der Fehlenden Hardware IPD Einstellung. Man kann die IPD Softwareseitig bei WMR tunen, standardmäßig sind 63mm voreingestellt. Ich werde das weiter testen / mich informieren ob die Effekte in der Stärke wirklich „normal“ ist. Auch mein Vive Kumpel kann die von mir angesprochenen „Linsenbrechungseffekte“ nicht nachvollziehen, bei ihm ist immer alle Scharf bis zu den Rändern. Das macht mich fast neidisch. Aber er ist auch was IPD angeht komplett unempfindlich und meint, er kann bei sich daran drehen wie er mag, er sehe keinen Unterschied.
Fazit nach den ersten Tagen
Zum Gesamt Eindruck selbst, muss ich sagen, dass ich zwar nicht enttäuscht, jedoch in Anbetracht, dass die WMR Brillen zum Preis von 450€ gestartet sind, ist die Technik in meinen Augen den „Vollpreis“ definitiv nicht wert. Ich will die Brille nicht runtermachen, und sagen es ist ein 200€ Spielzeug, aber für mein Empfinden ist der Preis für die Brille genau da, wo er auch von Anfang an hätte sein sollen. (jaja ich weiß Entwicklungskosten und so). Mein Punkt ist, dass Lenovo/Medion und nun auch Acer die Brillen Teilweise für 150-200 raushauen, und ich glaube, dass Lenovo bei 200€ keinen Verlust mit der Brille macht.
Ich werde die Brille nicht zurückschicken und weiter VR mit ihr Testen, da sie für mich genau das macht was ich wollte, ich jedoch gerne etwas mehr hätte.
Positiv sind nochmals anzumerken die kinderleichte Einrichtung und Handhabung ohne viel Schnickschnack. Auflösung, FOV und sonstiges sind absolut ok und ich hatte wenn alles lief sehr gute VR Erfahrungen. Das erste Mal, eine abgesägte Schrottflinte per Hand nachladen, hat mir ein Minutenlanges Grinsen ins Gesicht gezaubert. Etwas was man sonst mit Drücken von „R“ erledigt, selbst ausführen, hatte etwas ungemein Befriedigendes. Ob dieser Eindruck langfristig „reicht“ um für mich eine teurere VR Brille zu rechtfertigen, bin ich mir dennoch nicht sicher.
Dazu kommen noch die angesprochenen Probleme mit dem Tracking. Oculus will mit der Quest eine weitere Inside Out tracking Brille für 399€ rausbringen Anfang des Jahres. Ich werde die Quest verfolgen, gerade im Hinblick auf tracking. In meinen Augen wird da eine einfache Kamerasoftware die irgendwelchen LEDs folgt, für ein zufriedenstellendes Ergebnis nicht reichen. Das bedarf schon einen „intelligenten Algorithmus", einer schlauen „KI“ oder „power of the cloud“ bedürfen. Nennt es wie ihr wollt, aber solche Sachen, wie von mir beschriebenen Fälle, wo ich plötzlich in meinen eigenen Lauf gucke, darf es nicht geben.
Die in meinen Augen suboptimalen Linsen und die Controller die ein Deal mit Batterie Herstellern haben müssen trüben ebenfalls einen positiven Eindruck. Aktuell ist Weihnachten und ich will mich da nicht mehr als nötig mit beschäftigen, werde mich aber im Neujahr evtl. mit dem Support in Verbindung setzen.
Sollte weitere Interesse bestehen, kann ich gerne einen weiteren Eindruck nach 2-6 Monaten machen, um einen Vergleich zu ziehen wie sich mein Eindruck von der VR/Platform sich entwickelt hat. Aber auch sonst, stehe ich gerne für Fragen und Anregungen offen. So und jetzt könnt ihr mich fertig machen, weil ich bestimmt irgend was total offensichtlich falsch eingestellt hatte :wink:
ps. wir haben keinen WMR präfix in der VR Kategorie, ich finde das gehört geändert