PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : James Webb Space Telescope


Seiten : 1 2 3 [4]

Plutos
2022-07-12, 08:12:58
EDIT:

https://webbtelescope.org/contents/media/images/2022/038/01G7JJTZJTA8BY731JS2S7P5SZ?news=true
https://stsci-opo.org/STScI-01G7NFB56VW5KN2HZ865QV9105.png

:smile:

Das Bild deckt etwa 2.4 Bogenminuten ab. Die vergleichen das mit der Größe eines Sandkornes in Armlängenentfernung.
Das Bild zeigt eine Distanz von etwa z = 0.39 (4.2 Billionen Lichtjahre), aber die gelenseten Objekte hinter dem Cluster, welche verzerrt erscheinen, sind wohl deutlich älter (noch nicht analysiert denke ich).

EDIT2: Hier Bilder von dem Cluster im infraroten Bereich des Hubble Teleskopes (Frequenzbereich nicht vergleichbar mit Webb):

https://archive.stsci.edu/prepds/relics/color_images/smacs0723-73.html
https://archive.stsci.edu/missions/hlsp/relics/smacs0723-73/color_images/hlsp_relics_hst_acs-wfc3ir_smacs0723-73_multi_v1_color.png

Schon ein signifikanter Unterschied! Das Ultra-HD Zeitalter für deep fields hat begonnen :)
Als Orientierung: Der ganz große Stern in der Mitte vom JWST Bild ist auch der helle mittlere Stern bei den Hubble Bildern. Leicht rechts und leicht nach oben (in Bild-Koordinaten) davon sieht man diese lustig Bananen-artig verzerrte Galaxie auf beiden Bildern.

Die Hubble Bilder sind übrigens als Teil des Relics Projektes entstanden, welches Hubble dafür nutzte, JWST early universe targets zu finden.
https://relics.stsci.edu/
Ich habe von beiden Bildern mal einen (fast) gleichen 1:1-Ausschnitt aus der Bildmitte gemacht. Einfach nur wow! :O:O:O

Hubble

https://abload.de/img/hubbleh0kgh.jpg (https://abload.de/image.php?img=hubbleh0kgh.jpg)



JWST

https://abload.de/img/jwst2utkpx.jpg (https://abload.de/image.php?img=jwst2utkpx.jpg)

RaumKraehe
2022-07-12, 09:12:11
Welches Objekt ist für die Verzerrungen verantwortlich?

ChaosTM
2022-07-12, 09:51:59
Eine Dunkle Materie Wolke nehme ich mal an..

New dark matter map reveals cosmic mystery (https://www.bbc.com/news/science-environment-57244708)

Die Galaxie im Vordergrund ist dazu wohl nicht massereich genug. Verhältnis 1:5 zu Gunsten der Dunklen Gravitation, die sich rund um die Galaxie verteilt, imho die bessere Bezeichnung (nach Degrasse Tyson)

Add.: da Galaxien immer auch Dunkle Materie Wolken in und um sich haben, stimmt die Aussage von josefYY natürlich.

josefYY
2022-07-12, 09:52:06
Ich habe von beiden Bildern mal einen (fast) gleichen 1:1-Ausschnitt aus der Bildmitte gemacht. Einfach nur wow! :O:O:O

Hubble

https://abload.de/img/hubbleh0kgh.jpg (https://abload.de/image.php?img=hubbleh0kgh.jpg)



JWST

https://abload.de/img/jwst2utkpx.jpg (https://abload.de/image.php?img=jwst2utkpx.jpg)
Cool, Danke!!

Welches Objekt ist für die Verzerrungen verantwortlich?
Kein einzelnes Objekt, sondern ein Galxienhaufen im Vordergrund: SMAC 0723

Monger
2022-07-12, 10:06:54
Klar ist das eigentlich auch auf Hubble zu erkennen, aber ich finds krass, wie stark einem die Verzerrungen sofort ins Auge springen. Macht intuitiv begreifbar, dass da irgendwas sein muss. Hammer Bildqualität.

Langsam wirds ganz schön voll am eigentlich dunklen Himmel :D

Tangletingle
2022-07-12, 10:09:43
Echt der wahnsinn. Wenn man sich jetzt vorstellt wie "alt" die Technik im JWST ist. Hoffentlich ist das nicht das letzte Projekt seiner Art zu meinen Lebzeiten. Ich Stelle mir gerade einen JWST nachfolger mit aktuellem Stand der Technik vor :eek:

Monger
2022-07-12, 10:26:10
Was man jetzt ganz gut auch auf den Bildern sieht, ist dass zwischen vielen Galaxien da "etwas" ist. Lose Bänder von Sternen. Bei Hubble stehen die Galaxien teils noch sehr vereinzelt rum, aber jetzt sehen viele Bereiche viel zusammenhängender aus.
Außerdem: Farben! :)

Simon Moon
2022-07-12, 10:33:20
etwas weniger Lensflare Objekte bitte

MadCat
2022-07-12, 10:35:42
Die Sterne im Vordergrund sind halt aus unserer Galaxie... Die kann man schlecht wegschieben... xD

Simon Moon
2022-07-12, 11:50:40
Mich verwunderts einfach irgendwie bzw. finds sehr irritierend. Sieht so aus wie aus ner neuen Star Trek Serie. Hab mir aber eigentlich auch noch nie wirklich Gedanken darueber gemacht, wie so Lensflare Effekte denn entstehen.

Auch irritierend find ich, dass auf Kinder Zeichnungen Sterne immer diese typische Sternform haben, die zumindest ich mit meinen schlechten Augen noch nie so wahr genommen habe - und nun sehen die Sterne mit Superteleskop tatsaechlich so aus :upara:

btw. hat hier jemand auch noch die ersten beiden Deep Field Ausschnitte zur Hand? Die Evolution waer mal interessant :eek:

MadCat
2022-07-12, 11:55:16
hehe, jo...

wird hier alles zumindest oberflächlich erklärt:

https://www.weltderphysik.de/thema/hinter-den-dingen/zacken-von-sternen

Langenscheiss
2022-07-12, 12:14:15
Ist zwar heute nur eine Randnotiz, aber es ist dennoch erwähnenswert, dass das Webb jetzt auch vollständig abgesegnet wurde, sprich alle Instrument-Modi sind kalibriert, und für die Wissenschaft zertifiziert (da geht es darum, dass man bei einer fake Entdeckung dann nachher nicht mehr dem Engineering- und Kalibirierungsteam die Schuld geben kann ;) ).

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/07/11/nasas-webb-telescope-is-now-fully-ready-for-science/

Da kann man allen nur noch herzlich gratulieren. Was für eine Monster-Leistung, ein derart komplexes Projekt so perfekt durchzuführen!! Ich weiß noch, wie ich vor 2 Jahren skeptisch befürchtet habe, dass da irgendwas beim Launch oder deployment schiefgeht, und dann 10 Mrd in den Sand gesetzt werden.

Was die deep fields von Hubble angeht, die habe ich hier bewusst nicht gepostet, aber die gibt es natürlich auch beim STScI in high res.

https://hubblesite.org/contents/media/images/2012/37/3098-Image.html

Das Bild deckt auch ca. 2.3 Bogenminuten ab, also im Prinzip müsste die Auflösung vergleichbar sein. Das Problem ist aber, dass diese über Wochen (22 Tage) von Belichtungszeit entstanden sind. Das erschwert die Vergleichbarkeit mit einem Bild, wofür Webb grad mal n halben Tag Belichtung gebraucht hat.

ChaosTM
2022-07-12, 12:32:01
etwas weniger Lensflare Objekte bitte


man nennt es deshalb auch schon JarJar Abrahms Teleskop :D

Add.: Lens Flares kann man bei Teleskopen fast nicht verhindern Die von JarJar sind böswillig hinzugefügt..

Langenscheiss
2022-07-12, 12:59:08
Für die wirklich tiefen deep fields wird man sich natürlich wie bei Hubble einen Bereich nehmen, der nicht von Sternen abgedeckt wird. Bei dem jetzigen Bild geht es darum, diese gelenseten Galaxien zu sehen, weil deren Licht deutlich älter ist, als das, was aus dem "Vordergrund" kommt. Da ist der lensflare (wobei das ein falscher Ausdruck ist, was man da sieht ist schlicht die point-spread function) von einzelnen Sternen vielleicht nicht so schlimm, insbesondere, weil letztere ja vermutlich stärker in einem anderen Frequenz-Bereich scheinen als diese high redshift Galaxien. Man muss ja immer bedenken, dass diese Farbbilder ja durch die Kombination mehrerer Bilder entstehen (siehe die Filterangabe in dem JWST Bild, welches oben gepostet wurde)

Agenor
2022-07-12, 16:00:01
Ich würde sagen, im Prinzip kann man das ähnlich machen, wie beim Event Horizon Telescope, sprich zum phasen müssen die Spiegel nicht direkt beieinander liegen. Aber ich glaube, das Kalibrieren geht dann bei langen Wellenlängen deutlich einfacher. Und wenn man dann bedenkt, wie viel Aufwand es war, die einzelnen Teleskope zu synchronisieren und die Daten für die schwarzen Löcher zu verrechnen, könnte ich mir vorstellen, dass es zwar im Prinzip möglich, aber in der Praxis zu aufwändig wäre im infraroten oder optischen Bereich. Bin da aber kein Fourier-Optik Experte, vielleicht geht das sogar???


Soweit mir bekannt scheitert ein Computerisierendes Optik/IR-Interferometrie-Teleskop an zu ungenauen Zeitangaben für die Datenpakete. Mit dem EHT war man bereits nah am Limit bei dem es noch funktioniert. Habe gelesen, dass man eventuell Atomuhren bis um den Faktor 10 genauer bekommt. Das würde helfen.

Vor einem Jahr oder so kam mir jedoch ein Artikel über "Quanten Interferometrie" unter. Das könnte in einigen Fällen auch helfen. Das dürfte aber auch noch ein Weilchen dauern, bis man sowas nutzen kann.

Langenscheiss
2022-07-12, 16:26:59
Soweit mir bekannt scheitert ein Computerisierendes Optik/IR-Interferometrie-Teleskop an zu ungenauen Zeitangaben für die Datenpakete. Mit dem EHT war man bereits nah am Limit bei dem es noch funktioniert. Habe gelesen, dass man eventuell Atomuhren bis um den Faktor 10 genauer bekommt. Das würde helfen.

Vor einem Jahr oder so kam mir jedoch ein Artikel über "Quanten Interferometrie" unter. Das könnte in einigen Fällen auch helfen. Das dürfte aber auch noch ein Weilchen dauern, bis man sowas nutzen kann.

Ja hatte ich vermutet. Man braucht ja schon für Mikrowellen beim EHT Atomuhren. Das ganze jetzt für Wellenlängen im Infrarotbereich braucht ja eine um den gleichen Faktor bessere Präzision. Da kommt man vermutlich ans Quantenlimit in einigen Geräten.

EDIT: So live stream läuft :)
https://www.youtube.com/watch?v=21X5lGlDOfg

TheCounter
2022-07-12, 16:50:39
NASA sollte die Jungs von NSF für ihre Streams anheuern, denn der NASA Stream ist einfach nur schlecht.

Ein 10 Milliarden Dollar Teleskop bauen, aber keinen ordentlichen Youtube Stream am laufen haben ;D

720p :ugly:

Langenscheiss
2022-07-12, 17:05:59
NASA sollte die Jungs von NSF für ihre Streams anheuern, denn der NASA Stream ist einfach nur schlecht.

Ein 10 Milliarden Dollar Teleskop bauen, aber keinen ordentlichen Youtube Stream am laufen haben ;D

720p :ugly:

Wir bauen auch Quantencomputer, aber regelmäßig fallen Mikrophone und Kameras in talks und zoom sessions aus. Priorities, it's all about priorities :D

WASP 96 hat offenbar doch Wolken.

DavChrFen
2022-07-12, 17:20:42
Eh, ich bin der erste mit dem Bild?
Mal nur der Link, da die 5MB-Version:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_stellar_death_s_ring_miri_nircam_sidebyside-5mb.jpg

Man sieht, glaube ich, schon, dass MIRI, wie ich aufgrund der Wellenlänge erwartet habe, gefühlt nicht ganz so scharf ist. Aber beeidruckend.

TheCounter
2022-07-12, 17:32:56
Gerade das letzte Bild ist wirklich "pervers geil". Holy shit :eek:

Achtung: 130MB PNG!

https://stsci-opo.org/STScI-01G7ETPF7DVBJAC42JR5N6EQRH.png

rokko
2022-07-12, 17:53:55
Eh, ich bin der erste mit dem Bild?
Mal nur der Link, da die 5MB-Version:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/main_image_stellar_death_s_ring_miri_nircam_sidebyside-5mb.jpg

Man sieht, glaube ich, schon, dass MIRI, wie ich aufgrund der Wellenlänge erwartet habe, gefühlt nicht ganz so scharf ist. Aber beeidruckend.
Man ist das geil. Ich meine ich als Laie kann das ja nicht mal beurteilen ...aber solch scharfe Bilder die schon Äonen zurückliegen ....einfach geil. :up:

ChaosTM
2022-07-12, 18:27:11
Gerade das letzte Bild ist wirklich "pervers geil". Holy shit :eek:

Achtung: 130MB PNG!

https://stsci-opo.org/STScI-01G7ETPF7DVBJAC42JR5N6EQRH.png


Windoof 10 weigert sich komischerweise, dieses Bild als Hintergrund einzurichten ;)

DavChrFen
2022-07-12, 18:31:45
Das von mir habe ich nun auch in "full resolution" gefunden.

klein:
https://stsci-opo.org/STScI-01G709RFDHBXFGJ68SZXHNBAVM.png

gros:"Nur" 29MB.


https://stsci-opo.org/STScI-01G79R28V7S4AXDN8NG5QCPGE3.png

Mr. Cruise
2022-07-12, 19:33:26
Interaktive Map um die Dimension der Größenordnung zu visualisieren.

https://web.wwtassets.org/specials/2022/jwst-smacs/

Sandkorn trifft es wirklich gut.

Monger
2022-07-12, 19:45:19
https://exoplanets.nasa.gov/exoplanet-catalog/5152/wasp-96-b/
Atmosphärenanalyse von nem Gasgiganten. Atmosphäre enthält Wasserdampf.

Das ist visuell natürlich weniger ansprechend, aber wie geil ist es bitteschön, dass wir die Atmosphärenzusammensetzung von 1400 LJ weit entfernten Planeten sehen können? Kirk konnte das immer erst wenn er quasi davor stand :ugly:

ChaosTM
2022-07-12, 19:55:10
Das ist besonders faszinierend, ja. Speziell wenn wir mal eine sauerstoffreiche "Drecksuppe" finden wie rund um unseren Planeten. ^^

Langenscheiss
2022-07-12, 20:11:35
https://exoplanets.nasa.gov/exoplanet-catalog/5152/wasp-96-b/
Atmosphärenanalyse von nem Gasgiganten. Atmosphäre enthält Wasserdampf.

Das ist visuell natürlich weniger ansprechend, aber wie geil ist es bitteschön, dass wir die Atmosphärenzusammensetzung von 1400 LJ weit entfernten Planeten sehen können? Kirk konnte das immer erst wenn er quasi davor stand :ugly:

Der Wiki Artikel zu WASP96 ist lustig:

https://en.wikipedia.org/wiki/WASP-96b

In einem Satz heißt es da:
"It shines brightly from sodium, apparently because its atmosphere is free of clouds"
Im nächsten dann:
"The spectrum taken confirmed the presence of water, as well as providing evidence for 'clouds and hazes' within the planet's atmosphere."
;D
Das ist also die erste wissenschaftliche Erkenntnis aus dem Spektrum, dass es offenbar doch Wolken gibt.

EDIT: Und ja, das MIRI Bild ist natürlich verwaschener. Aber trotzdem ein Quantensprung im Vergleich zum Spitzer. Die MIRI Aufnahmen sind von daher eigentlich sogar beeindruckender, wenn gleich nicht so spektakulär in den Details.

Tobalt
2022-07-12, 20:21:55
Bei kürzeren Wellenlängen geht Aperture synthesis auch..Wird zB vom VLTI gemacht..Aber ich glaube die Basislänge ist nur etwas um die 100 m.

Wie Agenor schon sagt, reichen unsere uhren und Detektoren nicht aus um die Phaseninformation zu digitalisieren, deshalb muss man die Interferometrie analog realisieren mit einem Interferometer.

Das ist ungleich schwieriger als bspw. bei Ligo, weil man hier keine punktquelle sondern eine sehr ausgedehnte quelle hat und somit Aberrationen massiv stören.

josefYY
2022-07-12, 20:23:21
Das von mir habe ich nun auch in "full resolution" gefunden.

klein:
https://stsci-opo.org/STScI-01G709RFDHBXFGJ68SZXHNBAVM.png

gros:"Nur" 29MB.


https://stsci-opo.org/STScI-01G79R28V7S4AXDN8NG5QCPGE3.png

Ist sowohl die linke als auch die rechte Aufnahme vom JWT aber in unterschiedlichen Wellenlängen aufgenommen oder ist eines der beiden von Hubble?

TheCounter
2022-07-12, 20:28:00
Ist sowohl die linke als auch die rechte Aufnahme vom JWT aber in unterschiedlichen Wellenlängen aufgenommen oder ist eines der beiden von Hubble?

Beide vom JWST, die rechte Aufnahme ist Mid-Infrared, die linke Near-Infrared.

Die Hubble Aufnahme sieht so aus:

https://www.nasa.gov/sites/default/files/images/137415main_image_feature_443_ys_full.jpg

DavChrFen
2022-07-12, 20:29:52
Beides JWST. Das Linke ist NirCAM (nahes Infrarot) und das Rechte MIRI(mittleres Infrarot. Also das Rechte hat eine größere Wellenlänge und man kann daher weiter in den Nebel reinschauen. Hubbel von dem gleichen Objekt ist
https://twitter.com/NASAWebb/status/1546871951897001986/photo/1
(gibt bestimmt höher aufgelöste Bilder davon von Hubble)

Joe
2022-07-12, 20:42:51
https://i.imgur.com/TG71Q9G.png

Nightspider
2022-07-12, 21:09:28
Wodurch kommt eigentlich dieses geile Muster zustande?

https://abload.de/img/stars1wjco.png

Sieht irgendwie abgefahren aus. :D

Langenscheiss
2022-07-12, 21:09:34
Hab hier mal schnell einen side-by-side Auschnitt des Stephan Quintets gemacht. Die Auflösung ist sichtbar, aber nicht spektakulär besser, aber was beeindruckt, ist, wie viel mehr da in dem JWST Bild auftacht, was beim Hubble Telescope überhaupt nicht zu sehen ist. Und ich vermute mal, die Belichtungszeit beim Hubble war länger.
Hier das Bild (groß!!)

https://abload.de/img/jwstvshubble0jjon.jpg


Das Muster entspricht der point-spread function des Teleskopes.
https://en.wikipedia.org/wiki/Point_spread_function
Im Wesentlichen, wie die Lichtinterferenz durch die hexagonale Geometrie des Spiegels und der Stangen des sekündären Spiegels beeinflusst wird. Die Sterne sind so klein im Vergleich zu den Galaxien, dass sie quasi wie eine Punktquelle aussehen, und eine Punktequelle erzeugt halt ein bestimmtes Interferenzmuster durch die Spiegelelemente.

Joe
2022-07-12, 21:11:28
Wodurch kommt eigentlich dieses geile Muster zustande?

https://abload.de/img/stars1wjco.png

Sieht irgendwie abgefahren aus. :D

Die Spiegelsegmente.

Rincewind
2022-07-12, 21:22:39
vorläufiges Fazit: ich bin geflasht. :up:

ChaosTM
2022-07-12, 21:23:38
https://i.imgur.com/TG71Q9G.png


Mit a bissl DLSS und CAS sharpening via Reshade bringt man ein normales Fernrohr auch fast auch James Webb Niveau.. ;)

Sehr geil das Ganze..

Langenscheiss
2022-07-12, 21:36:15
Hier übrigens noch ein MIRI vs. NIRCAM Vergleich. MIRI hat dieses "flare" Problem eben nicht so krass:


https://stsci-opo.org/STScI-01G7DDVJM97143B485EE5BE3N3.png


Ach ja, und man bekommt mit Webb "mal eben" innerhalb von 12 Stunden ein Bild, welches 13.1 Mrd Jahre altes Licht zeigt :D

https://stsci-opo.org/STScI-01G7NH26MEXD859Z07ZSV9VN2W.png

Um das rauszufinden, hat man übrigens die Microshutter-Technologie der NIRSpec zur Spektroskopie benutzt :)

https://stsci-opo.org/STScI-01G7NJ4EV8BM2YP522D9EGGMMD.png

Darüber hinaus gibt es auch eine Integralfeld-Spektrum (also einen Datenwürfel mit einem Spektrum pro Bildpunkt), welches die Gaszusammensetzung um ein supermassives schwarzes Loch herum zeigt:

https://stsci-opo.org/STScI-01G7NB0JPM05BDMN43B121Z6HK.png

Simon Moon
2022-07-12, 21:58:08
m9m8l50gm5M

Langenscheiss
2022-07-12, 22:21:42
Für das WASP96b Spektrum gibt es hier auch noch einen Vergleich:
https://arxiv.org/pdf/2207.03479.pdf
(Figur 9 auf Seite 19)
Wie vom STScI beschrieben, reicht dieses Spektrum nur bis 1.6 µm, und nach deren Model hat der Planet keine Wolken. Dem scheinen die aktuellen Webb Daten, welche bis 2µm sinnvolle Fehlerbalken haben, zu widersprechen. Nicht, dass das jetzt besonders spektakulär sei, aber es ist eine erste wissenschaftliche Erkenntnis :)

Dr. Lars Sahmströhm
2022-07-12, 22:39:05
https://i.imgur.com/TG71Q9G.png

Sieht ein bischen aus wie die Iris eines Auges.

https://pbs.twimg.com/media/FXej6bWX0AQHKE7?format=jpg&name=900x900

Einige glauben ja, dass es eine "oberserving conciousness" gibt, die ursächlich für den "collapse of the wave function" ("The process of measurement does not follow the Schrödinger equation") ist.
Penrose glaubt nicht daran, aber sicher scheint er nicht. :)

siehe: Von Neumann - Wigner Interpretation (https://en.wikipedia.org/wiki/Von_Neumann%E2%80%93Wigner_interpretation)

"In the 1960s, Eugene Wigner[2] reformulated the "Schrödinger's cat" thought experiment as "Wigner's friend" and proposed that the consciousness of an observer is the demarcation line that precipitates collapse of the wave function, independent of any realist interpretation."

