Kennung Eins
2020-04-04, 14:31:04
Gerade habe ich die Möglichkeit, verschiedene Systeme intensiv miteinander zu vergleichen. Ich bin seit vielen Jahren technisch an xR Trackingsystemen interessiert und daher wollte ich mal einen direkten Vergleich machen.
Was man selbst erlebt, überzeugt am meisten :)
Test Setup
Ich habe zur Verfügung:
Vive (Standard) an 2x Lighthouse 1.0 (OLED 1200x1080 px pro Auge, 90 Hz)
HP Reverb (LCD 2160x2160 px pro Auge, 90 Hz)
Samsung Odyssey+ (OLED 1440x1600 px pro Auge, 90 Hz)
Oculus Quest (OLED 1440x1600 px pro Auge, 72 Hz)
Die PC-Brillen betreibe ich alle am gleichen System mit einem i7 4790 und einer RTX2070.
Controller-Batterien sind alle voll.
Renderscale ist auf 1.0 gestellt, da sonst die Reverb mit ihrer hohen Auflösung schon ausreicht um die 90fps zu verlassen.
Ziel
Mich hat interessiert:
welche Unterschiede ich zwischen den Systemen wahrnehme und wie intensiv das jeweils ist
wie sehr die Systeme mich zwingen mich anders zu verhalten.
Also alles subjektive Sicht (meine Meinung).
Methode
Wie testet man die Trackingqualität am besten? Mit einer Anwendung, die gutes Tracking erfordert :) und so die Grenzen aufzeigen kann.
Also: Beat Saber spielen!
Der Test ging über mehrere Tage (in der Freizeit, abends und Wochenende morgens).
Licht war jeweils angeschaltet, damit das inside-out Tracking auch was sieht :)
Zunächst einfach nur drauf los, jeweils mindestens ne halbe Stunde pro System.
Dann fing ich an, die jeweils gleichen Lieder auf den verschiedenen Systemen zu spielen, um direkt die Unterschiede zu erleben. Also: Lied auf System A, Headset wechseln, gleiches Lied nochmal. usw.
Die Reihenfolge der Brillen war dabei pseudo-zufällig, worauf ich jeweils Bock hatte.
Am Ende wurden doch nicht nur das Tracking verglichen, sondern das "Spielgefühl" der verschiedenen Systeme.
Ergebnisse
Allgemein:
Ich dachte erst, die Reverb würde evtl. ein verbessertes Tracking im Vergleich zur Odyssey+ beinhalten (bspw. andere Auflösung der Kameras, andere Accelerometer, usw.), aber es fühlt sich auf beiden gleich an. Daher hab ich die beiden Systeme nur kurz gegeneinander getestet und dann nur noch mit der Reverb weiter gemacht.
Wenn die WMR Controller Batterien leer werden, schaltet es irgendwie in einen langsameren Betrieb. Neue Batterien rein und es fluppt wieder.
Wahrgenommene Unterschiede zwischen den Systemen:
OMG ist der Vive Controller schwer! Das war mir vorher nie so krass aufgefallen. Ich habe zwar die Vive und WMR Controller viel in der VR-Entwicklung genutzt, dabei fiel das Gewicht aber quasi nicht auf. In Beat Saber hat man definitiv einen Nachteil mit den Vive Controllern, einfach weil man viel mehr Masse beschleunigen muss. Hier sind die Oculus Controller absolut im Vorteil.
Der Wechsel vom "Reverb BeatSaber Bild" zum "Quest BeatSaber Bild" ist krass. Als würde man von einem Win10 Rechner auf einen Win98 Rechner wechseln. Alles ist so unschön gerendert, wenn man von der Reverb kommt. Die Grafikeffekte sind halt am PC besser, da natürlich mehr Rechenleistung zur Verfügung steht. War auch nicht anders zu erwarten, aber es ist schon echt abturnend, wenn man den Wechsel Reverb->Quest macht.
Grundsätzlich muss man sagen: Spielen kann man Beat Saber im Expert Mode auf jedem der Systeme.
