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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Katastrophen-Warnsystem "2.0" - wie könnte es aussehen?


Cyphermaster
2021-07-22, 11:08:40
Nachdem ja grade wieder die Statements, wer oder was wann wo warum versagt habe, gut ins Kraut schießen, von mir die konsequente Frage an die Technik-Freaks im Technik-Forum: Mit welchen Technologien kann/muß ("muß" nicht nur technisch, sondern auch deshalb, weil z.B. Alternativen kostenmäßig nicht tragbar wären) ein Warnsystem für das nächste Jahrhundert aufgebaut werden, und wie sähe es dann aus?

(Da meine Meinung dazu einen Tacken länger ist, editiere ich die dann morgen Abend in aller Ruhe bei einem :ucoffee: noch rein. :))

Döner-Ente
2021-07-22, 11:23:55
Als Grundlage das, was früher auch schon funktionierte und in anderen Ländern funktioniert:
Funktionierende Sirenen, Lautsprecherdurchsagen, tief über die Dächer fliegende Polizeihubschrauber, an Türen klopfen. Dazu dieses "Cell Boradcast" (was, wenn ichs recht verstanden habe, eben nicht nur eine einfache Massen-SMS ist, sondern jede Stummschaltung aufhebt und keine bestimmte App braucht)

Apps sind scbön und gut und kann man ergänzend nutzen, aber erst mal muss man sie installiert haben und dann zu jeder Tages- und vor allem Nachtzeit das Telefon auch eingeschaltet und in Reichweite haben.
Man wird nie 100% der Menschen erreichen, aber dieser Trend, Dinge, die früher mal gut und richtig waren, abzuschaffen und durch Handy-Apps zu ersetzen, ist fatal.
Und klar....die schwierige Abwägung, ob die aktuelle Lage nun eine Alarmierung und Evakuierung nötig macht oder das evtl. übervorsichtig wäre, bleibt den Verantwortlichen so oder so nicht erspart.

Cyphermaster
2021-07-22, 11:28:52
Funktionierende Sirenen, Lautsprecherdurchsagen, tief über die Dächer fliegende Polizeihubschrauber, an Türen klopfen."Funktionierend" ist einfach geschrieben, der Punkt wäre ja WIE bringt man das zum Funktionieren? Einfach immer Personal und Hubschrauber "bei Fuß" stehen haben und hoffen, daß die beim Weitersagen kein Problem haben (Telefonleitungen, Orga, Urlaub,...)?

BlacKi
2021-07-22, 11:53:37
dort wo das krankenhaus überflutet wurde, gab es sirenen alarm, aber erst, als das erdgeschoss schon lange unter wasser stand. wenn man sirenen hat, muss man sie auch nutzen, und zwar rechtzeitig.

die entscheider haben die situation falsch eingeschätzt. man sollte deutlich empfindlicher werden was die gefahrenlage angeht. und natürlich dort sirenen aufbauen wo sie abgebaut wurden, oder schon immer fehlten.

wenn man die sirenen hört, dann geht man in die nina app oder hier auf die homepage: https://warnung.bund.de/meldungen

Trap
2021-07-22, 11:54:21
"Funktionierend" ist einfach geschrieben, der Punkt wäre ja WIE bringt man das zum Funktionieren?
Ein erster Schritt wäre aufzuhören Leute rauszuwerfen, die funktionierende Warnungen haben wollen und deshalb einen Test haben machen lassen bei dem rausgekommen ist, dass Warnungen nicht funktionieren.

Monger
2021-07-22, 11:57:26
Ich finde die Cell Broadcast Idee schon sehr klever, eben weil sie bestehende Infrastruktur nutzt, und zwar auf eine relativ störungsfreie Art und Weise. Bei abertausenden von Relays ist es nicht so schlimm wenn mal ein paar nicht funken, und die Verbreitung von Handys ist wohl mittlerweile höher als von allem anderen.