TSBOBJsdEuY

BananaJoe
2022-07-12, 23:31:15
Ganz, ganz toll!

Klar, ein Hubble Deep Field war auch schon mehr als beeindruckend, aber das.. und im Anschluss schaut man Tagestehmen :freak::mad::redface:

https://www.heise.de/news/Weltraumteleskop-James-Webb-Beeindruckendes-erstes-Foto-zeigt-tausende-Galaxien-7169490.html

"Beeindruckendes erstes Foto zeigt tausende Galaxien"
"Schon dass Webb sie überhaupt ausmachen kann, beeindruckt: Die Sicht entspricht der Fläche eines Sandkorns, das auf Armeslänge vor die eigenen Augen gehalten wird, erklärt die US-Weltraumagentur NASA. "

;)

Langenscheiss
2022-07-13, 00:21:19
Das Randall Video ist gut:

AS-3orgIDrw

Da werden auch viele User Fragen beantwortet, top!

Mortalvision
2022-07-13, 00:50:06
Hubbles gesamte Belichtungszeit für das Deep Field Foto waren ca. 15 Tage gesamt mit zwei Instrumenten (unterschiedlich lang). JWT hat das - wie es aussieht - in ein paar Stunden angefrühstückt!

Langenscheiss
2022-07-13, 00:57:22
Hubbles gesamte Belichtungszeit für das Deep Field Foto waren ca. 15 Tage gesamt mit zwei Instrumenten (unterschiedlich lang). JWT hat das - wie es aussieht - in ein paar Stunden angefrühstückt!

Ja, das hat, wie im Video erwähnt, mit dem großen Spiegel, der mehr Licht einfängt, und den besseren Detektoren zu tun. Hubble wurde ja mehrmals nachgerüstet, aber die Detektortechnik beim JWST ist nochmal besser.
Was ich mich frage, wo die Grenze beim JWST liegt. Nicht in der Auflösung (die ist theoretisch nur leicht besser als bei Hubble, aber in der Praxis doch sichtbar besser wie die Bilder zeigen) sondern in der Helligkeit der Objekte, wenn man mal 2 Wochen draufhält.

Nightspider
2022-07-13, 03:11:22
Zu beachten bei dem Vergleich ist, das Hubble um die Erde kreist und immer nur in Intervallen das zu beobachtende Objekt beobachten kann während das JWST durchgängig "draufhalten" kann. :)

Dennoch: Mit dem JWST kann man in viel kürzerer Zeit viel mehr Aufnahmen schaffen, was toll ist.

Tobalt
2022-07-13, 05:57:32
Die Grenze für ein Deep Field liegt in der Lebensdauer, die zwischen anderen Projekten aufgeteilt werden muss. Die ganze Spektralstudie sind einzigartig und werden wohl viel Zeit erhalten.

Man muss die Deep Fields ja nicht am Stück belichten. Man kann auch immermal wieder 12h hinzufügen, wenn es eine Pause gibt oder zu "Kalibrierungszwecken" ;)

Und: man kann ja ungefähr abschätzen wie groß und hell eine Galaxie mit maximal sichtbarem Redshift wäre. Daraus ließe sich ja ableiten, wie lange mal belichten muss um dafür eine ausreichende SNR zu bekommen. Ich vermute mal, die Größenordnung ist mindestens eine Woche.

MadCat
2022-07-13, 06:44:14
Hubbles gesamte Belichtungszeit für das Deep Field Foto waren ca. 15 Tage gesamt mit zwei Instrumenten (unterschiedlich lang). JWT hat das - wie es aussieht - in ein paar Stunden angefrühstückt!

lt dem heutigen APOD (https://apod.nasa.gov/apod/ap220713.html), in dem das DeepField-Foto gezeigt wurde, stand, das es 12,5h Belichtungszeit brauchte.

Langenscheiss
2022-07-13, 12:07:59
Zu beachten bei dem Vergleich ist, das Hubble um die Erde kreist und immer nur in Intervallen das zu beobachtende Objekt beobachten kann während das JWST durchgängig "draufhalten" kann. :)

Dennoch: Mit dem JWST kann man in viel kürzerer Zeit viel mehr Aufnahmen schaffen, was toll ist.

Ja, das ist auch bei der Belichtungszeit schon mit eingerechnet, dass Hubble das nicht kontinuierlich macht. Der Zeitunterschied ergibt sich denke ich hauptsächlich durch den großen Spiegel. Und man muss dabei immer beachten, bei welchen Wellenlängen das passiert. Das Hubble-Teleskop könnte selbst mit seinem nachgerüsteten Infrarot-Detektor niemals derart scharfe und helle Bilder bei den ~µm Wellenlängen machen, bei denen der Webb-Spiegel + NIRCam das können. Insofern würde ich sogar sagen, die Tatsache, dass man in derart kurzer Zeit derart scharfe Bilder sowohl im nah- als auch mittelinfrarot Bereich machen kann, ist ein riesen Gewinn für die Wissenschaft. Damit lassen sich viel mehr Projekte realisieren bzw. die Statistik von Beobachtungen deutlich verbessern. Klar, die Bilder müssen dann noch bearbeitet und analysiert werden, aber da lässt sich viel automatisieren, und im Gegensatz zum CERN oder den Telescope arrays liefert das Webb Datenmengen, womit man auch ohne Data scientists noch sinnvoll analysieren kann ;) Und vielleicht gibt es demnächst sowas wie das "deep field of the week" :)

Die Belichtungszeiten der ganzen Bilder sind übrigens bei den STScI Seiten zu den einzelnen Aufnahmen meist mit angegeben in der Infobox wenn man runterscrollt, falls sich jemand nicht sicher ist. Insofern würde ich da immer zuerst zum STScI gehen, anstatt irgendwelche Sekundärquellen zu konsultieren.

EDIT: Ist ganz amüsant, dieser WASP96b Wolkenstory zu folgen. Bislang dachte man ja, dass es da keine Wolken gibt, und das JWST hat ja jetzt vermutlich Wolken nachgewiesen. Der Wissenschaftler, der grad im NASA Live Stream Rede und Antwort steht (Nestor Espinoza), hat noch am 7. Juli ein paper auf arxiv als co-author veröffentlicht, in dem sie die vorherige Hypothese noch mal bestätigten:

https://arxiv.org/abs/2207.03479

(side note: James Kirk ist auch als Author gelistet :D) Ne Woche später sitzt er da jetzt, und muss zugeben, dass es mit der größeren Bandbreite und den zusätzlichen Details im Webb-Spektrum wohl offenbar doch Anzeichen für Wolken gibt, und er das "im Herzen" ja schon immer gedacht hätte :D

Langenscheiss
2022-07-14, 14:03:39
Hier übrigens noch der Prüfbericht zum Abschluss des commissionings:

https://www.stsci.edu/files/live/sites/www/files/home/jwst/documentation/_documents/jwst-science-performance-report.pdf

Da gibt es viele interessante Performance Vergleiche zwischen den jetzt gemessenen Werten und der vorherigen Erwartung. Das meiste liegt über den Erwartungen, aber ein paar Probleme, z.b. mit den Filtern und der Spektroskopie, werden auch erwähnt. Auch gibt es Probleme stray light Artefakten, welche sich jedoch in den meisten Fällen durch bald anstehende Hardware- (durch Adjustierung der Instrumente) oder Software fixes (rausrechnen in der Bildverarbeitung) mitigieren lassen. wovon noch nicht ganz klar ist, wie sehr sie die Wissenschaft beeinträchtigen.

EDIT: Hier gibt es auch eine Seite zu den Artefakten:

https://jwst-docs.stsci.edu/data-artifacts-and-features

Uff, ist ja doch einiges. Kenne da zugegeben jetzt keinen Vergleich zu anderen Teleksopen, aber manche von den Artefakten sehen nicht so aus, als könne man sie leicht rausrechnen. Diese z.B. würden mir eventuell Sorgen bereiten:

https://jwst-docs.stsci.edu/jwst-near-infrared-camera/nircam-features-and-caveats/nircam-claws-and-wisps

Naja, kann das schlecht einschätzen, aber perfekt ist das wohl nicht. Das gute und schlechte zugleich ist, dass das wohl licht auf einem nicht vorgesehen optischen Pfad ist. Das heisst zum einen, dass das Teleskop "weniger dicht" ist, als erwartet, aber zum anderen heisst das auch, dass man die Artefakte vermutlich gut identifizieren kann, da die sich z.B. bei leichten Bewegungen anders Verhalten, als das Bild vom eigentlichen optischen Pfad via primären und sekundären Spiegel.

Simon Moon
2022-07-18, 16:10:22
Die Schaeden durch die Mikrometeoriten scheinen offenbar schlimmer als zuerst angenommen:
https://www.yahoo.com/entertainment/nasa-james-webb-space-telescope-212449197.html

Hoffen wir mal, da schlagen nun nicht pro Jahr so 2 Dinger ein

ChaosTM
2022-07-18, 17:10:46
Damit haben sie gerechnet, aber gleich so früh is halt blöd. Hoffentlich triffts keine elektronischen Teile..

Langenscheiss
2022-07-18, 23:41:16
Die Schaeden durch die Mikrometeoriten scheinen offenbar schlimmer als zuerst angenommen:
https://www.yahoo.com/entertainment/nasa-james-webb-space-telescope-212449197.html

Hoffen wir mal, da schlagen nun nicht pro Jahr so 2 Dinger ein

Ne, nichts neues in dem Artikel. Das hat Lee Feinberg (der Optik-Chef im Webb-Team) alles schon letztens in der Pressekonferenz aufgedröselt, der Report liefert dazu halt jetzt die genauen Zahlen. Das Problem konnte soweit korrigiert werden, dass es die Wissenschaft bis jetzt nicht beeinträchtigt. Zum Problem wird das bloß, wenn das häufiger passiert, aber das weiß man noch nicht, und da ist man gerade dabei, Strategien zu entwickeln, das Problem zu mitigieren. Klar ist jedenfalls, dass die Lebensdauer des Webb nicht durch den Treibstoff für die Steuerdüsen gegeben ist, sondern wohl eher durch Mikrometeoriten. Wird in dem Arxiv auch so benannt, und war vorher nicht zu erwarten. Da weiß man fürs nächste Mal, falls es sowas irgendwann nochmal geben wird, bescheid, und wird sich etwas ausdenken. Jetzt sollten wir Webb so lange nutzen, wie es geht, Mikrometeoriten soweit bekannt meiden, und ansonsten halt das beste hoffen, da das schlicht nicht bekannt ist/war, wie viel da wirklich rumrauscht.

Hier übrigens noch ein Video mit ein paar mehr Details und Vergleichen:
https://www.youtube.com/watch?v=0FWO1Pvbhq4

Mortalvision
2022-07-19, 05:28:36
Ja, das ist echt schade. Liegt es daran, dass Web auf diesem L1 Punkt von der Erdbahn ist? Oder ist es seine Größe? Schließlich gibt es Sonden, die tuckern seit Jahrzehnten durchs Sonnensystem und haben wohl nichts Schlimmes abbekommen.

rokko
2022-07-19, 14:12:09
Ja, das ist echt schade. Liegt es daran, dass Web auf diesem L1 Punkt von der Erdbahn ist? Oder ist es seine Größe? Schließlich gibt es Sonden, die tuckern seit Jahrzehnten durchs Sonnensystem und haben wohl nichts Schlimmes abbekommen.
Die Wissenschaftler haben nicht damit gerechnet das es so früh schon zu einem Mikrometeoritentreffer kommt.

Das es dazu kommt irgendwann war denen klar. Blos eben so früh hat keiner damit gerechnet. Ausserdem hat man nur sehr ungefähre Schätzungen wie viele von diesen Dingern dort rumschwirren.

Gab es eine tolle Sendung im Dlf dazu.:smile:

Fusion_Power
2022-07-19, 15:25:21
Die Schaeden durch die Mikrometeoriten scheinen offenbar schlimmer als zuerst angenommen:
https://www.yahoo.com/entertainment/nasa-james-webb-space-telescope-212449197.html

Hoffen wir mal, da schlagen nun nicht pro Jahr so 2 Dinger ein
Erstaunlich dass das Teleskop so weit draußen im quasi leeren All überhaupt noch von irgend was getroffen werden konnte. Wie die Chancen dafür wohl stehen? Die Wissenschaftler haben sich ja hoffentlich vorher genau überlegt wo man das Teleskop am besten platziert um die Chancen für Begegnungen mit natürlichen "Weltraummüll" zu minimieren. Oder das All ist voller als man meinen würde. Jedenfalls könnte es weitere Einschläge geben wenn es schon so kurz nach Beginn der Mission solche Probleme damit gab.

ChaosTM
2022-07-19, 16:04:47
An diesem Lagrange Punkt kurvt halt auch schon einiges herum. Möglicherweise hat sich da wo was kleines gelöst aber wahrscheinlich war es einfach nur Pech.
Hab den Artikel nur überflogen und es wird möglicherweise ganz genau erklärt was getroffen hat.
Falls ja, Punkt Eins ignorieren. ^

Langenscheiss
2022-07-19, 23:31:30
Erstaunlich dass das Teleskop so weit draußen im quasi leeren All überhaupt noch von irgend was getroffen werden konnte. Wie die Chancen dafür wohl stehen? Die Wissenschaftler haben sich ja hoffentlich vorher genau überlegt wo man das Teleskop am besten platziert um die Chancen für Begegnungen mit natürlichen "Weltraummüll" zu minimieren. Oder das All ist voller als man meinen würde. Jedenfalls könnte es weitere Einschläge geben wenn es schon so kurz nach Beginn der Mission solche Probleme damit gab.

1. Das Teleskop ist weit weg vom L2, in einem relativ großen Orbit um L2, auch wenn es oft vereinfacht so gesagt wird, dass Webb "am" L2 ist.. Was auf diesem großen Orbit um L2 rumfliegt oder nicht, ist weitesgehend unbekannt. Man hat sich da natürlich vorher überlegt, wie man bekannte Quellen vermeiden kann (Kometentrails etc.), aber was da draußen sonst noch so in dieser immer noch winzigen Größenordnung rumschwirrt ist nicht genau bekannt. Klar, da kann man spekulieren, und das wurde auch gemacht, aber in der Realität weiß man es schlicht nicht genau. Webb wird von daher auch unfreiwillig zu Erkenntnisgewinn führen.

2. Die vielen Vorteile des Orbits um L2 überwiegen klar die Nachteile. Es gibt keinen sinnvoll erreicharen Ort für ein payload dieser Größe, der besser für Infrarotteleskopie geeignet ist, und die Anzahl an benötigten Korrekturmanövern in einer festen Zeit ist auf dem gewählten Orbit überschaubar. Darüber hinaus wäre es wohl selbst in einem erdnahen Orbit (wenn man mal für eine Sekunde ignoriert, dass dieser sich nicht für IR Teleskope eignet) zu aufwändig und schwer geworden, diesen riesigen Spiegel noch ähnlich wie Hubble in eine schützenden Hülle zu verpacken, welche sich ja auch mit ausfalten muss. Man bedenke, dass es bereits jetzt einige Anpassungen für die Trägerrakete und für das Teleskop (Faltmechanik) benötigte, um das Webb überhaupt in die Rakete und damit ins All zu bekommen. Mikrometeoriten sind da halt der Kompromiss. Das war den beteiligten vorher klar, aber wie viele von denen da jetzt genau rumschwirren, war und ist nicht bekannt. Vielleicht gibt es in der ferneren Zukunft 2 Missionen. Eine, welche das Teleskop transportiert, und eine weitere, welche eine Hülle mit in den Weltraum befördert. Wer weiß. Aber mit Webb müssen wir mit dem leben, was wir haben.

@Mortalvision:
Alles eine Frage der Größenordnung. Auch die von dir benannten Sonden haben mit Sicherheit diese Mikrometeoriten abbekommen. Aber das, war hier dramatisiert wird, verursacht in der Realität nur Abweichungen im Nanometerbereich. Für 99.9% aller Flugkörper da draußen ist das völlig irrelevant. Für Webb allerdings wird das zum Problem, wenn die Verzerrung den Aktuatorspielraum saturiert, sprich, wenn man die Verzerrung nicht mehr korrigieren kann. Das ist aber im Wesentlichen nicht der Fall. Klar, die Korrektur der Verzerrung durch den Mikrometeoriten ist natürlich ein Kompromiss, weil man jeden Spiegel ja "nur" an 7 Punkten kontrollieren kann, und man somit Verzerrungen nicht perfekt korrigieren kann. Aber diese kleinen Abweichungen sind aktuell noch nicht relevant. Zurzeit sind die Wissenschaftler vermutlich deutlich mehr damit beschäftigt, die commissioning daten zur Kalibrierung richtig zu implementieren, um diese ganzen stray light artefakte usw. zu korrigeren. Da ist dieser Mikrometeorit eher ein second order oder third order problem aktuell. Um es vielleicht auch mal positiv auszudrücken: Ich finde es bemerkenswert, dass das Webb Optikkorrektur Programm so gut funktioniert, dass dieser Mikrometeorit das commissioning praktisch kaum beeinflusst hat.

Asaraki
2022-07-20, 00:24:05
@Langenscheiss : Danke für das schöne erklärende Posting.

Ist vielleicht ein guter Zeitpunkt sich zu erinnern, dass der Weltraum per se alles zerstört. Man sollte daher bei entsendeten Objekten froh sein um jeden Tag, an dem nichts unerwartetes passiert, da man sich rein wissenschaftlich trotz aller versammelter Intelligenz aufgrund fehlender Information in einer absoluten Black Box befindet. Was imho die Erfolge der Weltraum-Instituten der ganzen Welt nur noch beeindruckender macht. Aber das ist natürlich sehr abstrakt, da man die fehlenden Informationen anschauen muss und nicht das ganz kleine winzige Etwas, das wir wissen :D

Rincewind
2022-07-21, 13:52:26
gerade ein paar Tage in Betrieb schon purzeln die Rekorde. Uralte Galaxie gefunden.

https://www.golem.de/news/astronomie-james-webb-weltraumteleskop-findet-uralte-galaxie-2207-167056.html

Fusion_Power
2022-07-21, 14:26:19
1. Das Teleskop ist weit weg vom L2, in einem relativ großen Orbit um L2, auch wenn es oft vereinfacht so gesagt wird, dass Webb "am" L2 ist.. Was auf diesem großen Orbit um L2 rumfliegt oder nicht, ist weitesgehend unbekannt. Man hat sich da natürlich vorher überlegt, wie man bekannte Quellen vermeiden kann (Kometentrails etc.), aber was da draußen sonst noch so in dieser immer noch winzigen Größenordnung rumschwirrt ist nicht genau bekannt. Klar, da kann man spekulieren, und das wurde auch gemacht, aber in der Realität weiß man es schlicht nicht genau. Webb wird von daher auch unfreiwillig zu Erkenntnisgewinn führen.
...

Mir ist schon klar dass das Teleskop an genau diesem Punkt sein muss um richtig zu funktionieren. Die Frage ist halt ob es da bezüglich der Position Toleranzen gibt und die Wissenschaftler eventuell auch vorab mutmaßen konnten wo mehr oder wo weniger Teilchen angesammelt sind die dem Teleskop gefährlich werden können. Es scheint sich dort ja ehr was anzusammeln als an anderen Punkten im All, so hab ich das jedenfalls verstanden.
Man kann also nur hoffen dass solche Kollisionen dort nur eine Ausnahme waren und es für das Teleskop in Zukunft nicht öfters gefährlich wird.

gerade ein paar Tage in Betrieb schon purzeln die Rekorde. Uralte Galaxie gefunden.

https://www.golem.de/news/astronomie-james-webb-weltraumteleskop-findet-uralte-galaxie-2207-167056.html
Sehr gut, je mehr desto besser. Und in guter Hoffnung, dass James Webb so lange durchhält wie Hubble kommt da sicher noch einiges an spektakulären Entdeckungen auf uns zu. :)

Distroia
2022-07-21, 15:39:06
Vielleicht gibt es in der ferneren Zukunft 2 Missionen. Eine, welche das Teleskop transportiert, und eine weitere, welche eine Hülle mit in den Weltraum befördert. Wer weiß.

Wie kann man sich denn eine solche Hülle vorstellen? Das Licht müsste ja auch irgendwie noch durchkommen.

Radeonfreak
2022-07-21, 15:41:39
Könnte mir analoges Vorstellen

https://www.maz-online.de/resizer/EgLXMINKRiHFbmxrSdHHaFxD84Q=/arc-anglerfish-eu-central-1-prod-madsack/public/HRKPXOU2EOW2QL5SBEFV6SY35E.jpg

Eine Kugel die sich in beobachtungsrichtung mitdreht.