Das schlechteste Tracking haben die WMR Brillen (Reverb, Odyssey+). Mir ist weniger aufgefallen, dass hinter / neben dem Körper schlecht getrackt wird. Da scheint die Prädiktion recht gut zu funktieren. Stärker fielen mir Probleme bei sehr schnellen Bewegungen von links nach rechts auf. Hier reicht vermutlich die Aufnahmerate der Kameras nicht aus (in den WMR-Systemen steckt die Hololens-Technik, die mit 30fps arbeitet)
Die Prädiktion der Controller-Bewegung bei den WMR Brillen ist zwar offensichtlich recht gut, jedoch passiert es doch häufig (Lied "Ghost" ca. 20 mal), dass ein Controller kurz gar nicht getrackt wird.
Die Quest ist um Längen besser was die Raumabdeckung angeht und ebenfalls besser bei schnellen Armbewegungen quer von links nach rechts. Hab nach kurzer Suche im Netz nichts dazu gefunden, wie schnell die Kameras der Quest aufnehmen. Zum Vergleich gegenüber WMR: Es passierte es mir auch, dass kurz die Controllerbewegungen nicht getrackt waren, aber max 2-3 mal pro Level.
Das Vive Tracking ist wie erwartet im Vergleich das stabilste bei mir gewesen. Es gibt einfach keinen Trackingabriss.
Irgendwas ist softwareseitig anders in Beat Saber bei WMR und Quest: Ich habe viel weniger Fehler. Insbesondere Schläge auf leicht hinter / weit neben mir befindliche Steine werden auf diesen Systemen als "getroffen" (kein Fehler) angesehen. Scheinbar gibt es hier eine Software Optimierung .. denn: Auf der Vive haue ich da viel öfter daneben. Evtl. weiß Beat Saber auf welchem System es läuft und verzeiht solche Fehler bei kamerabasiertem Tracking, da sonst viel zu viele Fehler entstehen würden. Mir scheint, je weiter nach hinten ein Stein kommt, je größer ist der "richtig"-Fangradius, in dem ein Stein getroffen werden muss um als getroffen zu gelten.
Wenn viele Steine ganz eng hintereinander kommen, ist es auf WMR und Quest fast unmöglich, fehlerfrei da durch zu kommen, wo ich es mit der Vive noch einigermaßen hin bekomme.
Auch wenn es nicht zum Punkt Tracking gehört, so ist es doch ein relevanter Unterschied: Das Vibrations-/Force-Feedback bzw. Rumble der Controller ist sehr unterschiedlich. Hier würde ich von schwach zu kräftig so sortieren: Reverb < Quest < Odyssey+ < Vive.
Zwang zu anderem Verhalten:
Bei den WMR Systemen stellte es sich automatisch bei mir ein, dass ich mich "vorsichtiger" verhielt, die Controller mehr vor dem Körper positionierte. Das bedeutete, dass ich weniger intensiv hin- und her schwang und weniger Weg pro Arm zurück legte.
bei der Quest fiel mir das nicht auf. Ich hab mich einfach so bewegt, wie auch bei der Vive.
Beim Wechsel von Quest/WMR auf die Vive fiel mir jedes Mal das hohe Gewicht der Vive Controller störend auf. Ich habe die Controller viel mehr wie ein "Schwert" empfunden (Metall, Ritter, schwer.) und dadurch weniger mit dem Handgelenk gearbeitet als bei der Quest.
Zusammenfassung:
Was will der Kennung Eins uns damit sagen?
Trackingqualität: WMR < Quest < Vive (das war bekannt und zu erwarten)
Für Beat Saber ist die Quest aus meiner Sicht das beste Gerät aus den verglichenen Systemen. Weil: Leichte Controller, sehr gutes Tracking.
Gegenüber der Vive sind WMR/Quest softwaretechnisch bei Beat Saber im Vorteil, da hinten/seitlich liegende Blöcke einfacher als "getroffen" gezählt werden
Head Tracking fühlte sich bei allen getesteten Systemen komplett gleich an.
Zur Einordnung:
Ich habe seit 2016 eine Vive zu Hause und spiele damit seit langem (?) gern Beat Saber. Dienstlich bin ich mit vielen xR Brillen unterwegs, das ist seit über 15 Jahren mein Haupt-Arbeitsgebiet. Ich exploriere neue xR-Anwendungen, entwickle selbst.