Sirenen sehe ich kritisch, weil du damit kaum mehr Infos als ein "Achtung!" verbreiten kannst. Keine Handlungsempfehlung, kein Feedbackkanal...
Außerdem halt viel schwerer flächendeckend für ganz Deutschland aufzubauen.

Die 112 Durchschaltung hat es ja mittlerweile hard codiert in jedes Handy geschafft. Vielleicht schafft man das ja eines Tages für den Cell Broadcast auch.

BlacKi
2021-07-22, 11:59:43
Ein erster Schritt wäre aufzuhören Leute rauszuwerfen, die funktionierende Warnungen haben wollen und deshalb einen Test haben machen lassen bei dem rausgekommen ist, dass Warnungen nicht funktionieren.
was ist wenn derjenige, der dafür verantwortlich war, derjenige ist, der die letzten 10-20 jahre nichts getan hat nun immernoch derselbe ist, der auch nach dem letzten versagen nichts oder kaum etwas verbessert hat?

was wenn diese person tatsächlich schuld trägt?

Ich finde die Cell Broadcast Idee schon sehr klever, eben weil sie bestehende Infrastruktur nutzt, und zwar auf eine relativ störungsfreie Art und Weise. Bei abertausenden von Relays ist es nicht so schlimm wenn mal ein paar nicht funken, und die Verbreitung von Handys ist wohl mittlerweile höher als von allem anderen.

Sirenen sehe ich kritisch, weil du damit kaum mehr Infos als ein "Achtung!" verbreiten kannst. Keine Handlungsempfehlung, kein Feedbackkanal...
Außerdem halt viel schwerer flächendeckend für ganz Deutschland aufzubauen.

Die 112 Durchschaltung hat es ja mittlerweile hard codiert in jedes Handy geschafft. Vielleicht schafft man das ja eines Tages für den Cell Broadcast auch.
handys sehe ich kritisch, weil es die empfehlung gibt, nachts seine geräte auszuschalten oder wegzulegen. wenn dann eine einfache sms kommt ist das lächerlich, das weckt niemanden.

anddill
2021-07-22, 12:04:55
Cell Broadcast funktioniert ganz offensichtlich wunderbar. Wenn mein Handy mal wieder einen funktechnischen Ausflug nach Polen macht bekomme ich von da regelmäßig Wetterwarnungen, wenn ein schweres Gewitter aufzieht.
Da braucht man nichts an den Handys ändern. Das können alle, egal ob das neueste Smartdingens oder Oma Ernas Nokia 3310.

Marodeur
2021-07-22, 12:05:25
Kann man per Broadcast das "Handysuchsignal" aktivieren? Das ist ja ein gepfeife in Richtung Brandmelder und schwer zu überhören.

Monger
2021-07-22, 12:05:30
die entscheider haben die situation falsch eingeschätzt. man sollte deutlich empfindlicher werden was die gefahrenlage angeht.
Finde ich einen sehr guten Punkt. Wir müssen mehr da hin, dass man auch Fehlalarme akzeptiert. Prioritätsstufen können helfen. Die Nina App macht das mMn sehr gut: ich fühle mich da informiert, aber nicht belästigt. Taugt natürlich nix wenn die Netze zusammenbrechen.

Monger
2021-07-22, 14:09:06
Ich glaube das sollte hier rein, auch wenn es die Politik streift...
https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/cell-broadcast-deutschlands-buerokratische-verhoehnung-des-21-jahrhunderts-kolumne-a-6fd98f51-201e-4d43-897a-feed75b18f65-amp?__twitter_impression=true

Kurzum: Technik ist erprobt, wird weltweit auch zuverlässig eingesetzt - nur halt hier nicht. Man muss keine neue Lösung fabulieren, nur existierende anwenden.