Kann natürlich immer noch was reinfliegen, aber ansonsten ist es rundherum geschützt.

Gut, Solar geht dann auch nicht mehr.

ChaosTM
2022-07-21, 15:41:57
Sehr gut, je mehr desto besser. Und in guter Hoffnung, dass James Webb so lange durchhält wie Hubble kommt da sicher noch einiges an spektakulären Entdeckungen auf uns zu. :)


So lange wie Hubble leider nicht, weil der Korrektur Treibstoff irgendwann ausgeht.
Durch ESA`s präzise Arbeit geht man derzeit von 15 Jahren aus. Vorher hat man eher mit 10 gerechnet.

Langenscheiss
2022-07-21, 18:05:28
So lange wie Hubble leider nicht, weil der Korrektur Treibstoff irgendwann ausgeht.
Durch ESA`s präzise Arbeit geht man derzeit von 15 Jahren aus. Vorher hat man eher mit 10 gerechnet.

Wie gesasgt, der Treibstoff ist für diese Rechnung mittlerweile völlig irrelevant. Was nach jetziger Erwartung entscheidend sein wird, ist die Performance des Spiegels und des Sonnenschildes sowie der Komponenten. Das Korrektursystem mit den Düsen ist vermutlich eines der robustesten Sachen am Webb. Wenn das bombardment mit Zeugs dort häufiger passiert, als spekuliert, kann es sein, dass der Spiegel irgdendwann nicht mehr korrigiert werden kann. Und wenn der Sonnenschutz schlechter wird, wird die Wärmeverschmutzung irgendwann zu groß. Darüber hinaus können ja auch einzelne Komponenten ausfallen. Letzteres beendet nicht die Mission, aber teile der Wissenschaft. Ich glaube, wir sollten alle froh sein, wenn das System 5-10 Jahre hält. Eine Service-MIssion wird es wohl nur dann geben, wenn Webb wirklich den Jackpot trifft und einen exoplaneten mit Zeichen von Leben findet. Oder wenn das early universe ganz anders aussieht, als die Modelle vorhersagen. Und die enormen schwierigkeiten einer solchen, zwangsweise autonomen Mission wurden hier viele Seiten zuvor ja ausführlich diskutiert.

Bezüglich Hülle. Beim Hubble ist der Spiegel ja nicht direkt vorne angebracht, sondern innerhalb dieser runden Rohrstruktur. Damit werden mögliche Einfallsvektoren für Mikrometeoriten beschränkt. Ein Problem dabei ist natürlich (abgesehen vom offensichtlichen Problem, dass sowas für so einen großen Spiegel schwer zu machen ist im Weltraum), dass diese Struktur dann ja auch runterkühlen muss. Und vermutlich noch zig andere Probleme. Insofern...

ChaosTM
2022-07-21, 18:09:29
Das ist natürlich gut möglich. Aber vielleicht waren die ersten "Treffer" auch nur Ausreißer.
Hoffe ich zumindest. Man hat auf jeden Fall mehr "Sprit" als erhofft.

Distroia
2022-07-22, 23:01:17
Bezüglich Hülle. Beim Hubble ist der Spiegel ja nicht direkt vorne angebracht, sondern innerhalb dieser runden Rohrstruktur. Damit werden mögliche Einfallsvektoren für Mikrometeoriten beschränkt. Ein Problem dabei ist natürlich (abgesehen vom offensichtlichen Problem, dass sowas für so einen großen Spiegel schwer zu machen ist im Weltraum), dass diese Struktur dann ja auch runterkühlen muss. Und vermutlich noch zig andere Probleme. Insofern...

Achso. Ich dachte eher, du hättest eine andere Vorstellung von einer Hülle, weil du vorher etwas von wegen Hülle getrennt transportieren geschrieben hattest. Eher so was wie das Bild von Radeonfreak. Anscheinend kann man da mit aktuellen Mitteln nicht so viel machen, schade. Hoffen wir, dass es nicht ganz so schlimm wird. Vielleicht hatte das JWST ja einfach nur Pech und es fliegt da doch nicht so viel rum, wie die ersten Treffer befürchten lassen.

Langenscheiss
2022-07-25, 13:01:33
Es gibt übrigens schon ein paar deep field paper, welche auf Daten des early release programmes basieren. Hier z.B. 2:

https://arxiv.org/abs/2207.09436
https://arxiv.org/abs/2207.09434

Wenn sich das bestätigt, kommt das schon jetzt an die HD 1/2 Beobachtungen ran

https://en.wikipedia.org/wiki/HD1_(galaxy)

Wenn man überlegt, wie lange man beim Hubble gebraucht hat, um dann letztlich GNz11 zu finden,

https://en.wikipedia.org/wiki/GN-z11

kann man da noch einiges erwarten in der nächsten Zeit :) Die Erwartungen waren ja so bei z = 16 als Maximum.

Mein cosmic dawn Kollege hat mir gestern beim Lagerfeuer gesteckt, dass man eventuell sogar schon einen Asteroiden beobachtet hat. Da ist aber noch nichts publiziert soweit ich weiß, insofern Gerüchte :)
Er hat mir übrigens auch nochmal bestätigt, was ich bereits zu dem Mikrometeoriten gesagt habe. Ist zurzeit noch ein sekundäres Problem, hat aber zu leicht mehr noise geführt. Wenn das aber noch häufiger passiert, kann es sein, dass die Spiegel unbrauchbar werden. Demnach geht auch er von einer Missionszeit von 5 bis 10 Jahren aus, limitiert durch die Lebensdauer der Instrumente und durch Mikrometeoriten. Darüber hinaus sind viele Astronomen in der Tat nicht super happy über diese riesigen Zacken in der point-spread-function. Das heißt ja nämlich letztlich, dass ca. 30% des Lichtes eines Objektes über einen riesigen Teil des Bildes verteilt wird.

EDIT: Oh mann, das arxiv ist mittlerweile voll, und z=16 Kandidaten gibt es schon:
https://arxiv.org/abs/2207.12356
https://arxiv.org/abs/2207.12338
Wobei ich diesen z = 20 Beobachtungen jetzt noch nicht trauen würde. Die Webb Datenpipeline ist immer noch work in progress. Da können noch einige systematische Fehler drin sein.
Wenn sich das aber auch nur ansatzweise bestätigt, so wirft das jetzt schon Fragen über das early universe auf, denn man hatte vorher nicht mit derart vielen Beobachtungen bei z > 11 gerechnet.

EDIT2: Hier gibt es auch schon eine erste theoretische Arbeit aus u.a. unserem Institut zu der vermeintlichen Fülle an Galaxien mit z > 10 (was ja sogar auf der Beobachtungsseite erst noch bestätigt werden muss):
https://arxiv.org/abs/2207.14808
Reicht in jedem Fall nicht aus, um \Lambda CDM in Frage zu stellen. Im Detail sagen die da noch, dass wir bis jetzt vermutlich hauptsächlich Licht von, zum Zeitpunkt der Aussendung, relativ jungen Galaxien mit extremen Sternbildungs Raten gesehen haben, aber dass wir mit tieferen JWST Bildern (längere Belichtung etc.) vermutlich noch ältere (zum Zeitpunkt der Licht-Aussendung, also nicht zu Verwechseln mit der Lichtlaufzeit gegeben durch z bei bekannter Kosmologie) Galaxien mit weniger hohen Sternbildungs-Raten sehen werden. Sprich das JWST wird vor allem Extremfälle aus dem early universe sehen, was vielleicht aber gar nicht schlecht ist.

Radeonfreak
2022-08-03, 11:17:47
Neues Foto. Geil. :)

https://www.nasa.gov/sites/default/files/thumbnails/image/stsci-01g8jzq6gwxhex15pyy60wdrsk.png

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/webb-captures-stellar-gymnastics-in-the-cartwheel-galaxy

rokko
2022-08-03, 12:05:59
:eek: ...einfach klasse (y)(y)(y)

Mortalvision
2022-08-03, 12:37:41
Wartet erstmal ab, bis es die Zentralregion von M82 oder M87 aufs Korn nimmt :D

Langenscheiss
2022-08-03, 15:34:44
Schönes Bild, aber interessanter finde ich die ersten wissenschaftlichen Ergebnisse (noch nicht peer reviewed). Hier z.B. über Hubble-dark galaxien, welche man mit Hubble schlicht nicht vom noise unterscheiden kann, aber bei webb hell leuchten:
https://arxiv.org/abs/2208.01630
Siehe z.B. Figur 1 aus dem paper.

Oder hier ein weiteres paper, welches sich mit den Sternbildungsraten beschäftigt:
https://arxiv.org/abs/2208.01612
Sprich, das, wofür Webb gebaut wurde, nämlich die Sternentstehung in den "ersten" Galaxien zu studieren, ist bereits im vollen Gange.

@Mortalvision:
Für alles außerhalb des Infrarotbereiches liefern die erdstationären Teleskope mit adaptiver Optik schärfere Bilder, wenn gleich sie dafür einen überproportional größeren Spiegel brauchen. Insofern würde ich mir da eher die Fertigstellung des ELT wünschen. Im besten Fall bekommt man damit sogar direkte Bilder von erdähnlichen Exoplaneten:
https://en.wikipedia.org/wiki/Extremely_Large_Telescope
Hoffentlich gibt es in 5 Jahren wie geplant first light.

Langenscheiss
2022-08-04, 16:40:56
Und was ich sagte, diese vermeintlichen Entdeckungen von high redshift Galaxien sind noch mit sehr viel Vorsicht zu genießen:
https://arxiv.org/abs/2208.01816
In dem paper stellt sich heraus, dass ein Objekt, welches man leicht als z = 18 Galaxie identifizieren könnte, eigentlich eine z = 4 - 6 dusty star-forming region ist.
Das ist gar nicht mal so unwichtig. Wenn sich das bestätigt, ist das ein major blow für Webb und early universe. Denn die Beobachtungen zur Bestätigung von z > 12 Objekten bräuchte dann unabhängige Beobachtungen mit anderen Teleskopen, welche bisher nur vereinzelnt und mit viel geringeren Auflösungen und Tiefen verfügbar sind. Sie schreiben zwar, dass man dann immer noch viel mehr aus den ersten etwa 1Mrd Jahren lernt, aber mit 100 Millionen Jahre nach dem big bang ist dann nicht mehr so viel, zumindest im Regelfall.

Mortalvision
2022-08-04, 17:22:29
@LS Ich meinte, dass ein Blick in die Gegend um eines der schwarzen Löcher schon sehr interessant wäre. Fliegt da nicht auch eine Menge Staub rum um den galaktischen Kern? Oder ist das eine Fehlübertragung von unserem Blick auf das Zentrum unserer Milchstraße?

Die "Fehlbeobachtung" dürfte einfach ein verfrühtes, aber nicht ungerechtfertigtes Jubeln gewesen sein. Man sieht doch deutlich, dass das JWS enorm viel mehr an Tiefe und Feinheit mitnehmen kann als vorherige IR Teleskope. Es wird einfach ein bisschen dauern, bis man eine Z 18 oder krasser Galaxie vor der Nase hat, weil die sich ja hinter all dem sonst sichtbaren gut verstecken und (für den Laien) einfach nur ein kleiner Blobb unter vielen anderen sind. Die systematische Aufarbeitung der JWS-Deepspace Bilder wird es schon richten. Dann gibts Party :freak:

Monger
2022-08-04, 18:00:42
Alle großen Entdeckungen begannen nicht mit "Heureka!", sondern mit "Hm, komisch".

Dass man nicht das sieht was man erwartet hat, ist ein gutes Zeichen. Das bedeutet, dass man etwas neues lernt.

Sardaukar.nsn
2022-08-04, 19:42:33
https://p6.focus.de/img/fotos/id_129386671/wurst.jpg?im=Resize%3D%28630%2C652%29&impolicy=perceptual&quality=medium&hash=3146d82176b985e23d090def15ee71328431409eda6506dbd538c5eba41bafc0

https://www.focus.de/wissen/physiker-erlaubt-sich-scherz-scharfes-bild-von-weltraumteleskop-entpuppt-sich-als-scheibe-chorizo-wurst_id_129386382.html :freak:

Mortalvision
2022-08-04, 19:46:50
Es geht einfach um die Wurst, im Zweifelsfall um die Chorizo-Wurst. Lecker!

Langenscheiss
2022-08-04, 20:00:30
@LS Ich meinte, dass ein Blick in die Gegend um eines der schwarzen Löcher schon sehr interessant wäre. Fliegt da nicht auch eine Menge Staub rum um den galaktischen Kern? Oder ist das eine Fehlübertragung von unserem Blick auf das Zentrum unserer Milchstraße?

Die "Fehlbeobachtung" dürfte einfach ein verfrühtes, aber nicht ungerechtfertigtes Jubeln gewesen sein. Man sieht doch deutlich, dass das JWS enorm viel mehr an Tiefe und Feinheit mitnehmen kann als vorherige IR Teleskope. Es wird einfach ein bisschen dauern, bis man eine Z 18 oder krasser Galaxie vor der Nase hat, weil die sich ja hinter all dem sonst sichtbaren gut verstecken und (für den Laien) einfach nur ein kleiner Blobb unter vielen anderen sind. Die systematische Aufarbeitung der JWS-Deepspace Bilder wird es schon richten. Dann gibts Party :freak:

Ich bin mir nicht 100% sicher, aber ich glaube ja, unser galaktischer Kern ist bislang auch hauptsächlich im nicht optischen Bereich, also infrarot und Mikrowelle beobachtet worden, weil da eben sehr viel Zeugs zwischen dem Kern und uns rumschwiert. Ich meine Gaßner hätte irgendwann mal gesagt, wenn es diesen Staub nicht gäb, wäre es bei uns nachts deutlich heller. Und es gibt soweit ich weiß definitiv Galaxien, wo wir nachts nicht schlafen könnten.

Was die entdeckungen angeht. Naja, die Kritik da ist schon etwas fundamentaler. Die sagen, sofern ich das richtig verstehe, dass Infrarotaufnahmen mit dem Webb rein prinzipiell nicht zwischen sehr hohem redshift von Lyman alpha break galaxien und star forming regions mit viel Staub unterscheiden kann. Da ist infrarot nämlich zugleich fluch und segen: einerseits kommt es ja eben genau durch den Staub durch, aber andererseits bekomme ich damit eben auch Signale, wo die lyman Linie im Spektrum leicht mit von anfang an roterem Licht verwechselt werden kann. Sprich, die Lyman-break redshift Technik, die im optischen mit Hubble noch wunderbar sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis funktioniert, um altes Licht zu identifizieren, muss beim Webb offenbar nochmal grundsätzlich hinterfragt werden, weil das Spektrum eben gerade wegen den von dir genannten Eigenschaften plötzlich von allem möglichen bevölkert wird. Im oben zitierten paper haben die Wissenschaftler dann im Millimeterbereich geschaut, um ihre Hypothese zu bestätigen. Wenn wir das demnächst bei jedem z > 15 oder so Kandidaten machen müssen, dann hilft uns die beste Auflösung und Tiefe des Webb nichts. Das heißt natürlich nicht, dass es nicht auch Kandidaten geben wird, bei denen man dusty star forming regions aus anderen Gründen ausschließen kann, aber sofern wir da kein smoking gun Kriterium finden, wird es in Zukunft immer heißen: Kandidat, aber wir können nicht ausschließen, dass es einfach nur eine z = 4 - 6 Region ist, in der das blaue Licht durch den ganzen Staub rausgefilter wird, und im roten Bereich Linien auftauchen, die eventuell nur sehr nahe der Lyman break linie sind im Spektrum. Ich sehe das schon als fundamentales Problem an. Wie weit die das alles vorher auf dem Schirm hatten und welche mitigation Strategien es da gibt, weiss ich nicht, aber die Tatsache, dass da viele Namhafte Astronomen mit auf dem paper stehen, sagt mir, dass die das durchaus als Problem ansehen.

Mortalvision
2022-08-04, 22:57:05
a) ja, unser Galaxiezentrum würde wie ein zweiter Vollmond strahlen.
b) würden wir safe neben dem schwarzen Loch im Galaxiekern „wohnen“ können, wäre es da nie dunkel, weil ca. 10 Milliarden Sterne in den nächsten 50 Lichtjahren :freak:
c) diese Leyman Linie, bezieht sich die auf die Lyman-Alpha Klumpen, sprich Protogalaxien? Woher kommt die denn?

Godmode
2022-08-05, 11:26:55
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/observing-schedules

Langenscheiss
2022-08-05, 13:49:40
c) diese Leyman Linie, bezieht sich die auf die Lyman-Alpha Klumpen, sprich Protogalaxien? Woher kommt die denn?

Um den wiki artikel kurz zu übersetzen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Lyman-break_galaxy
Es gibt beim Wasserstoff eine sog. Lyman Reihe im Spektrum, also Frequenzen im EM Spektrum, welche durch Interaktion mit Wasserstoff zustande kommen. Das kurzwellige Ende dieser Reihe nennt man das Lyman Limit, und das liegt bei \lambda_Ly = 91 nm Wellenlänge im Bezugssystem des Wasserstoff bei Interaktion, und entspricht eben genau diesen 13.6eV (Rydbergkonstante), die man vielleicht kennt, wenn man mal die Schrödingergleichung für ein spärisch symmetrisches Problem mit einem Elektron gelöst hat (die üblichen Wasserstoff Übergänge halt). Alles, was höher in der Frequenz (kürzer in der Wellenlänge) als dieses Limit liegt, wird fast vollständig durch elektrisch neutrales Zeugs in der Sichtlinie absorbiert, sprich es sollte da im Spektrum einen relativ scharfen cut-off abnehmend hin zu kürzeren Wellenlängen (größeren Frequenzen) geben.

Jetzt werden aber EM Wellen (Photonen) mit dieser cutoff Wellenlänge bei ihrer Ausbreitung im Raum durch die Expansion des Universums hin zu größeren Wellenlängen \lambda_cutoff > \lambda_Ly verschoben. Um jetzt den redshift von sehr altem Licht aus Galaxien zu messen, wird einfach im Spektrum geschaut, wo man diese cutoff Wellenlänge findet, wenn das Licht hier ankommt. Pi mal Daumen (in echt ist das nochmal komplexer, nur um es zu veranschauen) ergibt sich dann z als

z = (\lambda_cutoff - \lambda_Ly)/\lambda_Ly

Das große Problem bei der Technik ist aber offensichtlich, dass man schlicht annehmen muss, dass der gemessene cutoff auch tatsächlich dem Lyman cutoff bei ursprünglich 91nm entspricht. Wenn der gemessene cutoff wie bei Hubble im optischen oder im sehr nahen Infrarotbereich liegt, ist das kein Problem, weil Störquellen in diesem Frequenzbereich sehr leicht als solche zu identifizieren sind. Bei den Webb Wellenlängen hingegen kann ein Lyman-artiger cutoff im gemessenen Spektrum, der für den echten Lyman cutoff (also den ursprünglichen 91nm) bei z > 12 liegen würde, eben auch durch andere Konstellationen, wie eben von anfang an deutlich langwelligerem Licht einer dusty galaxy bei z = 4 - 6 erzeugt werden. Um das mit Sicherheit zu bestätigen, oder auszuschließen, muss ich die Galaxie also auch in einem Frequenz-Bereich untersuchen, der über dem vom Webb hinausgeht. Damit wird nicht Webb zum Flaschenhals, sondern das jeweils andere Observatorium. Die Tatsache, dass man da in dem paper klare Signale sogar im deutlich langwelligerem Millimeterbereich gefunden hat, sagt im konkreten Fall also, dass der mit dem Webb gemessene cutoff wahrscheinlich nicht dem echten Lyman cutoff entspricht, womit die Angabe z > 12 schlicht falsch ist.

Plutos
2022-08-05, 14:00:25
D.h. was Spektroskopie angeht ist Webb im Prinzip "broken by design"? ;(

Langenscheiss
2022-08-05, 14:14:15
D.h. was Spektroskopie angeht ist Webb im Prinzip "broken by design"? ;(

So krass würde ich es nicht ausdrücken. Webb an sich funktioniert ja perfekt, nur infrarot Teleskopie ist halt ein anderes beast. Und dieses high-z Feld ist ja nur ein Unterbereich der Webb Forschung mit Hilfe von Spektroskopie, und Kandidaten für high-z bekommt man ja dennoch. Die Bestätigung von high-z Kandiaten wird aber deutlich schwieriger und erfordert vermutlich angepasste Modelle und Vergleiche mit anderen Daten. Ich denke schon, dass die Astronomen das Problem irgendwann in den Griff bekommen. Aber ja, die grundsätzliche Problematik muss man auf dem Schirm haben, und es ist gut, dass das paper das jetzt anhand eines konkreten Beispiels verdeutlicht. Wenn ich ausm Urlaub zurück bin, frag ich mal meine Dawn Nachbarn, wie lange die das Problem schon auf dem Schirm hatten.

Radeonfreak
2022-08-05, 14:48:06
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/observing-schedules

Ich vermss da irgendwie weitergehende Spektroskopie von Exoplaneten oder ich hab was übersehen. ;(

Langenscheiss
2022-08-05, 14:51:47
Ich vermss da irgendwie weitergehende Spektroskopie von Exoplaneten oder ich hab was übersehen. ;(

Die komplette Übersicht an Cycle 1 General Observations ist hier:
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/approved-programs/cycle-1-go
Die gesamte Programm Übersicht hier:
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/approved-programs
Bei den exoplaneten wird vermutlich (hab mir jetzt nicht jedes abstract einzelnt durchgelesen) so ziemlich jedes Programm auf die Spektroskopie-Fähigkeiten des Webb zurückgreifen.