Was man selbst erlebt, überzeugt am meisten :)
Test Setup
Ich habe zur Verfügung:
Vive (Standard) an 2x Lighthouse 1.0 (OLED 1200x1080 px pro Auge, 90 Hz)
HP Reverb (LCD 2160x2160 px pro Auge, 90 Hz)
Samsung Odyssey+ (OLED 1440x1600 px pro Auge, 90 Hz)
Oculus Quest (OLED 1440x1600 px pro Auge, 72 Hz)
Die PC-Brillen betreibe ich alle am gleichen System mit einem i7 4790 und einer RTX2070.
Controller-Batterien sind alle voll.
Renderscale ist auf 1.0 gestellt, da sonst die Reverb mit ihrer hohen Auflösung schon ausreicht um die 90fps zu verlassen.
Ziel
Mich hat interessiert:
welche Unterschiede ich zwischen den Systemen wahrnehme und wie intensiv das jeweils ist
wie sehr die Systeme mich zwingen mich anders zu verhalten.
Also alles subjektive Sicht (meine Meinung).
Methode
Wie testet man die Trackingqualität am besten? Mit einer Anwendung, die gutes Tracking erfordert :) und so die Grenzen aufzeigen kann.
Also: Beat Saber spielen!
Der Test ging über mehrere Tage (in der Freizeit, abends und Wochenende morgens).
Licht war jeweils angeschaltet, damit das inside-out Tracking auch was sieht :)
Zunächst einfach nur drauf los, jeweils mindestens ne halbe Stunde pro System.
Dann fing ich an, die jeweils gleichen Lieder auf den verschiedenen Systemen zu spielen, um direkt die Unterschiede zu erleben. Also: Lied auf System A, Headset wechseln, gleiches Lied nochmal. usw.
Die Reihenfolge der Brillen war dabei pseudo-zufällig, worauf ich jeweils Bock hatte.
Am Ende wurden doch nicht nur das Tracking verglichen, sondern das "Spielgefühl" der verschiedenen Systeme.
Ergebnisse
Allgemein:
Ich dachte erst, die Reverb würde evtl. ein verbessertes Tracking im Vergleich zur Odyssey+ beinhalten (bspw. andere Auflösung der Kameras, andere Accelerometer, usw.), aber es fühlt sich auf beiden gleich an. Daher hab ich die beiden Systeme nur kurz gegeneinander getestet und dann nur noch mit der Reverb weiter gemacht.
Wenn die WMR Controller Batterien leer werden, schaltet es irgendwie in einen langsameren Betrieb. Neue Batterien rein und es fluppt wieder.
Wahrgenommene Unterschiede zwischen den Systemen:
OMG ist der Vive Controller schwer! Das war mir vorher nie so krass aufgefallen. Ich habe zwar die Vive und WMR Controller viel in der VR-Entwicklung genutzt, dabei fiel das Gewicht aber quasi nicht auf. In Beat Saber hat man definitiv einen Nachteil mit den Vive Controllern, einfach weil man viel mehr Masse beschleunigen muss. Hier sind die Oculus Controller absolut im Vorteil.
Der Wechsel vom "Reverb BeatSaber Bild" zum "Quest BeatSaber Bild" ist krass. Als würde man von einem Win10 Rechner auf einen Win98 Rechner wechseln. Alles ist so unschön gerendert, wenn man von der Reverb kommt. Die Grafikeffekte sind halt am PC besser, da natürlich mehr Rechenleistung zur Verfügung steht. War auch nicht anders zu erwarten, aber es ist schon echt abturnend, wenn man den Wechsel Reverb->Quest macht.
Grundsätzlich muss man sagen: Spielen kann man Beat Saber im Expert Mode auf jedem der Systeme.