BlacKi
2021-07-22, 14:24:59
das geht halt an der realität vorbei. damit beziehe ich mich nicht auf mich alleine, sondern mal allgemein. alle 1-2 jahre werden handys gewechselt, die apps werden aber nicht alle wieder frisch aufgespielt. müssen diese apps nicht wie zb. die coronaapp im intergrund werkeln? d.h. wenn man das handy neu startet, bzw. wenn das handy wegen akku runterfährt sind diese ganzen apps alle inaktiv?

ganz generell darf man sich auch nicht auf apps verlassen, das kann höchstens eine ergänzung sein. die sirenen müssen einfach aufgestellt werden. fertig.

das betrifft auch dieses cell broadcast. das kann sirenen nicht ersetzen, nur ergänzen.

Shaft
2021-07-22, 14:26:25
Rauchzeichen?

Alles was da war, hat ja funktioniert.

Ergänzung zu CB, Wetterwarnung über Radio und TV.

Ich persönlich verwende eine Warnwetterapp, die tut ihr hervorragendes.

Für ältere die nichts mit PC und Smartphone anfangen können oder wollen, schlecht.

Nur bringt alles nichts, wenn die Warnungen nicht weiter kommuniziert werden.

Cyphermaster
2021-07-22, 14:27:59
Da braucht man nichts an den Handys ändern. Das können alle, egal ob das neueste Smartdingens oder Oma Ernas Nokia 3310.
Hierzulande gibt es aber genug Ernas (oder 5G-Panikorchester-Mitglieder), die kein Handy benutzen - von den immer noch existenten Funklöchern bei uns nicht zu reden.

Ich sehe auch einen wesentlichen Teil der Problematik, wie sie stattgefunden hat, nicht alleine in den technischen Möglichkeiten, sondern auch in der Organisation. Es gab ja mehrere Fälle, wo zwar Sirenen da gewesen wären, aber die Zuständigen auf Landkreis-/Kommunen-Ebene nicht ausgelöst haben. Für mich stellt sich damit die Frage, warum sowas nicht "andersrum" geregelt ist - also von der bundesweiten Stelle (DWD o.ä.) zentral ausgelöst wird, und nur wenn das nicht funzt, der Bürgermeister in sein Büro eiern und den Schalter umlegen muß.

Das produziert vielleicht ein paar mehr Fehlalarme; aber besser so, als ein paar Fälle, wo die Leute NICHT rechtzeitig erreicht wurden.

Poekel
2021-07-22, 15:34:13
Das produziert vielleicht ein paar mehr Fehlalarme; aber besser so, als ein paar Fälle, wo die Leute NICHT rechtzeitig erreicht wurden.
Das Problem ist doch, dass Leute nicht mit Statistik umgehen können, produziert man zu viele Fehlalarme und verknüpft die nicht mit verbindlichen Handlungsaufforderungen (z. B. großflächige Evakuierungen), werden die Leute ihr Handeln an die Fehlalarme anpassen (die letzten 10 Jahre gabs jedesmal nur Gewitter).
Lässt man Gegenden evakuieren, wird man es schwer haben irgendwann Kosten/Nutzen rechtzufertigen (da ja bei X% Wahrscheinlichkeit evakuiert werden müsste, was eben auch Fehlalarme von 1-X bedingt, und nicht ausschließen kann, dass eine Warnung zu spät ausgegeben wird), wenn es erstmal genügend Fehlevakuierungen gab. Aktuell sieht man ja anhand von Corona und Klimakrise, wie schwer sich die Leute mit Wahrscheinlichkeiten und Risiken tun und wie hoch der politische Widerstand wird, wenn es an den Geldbeutel geht.
Anderes Beispiel wären Bombenräumungen, die tendentiell am WE durchgeführt werden und wo ein relativ kleiner Bereich evakuiert wird und die Kosten sehr überschaubar sind, wo genügend Leute es sich einfach zuhause gemütlich machen, weil so selten was passiert.

BlacKi
2021-07-22, 16:32:13
selbst mit optimalen vorraussetzungen hätte es tote gegeben, genau wie die frage, wieviele hätte man retten können. das muss man einfach unkonkret stehen lassen.