Langenscheiss
2022-08-05, 16:05:24
Auf dem heutigen paper
https://arxiv.org/abs/2208.02794
sind auch die Dawn Leute aus dem Nachbar Büro (die ich wie gesagt auch konkret dazu befragen kann wenn ich zurück bin) mit drauf, und sie schauen sich einen z = 17 Kandidaten mit extrem hoher UV Luminösität (zum Emissionszeitpunkt) an. Die sind sich da auch der Möglichkeit des high-z mimickings bewusst, formulieren es aber bewusst positiv (vielleicht damit das paper nicht so negativ klingt, und damit schwieriger zu publizieren ist???):
1.) Für ihren fit (Figur 1) bekommen sie bei konservativen Fehlerabschätzungen eine 5% Wahrscheinlichkeit, dass die Galaxie bei z = 5 liegt. Insofern könnte man jetzt sagen, oh wahrscheinlicher ist die z = 17 Lösung. Aber naja, wenn man sich die Daten anschaut und mit den Modellkurven vergleicht, finde ich jetzt die z = 5 Lösung nicht so abwegig. Der typsiche Lyman cutoff ist nicht wirklich so deutlich, wie man ihn gerne hätte. Hier würde eine genauere Spektroskopie, sofern möglich, helfen.
2.) Sie schätzen, dass nur ein geringer Teil der Entdeckungen mit z > 10 wirklich von diesem Problem betroffen sein sollte, weil wohl auch die Anzahl der dusty star forming regions, die genau diesen oben beschriebenen Lyman break faken, relativ gering sein !SOLLTE! (naja...)
3.) Selbst wenn sich der z = 17 Kandidat als z = 5 herausstellen sollte, so ermöglicht das Webb wirklich gute, und von den bestehenden Theorien vermutlich abweichende Beobachtungen eben genau dieser z = 4-6 Kandidaten. Außerdem hat man damit ja erst einmal eine Störquelle für high-z searches identifiziert, welche zuvor allenfalls theoretisch bekannt war. (wie gesagt, das ist bewusst positiv formuliert)
4.) Falls sich z = 17 bestätigt, so wäre ein derart hohe Luminösität ein (nicht unbedingt schwerwiegendes, siehe weiter oben gepostete paper) Problem für die bestehenden theoretischen Modelle.

Insofern: Nein, es ist nicht so, dass Webb jetzt deswegen unbrauchbar ist, aber Ja, die Möglichkeit eines high-z fakes besteht und wird mit diesem paper von einer weiteren Arbeitsgruppe (Anmerkung: eventuell bin ich leicht biased, weil ich einen auf dem paper persönlich kenne) bestätigt, und ja, das erschwert die Erforschung des very early universe. Sie sagen dann noch, dass man da jetzt follow up studies braucht, allerdings frage ich mich, welches Observatorium da bei z = 17 noch Bilder mit ausreichend Auflösung und Helligkeit bei Wellenlänge länger als infrarot liefern sollte, um einen z = 17 Kandidaten zu untersuchen. Solange Webb da allein auf weiter Flur ist was die optische Leistung angeht, könnte das schwierig werden. Was mit dem Webb selbst natürlich möglich ist, ist eventuell (je nach Quelle) halt eine noch genauere Spektroskopie sowie das Sammeln von circumstancial evidence. Sprich, mann kann sich z.B. die Umgebung der Galaxie und dessen Interaktion mit der Galaxie, sowie die Form der Galaxie noch genauer anschauen, um daraus Vermutungen abzuleiten, was jetzt genau den cutoff im Spektrum verursacht.

EDIT: Das Problem ist übrigens grundsätzlich auch beim HST bekannt
https://iopscience.iop.org/article/10.1088/2041-8205/765/1/L2
aber wie gesagt ist man mit dem Regime im Spektrum eben deutlich vertrauter, kann auf Daten mehrere Observatorien zurückgreifen, und kann so leichter mögliche Störquellen identifizieren.

Langenscheiss
2022-08-19, 13:04:44
Der Herr Müller macht nochmal den Erklärbär :)

pJI5cw_vKbk

Die Frage mit den Filtern und der Rotverschiebung passt ja ganz gut zum Thema oben. Was da, wie gesagt, ja eigentlich gemacht wird, ist, dass man bei so vielen Frequenzen wie möglich die Intensität misst, und das damit erstellte Spektrum an bekannte Spektren von bekannten Quellen, bezüglich Ort und Zeit der Aussendung des Lichtes, anfittet. Wie üblich gilt da natürlich, dass der fit besser wird, je mehr Punkte man hat, und am besten wäre es dann im Prinzip natürlich, direkt ein Spektroskop auf die Quelle zu halten. Problem dabei ist, dass das Licht insgesamt oft zu schwach ist, um bei vielen einzelnen Frequenzen noch Intensitäten mit sinnvollen Fehlerbalken zu erhalten. Deshalb versucht man stattdessen, sinnvolle Filter zu nehmen, die die Lichtintensität aus einer gewissen Bandbreite summieren, siehe Filterbild aus dem Video. Daraus haben sich bis jetzt einige z > 11 Kandidaten ergeben, da die entsprechenden fits mit hoher Wahrscheinlichkeit zum oben beschriebenen Lyman break passen. Aber da gibt es eben doch Unsicherheiten bzw. alternative Fit-Ergebnisse. Sowohl durch bekannte Infrarotspektren von staubigen Objekten, als auch zum Teil auf Grund der Tatsache, das genaue Infrarotspektren von potentiellen alternativen Quellen, welche im Fit vielleicht noch gar nicht berücksichtigt werden, ja noch gar nicht so genau vermessen werden konnten vor Webb.

Logan
2022-08-22, 23:30:52
JW hat jupiter fotografiert, samt ring und polarlichter :eek:


https://blogs.nasa.gov/webb/2022/08/22/webbs-jupiter-images-showcase-auroras-hazes/





https://blogs.nasa.gov/webb/wp-content/uploads/sites/326/2022/08/JWST_2022-07-27_Jupiter-1536x1457.png


https://blogs.nasa.gov/webb/wp-content/uploads/sites/326/2022/08/JWST_2022-07-27_Jupiter_2color-1536x1324.png



https://blogs.nasa.gov/webb/wp-content/uploads/sites/326/2022/08/JWST_2022-07-27_Jupiter_2color_labels-1-1536x1324.png

RoNsOn Xs
2022-08-23, 07:27:22
Da sind die ersten Früchte.. schick anzuschauen :)

Langenscheiss
2022-08-23, 09:39:46
EDIT: Oh, sind doch wohl neue Bilder, sorry ;)

Hier dennoch der Link zum alten Artikel
https://blogs.nasa.gov/webb/2022/07/14/webb-images-of-jupiter-and-more-now-available-in-commissioning-data/

Hab hier auf die schnelle noch eine Zeitreihe von Jupiter-Bildern gesehen:

https://happymag.tv/jupiter-throughout-the-ages-our-changing-view-of-the-planet-through-time/

Und hier das Hubble Bild

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2020/hubble-captures-crisp-new-portrait-of-jupiters-storms

Webb schlägt sich ganz gut ;)

Mortalvision
2022-08-23, 09:44:07
Dieser rote Fleck ist ein echtes Schnittchen!

Langenscheiss
2022-08-24, 17:58:08
Hier übrigens auch mal ein Beispiel für die Fähigkeit des JWST, bei sehr geringer Rotverschiebung durch den Staub zu schauen:

https://arxiv.org/pdf/2208.10647.pdf

In Figur 1 sieht man Bilder eines durch Staub verdeckten Galaxie-Mergers bei sehr kleiner Rotverschiebung z = 0.036. Im Hubble Bild sieht man nur vereinzelnt etwas, und das Spitzer Teleskop hatte nicht genügend Auflösung, um eine Struktur zu erkennen (siehe Orange Konturen in Fig. 1 a). Das JWST MIRI Bild zeigt, woher die meiste Strahlung kommt, und demnächst sollen da mit Spektroskopie auch noch mehr Erkenntnisse gewonnen werden. Bin jetzt kein Experte für solche durch Staub verdeckte Objekte (oder Astronomie, that is :) ), aber ich denke eine Frage ist halt schlicht, ob diese Objekte sich lediglich durch diesen Staublayer von anderen Objekten unterscheiden, oder ob es da bislang unbekannte, grundsätzlich andere Eigenschaften gibt. Dies lässt sich nun halt überprüfen.

Logan
2022-08-25, 20:18:15
JW konnte zum erstenmal CO2 auf einem planeten ausserhalb unseres sonnensystems nachweisen, uns zwar auf einem 700Lj entfernten exoplaneten (WASP-39b).

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/nasa-s-webb-detects-carbon-dioxide-in-exoplanet-atmosphere

Damit ich pipi in den augen kriege , die selbe news bitte mit einem felsplaneten und O2. Nur leider ist o2 kein eindeutiger biomarker :( Aber es wäre immerhin etwas und könnte die suche nach exoplanten mit leben eingrenzen.

Mortalvision
2022-08-25, 21:07:04
O2 ist kein eindeutiger Biomarker, stimmt. Nur: auf den meisten älteren Planeten würde O2 binnen 500-1000 Jahren ins Gestein verwittern. Merkst was?

Monger
2022-08-25, 21:20:23
Warum ist denn O2 kein eindeutiger Biomarker?
Ich dachte, O2 ist so reaktiv, dass es ohne einen großen katalytischen Prozess nicht frei in größeren Mengen existieren kann.

Logan
2022-08-25, 21:20:29
O2 ist kein eindeutiger Biomarker, stimmt. Nur: auf den meisten älteren Planeten würde O2 binnen 500-1000 Jahren ins Gestein verwittern. Merkst was?

Hast im grunde recht, aber ich bezog mich hierauf.

https://www.erkenntnishorizont.de/weltraum/exoplaneten/sauerstoff-doch-kein-eindeutiges-anzeichen-fur-leben-auf-exoplaneten/

Langenscheiss
2022-08-25, 21:37:55
Hier das arxiv für alle zum lesen:

https://arxiv.org/abs/2208.11692

Die denken, dass es da bei 4µm, als in Nachbarschaft zum CO2 peak auch noch ein feature geben könnte, was zu keinem Modell passt, was sie ans Spektrum fitten können. Hat aber bisher bloß 2sigma confidence, also könnte auch zufällige Fluktuation sein. Da das feature aber bei denen in 4 unterschiedlichen Datenreduktionsmethoden auftritt, gehen sie zumindest davon aus, dass das nicht ein Problem der Analyse ist.

EDIT: Muss aber sagen, ich als Theoretiker interessiere mich immer noch mehr für die Arbeiten, die aus den vielen potentiellen z > 10 Entdeckungen hervorgehen. Hier wieder eine zum Thema, in wie weit Standard \Lambda CDM Kosmologie (also dark energy + cold dark matter in Friedmann Metrik) sich mit diesen Kandidaten beisst.

https://arxiv.org/abs/2208.11471

EDIT2: Bezüglich abiotischer Sauerstofferzeugung gibt es hier noch einen aktuellen open access Science Artikel:

https://www.science.org/doi/full/10.1126/sciadv.abq5411

Die sagen da, dass es neben dem oben im Artikel genannten Titan Dioxid vermutlich auch mit Hilfe von üblicherweise vorkommendem SO2 zu einer abiotischen O2 Anreicherung kommen kann. Auch meinen sie, dass das O2 Vorkommen auf den Jupitermonden Io, Europa, and Ganymede damit erklärt werden könnte.

Langenscheiss
2022-08-27, 17:48:46
Das CEERS Programm hat übrigens auch eine erste bearbeitete Version ihres riesigen deep fields veröffentlicht:

https://ceers.github.io/ceers-first-images-release.html

Wie die Filterangabe zeigt, liegt rot etwa bei 4µm und blau bei ca 1µm. Ist noch nicht ganz fertig (soll im Dezember oder so ergänzt werden), aber ist bisher das größte JWST Bild (und glaub ich auch sonst das größte verglichen mit anderen Weltraumteleskopen) aus dem Programm. Der abgedeckte Bereich ist etwa 8 mal so groß wie beim ersten Deep Field im Juli :) Die high-res Variante hat 31000x10000 Pixel :D

Langenscheiss
2022-08-30, 14:33:34
Ein interessantes Paper über erste follow ups zu einem der ersten high-z Kandidaten vom JWST aus dem ersten Deep Field:

https://arxiv.org/abs/2208.13642

Die haben hier mit ALMA u.a. mal nach einer Sauerstoff-Linie im Spektrum gesucht, annehmend das Galaxien aus der Zeit schon genug Sauerstoff enthalten sollten. An der Position selbst gab es anders als erwartet keine Linie, aber bei leichter Winkelabweichung ein Signal mit schwacher Konfidenz. Sie können aber damit auch viele vorläufige Schlussfolgerungen aus den Webb Daten bestätigen, also z.B. dass der Lyman break hier vermutlich nicht von einem anderen Objekt gefaked wird. Das Outlook Kapitel 6 liest sich allerdings ein bisschen wie eine KO Erklärung an das JWST. Im Grunde schreiben sie da einfach "haltet NIRSpec drauf, wenn ihr es genau wissen wollt" :D

EDIT: Weiteres paper
https://arxiv.org/abs/2208.13072

Das scheint wohl kein Zufall zu sein ;)

DavChrFen
2022-08-31, 21:18:59
Laut Süddeutscher Zeitung gibt es neue Bilder von M74. Aber ich habe auf der Seite von JWST keine gefunden. Ist das "old" News oder habe ich auf der falschen Seite geschaut?

https://www.sueddeutsche.de/wissen/james-webb-teleskop-m74-phantom-galaxie-1.5648389

Gimmick
2022-08-31, 21:53:04
Laut Süddeutscher Zeitung gibt es neue Bilder von M74. Aber ich habe auf der Seite von JWST keine gefunden. Ist das "old" News oder habe ich auf der falschen Seite geschaut?

https://www.sueddeutsche.de/wissen/james-webb-teleskop-m74-phantom-galaxie-1.5648389

Ist relativ neu.
https://jwst.nasa.gov/content/multimedia/images.html

Mortalvision
2022-08-31, 22:31:24
https://www.instagram.com/p/Ch5b4Eqpysg/?utm_source=ig_embed&ig_rid=5c28bbfc-55c7-44e7-8321-c73dbc27e65a

Hier das eigentliche Bild. Sieht wie strahlenverseuchter Seetang "gerührt, nicht geschüttelt" aus ;D

ChaosTM
2022-08-31, 22:45:45
32 Millionen Lichtjahre. Vor dem Hyperimpedanzschock hätten wir das in 4 Wochen bewältigt.. (don`t ask).
Nette Kolorierung.

Langenscheiss
2022-09-01, 00:23:10
Laut Süddeutscher Zeitung gibt es neue Bilder von M74. Aber ich habe auf der Seite von JWST keine gefunden. Ist das "old" News oder habe ich auf der falschen Seite geschaut?

https://www.sueddeutsche.de/wissen/james-webb-teleskop-m74-phantom-galaxie-1.5648389

Um das vielleicht mal zu erläutern: es gibt quasi täglich neue Bilder vom JWST, nämlich die Rohdaten. Und da diese oft öffentlich sind, kann im Grunde jeder hingehen, die Rohdaten runterladen und durch eine Daten pipeline jagen, welche daraus dann Falschfarbenbilder erstellt. Da hast du dann die freie Auswahl, welchem Bandpassfilter du welche Farbe zuordnen willst. Die dafür nötigen Kalibrationsparameter sowie Hinweise zur Entfernung von Artefakten gibt es in dem JWST Handbuch beim STScI. Allerdings ist die Astronomie auch ein kompetitives Feld, sprich es gibt bessere und schlechtere pipelines, bzw. pipelines die entweder für Wissenschaft und/oder geile Bilder besser geeignet sind. Außerdem braucht die Bildverarbeitung einiges an Rechenleistung, weshalb Zugang zu einem Cluster bzw. einer Cloud vorteilhaft ist.

Es kommt also immer mal vor, dass ein (Hobby-)Astronom mit Erfahrung im Bereich der Datenpipelines sowie Zugang zu Rechenpower ein Bild erstellt und irgendwo veröffentlicht. Aber auf der JWST Seite findet man im Wesentlichen nur die Bilder aus den großen wissenschaftlichen Programmen, welche im STScI gelistet sind, sowie Bilder, welche vom STScI selbst erstellt wurden.

Im aktuellen Fall ist das Teil der großen PHANGS Kollaboration, siehe hier:
https://www.esa.int/Science_Exploration/Space_Science/Webb/Webb_inspects_the_heart_of_the_Phantom_Galaxy
https://esawebb.org/images/potm2208a/
Da gibt es auch die Hubble Aufnahmen dazu sowie die Original-TIFs.

EDIT: Hier die Phangs Gallerie. Da ist noch ein weiteres Bild eines anderen Objektes mit MIRI Daten:
https://sites.google.com/view/phangs/gallery
https://www.flickr.com/photos/geckzilla/52225196953/

Die Bilder an sich existieren bereits seit nem Monat, aber die Aufbereitung zur ESA Publikation mit verbesserter Bildverarbeitung ist noch relativ neu.

Langenscheiss
2022-09-01, 11:04:14
Heute kam übrigens auch das paper zum ersten direct imaging eines Exoplaneten mit dem JWST, sowie überhaupt des ersten direkten Bildes eines Exoplaneten bei Wellenlängen oberhalb von 5µm raus:

https://arxiv.org/abs/2208.14990
(siehe Figur 3)

Der Planet ist größer als Jupiter (etwa 7 Jupitermassen laut Paper), und etwa 380 Lichtjahre von uns entfernt

https://en.wikipedia.org/wiki/HIP_65426_b

Das paper ist im Wesentlichen ein Test des Coronagraphen von NIRCam und MIRI, also die Technik, das Sternenlicht auszublenden um den schwach leuchtenden Planeten sichtbar zu machen. Sie sagen, dass die Kontrastlimits (also zwischen heller und dunkler Quelle) etwa 10 mal besser als ursprünglich erwartet sind. Deshalb schließen sie, dass die Methode auch für kleinere Planeten (0.3 Jupitermassen) bei hinreichend großem Abstand zum Stern möglich ist. Damit schließen sie auch Saturn-Größen nicht aus. Erdähnliche Planeten wird aber schwierig mit der Methode, da müssen weiter Transits her.

Das ganze ist Teil des
ERS
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/approved-programs/dd-ers/program-1386

Langenscheiss
2022-09-06, 21:27:37
Für alle Freunde der schönen Bilder gibt es jetzt auch den Tarantula Nebula (stellar nursery) in der Magellanschen Wolke:

https://stsci-opo.org/STScI-01GA76N47MR44PNWZ4NAYZBKG5.png
Hier eine Beschreibung:
https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/a-cosmic-tarantula-caught-by-nasa-s-webb
Das Bild ist aus den early release daten erzeugt worden.

Hier gibt es den full size download:
https://webbtelescope.org/contents/media/images/2022/041/01GA76MYFN0FMKNRHGCAGGYCVQ?news=true

Und hier ein Hubble Vergleich
https://esahubble.org/images/opo0932c/

Immer wieder krass, dass das JWST die gleiche Auflösung im infraroten Bereich erreicht, wie Hubble in UV, und teils sogar noch deutlich tiefer schaut. Der Sternenhaufen zeigt nochmal deutlich mehr Zeugs im Webb Bild. Leider muss man aber auch mit dem Beugungsmuster leben, welches es bei diesem Sternenhaufen etwas schwierig gestaltet, Beugungsartefakte von echten Quellen zu unterscheiden.

Es gibt auch einen Datacube (Integralfeldspektroskopie), der eine Sternengeburt zeigt :)
https://webbtelescope.org/contents/media/images/2022/041/01GAKN34G6JDC7A4Y785XGJ8NJ?news=true

ChaosTM
2022-09-06, 21:29:52
Das Ding macht mir fast Angst, wenn man bedenkt es ist original nur in Schwarz/Weiß ist ;)

nah, I Love it :)

Logan
2022-09-07, 21:29:20
Wundert mich das keiner bisher das hier gepostet hat.



JW hat das erste bild eines exoplanet aufgenommen.
https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2022/09/6213-hip-65426b.jpg


https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/weltraumteleskop-james-webb-fotografiert-seinen-ersten-exoplaneten20220902/



https://webbtelescope.org/contents/media/images/01GBT1E93YV7YND5MFS1603FWJ

Langenscheiss
2022-09-07, 22:28:26
Wundert mich das keiner bisher das hier gepostet hat.



JW hat das erste bild eines exoplanet aufgenommen.
https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2022/09/6213-hip-65426b.jpg


https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/weltraumteleskop-james-webb-fotografiert-seinen-ersten-exoplaneten20220902/



https://webbtelescope.org/contents/media/images/01GBT1E93YV7YND5MFS1603FWJ

Hab ich am 01.09 oben inklusive paper link gepostet, aber ja, ist n cooles Ergebnis ;)

Plutos
2022-09-07, 22:30:55
Wundert mich das keiner bisher das hier gepostet hat.



JW hat das erste bild eines exoplanet aufgenommen.
https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2022/09/6213-hip-65426b.jpg


https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/weltraumteleskop-james-webb-fotografiert-seinen-ersten-exoplaneten20220902/



https://webbtelescope.org/contents/media/images/01GBT1E93YV7YND5MFS1603FWJ
Naja, gab's halt ähnlich pixelig schon öfters. Besser wäre gewesen "Webb hat sein erstes Bild eines Exoplaneten aufgenommen."