Das schlechteste Tracking haben die WMR Brillen (Reverb, Odyssey+). Mir ist weniger aufgefallen, dass hinter / neben dem Körper schlecht getrackt wird. Da scheint die Prädiktion recht gut zu funktieren. Stärker fielen mir Probleme bei sehr schnellen Bewegungen von links nach rechts auf. Hier reicht vermutlich die Aufnahmerate der Kameras nicht aus (in den WMR-Systemen steckt die Hololens-Technik, die mit 30fps arbeitet)
Die Prädiktion der Controller-Bewegung bei den WMR Brillen ist zwar offensichtlich recht gut, jedoch passiert es doch häufig (Lied "Ghost" ca. 20 mal), dass ein Controller kurz gar nicht getrackt wird.
Die Quest ist um Längen besser was die Raumabdeckung angeht und ebenfalls besser bei schnellen Armbewegungen quer von links nach rechts. Hab nach kurzer Suche im Netz nichts dazu gefunden, wie schnell die Kameras der Quest aufnehmen. Zum Vergleich gegenüber WMR: Es passierte es mir auch, dass kurz die Controllerbewegungen nicht getrackt waren, aber max 2-3 mal pro Level.
Das Vive Tracking ist wie erwartet im Vergleich das stabilste bei mir gewesen. Es gibt einfach keinen Trackingabriss.
Irgendwas ist softwareseitig anders in Beat Saber bei WMR und Quest: Ich habe viel weniger Fehler. Insbesondere Schläge auf leicht hinter / weit neben mir befindliche Steine werden auf diesen Systemen als "getroffen" (kein Fehler) angesehen. Scheinbar gibt es hier eine Software Optimierung .. denn: Auf der Vive haue ich da viel öfter daneben. Evtl. weiß Beat Saber auf welchem System es läuft und verzeiht solche Fehler bei kamerabasiertem Tracking, da sonst viel zu viele Fehler entstehen würden. Mir scheint, je weiter nach hinten ein Stein kommt, je größer ist der "richtig"-Fangradius, in dem ein Stein getroffen werden muss um als getroffen zu gelten.
Wenn viele Steine ganz eng hintereinander kommen, ist es auf WMR und Quest fast unmöglich, fehlerfrei da durch zu kommen, wo ich es mit der Vive noch einigermaßen hin bekomme.
Auch wenn es nicht zum Punkt Tracking gehört, so ist es doch ein relevanter Unterschied: Das Vibrations-/Force-Feedback bzw. Rumble der Controller ist sehr unterschiedlich. Hier würde ich von schwach zu kräftig so sortieren: Reverb < Quest < Odyssey+ < Vive.
Zwang zu anderem Verhalten:
Bei den WMR Systemen stellte es sich automatisch bei mir ein, dass ich mich "vorsichtiger" verhielt, die Controller mehr vor dem Körper positionierte. Das bedeutete, dass ich weniger intensiv hin- und her schwang und weniger Weg pro Arm zurück legte.
bei der Quest fiel mir das nicht auf. Ich hab mich einfach so bewegt, wie auch bei der Vive.
Beim Wechsel von Quest/WMR auf die Vive fiel mir jedes Mal das hohe Gewicht der Vive Controller störend auf. Ich habe die Controller viel mehr wie ein "Schwert" empfunden (Metall, Ritter, schwer.) und dadurch weniger mit dem Handgelenk gearbeitet als bei der Quest.
Zusammenfassung:
Was will der Kennung Eins uns damit sagen?
Trackingqualität: WMR < Quest < Vive (das war bekannt und zu erwarten)
Für Beat Saber ist die Quest aus meiner Sicht das beste Gerät aus den verglichenen Systemen. Weil: Leichte Controller, sehr gutes Tracking.
Gegenüber der Vive sind WMR/Quest softwaretechnisch bei Beat Saber im Vorteil, da hinten/seitlich liegende Blöcke einfacher als "getroffen" gezählt werden
Head Tracking fühlte sich bei allen getesteten Systemen komplett gleich an.
Zur Einordnung:
Ich habe seit 2016 eine Vive zu Hause und spiele damit seit langem (?) gern Beat Saber. Dienstlich bin ich mit vielen xR Brillen unterwegs, das ist seit über 15 Jahren mein Haupt-Arbeitsgebiet. Ich exploriere neue xR-Anwendungen, entwickle selbst.