Matrix316
2021-07-22, 16:54:54
Man wusste ja es wird sehr viel regnen. Aber die Auswirkungen wusste man nicht. Dann müsste man ala Hurricane Warnungen in Amerika alle im Bereich auffordern zur Evakuation. Man müsste auch vorher schon vielleicht Notunterkünfte einrichten. Man müsste vorher auch die Bundeswehr und THW in alarmbereitschaft setzen, damit diese im Falle des Falles helfen. Aber das ganze sollte auch im Zweifel nicht erst 1 Stunde bevor es brenzlig wird gemacht werden. Am Ende sterben mehr Leute im Auto auf der Flucht, als wenn sie zu Hause geblieben werden. Sowas braucht ja auch etwas Vorlaufzeit.

BlacKi
2021-07-22, 17:00:09
es gab eine sitzung genannt Landeslage 2 tage im vorraus. es wurden falsche entscheidungen getroffen.

Mortalvision
2021-07-22, 17:03:08
Unser Hausmeister meinte, die Wetterlage dei deshalb so schwer interpretierbar gewesen, weil sie sich innerhalb von Stunden gedreht habe und die Starkregengebiete dann statt im Spessart in der Eifel entstanden seien.

Vento
2021-07-22, 17:21:29
Unser Hausmeister meinte, die Wetterlage dei deshalb so schwer interpretierbar gewesen, weil sie sich innerhalb von Stunden gedreht habe und die Starkregengebiete dann statt im Spessart in der Eifel entstanden seien.


Das ist für mich aber primär Bla, Bla.
Die Vorwarnungen waren mindestens 2-3 Tage vorher bekannt.
Das man es nicht regional immer eingrenzen kann ist klar, aber es war bekannt das massive Mengen in Teilen von Rheinland-Pfalz und NRW runterkommen werden.
Ich habe meinen Keller zwei Tage vorher geräumt, alles was im Falle eines voll gelaufenen Kellers halt Schaden nehmen könnte, b.z.w. im Wege, im Nassen stehen würde.
Gleichzeitig vorsorglich etliche tausende Liter aus dem Pool abgelassen, um möglichst viel Auffangpotential im Garten zu bekommen.
Das obwohl ich in einer Region in NRW sitze, für die "nur" 50-70L m² vorhergesagt wurden und die ganzen Vorsichtsmaßnahmen am Ende zum Glück überflüssig waren.
Wer in der Eifel, im Sauerland, Ruhrgebiet, e.t.c. saß, der hätte schon Tage zuvor wissen können, dass bis zu 100 - 150L m² vorhergesagt waren und die höchsten Warnstufen.


Es war absolut klar und vorhergesagt, dass lokal in den am stärksten betroffenen Regionen mit Regenmengen von bis > 150L zu rechnen war.
Damit war absolut ersichtlich, dass wir sintflutartige Regenfälle bekommen werden in einer nie dagewesenen Kategorie, jedenfalls nicht in meiner Lebenszeit und das locker 2-3 Tage vor dem eigentlichen Chaos.
Auch war klar, dass diese Regenmassen nicht so schnell abziehen werden und bis zu 2 Tage über den mit höchsten Vorwarnstufen gekennzeichneten Regionen abregnen werden.

Das man sich dann gegen solche Wassermassen nicht mehr wehren kann, sich auch nicht mehr wirklich darauf vorbereiten kann, steht dann auf einem anderen Blatt.
Was aber definitiv möglich war, solange man eigenverantwortlich agiert und das macht man als Hausbesitzer bei angekündigten Unwettern normalerweise automatisch, man hätte wissen müssen das es für manche Regionen, Ortschaften knüppeldick kommen wird.
Damit hätte man zumindest das ein oder andere Leben weniger verloren, auch wenn man das ganze Ausmaß solcher Katastrophen selbst mit Ankündigungen von sintflutartigen Regenfällen und massiven Vorwarnungen niemals vorab erfassen kann.

ilPatrino
2021-07-22, 17:26:01
*lokal: sirenen. man kann ja gerne zusätzlich per mobilfunk warnen, aber es gibt genug leute, die
-ihr handy zeitweise ausschalten
-kein handy haben
-das handy zum laden woanders hinpacken.