Z.B. mit dem Keck auf Hawaii hat man das auch schon in Bewegung dargestellt (HR 8799 (https://en.wikipedia.org/wiki/HR_8799) in dem Fall):

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a2/HR_8799_Orbiting_Exoplanets.gif

Langenscheiss
2022-09-07, 22:32:15
Naja, gab's halt ähnlich pixelig schon öfters. Besser wäre gewesen "Webb hat sein erstes Bild eines Exoplaneten aufgenommen."

Z.B. mit dem Keck auf Hawaii hat man das auch schon in Bewegung dargestellt (HR 8799 (https://en.wikipedia.org/wiki/HR_8799) in dem Fall):

https://en.wikipedia.org/wiki/HR_8799#/media/File:HR_8799_Orbiting_Exoplanets.gif

Wie oben geschrieben, ist es DAS erste Exoplanetbild in dem Frequenzbereich. Das wirst du hier auf der Erde nicht bekommen wegen Atmosphäre.
Zeitreihen von Bewegungen sind auch geplant

Logan
2022-09-07, 23:17:08
Hab ich am 01.09 oben inklusive paper link gepostet, aber ja, ist n cooles Ergebnis ;)


Ups sry :usad: leider übersehen :(

Langenscheiss
2022-09-18, 20:58:38
Hier beschreibt Airbus mal, wie sie an NIRSpec gearbeitet haben.
https://www.youtube.com/watch?v=BBHZLS1dvr8

Es wird demnächst auch alle 2 Wochen neue Bilder oder Spektren vom STSci geben:
https://blogs.nasa.gov/webb/

Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es bald (bzw. jetzt schon inoffiziell, u.a., dank der Dawn Kollegen ;) )bessere Kalibrationsparameter, welche durch den praktischen Einsatz vom Webb gewonnen wurden:

https://www.stsci.edu/contents/news/jwst/2022/how-the-nircam-flux-calibration-is-improving

Darüber hinaus gibt es gerade einige preprint Artikel, die nach möglichen Erklärungen für die vielen recht blauen Galaxien mit z > 10 suchen. Da gibt es oft auch konkrete Vorschläge für follow ups, entweder mit den Webb Spektrographen und/oder mit ALMA.

Für Cycle 1 sind aber auf jeden Fall auch Trappist 1 Transits geplant. Das wird ja was Exoplaneten angeht recht spannend, und deshalb gibt es da auch gerade Simulationsarbeiten zu. Also z.B.
https://arxiv.org/abs/2209.02875

EDIT: Geht heute los mit Mars-Bilder:
https://blogs.nasa.gov/webb/2022/09/19/mars-is-mighty-in-first-webb-observations-of-red-planet/
Sind natürlich kein Vergleich mit Vor-Ort Aufnahmen, aber auch ungleich einfacher zu bekommen, wenn vor Ort das passende Gerät für die gewünschte Wellenlänge nicht vorhanden ist. Und wenn man sich überlegt, wie scharf diese Infrarotbilder auf dieser Entfernung sind, ist das immer noch klasse :) Dazu muss man auch sagen, dass der Mars so extrem hell ist, dass er das Webb eigentlich komplett saturiert.

Langenscheiss
2022-09-21, 17:38:24
Der Triton Mond vom Neptun überstrahlt den Mutterplaneten :freak:

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/new-webb-image-captures-clearest-view-of-neptune-s-rings-in-decades

Badesalz
2022-09-22, 10:28:41
Ok. Das mit der Show ist mir schon klar. Alles gut.
Gefühlt für den Laien (!) - so wie mein Schwager sich letzte Woche bei meiner Präsentation ausdrückte - ist es gegenüber Havel wie 720 auf 4k skaliert und 4k nativ :rolleyes: Geht klar. Nichts worüber man lästern müsste.
(Auch wenn die realen Zahlen natürlich viel mehr hergeben. Ist halt nur auf die PR-Bilder bezogen).

Das ist dann halt u.a. sowas wie das hier
https://www.sueddeutsche.de/wissen/james-webb-teleskop-m74-phantom-galaxie-1.5648389

Jetzt war der Klugsch... aber anschließend so mies und hat mich nach den sich daraus bereits ergebenden NEUEN wissenschaftlichen Erkenntnissen gefragt.
Und ich bin garnicht so wirklich im Thema :usad: Daß wir jetzt einige Planeten real sehen können, deren Existenz wir davor fehlerfrei berechnet haben, das hab ich nicht erwähnt. Das war mir zu mager.

Ist schon etwas davon eingetreten?
https://www.mpg.de/18074023/james-webb-interview-krause

Falls der Thread die Güte hätte mich für "Stand heute" aufzuklären wäre ich sehr verbunden :)

edit:
Das mit den Exoplaneten find ich erstmal nicht SO aufregend. Jedem ist klar, daß es sie gibt, daß es welche in der für Kohlenstoff/Wasser habitablen Zone gibt und am Ende auch, daß es welche mit Wasser gibt. Das ist so bisschen wie mit dem Riesenkalmar in Natura lebendig abfilmen. Ok, wir haben es dann mal geschafft. Super toll...

Langenscheiss
2022-09-22, 13:28:19
Die vorläufigen Ergebnisse, die mir so grob einfallen, zeigen bis jetzt u.a.:

- dass es deutlich mehr alte Galaxien mit red shift z > 10 gibt, und dass diese viel mehr blaues Licht abstrahlen (was mit deren Materiezusammensetzung zusammenhängt) als angenommen. Zurzeit wird darüber diskutiert, ob sich dies mit der Standardkosmologie überhaupt erklären lässt, da diese ein Rate vorhersagt, mit der sich Galaxien bilden können, und aus welcher Materie diese dann bestehen. Falls sich das also spektroskopisch bestätigt (bis jetzt wurden viele Galaxien nun mit Bandpassfiltern beobachtet), gäbe es handfeste Daten dazu, in wie weit das Lambda-CDM Modell (also die Standardkosmologie) angepasst werden müsste. Das widerlegt, anders als oft behauptet, nicht den Urknall, aber macht abweichende Aussagen darüber, wie sich das Universum kurz danach entwickelt hat.

- Wasserdampf auf einem Exoplaneten, welcher eigentlich viel zu nah am Stern und damit viel zu heiß sind, um Wasserdampf haben, und von dem man deshalb auch bis vor kurzem noch in seriösen wissenschaftlichen Veröffentlichungen behauptet hat, er hätte keinen Wasserdampf

- erste Beobachtung von CO2 auf einem Exoplaneten. Das war erwartet, aber der Nachweis war bis jetzt technisch unmöglich und ist somit trotzdem wichtig.

- viel bessere Aufnahmen von Sternentstehungswolken, da das infrarote Licht in diese Wolken reinschaut. Das Auswerten dieser Daten wird dauern, aber das Verständnis über Sternentstehung verbessern und teilweise sogar verändern.

Darüber hinaus:

- komplexes remote engineering mit multiplen points of failures ist technisch möglich. Das Webb deployment war eine technische Meisterleistung

- auf einem L2 Halo Orbit gibt es freak mini-meteoriten. Das ist zwar eine unfreiwillige Erkenntnis, aber das wusste vorher keiner so wirklich genau, mit welcher Häufigkeit das da vorkommt. Webb wird dafür unfreiwillig einige Datenpunkte liefern.

Ob du oder dein Schwager das jetzt spannend finden, ist natürlich euer Bier, aber für die wissenschaftliche community sind das schon eine Menge Erkenntnisse in kurzer Zeit. Das ist für 10Mrd deutlich mehr, als was diese neuen Mondmissionen bis jetzt für ein vielfaches der Kohle gebracht haben. Sorry, aber ich sags mal plump: wenn man nicht mehr von dem Thema wissen möchte, als sich PR Bilder anzuschauen, dann wird man aus dem Thema auch nicht viel mehr Erkenntnisse gewinnen, als dass die PR Bilder schön sind.

Badesalz
2022-09-22, 13:57:38
Das ist für 10Mrd deutlich mehr, als was diese neuen Mondmissionen bis jetzt für ein vielfaches der Kohle gebracht haben.
Nebenbei. Dieser "run", ist seine Ursache schon irgendwo erleuchtet worden? Ich verstehe den Grund bis heute nicht so wirklich. Daß er aber da ist lässt sich ja nicht leugnen.

Was die Punkte angeht: Sie sind für eine 10Mrd. Investition bisher... nett. Das ist erstmal in etwa wie das Entziffern der Keilschrift, um sich die Tafeln mal durchzulesen. Teilweise schon spannend, aber eigentlich mehr was für die Philosophie und die Künste. Mir fehlt bei derartigem der Ertrag. Bei weitem kein wirtschaftlich verwertbarer, sondern als so ein richtiger Augenöffner (passt mal super zum Gerät :D).

Es gibt wirklich paar dringende Fragen (imho) und es passiert irgendwie nichts diesbezüglich.

Simon Moon
2022-09-22, 13:59:19
Ich bin auf viele neue "Urknall, Weltall und das Leben"-Vorträge gespannt. Irgendwie gabs da in den letzten Jahren imo jetzt nicht so viel... nunja Neues... Am ehesten jeweils noch von ERosita. Aber irgendwann hat man von schwarzen Löchern auch genug.

Langenscheiss
2022-09-22, 17:43:29
Was die Punkte angeht: Sie sind für eine 10Mrd. Investition bisher... nett.

Es gibt wirklich paar dringende Fragen (imho) und es passiert irgendwie nichts diesbezüglich.

Das Webb ist grad mal n paar Monate im wissenschaftlichen Betrieb, ja sogar Kalibrationsparameter werden noch immer verbessert. Sinnvolle Paper mit echter Erkenntnis dauern Jahre! Die genannten Punkte sind schon mehr, als das, was man zu diesem Zeitpunkt erwarten kann. Aber ja, Gen Z ist daran gewöhnt, dass Google ihnen instantan die Erleuchtung gibt.

Was die dringenden Fragen angeht: Mit Webb wird man z.B. mit Hilfe langwieriger, aber bereits geplanter surveys an der Hubble Tension arbeiten (also die Bestimmung des Hubble Parameters aus dem mikrowellen Hintergrund vs. Supernovae), sowie an fundamentale Modelle fürs Universum pfeilen, welche uns eventuell sogar in Richtung dunkle Materie und dunkle Energie weiterbringen. Das sind mMn sehr dringende Fragen, und es gibt mit dem Webb und bald dem ELT zwei sehr mächtige Instrumente, die man im Vergleich zu sonstigen gesellschaftlichen Projekten für n Appel und n Ei bekommt, um sowas anzugehen. Man vergleich das auch mal mit dem CERN. Da ist man immer noch erst so weit, dass Abweichungen vom Standardmodell noch immer unterhalb der geforderten 5sigma Signifikanz krebsen. Da gegen schlägt sich das JWST als Entdeckungsmaschine gar nicht so schlecht finde ich, ohne die Arbeit vom CERN abwerten zu wollen.

Rincewind
2022-09-22, 18:12:38
und der Antrieb ist pure Neugierde, ansonsten hätte man es nicht gebaut.
Ich fand das Neptune-Bild nice. Ist halt was für die zu dem Thema interessierte Bevölkerung, weil wir wollen ja auch was sehen, ne?

Radeonfreak
2022-09-22, 18:17:55
Neptun kenn ich doch schon, bitte ein Bild von Trappist XYZ12 = Erde 2 mit Ozeanen und Kontinenten. :freak:

Rincewind
2022-09-22, 18:22:56
Bild wohl eher nicht, eher die Daten von Sensoren, die den dünnen Streifen Atmosphäre untersuchen. Das sowas funktioniert finde ich faszinierend.

Radeonfreak
2022-09-22, 18:36:43
Ja, ich weiss. Für so was bräuchte man ein Teleskop was die Krümmung der Sonne als Linse benutzt.

Aber man wird ja noch träumen dürfen. ;)

Badesalz
2022-09-23, 13:05:49
@Langenscheiss
Ich kann ja die Tiefe ggf. nicht ganz blicken. Kein Ding. Daher noch nachgefragt:
Ist in den Auflistungen etwas dabei was uns weiterbringt?

Wir kennen jetzt z.B. auch die sozialen Strukturen und Verhalten von Bonobos. Das ist ok. Das ist ein Erkenntnisgewinn. Mehr aber auch nicht. Das bringt uns in dem Sinne nicht weiter. Man lernt nichts verwertbares draus. Außer daß so einige Verhaltensweisen des Menschen ur-ur-urzeitlich sind :) Das bringt uns aber bei nichts weiter. wir verstehen usn auch selbst nicht besser dadurch. Es ist nur eine von vielen Bestätigungen.

Eben ähnlich wie in der Astronomie. Ist da oben also etwas dabei was uns auch weiterbringen könnte?

Monger
2022-09-23, 14:22:19
Ist da oben also etwas dabei was uns auch weiterbringen könnte?
Definiere "weiterbringen". Was ist denn das Ziel?

Nightspider
2022-09-23, 14:37:23
Imo bringt es die Physik schon auch voran, wenn Wissen in der Astronomie gewonnen wird.
An realen interstellaren Objekten können schließlich viele Theorien geprüft oder über den Haufen geworfen werden.

Mortalvision
2022-09-23, 15:25:45
Ja, ich weiss. Für so was bräuchte man ein Teleskop was die Krümmung der Sonne als Linse benutzt.

Aber man wird ja noch träumen dürfen. ;)


Das ist gar nicht so unmöglich, wie es sich anhört! Im Bereich der Radioteleskopie geht das auf Erdgröße. Was man zusätzlich bräuchte, wären ein paar Dutzend Radioteleskope auf sehr hohen Umlaufbahnen (jenseits Erde-Mond). Da Radioteleskope "billig" sind, könnte das noch zu unseren Lebzeiten angegangen werden!

Monger
2022-09-23, 15:45:25
Wir sind sehr stark utilitaristisch geprägt. Wissen ohne Zweck ist verschwendete Energie. Das alleine ist ja schonmal fragwürdig: Wissenszuwachs kann auch Zweck sein. Unsere Existenz ist besser, wenn wir diese Welt wahrnehmen. Wissen öffnet unsere Wahrnehmung. Es macht Spaß, was neues zu lernen.
Und wenn das Wissen über das Sozialverhalten von Bonobos auf ner Party hilft, mit einem oder mehreren Partyteilnehmern Sex zu haben, war das Wissen nicht umsonst.

Es ist ein ziemlich dickes Brett was man da bohrt, aber ich erwarte, dass mehr Wissen über die Entstehung des Universums wahrscheinlich auch Wissen über die Funktionsweise des Universums offenbart. Vielleicht lernen wir so, warum der Teilchenzoo so komisch ist, und wo wir nach weiteren exotischen Teilchen suchen müssen. Oder wir lernen etwas über exotische Materiezustände, was in der Materialforschung und Chemie helfen könnte.

Thomas Gräf
2022-09-23, 16:18:16
Die Trauben hängen immer höher, gerade was irdische Dinge wie Material Forschung, Chemie, Medizin usw usw betrifft.
Sieht man ja hier im Forum ganz gut wenn es um Chips geht.
Da ist es klar ohne allumfassendes Wissen kommt man aus solchen Sackgassen nicht raus.
Da die Wissenschaft selbst in einer solchen steckt is das alles andere als förderlich, da muss gehandelt werden.
Ansonsten können wir sowas wie zb Fusionskraftwerke für immer knicken...

Badesalz
2022-09-23, 16:41:07
Definiere "weiterbringen".
"Weiterbringen" geschieht, wenn die Erkenntnis mehr mit sich bringt als nur ihren Gewinn.

@Nightspider
Stimme ich zu, aber das bringt uns nicht weiter als eben bei dem Beispiel mit den Bonobos. Ich schriieb ja schon über Wissenschaftsromantik. Nichts davon bringt uns wirklich weiter Bisher jedenfalls. Und absehbar ist das imho auch nicht wirklich was.

Astronomie mit Physik ist ja Astrophysik. Grad die steht mittlerweile komplett nackt da, sobald man "Dunkle..." sagt. Das einzige was da dunkel ist, ist diese Dunkle Ära der Astrophysik in der wir akteull leben.

Zugegeben sieht es bei denen aber nicht schlechter aus als in der Teilchenphysik. Bei der sieht es ja wesentlich schlimmer aus. Die haben ebenfalls garnichts was sie verwerten können und im Gegensatz zu Astronomie bringt deren Stoff keine Wissenschaftsromantik mit. Nur die Kohle verbrennen können sie nochmals besser (Teilchenbeschleuniger)

Langenscheiss
2022-09-23, 20:25:44
@Badesalz:

Bis !jetzt! (wie gesagt, das JWST ist noch nicht so lange online) ist das unerwarteste aus meiner Auflistung das "zu blaue" und "zu bevölkerte" high-z (also das frühe) Universum, sprich der erste Punkt. Das bringt uns am meisten weiter in dem Sinne, dass es die meisten Fragen aufwirft. Falls sich das mit spektroskopischen follow ups bestätigt, werden viele Modellierer da lange dran zu arbeiten haben, ihre Modelle für das early universe zu überarbeiten. Nein, der big bang wird nicht widerlegt, aber bezüglich der Rolle von dunkler Materie als rein gravitative Komponente im early universe könnte dies eine Einsicht bringen, welche in der Folge dann wieder dazu führen könnte, das wir endlich besser verstehen, WAS ZUR HÖLLE "DUNKLE" MATERIE EIGENTLICH ist :)

Ich weiß, sind viele "könnte", aber gute Wissenschaft dauert halt. Hab gestern den neuen Vortrag auf dem UWL Kanal zum Thema Gravitationswellenastronomie gehört. Richtig los gingen ernsthafte Messprojekte schon in den 70ern, und es hat dennoch bis 2015 gedauert, bis wir zum ersten Mal erfolgreich so eine Welle gemessen haben. Da haben Leute ihre ganze Karriere mit verbracht. Aber jetzt, nach dem zum ersten Mal dieses Ziel erreicht wurde, sprießen neue Detektoren aus dem Boden. Am spannendsten finde ich das LISA Projekt. Das wurde erfolgreich im kleinen Maßstab getestet, und in den 30ern könnte es realistisch soweit sein, dass das Ding in den Weltraum gebracht wird. Dafür wird man übrigens bestimmt auch wieder auf das Ingenieurs-Wissen zurückgreifen können, was man mit dem Webb deployment (und den Mikrometeoriten) gesammelt hat :) Die LISA Satelliten werden ja wohl die empfindlichsten Instrumente überhaupt werden.

Monger
2022-09-23, 21:58:00
Ich schriieb ja schon über Wissenschaftsromantik. Nichts davon bringt uns wirklich weiter Bisher jedenfalls. Und absehbar ist das imho auch nicht wirklich was.

Es ist nie absehbar. Dass sich wissenschaftliche Erkenntnis in konkrete technische Anwendungen übersetzt, ist oft erst klar wenn man es anfassen kann, oder sogar erst danach.
Als man den Elektromagnetismus entdeckt hat, war jahrzehntelang die einzige Anwendung die Glühbirne.

Booleesche Algebra war 300 Jahre lang eine exotische, nutzlose mathematische Spielerei.

Halbleitertechnik fing mit der Frage an, warum denn Herdplatten rot glühen. Laser gehen darauf zurück, dass man in den Himmel geguckt und sich gefragt hat, warum Sterne nur in bestimmten Farben strahlen.
Wer weiß, wie wir in 100 Jahren auf diese Aufnahmen zurückblicken.

Badesalz
2022-09-23, 22:15:39
@Langenscheiss
Ich versteh das vollständig. Das ist aber erstmal auch nur einen nicht weiterbringenden Fortschritt als fehlerhaft zu verwerfen und einen korrekten nicht weiterbringenden Fortschritt zu erstellen. Ja ich weiß, daß es mies ist ;)

Wir werden aber nie etwas über Dunkles Dies und Jenes erfahren, wenn wir nicht endlich schnallen, da0 der Schlüssel zu all dem das Higgs-Feld ist.
Wir glauben auch echt immernoch an so ein Zeug wie... Graviton :usweet:

Es geht nicht um Utilitarismus. Wir beschäftigen uns einfach nur nicht damit was uns weiterbringt. Mir geht das mittlerweile richtig auf den Keks :smile:

Und das bejubeln dieser brotlosen Kunst, auch wenn sie einem beeindruckend hohen technischen Level erreicht hat, ist nicht weniger nervig.

Aber ok. Wer nicht mag der muss auch nicht dabei sein. Das stimmt schon. Auch wenn es die Welt nicht besser macht Irrsinn zu ignorieren, es sind bisher eben zu wenige die darüber laut sprechen.

Ich verabschiede mich also an der Stelle. Alles andere wäre leider die gleiche brotlose Kunst wie die, über der wir uns grad unterhalten haben. So eine Meinung wie meine bringt momentan noch nichts verwertbares ;) Die Leute haben sowieso grad ganz andere Sorgen als Wissenschaftsromantik kritisch zu beäugeln.

Machs gut.

edit:
@Monger
Ja es wird wirklich sehr spannend wie JWST uns weiterbringen wird. Dein Wort im Gottes Ohr :tongue: Ich glaub jedenfalls nicht daran. Dafür hat er das imho verkehrte Instrumentarium dabei, was eben auf brotlose Kunst ausgelegt ist.

Langenscheiss
2022-09-23, 23:17:02
@Langenscheiss

Wir werden aber nie etwas über Dunkles Dies und Jenes erfahren, wenn wir nicht endlich schnallen, da0 der Schlüssel zu all dem das Higgs-Feld ist.
Wir glauben auch echt immernoch an so ein Zeug wie... Graviton :usweet:



Interessant, direkt nach einem Glaubensbekenntnis den "Glauben" zu kritisieren.
Aber um es mal aufzudröseln:

- Die Vorhersage der Anwesenheit eines Higgsfeld folgt der Philosophie der Quantenfeldtheorie, und versucht, innerhalb dieser Philosophie den Energie-Gap von Teilchen in ihrem Ruhesystem -- oder landläufig als Masse bekannt -- zu erklären, ohne damit Symmetrien zu brechen, von denen wir letztlich, getrieben von der Idee des Reduktionismus, GLAUBEN, dass sie in der übergreifenden Theorie, also in diesem Fall die elektroschwache Wechselwirkung, erfüllt sein müssen. Es ist genau dieser reduktionistische GLAUBE, der uns auch dazu treibt, sowas wie das Graviton vorherzusagen. Das ist 0 Mysterium, sondern schlicht die logische Fortsetzung in der Aufstellung der einfachst möglichen Repräsentationen der Poincare Gruppe auf den Hilbertraum (wir nehmen also an, das Quantenmechanik und Relativitätstheorie die Welt beschreibt!) bei gleichzeitigem Erhalt des klassischen Limes (in diesem Fall die Einstein-Hilbert Wirkung). Das Higgsfeld ist konsistent mit der Beobachtung eines Higgs-Teilchens. Das Graviton lässt sich bis jetzt aber weder mit Beobachtungen bestätigen noch falsifizieren, aber seine Existenz ist im Rahmen der gleichen Feldtheorie, die das Higgs fordert, völlig erwartbar. Und die Nicht-Renormierbarkeit der naiven Quantengravitation kann sich auch immer noch gut als schlichte mathematische Unzulänglichkeit herausstellen (siehe Differenzierung der perturbativen Renormierbarkeit)

- Dieser Energie-Gap, also die Ruhemasse durchs Higgsfeld trägt genauso wie jede andere Komponente im Energie-Impuls-Tensor zur gravitativen Wechselwirkung bei. Z.B. Photonen gehen auch ein, haben aber keine Ruhemasse. Das Higgsfeld hat da also zunächst überhaupt keine Sonderstellung. E = mc^2 kann also bezüglich der Gravitation nach allem, was wir bis jetzt gesehen haben tatsächlich in beide Richtungen gelesen werden, auch wenn diese Gleichung die nervigste Vereinfachung der modernen Populärwissenschaft ist.

- Wenn man jetzt annimmt, dass dunkle Materie tatsächlich Materie im Sinne der Quantenfeldtheorie ist, so ist der reduktionistische GLAUBE, dass diese Materie mindestens mit dem Higgsfeld interagieren muss, denn ansonsten wären sie "for all intents and purposes" nicht existent. Also sucht man schon recht lange im CERN nach indirekten Signaturen dieser Wechselwirkung. Das ist bis jetzt erfolglos, wobei das das falsche Wort ist, denn damit falsifiziert man ja letztlich einiges. Dennoch, die Abwesenheit einer "Entdeckung" führte dazu, dass viele alternative Theorien zur Natur der gravitativen Wechselwirkung im Weltraum ohne korrelierende sichtbare Materie, die früher als Crackpot Theorien galten, an Fahrt gewonnen haben. Diese Theorien können mittlerweile sogar schon den komischen Mikrowellen Hintergrund reproduzieren, ganz ohne dunkle Materie. Und nein, damit meine ich nicht die ersten MOND Theorien, sondern aktuelle theoretische Forschung, welche es in seriöse Fachzeitschriften mit hohem Impact schafft.

- Ein wichtiger Test für das Modell der dunklen Materie ist dessen Verteilung im frühen Universum. Denn die Annahme ist ja, dass die Bildung früher Galaxien genau von dieser Verteilung der dunklen Materie sowie dessen gravitativer Wechselwirkung mit baryonischer Materie bestimmt wird. Die Beobachtung elektromagnetischer (und gravitativer mit LIGO/LISA) Signale eben aus diesem frühen Universum ist also alles andere als Wissenschaftsromantik, sondern ein ganz wichtiger Datenpunkt für das Modell der dunklen Materie im Vergleich zu alternativen Theorien. Was z.B., wenn das JWST so viele Galaxien dort findet, dass dies niemals mit der Gravitation durch dunkle Materie erklärt werden könnte? Das würde enorme Fragen aufwerfen! Und ja, das würde uns weiterbringen, massiv sogar, im wahrsten Sinne ;)

Ich gebe zu, dass das alles recht abstrakt ist, und wenig mit den PR Bildern zu tun hat, aber nochmal: nur weil vermeintlich die meisten Menschen auf diese PR Bilder scharf sind (wobei, ist das so???) , heißt das nicht, dass das JWST ansonsten keine weiterbringende Forschung macht. Das schließt aber natürlich auch nicht den worst case aus, dass das JWST tatsächlich nur verifiziert, und nichts falsifiziert. Da muss man einfach abwarten. Aber das ganze Ding nach ein paar Monaten Betrieb ohne die Entdeckung von außerirdischem Leben oder Gott selbst bereits abzuschreiben, kann man nicht ernst nehmen. Und erst recht ist mir keine wissenschaftliche Grundlage bekannt, die die Forschung am Higgsfeld als "weiterbringender" qualifiziert, wie die Studie des frühen Universums, ganz gleich ob das Higgs-Teilchen in der populären Literatur oft als "Gottesteilchen" bezeichnet wird.

Tobalt
2022-09-24, 07:26:17
Ich denke tiefe kosmologische Beobachtungen haben das Potential, sowohl Parameterbereiche von DM und DE zu verfeinern. Außerdem gibt es ja auch Hinweise dass diese Konstrukte evtl nur nötig wurden weil bei Sims vereinfachende Konstrukte wie das kosmologische Prinzip angewendet werden. Die Signifikanz pro DE war noch nie überwältigend. Den Nobelpreis halte ich für überhastet.

Was bringt also diese tiefe Kosmologie: Meine Hoffnung ist dass sich damit DM und/oder DE erübrigt und die Forschungsprojekte zum direkten Nachweis dieser dann sinnvolleren Dingen gewidmet werden können.

Langenscheiss
2022-09-24, 15:01:01
Zunächst mal wird das Webb so wie Hubble und viele andere Observatorien am Montag auf den DART schauen :)

https://www.nature.com/articles/d41586-022-03030-x

Das bringt uns zwar fundamental wissenschaftlich nicht weiter, aber das Wissen darüber, ob solche Missionen tatsächlich Asteroiden Bahnen derart beeinflussen können, dass man sie weniger gefährlich macht, ist für die Gesellschaft durchaus relevant. Und um dies letztlich zu ermitteln, müssen danach kleinste Orbit-Abweichungen beobachtet werden, was nur mit hochauflösenden Teleskopen geht. Ist aber natürlich nicht JWST spezifisch, wobei ich mich schon Frage, welches erdnahe oder erdgebundene Observatorium, abgesehen vom hinterherfliegenden Beobachtungssatelliten und dem DART Objekt selbst, die besten Bilder liefern wird. JWST wohl eher nicht, da haben wir im optischen Bereich besseres.

Langenscheiss
2022-10-13, 17:17:59
Für die Bildergucker: Hübsche Staubringe :)
https://blogs.nasa.gov/webb/2022/10/12/webb-reveals-shells-of-dust-surrounding-brilliant-binary-star-system/

Wenn das nicht schon vorher detektiert gewesen wäre, hätte ich das zumindest in dem paper
https://arxiv.org/abs/2210.06452
https://www.nature.com/articles/s41550-022-01812-x
auf den ersten Blick für ein optisches Artefakt gehalten :) (was nicht gut wäre, weil das JWST dann in großen Schwierigkeiten wäre) Stattdessen aber sind das periodisch emittierte Staubwolken aus einem Binärsystem in etwa 5300 Lichtjahre Entfernung zur Erde, welche mit ca. 6 Mio Meilen pro Stunde durchs All rasen ;)

Simon Moon
2022-10-23, 17:49:34
0b_LQ_s3BpU

Langenscheiss
2022-10-27, 20:51:16
Sieht wie immer top aus, aber zum ersten Mal richtig die Muskeln spielen lässt das JWST hier:

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/10/26/webb-offers-never-before-seen-details-of-early-universe/

https://arxiv.org/abs/2210.14123

Auch von diesem Objekt wird es wohl ein NIRSpec follow-up geben, und eine solche Sternenverteilung bei z = 11 ist ein extrem wichtiger Datenpunkt für die Theorie der Galaxien-Bildung im frühen Universum. Das ist also genau die Art von Ergebnisse, die man sich vom JWST primär erhofft hat, und die mit der Infrarotkamera von Hubble bei lediglich bis zu 1.6µm eben nicht mehr bekommen kann, da das zweite Objekt röter ist, als das Objekt, was schon bei Hubble mit der WFC3 als pixelbrei sichtbar ist.

EDIT: Hier eine erste der angesprochenen spektroskopischen Bestätigungen mit Hilfe des NIRSpec für die z = 9.76 Galaxie JD 1, zurzeit an 5. Steller der bekannten Galaxien und Galaxien-Kandidaten mit dem größten Red-Shift:
https://arxiv.org/abs/2210.15639
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_the_most_distant_astronomical_objects
Figur 2 ist das relevant Ergebnis denke ich.
Die Autoren haben das mal direkt an Nature geschickt :) Nächstes Jahr wird das NIRSpec dann vermutlich auch CEERS-93316 an erster Stelle der Liste untersuchen.

EDIT2: Ein Miri Bild der pillars of creation gibt es auch noch:
https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/haunting-portrait-nasa-s-webb-reveals-dust-structure-in-pillars-of-creation

Langenscheiss
2022-11-08, 20:58:02
Gut, dass sie für das MRS (medium infrared spectroscopy) Reibungsproblem jetzt offenbar eine mitigation strategy gefunden haben:

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/11/08/webbs-mid-infrared-instrument-returns-to-full-functionality/

Es wäre verdammt schade gewesen, schon im ersten cycle einen Instrumentmodus zu verlieren. Gerade im MIRI, welches ja Wellenlängen untersucht, die sonst eigentlich kaum zugänglich sind. (Für alles bis 1.6µm kann man ja immer noch mit dem HST schauen, wenn auch bei deutlich schlechterer Auflösung als mit der NIRCam)

Langenscheiss
2022-11-13, 13:16:07
Sieht wie immer top aus, aber zum ersten Mal richtig die Muskeln spielen lässt das JWST hier:

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/10/26/webb-offers-never-before-seen-details-of-early-universe/

https://arxiv.org/abs/2210.14123


Der Herr Müller von UWL sieht das übrigens auch so:
ko3hQo79ZVI
Ist mMn das bisher wichtigste Ergebnis des JWST.

Und wo wir dabei sind: es gibt ein erstes Update bezüglich eines möglichen Lyman-Alpha Fakes der z=16 Galaxy von ALMA:
https://arxiv.org/abs/2211.04048
Die HInweise verdichten sich, dass es eine echte z=16 detection war. Gewissheit wird NIRSpec liefern.

Langenscheiss
2022-11-13, 13:19:42
Sieht wie immer top aus, aber zum ersten Mal richtig die Muskeln spielen lässt das JWST hier:

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/10/26/webb-offers-never-before-seen-details-of-early-universe/

https://arxiv.org/abs/2210.14123


Der Herr Müller von UWL sieht das übrigens auch so:
ko3hQo79ZVI
Ist mMn das bisher wichtigste Ergebnis des JWST.

Und wo wir dabei sind: es gibt ein erstes Update bezüglich eines möglichen Lyman-Alpha Fakes der z=16 Galaxy von ALMA:
https://arxiv.org/abs/2211.03896
Die HInweise verdichten sich, dass es eine echte z=16 detection war. Gewissheit wird NIRSpec liefern.

Langenscheiss
2022-11-22, 17:42:40
Heute gab es ein großes Exoplanet Update zu WASP-39b, der Exoplanet mit der ersten CO2 Detection.
https://en.wikipedia.org/wiki/WASP-39b

Es gibt nämlich jetzt eine Reihe weiterer Paper, wovon das wichtigste neue Ergebnis wohl eine erstmalige (fast) Entdeckung (4.8sigma) von Schwefeldioxid (SO2) in der Atmosphäre ist, welches auf bestimmte photochemische Prozesse hindeutet.
https://www.nasa.gov/feature/goddard/2022/nasa-s-webb-reveals-an-exoplanet-atmosphere-as-never-seen-before


Im Detail:
1.) https://arxiv.org/abs/2211.10487
Hier gibt es via JWST NIRSpec PRISM (Farbtrennung via Prisma) robuste spektroskopische Signale (>5 sigma Signifikanz) für Natrium (19σ), Wasser (33σ), CO2 (28σ), und CO (7σ). Eine geringe Signifikanz gibt es aber eber auch für eine SO2 (Schwefeldioxid) Detektion.
2.) https://arxiv.org/abs/2211.10488
Analog zum ersten Paper hat man hier mit einem Diffraktionsgitter (G395H) zur Auftrennung des Lichtes in die Farbbestandteile geschaut
(siehe https://jwst-docs.stsci.edu/jwst-near-infrared-spectrograph/nirspec-instrumentation/nirspec-dispersers-and-filters). Man findet CO2 (28.5σ) und H2O (21.5σ), sowie SO2 mit 4.8sigma.
3.) https://arxiv.org/abs/2211.10490
Dieser paper beleuchtet die mögliche Schwefeldioxid Detektion noch im Detail, und beschreibt/modelliert den wahrscheinlichsten photochemischen Entstehungsprozess auf dem Planeten.
4.) https://arxiv.org/abs/2211.10493
Hier schaut man analog nochmal mit NIRISS. Da geht es im Wesentlichen nochmal um die Wolken, von denen man ja schon bei den ersten veröffentlichten Bildern gesprochen hat.
5.) https://arxiv.org/abs/2211.10489
Hier gibt es auch noch NIRCam Ergebnisse als Sanity check, die aber naturgemäß nicht die einzelnen Bestandteile aufdröseln können.

Langenscheiss
2022-12-09, 20:26:31
Es gibt mehrere Neuigkeiten von der Deep-Field Front.

1.) Das JADES Projekt hat nämlich das gemacht, was man im Idealfall nämlich immer machen sollte, aber bis jetzt auf Grund der knappen Zeit noch nicht möglich war: eine kombinierte Anwendung von NIRCam und NIRSpec zum Aufspüren von Galaxien mit hoher Rotverschiebung. Genauer gesagt haben sie sich das Hubble Ultra-Deep-Field

https://hubblesite.org/contents/media/images/2006/12/1870-Image.html

nochmal mit dem JWST angeschaut, wobei man erst NIRCam Bilder gemacht hat, und dann interessante Kandidaten mit NIRSpec spektroskopiert hat. Das Resultat sind mehrere !spektroskopisch bestätigte! Entdeckungen von Galaxien beginnend bei z = 10.38 bis z = 13.2 (letztere genannt GS-z13). Letzteres ist dann in der Liste bestätigter Entdeckungen tatsächlich ein neuer Rekord, und entspricht etwa einer Zeit 350Mio Jahre nach dem Urknall.

https://stsci-opo.org/STScI-01GKT0JD103CVYR7VVPMQN1JQQ.png

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/12/09/nasas-webb-reaches-new-milestone-in-quest-for-distant-galaxies/

Eines der Paper dazu erschien gestern oder heute auf dem arXiv
https://arxiv.org/abs/2212.04480
wurde aber schon im November zum Review, vermutlich in einem high-impact Journal submittiert. In einem weiteren, vermutlich an Nature (vom Format sieht es so aus) submittierten paper
https://webbtelescope.org/files/live/sites/webb/files/home/webb-science/early-highlights/_documents/2022-061-jades/JADES_CurtisLake.pdf
gehen sie auch noch genauer auf die Spektroskopie ein. Insgesamt kommen sie zu dem Schluss, dass diese Galaxien zum Zeitpunkt der Lichtaussendung sehr jung waren und wenig schwere Elemente (metal-poor) hatten. Der Lyman alpha break ist auch nicht ganz so abrupt wie in Galaxien aus späterer kosmologischer Zeit, was darauf schließen lässt, dass das intergalaktrische Medium zu dieser Zeit extrem neutral war.

2.) Das UNCOVER Projekt hat auch ein neues Deep Field vom JWST veröffentlicht, womit man jetzt weiter Wissenschaft betreiben möchte.
Paper: https://arxiv.org/abs/2212.04026
Deep field (in verschiedenen Varianten und Auflösungen): https://jwst-uncover.github.io/DR1.html#Mosaics

Monger
2022-12-09, 21:06:08
Insgesamt kommen sie zu dem Schluss, dass diese Galaxien zum Zeitpunkt der Lichtaussendung sehr jung waren und wenig schwere Elemente (metal-poor) hatten.
Wann kann es denn überhaupt so rein rechnerisch die ersten Metalle gegeben haben?
Rote Sterne brennen zu lange und explodieren selten. Gelbe Sterne brennen einige Milliarden Jahre. Blaue Sterne... immer noch einige hundert Millionen Jahre, oder? Wo kommt denn so früh überhaupt erbrütetes Eisen her?
Oder sind da noch andere Prozesse am Werk?

Radeonfreak
2022-12-09, 21:07:48
So viel ich weiß waren die frühen Sterne sehr viel größer und kurzlebiger.

Rincewind
2022-12-09, 21:30:12
So viel ich weiß waren die frühen Sterne sehr viel größer und kurzlebiger.

+1
das ist auch mein Wissen. Blaue Überriesen die im damaligen jungen/kleinen Universum ihre Überreste verteilt haben.

Langenscheiss
2022-12-09, 21:30:54
Wann kann es denn überhaupt so rein rechnerisch die ersten Metalle gegeben haben?
Rote Sterne brennen zu lange und explodieren selten. Gelbe Sterne brennen einige Milliarden Jahre. Blaue Sterne... immer noch einige hundert Millionen Jahre, oder? Wo kommt denn so früh überhaupt erbrütetes Eisen her?
Oder sind da noch andere Prozesse am Werk?

Kenne da leider keine genauen Daten bezüglich der theoretischen Erwartung. Ich denke aber, dass der geringe Gehalt an Elementen schwerer als Wasserstoff (was die Astronomen dann als "Metall" bezeichnen :D ) schon der Erwartung entspricht. Man muss es aber trotzdem bestätigen, und das können sie jetzt mit dem NIRSpec :) Insbesondere bestätigt dies, dass es nicht schon viel früher Brutstätten für schwere Elemente gegeben haben kann.

Monger
2022-12-09, 21:33:42
So viel ich weiß waren die frühen Sterne sehr viel größer und kurzlebiger.
*kopfkratz*
Gibt doch zwei Kräfte die da gegeneinander spielen: Schwerkraft und Strahlungsdruck. Wenn man nur leichte Elemente hat, gibt's doch ein oberes Limit wie schwer ein Stern werden kann bevor er mit seinem Strahlungsdruck die Hülle wegbläst, oder? Und ein Stern muss durch die Wasserstofffusion durchgehen, bevor er zu Helium und noch schwereren Elementen übergehen kann, nicht wahr?

Rincewind
2022-12-09, 21:39:19
nach meinem letzten Wissen entstanden die ersten blauen Überriesen grob 250 Mio. Jahren nach dem Urknall. Die Lebensdauer +100 Mio. Jahre dazu, dann gingen die ersten Metalle nach 350 Mio. Jahren (+/-) nach dem Urknall ins junge Universum.

Langenscheiss
2022-12-09, 21:39:45
@Monger
Mein Astrophysik Laienwissen besagt, dass große, massereiche Sterne diesen Wasserstoffbrennprozess, also die Fusion, deutlich schneller durchlaufen als Sterne wie unsere Sonne, und dann halt in Folge schwerere Elemente brühen. Aber selbst das dauert einige Millionen Jahre, weshalb es geschätzt 350 Mio Jahre nach dem Urknall und einer langen dunklen Phase nach dem Aussenden der Hintergrundstrahlung recht unwahrscheinlich ist, dass es bereits Galaxien mit vielen schweren Elementen gibt. Aber wer weiß :) Dafür sind ja eben solche Beobachtungen mit dem JWST wichtig, um diese Theorie zu bestätigen.

EDIT: Ja, wie Rincewind sagt :)

Radeonfreak
2022-12-09, 21:41:01
Hab hier mal einen schönen Artikel gefunden.

https://www.spektrum.de/magazin/die-ersten-sterne-im-universum/828408

Rincewind
2022-12-09, 21:42:56
*kopfkratz*
Gibt doch zwei Kräfte die da gegeneinander spielen: Schwerkraft und Strahlungsdruck. Wenn man nur leichte Elemente hat, gibt's doch ein oberes Limit wie schwer ein Stern werden kann bevor er mit seinem Strahlungsdruck die Hülle wegbläst, oder? Und ein Stern muss durch die Wasserstofffusion durchgehen, bevor er zu Helium und noch schwereren Elementen übergehen kann, nicht wahr?

ich kenne so eine grundsätzliche Regel bei Sternen, je größer, desto kürzer das Leben.

Langenscheiss
2022-12-09, 21:49:31
Bezüglich der 250 Mio Jahre wird es demnächst vermutlich auch Aufklärung geben. Gab letztens bei der NASA ein Webb Seminar mit den Leuten vom GLASS und vom CEERS Projekt, und die haben angekündigt, dass es in etwa in diesem Monat und Anfang bis Mitte nächsten Jahres einige NIRSpecs von den Kandidat-Galaxien bis hin zu z = 16 geben wird. Wenn sich der CEERS Kandidat

https://en.wikipedia.org/wiki/CEERS-93316

bestätigt, dann sind wir bei einer Galaxie etwa 235 Mio Jahre nach dem Urknall.

Ende
2022-12-09, 22:09:13
Es gibt mehrere Neuigkeiten von der Deep-Field Front.