*parallel dazu per internet, tv, rundfunk und mobilfunk (katwarn, nina, cell broadcast, behördenseiten) informationen verbreiten. und zwar konkrete informationen, also nicht "schwere unwetter", sondern "achtung schwere überschwemmungen in folgenden gebieten:", "achtung, b0815 zwischen a und b unbefahrbar"

*klare hierarchien der meldekette: wer hat bei welcher gefahrenlage welche pflichten und befugnisse. kein wischi-waschi wie jetzt, wo eine meldung lieber erstmal korrekt gegendert und auf mögliche safe-space-verletzungen gesäubert wird, bevor man sie weiterverbreitet

*wir wollten doch so dringend das iot, also warum nicht intelligente sirenen, die selbständig und automatisiert rückmeldung über ihren zustand melden. das spart viel personal und aufwand. wer sich nicht meldet, ist kaputt und muß umgehend repariert oder ersetzt werden. simpel, aber effektiv.

*zentrale verwaltung in einer ausfallsicheren umgebung. also sinnvollerweise mindestens doppelt an unterschiedlichen orten vorgehalten, mit laufendem gegenseitigem check. wenn man es noch sicherer haben will, noch mit kleinen subnetzen, die zusätzlich per sat oder richtfunk angebunden sind, um ausfall von internetknoten, störungen o. ä. zu verkraften.

*strikte kommunikative trennung zwischen dem system und dem internet. die systeme dürfen nur per api-schnittstelle von außen erreichbar sein. basissystem und kommunikationsschnittstelle komplett trennen. also ne vernünftig umgesetzte firewall. nix von cisco oder gdata.

und dann würde ich noch der bundeswehr für ihre pionier- und fernmeldetruppen ein katastrophenhilfspaket überhelfen. kann doch nicht so schwer sein, ein paar lkw und/oder container mit funkkoffer und notstromer innerhalb kurzer zeit an vorher festgelegte punkte zu verlegen und entweder ein neues mobilfunknetz aufzuspannen oder das vorhandene mit strom und uplink zu versorgen. notfalls per hubschrauber.

regelmäßige übungen veranstalten, damit die leute den umgang mit dem prozedere lernen.

btw, über der seite vom bundesamt für bevölkerungsschutz und trallala liegt bei mir ein schwarzes overlay drüber, was ich nicht wegkriege. die seite ist für mich nicht benutzbar - einmal mit profis arbeiten.

BlacKi
2021-07-22, 20:19:44
omg:facepalm:

Stadt Rösrath im Rheinisch-Bergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen: "Die Sirenen sind aus einem Grund nicht ausgelöst worden", sagte demnach die Leiterin der Pressestelle der Kreisverwaltung, Birgit Bär. "Hätten wir die Sirenen ausgelöst, während in den Medien die Berichterstattung noch nicht breit lief, hätten alle Leute die 112 angerufen." So sei befürchtet worden, dass bei vielen Nachfragen der Notruf lahmgelegt worden wäre. Den Alarm könne man "nur Hand in Hand mit der Medienberichterstattung auslösen". Sonst sorge er für Panik. Allerdings begründet die Sprecherin des Kreises den ausbleibenden Alarm auch mit dem Eingeständnis: "Niemand hat damit gerechnet, dass es solche Ausmaße annimmt".
https://www.n-tv.de/panorama/App-warnte-nicht-Sirenen-blieben-stumm-article22698765.html