1.) Das JADES Projekt hat nämlich das gemacht, was man im Idealfall nämlich immer machen sollte, aber bis jetzt auf Grund der knappen Zeit noch nicht möglich war: eine kombinierte Anwendung von NIRCam und NIRSpec zum Aufspüren von Galaxien mit hoher Rotverschiebung. Genauer gesagt haben sie sich das Hubble Ultra-Deep-Field

https://hubblesite.org/contents/media/images/2006/12/1870-Image.html

nochmal mit dem JWST angeschaut, wobei man erst NIRCam Bilder gemacht hat, und dann interessante Kandidaten mit NIRSpec spektroskopiert hat. Das Resultat sind mehrere !spektroskopisch bestätigte! Entdeckungen von Galaxien beginnend bei z = 10.38 bis z = 13.2 (letztere genannt GS-z13). Letzteres ist dann in der Liste bestätigter Entdeckungen tatsächlich ein neuer Rekord, und entspricht etwa einer Zeit 350Mio Jahre nach dem Urknall.

https://stsci-opo.org/STScI-01GKT0JD103CVYR7VVPMQN1JQQ.png

https://blogs.nasa.gov/webb/2022/12/09/nasas-webb-reaches-new-milestone-in-quest-for-distant-galaxies/

Eines der Paper dazu erschien gestern oder heute auf dem arXiv
https://arxiv.org/abs/2212.04480
wurde aber schon im November zum Review, vermutlich in einem high-impact Journal submittiert. In einem weiteren, vermutlich an Nature (vom Format sieht es so aus) submittierten paper
https://webbtelescope.org/files/live/sites/webb/files/home/webb-science/early-highlights/_documents/2022-061-jades/JADES_CurtisLake.pdf
gehen sie auch noch genauer auf die Spektroskopie ein. Insgesamt kommen sie zu dem Schluss, dass diese Galaxien zum Zeitpunkt der Lichtaussendung sehr jung waren und wenig schwere Elemente (metal-poor) hatten. Der Lyman alpha break ist auch nicht ganz so abrupt wie in Galaxien aus späterer kosmologischer Zeit, was darauf schließen lässt, dass das intergalaktrische Medium zu dieser Zeit extrem neutral war.

2.) Das UNCOVER Projekt hat auch ein neues Deep Field vom JWST veröffentlicht, womit man jetzt weiter Wissenschaft betreiben möchte.
Paper: https://arxiv.org/abs/2212.04026
Deep field (in verschiedenen Varianten und Auflösungen): https://jwst-uncover.github.io/DR1.html#Mosaics
Finde ich erstaunlich das es bereits 350 Millionen Jahre nach dem theoretischen Urknall bereits Galaxien gab.

Langenscheiss
2022-12-09, 22:26:57
@Ende:
Das an sich ist aber noch vollkommen verträglich mit dem Lambda-CDM (Dark-energy und kalte dunkle Materie) Modell des Universums mit einem Urknall. Was die Wissenschaftler aber hat aufhorchen lassen ist die hypothetische Anzahl solcher Galaxien. Wenn sich die ganzen Kandidaten aus dem CEERS und GLASS Projekt bestätigen, so hat man zurzeit Schwierigkeiten, diese Anzahl mit den verfügbaren Modellen der Galaxien-Entstehung in Einklang zu bringen. Das ist bis jetzt das interessanteste Ergebnis des JWST.

Monger
2022-12-09, 22:31:06
Hab hier mal einen schönen Artikel gefunden.

https://www.spektrum.de/magazin/die-ersten-sterne-im-universum/828408

Spannend! Danke!

Ende
2022-12-09, 22:38:56
@Ende:
Das an sich ist aber noch vollkommen verträglich mit dem Lambda-CDM (Dark-energy und kalte dunkle Materie) Modell des Universums mit einem Urknall. Was die Wissenschaftler aber hat aufhorchen lassen ist die hypothetische Anzahl solcher Galaxien. Wenn sich die ganzen Kandidaten aus dem CEERS und GLASS Projekt bestätigen, so hat man zurzeit Schwierigkeiten, diese Anzahl mit den verfügbaren Modellen der Galaxien-Entstehung in Einklang zu bringen. Das ist bis jetzt das interessantes Ergebnis des JWST.
Ich hätte nicht gedacht das es bereits kurz nach dem Big Bang derart viele Galaxien gibt.
Ich meine der Stoff für diese Galaxien muss ja auch erst erbrütet werden.
Und dann müssen sich diese Galaxien auch erst noch formen.
Dafür erscheinen mir 350 Millionen Jahre doch etwas kurz. (also nach gängiger Lehrmeinung)

Langenscheiss
2022-12-09, 22:54:35
Ich hätte nicht gedacht das es bereits kurz nach dem Big Bang derart viele Galaxien gibt.
Ich meine der Stoff für diese Galaxien muss ja auch erst erbrütet werden.
Und dann müssen sich diese Galaxien auch erst noch formen.
Dafür erscheinen mir 350 Millionen Jahre doch etwas kurz. (also nach gängiger Lehrmeinung)

Die gängige Lehrmeinung (basierend auf aktuellen Many-Body Simulationen welche dunkle Materie in die Berechnung der gravitativen Kräfte mit einbeziehen) besagt aber, dass 350 Mio nicht zu kurz ist :) Ohne die gravitative Wirkung der dunklen der Materie (bzw. von etwas, was diesen gravitativen Effekt generiert) allerdings wäre es viel zu kurz, bzw. es würden vermutlich gar keine Galaxien entstehen. Der Punkt ist nämlich, dass dunkle Materie oder was auch immer das ist anders als baryonische Materie nicht warten musste, bis das Universum transparent wurde, um Massenkonzentrationen zu bilden. Somit haben sich schon sehr früh "Mulden" im gravitativen Potential des Universums gebildet, welche dann die Galaxien-Bildung beschleunigt haben. Die aktuelle Vorhersage ist, dass es erste Galaxien ab etwa 250 Mio Jahre gab, und die tentativen Ergebnisse des JWST bestätigen dies (also der oben verlinkte z = 16 Kandidat)
Diese ersten Galaxien bestehen dann laut der Theorie hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium, welche nicht erbrütet werden müssen, sondern einfach das baryonische Materie-Endprodukt des Urknalls sind (sprich, wenn man mit Hilfe der Quantenfeldtheorien für Starke, schwache und elektromagnetische WW (bzw. im ganz frühen Universum elektroschwache WW) berechnet, was aus diesem hochenergetischen Anfangsbrei an stabiler Materie übrig bleiben kann). Und genau das haben ja die neuen JWST Beobachtungen bestätigt, also dass es bis auf Wasserstoff und Helium nicht viele andere Elemente in frühen Galaxien gibt.

Ende
2022-12-10, 10:20:00
Wurden denn schon Galaxien die nur aus Wasserstoff und Helium bestanden nachgewiesen?
Und hätten sich denn in solchen Galaxien nicht automatisch auch gleich Sterne bilden müssen?

Mortalvision
2022-12-10, 11:16:27
Das ist ja der Punkt. Die ersten Sterne waren vermutlich nicht grade supergroß, sondern ziemlich klein. Warum? Weil die Massekonzentration zwar groß war, aber die "schweren Teilchen" für das Bilden von massiven "Kondensationskernen" gefehlt haben. => Fusion zündet bald und bläst den Rest vom Gas wieder weg. In den ersten Galaxien wars dann aber eher andersrum: Gas fällt dermaßen schnell auf das Zentrum zu, dass sich schnell schwarze Löcher bilden ("Black Hole Star" = innen bereits Supernova gehabt und SL ist entstanden, es strömt aber mehr Gas auf das Objekt ein, als das SL "mampfen" kann => Schale mit Fusion H->He um das SL herum. Weird :freak:

Langenscheiss
2022-12-15, 21:39:16
Weiss nicht, ob das ohne Uni hinter ner Paywall ist, aber hier gibt es eine Zusammenfassung der ersten Ergebnisse, welche "Science" letztlich dazu bewegten, das JWST als Breakthrough of the year zu wählen :)

https://www.science.org/content/article/breakthrough-2022#section_breakthrough

Runners-up sind u.a. die neuen AI Bildgeneratoren, der Link zwischen Multipler Sklerose und dem Epstein Barr Virus (wer weiß, wofür dieses Virus, was bei etwa 90% aller Menschen im Körper schlummert, noch so alles verantwortlich ist), sowie die DART Mission :)

Langenscheiss
2022-12-22, 01:21:38
Pünktlich zu Weihnachten darfs auch mal etwas, um es mit Badesalz' Worten zu sagen, Wissenschaftsromantik von der ESA sein :)

https://cdn.esawebb.org/archives/images/screen/potm2212a.jpg

https://esawebb.org/images/potm2212a/

Sachlich geht es da eigentlich um Sternentstehung, aber ich finde, das Bild zeigt gut, wie krass hell so schwarze Löcher bzw. deren Akkretionsgebiete sind. Das sind ja winzige Raumgebiete, und dennoch strahlen die mehr als die gesamte Galaxie zusammen. Da können wir doch froh sein, dass unser eigenes grad verhungert und vom Staub verdeckt wird.

ChaosTM
2022-12-22, 01:28:55
l7fs4FFb99w


gute Zusammenfassung aller Ereignisse bisher

Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass dieses unfassbar komplexe Ding jemals funktionieren würde und doch haben wir* es geschafft.


*wir als Menschheit können alles erreichen (oder zerstören) wenn wir nur wollen


add.: der Preis von 2x BER ist aber auch nicht ohne. Worth it ;)

Ende
2022-12-22, 08:46:13
Pünktlich zu Weihnachten darfs auch mal etwas, um es mit Badesalz' Worten zu sagen, Wissenschaftsromantik von der ESA sein :)

https://cdn.esawebb.org/archives/images/screen/potm2212a.jpg

https://esawebb.org/images/potm2212a/

Sachlich geht es da eigentlich um Sternentstehung, aber ich finde, das Bild zeigt gut, wie krass hell so schwarze Löcher bzw. deren Akkretionsgebiete sind. Das sind ja winzige Raumgebiete, und dennoch strahlen die mehr als die gesamte Galaxie zusammen. Da können wir doch froh sein, dass unser eigenes grad verhungert und vom Staub verdeckt wird.
In der Mitte ist ein schwarzes Loch?:confused:

Langenscheiss
2022-12-22, 11:36:51
In der Mitte ist ein schwarzes Loch?:confused:
Ja, aktive galaktische Kerne sind nach allem, was wir wissen, schwarze Löcher, die bei der Akkretion von Material derart viel Energie in Strahlung umsetzen, dass die so hell erscheinen. Es ist so ziemlich das krasseste an Leuchtkraft, was wir so kennen.

@Chaos
Ja, wollte ich auch noch posten. Da fehlen am Ende ein bisschen die ersten wissenschaftlichen Erkenntnisse (Kohlendioxid und Schwefeldioxid auf Exoplaneten, eine sich immer mehr bestätigende Überanzahl an Galaxien aus dem frühen Universum etc.), und den Freak Mikrometeoriten haben sie auch rausgelassen, aber das comissioning haben sie gut eingefangen. Hab damals gespannt auf die Sonnenschildentfaltung geschaut, selbst wenn es bloß eine Animation gefüttert von Telemetrie war ;)

EDIT: Die Preisdiskussion finde ich auch arg übertrieben. Ja, es ist wichtig, dass man mit Steuerngeldern gut haushaltet, keine Frage, und beim Webb wurden Kosten falsch kalkuliert und es gab Fehlentwicklungen. Aber für diesen Mars Pipedream werden bei jedem SLS launch mehrere Milliarden verballert, obwohl der Gewinn für die Gesellschaft abgesehen vom Penis-Vergleich mit China eher überschaubar ist. Die Technik vom Webb hat bereits jetzt spin-offs. Das comissioning ist ein Textbucheispiel für komplexe Missionen im Weltraum. Und das Webb ist zusammen mit vielleicht noch eine Hand voll anderer Observatorien das einzige Instrument, mit der es aktuell noch realistisch ist, dass wir fundamentale Erkenntnisse gewinnen (sofern die Leute vom LHC nicht vielleicht doch noch Glück haben). Oder besser gesagt, gerade schon dabei sind, zu gewinnen, siehe Galaxien-Bildung im frühen Universum und dessen Implikationen für die Theorie, welche bereits jetzt heiß diskutiert werden, und vorher so nicht erwartet wurden. Da habe ich deutlich weniger Probleme mit, Steuergelder für herzugeben, als für dieses Mond Programm bei derart hohen Kosten. Bin nicht grundsätzlich gegen letzteres, aber ich hoffe stark, dass SpaceX die Kosten dafür stark drücken kann. Selbst wenn es nicht meine Steuergelder sind.

Langenscheiss
2023-01-06, 18:45:10
Für alle, die sich beim Webb auch fürs Engineering sowie für die neu entwickelten Technologien dahinter interessieren, erschien heute auf dem Arxiv ein schöner Artikel, unter anderem vom Optik Chef Lee Feinberg als Autor:

https://arxiv.org/abs/2301.01779

Abgesehen vom "first on-sky image" mit 18 unphasierten Einzelspiegeln (Figur 17) und der bereits bekannten "performs better than expected" Aussage gibt es auch ein paar "lessons learned" in Sektion 7 (ab Seite 28). Dort schreiben sie unter anderem:

- Die separate Spiegeladjustierungsmechanik ist nicht nur wegen etwaiger Mikrometeoriten Gold wert, sondern auch deshalb, weil es im Teleskop immer noch mechanische Restverzerrungen gibt. Diese lösen sich dann und führen dann immer mal wieder zu leichten Änderungen der Spiegelneigungen, welche dann ausgeglichen werden müssen. Für das Webb mit Nanometer Präzision ist das vorhandene System ausreichend, aber wenn man bis auf Pikometerpräzision runter will, wird dieser mechanische "Stressabbau" eine Herausforderung werden.

- Bis heute ist der Haupt-Schaden durch Mikrometeoriten nur durch diesen einen Treffer auf C3 verursacht worden. Effekte von Mikrometeoriten sind daher mit einer großen statistischen Unsicherheit behaftet. Mit anderen Worten: nichts genaues weiß man nicht, und man muss schlicht die 10 - 20 Jahre abwarten.

- Sie haben am Anfang der Entwicklung die Optik/Optomechanik der einzelnen Instrumente separat vom Teleskop selbst modelliert, und...tada...die Modelle waren nicht kompatibel ;) Die separate Modellierung führte darüber hinaus dazu, dass die Modellierung von rogue light (also Licht, welches nicht über den Primär-Sekundär-Tertiär-Spiegel-Pfad in die Instrumente gelangt) bestimmte stray light pfade über Reflektionen an den Instrumenten selbst übersehen hat. Dies hat man dann während der Flugphase gemerkt, und mittlerweile erfolgreich in die Modelle integriert. Damit ist man nun in der Lage, beim Zeitplan für Beobachtungen darauf zu achten, dass es zum Zeitpunkt der Aufnahmen möglichst wenige Objekte gibt, die Licht auf diesen ungewollten Pfaden ins Teleskop emittieren könnten. Darüber hinaus gibt es in dem User Manual Hinweise zur Identifizierung von rogue stray light in den Rohdaten. In Zukunft wird man vor dem Launch ein komplettes Modell mit allen mechanischen Details der Komponenten erstellen, um sowas zu verhindern.

- Die thermisch-mechanische Modellierung hat bestimmte thermisch bedingte, transiente Drifts in der Optik bedeutend überschätzt. Ist natürlich besser als unterschätzt, aber sie verstehen bis jetzt noch nicht, was da in ihrem Modell schief gelaufen ist. Was sie aber vor dem Launch verstehen konnten, war, dass bestimmte Kabelummantelungen durch ihre Steifigkeit teilweise zu von der Erwartung abweichenden thermischen Instabilitäten führten.

- Die Kontaminationskriterien in Konstruktions- und Testreinräumen mussten gelockert und durch eine Spiegelreinigungsprozedur ersetzt werden, weil der Aufwand zur Einhaltung der Kontaminationskriterien (und die damit verbundenen Kosten) zu hoch wurde. Die Wissenschaftler wollten dies erst verhindern, weil der Spiegel damit potentiell performance verlieren würde, aber das engineering team hat sich durchgesetzt. Ähnlich wurde bei anderen optischen Kriterien verfahren, sprich man hat error budgets erhöht, aber damit nicht nur den Aufwand im Rahmen gehalten, sondern auch das Risiko verringert, dass dieser erhöhte Aufwand zu Fehlern führen würde. Und die performance war ja am Ende immer noch besser als erwartet.

- Der Cryotest in der umgebauten Apollo Vakuumkammer war sehr aufwändig, zeigte jedoch handwerkliche Mängel mit der "Krause" (also diesem schwarzen Rand um den Primärspiegel zur Abblockung des Lichtes hinter dem Spiegel) auf, welche daraufhin ausgebessert werden konnten.

Für mich liest sich das so, als sei das rogue stray light Problem von allen Problemen noch das größte Ärgernis, da es vermutlich relativ leicht verhinderbar war, und jetzt die Beobachtungsplanung beeinflusst. So ein riesen fail wie der Hubble Launch war das aber bei weitem nicht. Insgesamt gut gelungen!

EDIT: Zum NIRSpec gibt es auch noch ein schönes Video bei UWL:
50n3zIXuOLM

Langenscheiss
2023-01-10, 01:49:49
Wie damals bei Hubble hat man natürlich auch beim JWST über Nachfolger nachgedacht. Nun hat die NASA ein neues Konzept vorgestellt, was vorherige Ideen wie etwa HabEx (https://en.wikipedia.org/wiki/Habitable_Exoplanet_Imaging_Mission) weiter verfeinert und konkretisiert:

https://www.science.org/content/article/nasa-unveils-initial-plan-multibillion-dollar-telescope-find-life-alien-worlds

Ab etwa 2040 soll das sog. HWO, also das Habitable Worlds Observatory, ins All gebracht werden. Ein paar features:

- Ähnlich wie das JWST soll es um den L2 kreisen

- Hauptziel ist, wie der Name schon sagt, Biosignaturen auf erdähnlichen Exoplaneten zu finden.

- Es soll einen ähnlich großen, ebenfalls segmentierten Spiegel wie JWST haben, aber wie Hubble im UV, optischen sowie im Nah-Infrarotbereich operieren. Damit wird die effektive Auflösung des HWO die vom JWST natürlich nochmal deutlich übertreffen. Vermutlich wurde L2 deshalb gewählt, weil man für Bio-Signaturen eben nicht auf den Infrarot-Bereich verzichten kann, der nahe der Erde überstrahlt wird. Auf dem Bild im dem Artikel ist ja auch ein Sonnenschild abgebildet. Aber anders als JWST soll das HWO kein Mid-infrared Instrument haben, und braucht somit vermutlich keine aktive Kühlung.

- Das Teleskop soll von vorn herein auf Roboter-Service ausgelegt sein. Das umfasst sowohl das Betanken als auch den Austausch der Instrumente. Klingt kompliziert und fehleranfällig bei derart präzisen Optiken, selbst mit Roboter-Präzision. Aber neue Instrumente wurden ja auch auf Hubble verbaut, also vielleicht leichter als ich es mir vorstelle.

- Durch die Segmentierung brauchen die Spiegel zum Phasieren eine stabil operierende Adjustor-Mechanik mit Präzision im Pikometer-Bereich, anders als das JWST was wenige Nanometer schafft. Das ist eine riesen Herausforderung, u.a. wegen winziger mechanischer Restverzerrungen, siehe vorheriges Forums-Posting mit dem Paper vom Feinberg.

- Der Einfluss von Mikrometeoriten ist wegen der höheren Präzision auch größer. Da überlegt man, ob man dafür einen zylindrischen Schutz um den Spiegel installieren kann, der zwar das Sichtfeld etwas einschränken würde, aber die Chance auf einen kritischen Einschlag verringern würde. Solch ein Schutz würde auch den Einfluss von stray light verringern, siehe wiederum vorheriges posting.

- Der Coronagraph zum Ausblenden des Lichtes der Sterne, worum die Exoplaneten kreisen, muss auch mindestens um den Faktor 10 100 besser als aktuelle Technologie (die dann verbaut ist beim 2027 startenden Nancy Grace Roman Teleskop) werden, also in dem Intensitätsverhältnis zwischen Licht vom Stern vs. Licht vom Planeten

Ende
2023-01-10, 13:33:08
- Das Teleskop soll von vorn herein auf Roboter-Service ausgelegt sein. Das umfasst sowohl das Betanken als auch den Austausch der Instrumente. Klingt kompliziert und fehleranfällig bei derart präzisen Optiken, selbst mit Roboter-Präzision. Aber neue Instrumente wurden ja auch auf Hubble verbaut, also vielleicht leichter als ich es mir vorstelle.


Blos das eben Hubble im Prinzip direkt vor der Haustür steht. Deswegen konnte man da auch mal hin und was dran machen.
L2 ist schlicht viel zu weit entfernt.

Betanken per Roboter kann ich mir ja noch vorstellen aber ganze Module austauschen? Da muss ja wirklich alles zu 100% passen und stimmen.
Bestimmt keine leichte Aufgabe für die Ingenieure.

Agenor
2023-01-10, 17:37:28
Die Kosmologen liegen mal wieder falsch. Bin mal gespannt wie sie wieder ihr L-CDM verbiegen wollen, damit sie bloß nicht von vorne anfangen müssen.

https://www.rit.edu/news/james-webb-space-telescope-study-reveals-wide-diversity-galaxies-early-universe
New data from the James Webb Space Telescope (JWST) have revealed that the structures of galaxies in the early universe were much more diverse and mature than previously known.