Cyphermaster
2021-07-24, 12:07:45
Ich würde auch sagen, man sollte sich von der Illusion lösen, daß wir flächendeckend so viel Geld investieren können, um überall Scheunen voll Hightech herumstehen zu haben, mit denen man arbeitet. Genau wie es nicht im Ansatz realistisch ist, in einer langsam (ohne Migration sogar schnell) alternden Gesellschaft noch darauf zu zählen, daß junge Freiwillige in solchen Mengen Gewehr (in diesem Fall eher Schaufel) bei Fuß in Zentralen der im Wesentlichen auf Ehrenamt basierenden Feuerwehr und des THW stehen - auf die sich der Katastrophenschutz bei uns aber praktisch ausschließlich stützt.
Sicher, es braucht sowas wie Sirenen und Cell Broadcast; aber das alleine erzeugt erst einmal nur aufgeregte Bürger, die irgendwas tun, von dem sie meinen, es wäre gut. Genau so eine chaotische Masse will man aber eigentlich grade nicht. Aus meiner Sicht ist es höchste Zeit, von einem Land zu lernen, das mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte, dafür aber vor allem organisatorisch wesentlich bessere Lösungen hat einfallen lassen, als wir hier: Japan.

In Japan finden jährliche Events zum Katastrophenschutz statt, in dem Informationen verteilt werden und Leuten beigebracht wird, wie in bestimmten Fällen zu reagieren ist. Auch ältere Mitbürger werden in den Katastrophenschutz mit eingebunden. Polizeikräfte und ähnliche Institutionen werden (so ähnlich wie bei uns der "Dorfpolizist" früher) über das Land verteilt, damit die Wege nicht lang sind. Gewisse grundlegende Schutzmaßnahmen sind NICHT Ehrenamt, sondern staatlich finanziert. Dieses umfassende Fürsorgeprinzip ("mimamori" - "aufeinander aufpassen") hat auch verschiedene Politiker bei uns begeistert, wie z.B. Niedersachsens (!) Innenminister Boris Pistorius bei einem Besuch in Japan 2018 (https://www.welt.de/regionales/niedersachsen/article175310532/Pistorius-beeindruckt-von-Japans-Katastrophenschutz.html).

Auf einen Satz gebracht: Wirksame Katastrophenvorsorge fängt im Kopf an, nicht mit irgendwelchen Geräten auf dem Dach des Rathauses.

Screemer
2021-07-24, 12:19:52
Du wärest überrascht wie viele der freiwilligen Helfer vor Ort unter 30 waren. Mein Eindruck war, dass es weit mehr als 70% waren. Als ich nach Hause fuhr, habe ich noch am Ring die Shuttles gesehen. Bin die Tage davor aus Adenau ins Shuttle. Am Ring war der Anteil noch höher. Busladungen voller junger Leute. Meist in Gruppe. Extrem viele Studenten. Ich war wirklich überrascht.

Das Problem ist, dass Organisation wie THW und FWF durch ihre Organisationsstruktur für viele junge Menschen einfach unattraktiv sind.

Cyphermaster
2021-07-25, 11:53:17
Du wärest überrascht wie viele der freiwilligen Helfer vor Ort unter 30 waren. Mein Eindruck war, dass es weit mehr als 70% waren. Als ich nach Hause fuhr, habe ich noch am Ring die Shuttles gesehen. Bin die Tage davor aus Adenau ins Shuttle. Am Ring war der Anteil noch höher. Busladungen voller junger Leute. Meist in Gruppe. Extrem viele Studenten. Ich war wirklich überrascht.

Das Problem ist, dass Organisation wie THW und FWF durch ihre Organisationsstruktur für viele junge Menschen einfach unattraktiv sind.
Nicht der Anteil der jungen Leute vor Ort ist das Problem, sondern daß wir demografisch immer weniger davon haben (werden). Und ja, THW / FWF sind unattraktiv - aber nicht nur wegen der Struktur, sondern auch, weil man sich für ein Vorankommen im Job Abwesenheiten (auch, wenn der AG es natürlich dulden muss) kaum leisten kann. Dem gegenüber stehen viele Ältere, die zwar mehr Zeit/Gelegenheit hätten, aber glauben, sie könnten/bräuchten sich nicht mehr zu engagieren.

Unyu
2021-07-25, 12:04:17
Es ist technisch überhaupt kein Problem SMS zu versenden. Beim Grenzübertritt ist das auch praktiziert.

Was spricht gegen Sirenen? Zumindest auf jeder Feuerwache gehört so ein Teil. Es braucht nicht die App 526, wenn schon App 525 nicht funktioniert.

Screemer
2021-07-25, 12:06:56
Das hat aber genau 0 mit cellbroadcast zu tun.

BlacKi
2021-07-25, 14:14:12
glaubt ihr wirklich das es sinnvoller war, die sirenen nicht ertönen zu lassen, weil man angst hatte die telefonleitung der 112 würde überlastet werden?

ich hätte es riskiert und die sirenen kreischen lassen. dann sind die leute wenigstens wach und alarmiert.

Vento
2021-07-25, 14:55:14
Sehe das wie Cyphermaster.
Sirenen machen dann Sinn, wenn die Menschen wissen was sie in Katastrophenfällen, inklusive Ausfall moderner Kommunikationsmöglichkeiten, zu tun und zu lassen haben und das muss man einüben.
Angefangen vom individuellen Verhalten, bis hin zur Übung von zügigen, geordnet ablaufenden Evakuierungen.
Früher gab es in der BRD zweimal jährlich ABC-Alarm Übungen, heute würden die meisten einen Probealarm nicht von einem Ernstfall unterscheiden können.
Das wäre definitiv der beste und nachhaltigste Weg beim Faktor "menschliches Verhalten im Katastrophenfall" vorzubeugen, ähnlich den Katastrophenübungen in Japan.
Regelmäßige Katastrophenübungen und die gelernten Verhaltensweisen brennen sich am besten ein und sind dann auch unter massivem Stress leichter abrufbar.

Lowkey
2021-07-25, 14:57:45
Das Kernproblem war entgegen besserem Wissens die fehlende Ansage, dass das Unwetter ein besonders schweres Unwetter sei.

SMS? Dahinter steckt am Ende ein Deal mit der Telekom.

Aus den normalen Nachrichten waren einige Leute gewarnt und hatten sich vorbereitet (auf ein normales Unwetter). Die Kanalisation hat zum ersten Mal seit 10 Jahren gehalten.

Die Sirene vor Ort heult alle 4 Wochen. Auf die Frage nach der Bedeutung wissen die älteren Menschen, dass gleich die Russen kommen. Mit der Sirene assoziiert niemand ein Unwetter.

Die Schäden hätte man nicht vermeiden können. Kleine Bäche mit unbekanntem Namen stiegen über die Ufer und haben ganze Neubaugebiete plattgemacht. Die Regenrückhaltebecken waren übergelaufen und viel zu klein. Die naturbelassenen Ufer haben mit viel Holz die Brücken zerstört.

https://abload.de/thumb/p_20210725_1027201ghknk.jpg (https://abload.de/image.php?img=p_20210725_1027201ghknk.jpg)

Solche Ramböcke liegen zur Deko am Ufer rum...

Fusion_Power
2021-07-25, 15:52:57
Die Sirene in unserem Örtchen wird schon seit DDR-Zeiten regelmäßig genutzt bei Bränden bwz. Feuerwehreinsätzen generell: 3x heulen für den Ernstfall, 2x für Übungen. Irre laut das Teil, man möchte sicher nicht in den Häusern unter dem Sirenenturm wohnen. Aber bewährte Technik und der ganze Ort wird erreicht. Nur zum "Warntag" 2020 blieb die Sirene still. :ugly:

dreamweaver
2021-07-25, 17:01:26
Scheinbar wohne ich in einem Ausnahmegebiet. Bei uns laufen die Sirenen jeden Samstag zur festen Uhrzeit als Test. Und es gibt dann und wann auch echten Sirenenalarm für die freiwillige Feuerwehr (die wahrscheinlich sonst mit stillem Alarm alarmiert wird).

Also wenn hier Sirenen heulen, denkt sich dabei keiner was. Man guckt vielleicht mal aus dem Fenster, aber zu 99% sieht man eh keinen Rauch. Oft sind es auch Verkehrsunfälle zu denen alarmiert wird (Autobahn in der Nähe).

Cellbroadcast klingt doch wirklich gut und scheint in vielen Länder erprobt im Einsatz. Man weiß dann auch genau warum alarmiert wird. Bei Sirenengeheult weiß ich erstmal gar nichts.

FlashBFE
2021-07-29, 16:55:18
Ich sehe das auch so, dass Sirenen nichts bringen. Ich kenne das vom Dorf meiner Eltern auch nur als "schon wieder Feuerwehreinsatz, kann man ignorieren". Aktuell in Leverkusen wäre es unter Umständen fatal gewesen, wenn Leute durch eine Sirene das nächste Hochwasser erwartet hätten, die Häuser verlassen hätten und dann in der Chemiewolke gestanden hätten.

Wenn dann müssen (zusätzlich zu CBC) Lautsprecher her, die technisch einfach und ausfallsicher anzusteuern sind, z.B. durch Funkempfang auf Mittelwelle. Und die kann man am besten auf jeden eh schon stehenden und mit Strom versorgten Mobilfunkmast schrauben. Dann kann zentral gesteuert ein gewisses Amt im Notfall in Endlosschleife mit Aufforderungen und Hinweisen die Bürger beschallen, ohne dass jemand erstmal ein Gerät einschalten muss, was vielleicht eh schon keinen Empfang mehr hat wegen Stromausfall oder weil die Satschüssel weggeflogen ist.

Und ja, unser Katastrophenschutz muss neu organisiert werden. Ich war 2002 eine Woche beim Elbe-Hochwasser dabei, Sandsäcke stapeln an drei verschiedenen Deichen. Was ich mitbekommen habe: Die Organisation war eher schlecht, selbst innerhalb der Bundeswehr. Aber besonders enttäuschend war das THW. Das hat seine Technik aufgebaut, was im wesentlichen aus Generatoren, Lampen und mehr oder weniger sinnvoll platzierten Pumpen bestand, und hat dann Feierabend gemacht. Fast alle Arbeit wurde durch Muskelkraft erledigt, nicht durch schwere Technik. Die müssen ordentlich bezahlt und professionalisiert werden, auch damit sie andere Helfer anleiten können, statt dem Chaos mit dem Kaffee in der Hand zuzusehen. Am besten waren noch die Feuerwehren: Die kannten ihre Gegenden, haben überall mit angepackt und an einigen Stellen ziemlich gut die Führung übernommen.

BlacKi
2021-07-29, 17:53:27
Ich sehe das auch so, dass Sirenen nichts bringen. Ich kenne das vom Dorf meiner Eltern auch nur als "schon wieder Feuerwehreinsatz, kann man ignorieren". Aktuell in Leverkusen wäre es unter Umständen fatal gewesen, wenn Leute durch eine Sirene das nächste Hochwasser erwartet hätten, die Häuser verlassen hätten und dann in der Chemiewolke gestanden hätten.


sie bringen in sofern etwas, das die leute wenigstens die chance haben gewarnt zu werden. die sirene nicht erschallen zu lassen und sie im schlaf durch die flut ertrinken zu lassen, weil man angst hatte, das die notrufnummer nichtmehr erreichbar sein wird, ist lächerlich. man muss die leute warnen, und zwar auch mit sirene. das ist grundvorraussetzung. was die leute mit der warnung anstellen ist deren schuld.