“There have been previous studies emphasizing that we see a lot of galaxies with disks at high redshift, which is true, but in this study we also see a lot of galaxies with other structures, such as spheroids and irregular shapes, as we do at lower redshifts,” said Kartaltepe, lead author on the paper and CEERS co-investigator. “This means that even at these high redshifts, galaxies were already fairly evolved and had a wide range of structures.”

Langenscheiss
2023-01-10, 21:05:10
Zunächst mal muss man gerade die high-redshift Kandidaten spektroskopisch bestätigen. Z.B. soll NIRSpec bald Gewissheit bezüglich des z=16 Kandidaten liefern, zumindest laut einer Aussage der CEERS/GLASS Leute in einem Seminar vor einer Weile. Aber ja, auch bei den neuen super-high redshift Kandidaten gab es ja schon viele Diskussionen darüber, wie weit das jetzt noch mit dem Lambda-CDM Modell übereinstimmt. Und der Trend mit den ungewöhnlichen Funden scheint sich ja dann auch bei z = 9 (also noch nicht im extremen Bereich) fortzusetzen. Mittlerweile scheinen Erklärungsversuche aber eher dahin zu gehen, diese Diskrepanzen mit einem unvollständigen Verständnis über Galaxien-Bildungsprozesse zu erklären, anstatt am Lambda-CDM Modell zu rütteln. Ist zwar alles noch nicht sicher, aber das ganze kann, anstatt ein tiefgreifendes, kosmologisches Problem auch ein "langweiliges" Astrophysik-Problem sein.

EDIT: Das paper dazu ist ja auch nicht neu:
https://arxiv.org/pdf/2210.14713.pdf
Wurde halt jetzt peer-reviewed.

anddill
2023-01-10, 21:47:51
Nee, die "Da Oben" kommen nicht mehr hinterher die Simulation upzudaten.

Langenscheiss
2023-01-19, 13:55:15
Die NASA hat die wichtigsten AAS meeting Präsentation mit Bezug zum JWST jetzt in einem Artikel samt Links zu den entsprechenden Präsentationsfolien zusammengestellt:

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/nasa-recaps-webb-telescope-findings-from-aas-meeting

Ist ein netter Überblick über erste Ergebnisse und dem aktuellen wissenschaftlichen Diskurs rund ums Webb :)

Langenscheiss
2023-02-06, 20:04:28
Hatte schon kurz nach den ersten Bilder Gerüchte über eine Asteroiden-Entdeckung gehört vom Kollegen aus der Kosmologie. Das ist dann wohl die passende Publikation dazu, welche wohl länger im peer review war:

https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2023/02/aa45304-22/aa45304-22.html

Und hier die NASA Aufbereitung

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/webb-detects-extremely-small-main-belt-asteroid

Tja, wer weiß was alles noch in solchen Archiv-Daten schlummert, die man ursprünglich verworfen hat ;) Und die gute Nachricht ist, dass sich MIRI offenbar generell gut fürs Aufspüren von Asteroiden in der Ebene des Sonnensystems eignet.

Rincewind
2023-02-06, 21:33:35
hilft das uns potentielle Objekte aufzuspüren, die uns gefährlich sein könnten?

Langenscheiss
2023-02-07, 02:20:59
Hmm gute Frage, aber ich würde naiv sagen, die meisten Objekte aus dem main belt, welche man mit dem Webb noch sehen kann, sind vermutlich nicht auf gefährlichen Bahnen. Allerdings gab es angeblich immer mal wieder Objekte, welche nach innen gewandert sind auf Grund von besonderer gravitativer Konstellationen, und da sind natürlich gerade kleinere Objekte Kandidaten für. Insofern, ganz irrelevant wird so eine Beobachtungs-Möglichkeit diesbezüglich nicht sein denke ich.

Den Wissenschaftlern geht es aber glaub ich eher um eine Statistik von Eigenschaften der Asteroiden . Wenn man quasi mit jeder zweiten MIRI Aufnahme hinein in die Ebene zufällig noch Asteroiden nicht nur entdeckt, sondern vielleicht noch auf ein paar Grundeigenschaften schließen kann, so könnte sich da mit der Zeit ein netter Katalog bilden. Und vielleicht kann man damit besser abschätzen, welche Objekte durch besondere Konstellationen eventuell doch die Möglichkeit haben, nach innen zu kommen. Die Möglichkeit, sie aufzuspüren, ist auf jeden Fall immer positiv :)

EDIT: Es gibt übrigens ein neues deep field, zumindest für die wissenschaftliche community:

https://arxiv.org/pdf/2302.02429.pdf

Als aufbereitetes Bild hab ich das noch nicht gesehen, aber vielleicht kommt das noch. Das hat 40 Stunden Belichtungszeit, also deutlich mehr als die bisherigen 12 Stunden. Damit konnte man zum ersten Mal die UV (im Ruhesystem damals) luminosity function (also die Anzahl der Galaxien in einem Intervall der abgestrahlten Energie) bestimmen. Die ersten Ergebnisse, also dass wir irgendwie noch nicht ganz erklären können, warum es so früh so schon so viele helle Galaxien gab, werden bestätigt.

Langenscheiss
2023-02-16, 01:00:06
Hier auch eine aktuelle deep field Aufnahme aus dem UNCOVER Projekt mit krassen Details :)

https://webbtelescope.org/contents/media/images/2023/107/01GQQF4KP3GNVB12G6R0V8KSGM

Hier der NASA Artikel:

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/nasa-s-webb-uncovers-new-details-in-pandora-s-cluster

Gabriel Brammer, den die da zitieren, ist übrigens der Data-Reduction Pipeline Guru aus dem (ehemaligen) Nachbarbüro, und ist gefühlt auf jedem zweiten Webb Paper über Galaxien *wohlwollend neidisch*. Sprich, der arbeitet an dem Code, der die Rohdaten wissenschaftlich verwertbar macht und/oder in schöne Bilder verwandelt ;)

Badesalz
2023-03-02, 07:29:26
Lange nicht hier gewesen. Haben wir schon überraschende wie handfeste neue Sachen? :wink:

Hier auch eine aktuelle deep field Aufnahme aus dem UNCOVER Projekt mit krassen Details :)

https://webbtelescope.org/contents/media/images/2023/107/01GQQF4KP3GNVB12G6R0V8KSGM

Der Link zu Wissenschaftsromantik. Gibts das Bild auch in einer relevanten Größe (oberhalb einer halben Postkarte) oder spinnt mein Browser hier?

[MK2]Mythos
2023-03-02, 07:35:14
Lange nicht hier gewesen. Haben wir schon überraschende wie handfeste neue Sachen? :wink:



Der Link zu Wissenschaftsromantik. Gibts das Bild auch in einer relevanten Größe (oberhalb einer halben Postkarte) oder spinnt mein Browser hier?
Wenn man es schafft, etwas, nur ganz wenig, nach unten zu scrollen, dann bekommt man mehrere Downloadmöglichkeiten für die FullRes Versionen.

Badesalz
2023-03-03, 21:32:15
Ich war leider am Dreckbook. Safari blendet den Scrollbaken aus. Ich bin aus der Urzeit noch :freak:kurz nach rechts zu schauen ob und wie lang die Seite ist :usweet:
DANKE.
edit: So Speck-Takulär wie Hubbles ist das aber nicht (?) ;)

@all
Hab ich nach nehr oder weniger aufregenden Entdeckungen/Bestätigungen gefragt oder hab ich das vergessen? :frown: Ich schau nochmal nach...

Langenscheiss
2023-03-03, 22:23:40
@Badesalz
Bisher habe ich die arXivs und Videos, die für mich interessante Entdeckungen bzw. Themen --als auch schöne Bilder-- rund ums Telekop diskutieren, soweit wie es geht hier zitiert. Wenn du die nicht interessant findest bzw. nicht lesen möchtest, ist es ja ok. Aber, um mal offen zu reden, nur diesem Thread wieder beizutreten, um deinen bereits jedem bekannten Standpunkt totzuiterieren, ist mMn Verschwendung sowohl deiner Zeit, als auch der Zeit jedes anderen, der sich hier informieren möchte.

@Deep fields:
Das spektakuläre an dem Uncover deep field ist nicht die Tiefe, sondern dass es bei Hubble-ähnlicher Tiefe einen deutlich größeren Bereich abdeckt, und damit eine deutlich bessere Statistik liefert, als bisherige Beobachtungen. Das alles trägt dazu bei, gesicherte Kenntnisse über Galaxien-Verteilung sowie der Masse und Elementverteilung innerhalb der Galaxien im frühen Universum zu erhalten. Wie in jeder anderen empirischen Wissenschaft bedeutet die Erforschung des frühen Universums halt, dass es nicht reicht, einen Datenpunkt zu nehmen, weshalb solche großen deep fields wichtig sind.

@Entdeckungen:
Die größte Entdeckung ist und bleibt bis jetzt, dass das JWST zu viele zu massereiche und/oder zu helle Galaxien (und ungewöhnlicher Morphologie als auch teilweise Element-Verteilung) bei sehr hoher Rotverschiebung findet. Das verdichtet sich fast mit jeder neuen Publikation zu dem Thema, und deutet stark auf ein unvollständiges Verständnis von Galaxien-Entstehung im frühen Universum hin. Das heißt noch nicht, dass Lambda-CDM widerlegt wurde, aber es besagt, dass gewisse Mechanismen (z.B. die Verteilung der dunklen Materie) vermutlich anders interagieren, als wir es bisher dachten. Um diese Hypothese weiter zu festigen oder letztlich zu widerlegen, sind spektroskopische Rotverschiebungstests mit dem NIRSpec, als auch eben tiefere und größere Surveys a la Uncover und darüber hinaus geplant. Gleichzeitig wird auf theoretischer Seite gerade lebhaft publiziert zu möglichen Erklärungen und Erweiterung der Viel-"Teilchen" (teilweise eine Galaxie = ein Teilchen ;) ) Simulationen zur Materie-Verdichtung im frühen Universum.

Auf der Exo-Planeten Seite warten gerade vermutlich viele auf die Daten zum Trappist System. Beobachtungen waren da jedenfalls vor einiger Zeit geplant bzw. im observing schedule hinterlegt.
EDIT:
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/program-information.html?id=2304

Darüber hinaus hat sich MIRI als hervorragender Spotter für Asteroiden innerhalb der Ekliptik erwiesen:

https://arxiv.org/abs/2302.06921

ChaosTM
2023-03-03, 23:26:14
@Badesalz
ier informieren möchte.



@Entdeckungen:
Die größte Entdeckung ist und bleibt bis jetzt, dass das JWST zu viele zu massereiche und/oder zu helle Galaxien (und ungewöhnlicher Morphologie als auch teilweise Element-Verteilung) bei sehr hoher Rotverschiebung findet. Das verdichtet sich fast mit jeder neuen Publikation zu dem Thema, und deutet stark auf ein unvollständiges Verständnis von Galaxien-Entstehung im frühen Universum hin. Das heißt noch nicht, dass Lambda-CDM widerlegt wurde, aber es besagt, dass gewisse Mechanismen (z.B. die Verteilung der dunklen Materie) vermutlich anders interagieren, als wir es bisher dachten. Um diese Hypothese weiter zu festigen oder letztlich zu widerlegen, sind spektroskopische Rotverschiebungstests mit dem NIRSpec, als auch eben tiefere und größere Surveys a la Uncover geplant. Gleichzeitig wird auf theoretischer Seite gerade lebhaft publiziert zu möglichen Erklärungen und Erweiterung der Viel-"Teilchen" (eine Galaxie = ein Teilchen ;) ) Simulationen zur Materie-Verdichtung im frühen Universum.



https://arxiv.org/abs/2302.06921


ich brauchte 2 Durchläufe und 2 wiki suchen um das zu verstehen.
Vielleicht gehts etwas einfacher, ohne dich/sich in deinen, zugegebenermaßen eloquenten Ausführungen zu verlieren.


Erinnert mich an Raphaela Edelbauers Bücher ;)

Langenscheiss
2023-03-03, 23:48:37
Wir wollen verstehen, wie sich erste Galaxien gebildet haben. Es gibt dazu Theorien und Computersimulationen, welche für eine bestimmte Zeit nach dem Urknall bestimmte Galaxien vorhersagen. Unsere JWST Beobachtungen passen zum gros dieser Vorhersagen nicht gut. Jetzt müssen wir verstehen, warum. Waren die bisherigen Beobachtungen statistische Ausreißer, wurden die Daten nur falsch interpretiert, oder stimmen unsere Modelle noch nicht? Wie machen wir das? Mit Statistik, wie immer ;)

ChaosTM
2023-03-04, 00:00:25
Perfekt. :)

sane in the membrane
2023-03-04, 00:40:02
Wir wollen verstehen, wie sich erste Galaxien gebildet haben. Es gibt dazu Theorien und Computersimulationen, welche für eine bestimmte Zeit nach dem Urknall bestimmte Galaxien vorhersagen. Unsere JWST Beobachtungen passen zum gros dieser Vorhersagen nicht gut. Jetzt müssen wir verstehen, warum. Waren die bisherigen Beobachtungen statistische Ausreißer, wurden die Daten nur falsch interpretiert, oder stimmen unsere Modelle noch nicht? Wie machen wir das? Mit Statistik, wie immer ;)
Aus dem Blickwinkel betrachtet, sollte die Astronomie einen enormen Schub erfahren, wenn sie sich nur der statistisch hochgradig signifikanten Tools der Klimatologie bedient (y)

Mortalvision
2023-03-04, 07:42:08
Wir wollen verstehen, wie sich erste Galaxien gebildet haben. Es gibt dazu Theorien und Computersimulationen, welche für eine bestimmte Zeit nach dem Urknall bestimmte Galaxien vorhersagen. Unsere JWST Beobachtungen passen zum gros dieser Vorhersagen nicht gut. Jetzt müssen wir verstehen, warum. Waren die bisherigen Beobachtungen statistische Ausreißer, wurden die Daten nur falsch interpretiert, oder stimmen unsere Modelle noch nicht? Wie machen wir das? Mit Statistik, wie immer ;)

https://quoteinvestigator.com/2018/12/25/universe/

Das "Komische" am Universum ist jetzt nichts Neues und hat nix mit Klimawandel zu tun…

Badesalz
2023-03-04, 09:27:25
Wow wow wow... :usweet: Ich dachte es gibt schon 2-4 Sachen die man direkt auf den Tisch knallen kann und das Thema wäre für einen geklärt :) Wenn das wohl nicht so ist, dann ist es halt nicht so.

Man entschuldigt die Verstimmung die von mir so auch nicht geplant war. Das ist halt so mit den Laien. Das muss nicht immer gelebter Sarkasmus sein, meine Herren :|

Über Galaxien hab ich z.B. bis grad auch das falsche Verständnis gehabt. Früher paar Sachen überflogen, blieb ich an der Meinung hängen, daß Galaxien sich um (massive) schwarze Löcher bildeten. Das war für mich BISHER also kein so großes Mysterium :confused: Und weil wir in der Mitte der A2261-BCG noch keins Gefunden haben (NOCH?), war das für mich nur die Ausnahme welche diese Regel bestätigt und ein Beweis, daß es u.U. auch mal anders geht (?)

Wobei die imho schon kleinwenig untypischer aussieht als der gewohnte Rest.

Das war mir halt nicht klar, daß dies noch eins der Mysterien der Astronomie ist. Die Aufklärung des hanebüchenen Blödsinns mit den Dunklen Kräften hab ich immer wesentlich höher priorisiert. Halt persönlich, subjektiv. Ich weiß...

Gut, daß scheint sich teils und glücklicherweise in dem Fall zu verzahnen :tongue:
Vielleicht hab ich zu meiner Lebzeit noch das Glück und wenn die Modelle noch und nöcher mit den bisherigen Vorstellungen und Annahmen immer weiter crashen, ändert sich da endlich auch was grundlegendes.

Vielleicht steht endlich ein begabter 35jähriger mit fullsize cohones auf - der auf die Greisen so pfeift wie Daniel Everett (ehemals ein Lügner und Scharlatan) - wobei sein Fall halt nicht gerade dazu ermutigt und wie kein anderer den Sumpf des s.g. wissenschaftlichen Betriebes aufzeigt - und stellt endlich die richtigen Fragen und die richtigen Thesen dazu auf.

Langenscheiss
2023-03-13, 22:58:03
Perfekt. :)

Hier das gleiche nochmal von Dr. Becky, einer Astronomin und YouTuberin, und somit mit deutlich mehr Expertise sowohl was die spezielle Wissenschaft als auch die populärwissenschaftliche Aufbereitung angeht:

https://www.youtube.com/watch?v=hmkyF1tNFc4

Sie sagt aber im Grunde das gleiche, nämlich das dass JWST jetzt endlich eine Vielzahl an Daten liefert (vor JWST hatten wir ja nur eine Hand voll Galaxien mit z > 10), um unser Verständnis des frühen Universums zu verbessern. Und, dass das zumindest bis jetzt noch nicht bedeutet, dass die Kosmologie (also Urknall Modell, Lambda-CDM Kosmologie) grundsätzlich falsch liegt, sondern dass die Diskrepanz auch "banale" (aus der Sicht der Kosmologie) astrophysikalische Gründe haben kann. Wichtig ist aber, dass diese Diskrepanz zwischen Daten und unseren Modellen sich trotz teils fehlender spektroskopischer Bestätigung immer weiter erhärtet, und das ist genau die Art von Entdeckung, für die das JWST gebaut wurde.

Was diese Klimawandel-Anspielungen sollen, weiß ich nicht??? Unabhängig vom Thema bedeutet empirische Wissenschaft, dass Hypothesen durch eine Statistik über eine Vielzahl von Beobachtungen oder Experimenten erhärtet oder falsifiziert werden müssen. Das ist beim Klima genau so gültig wie am LHC oder eben bei der Erforschung des frühen Universums.

Langenscheiss
2023-03-17, 11:05:01
Hier wieder eine interessante Entdeckung vom CEERS Team zu dem Early Galaxy Thema: ein aktiver galaktrischer Kern mit einem supermassiven schwarzen Loch (10Mio Sonnenmassen) bei z = 8.7, also etwa 570 Mio Jahre nach dem Urknall gemäß der Standard-Kosmologie.

https://arxiv.org/abs/2303.08918

Das ist nicht nur ein weiterer Rekord. Diese Art von Entdeckung ist insbesondere wichtig, um zu verstehen/bzw. Modelle zu bestätigen oder zu widerlegen, die beschreiben, wie viel Masse sich auf welchen Zeitskalen ansammeln kann. Hier geht es insbesondere darum, ob solche Löcher stellaren Ursprungs sein können, oder vielleicht direkt durch Ansammlung von Material entstanden sein können. Beides, so sagen sie, sei aber exotisch gemäß unserer Modell fürs frühe Universum. Am Ende von paper machen sie dann wie üblich Werbung für follow-ups, weil das JWST solche schwarze Löcher ja offensichtlich finden kann, und bessere Statistik letztlich erlaubt, den einen oder anderen Mechanismus auszuschließen. MIRI Beobachtungen sind schon fest eingeplant.

Langenscheiss
2023-03-22, 23:23:38
Der wohl beste sightseeing Eintrag des interplanetaren Reiseführers :)

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/nasa-s-webb-spots-swirling-gritty-clouds-on-remote-planet
(aufbereitete Form des papers https://arxiv.org/abs/2209.00620)

Hier gibt es alles beobachtbare kombiniert in einem Exoplaneten ;) Dabei sind insbesondere große Sandstürme, also "silicate clouds raining down" (das erste Mal, das sowas auf Exoplaneten beobachtet wurde). Und mit 40 Lichtjahren Entfernung in der direkten Nachbarschaft :)

Langenscheiss
2023-03-27, 21:57:16
Endlich gibt es was zum TRAPPIST System :)

https://www.nature.com/articles/s41586-023-05951-7

Dank MIRI konnte man zum ersten mal überhaupt direkt die Strahlungstemperatur der Oberfläche eines erdähnlichen Gesteinsplaneten, nämlich TRAPPIST 1b, messen.

https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/nasa-s-webb-measures-the-temperature-of-a-rocky-exoplanet/

Das funktioniert deshalb, weil das emittierte Licht vom Stern + der Tagseite des Planeten ein klein wenig heller ist, als vom Stern allein (weil die Tagseite des Planeten Licht reflektiert, welches uns sonst rein aus geometrischen Gründen nicht erreichen würde). Damit hat man ermittelt, dass die Tagseite etwa eine Temperatur von 500 Kelvin hat. Diese Temperatur bestätigt frühere Ergebnisse, welche vermuten ließen, dass der Planet keine Atmosphäre hat, da die Temperatur konsistent mit perfekter Schwarzkörperstrahlung ist.

Langenscheiss
2023-03-28, 06:44:38
Und heute nochmal: Der CEERS-93316 Galaxie-Kandidat bei z = 16

https://en.wikipedia.org/wiki/CEERS-93316

hat sich laut NIRSpec follow-up ---leider--- nicht bestätigt. :(

https://arxiv.org/abs/2303.15431

Dieser Kandidat war bis jetzt eines der krassesten Beispiele für Galaxien, welche unseren Modellen widersprechen. Tatsächlich scheint laut den neuen NIRSpec Beobachtung dies aber einer der extremen Fälle zu sein, wo ein näheres Objekte aus dem späteren Universum bei z = 4.9 den Lyman break nachahmt. Siehe Figur 4. Andererseits bestätigt sich aber ein weiterer CEERS Kandidat (Maisies Galaxy) bei z = 11.4 . Das ist zwar nicht ganz so krass wie das "weiteste" (Lichtlaufzeit) spektroskopisch bestätigte Objekt (https://en.wikipedia.org/wiki/JADES-GS-z13-0), aber immer noch "weit". Bin mal gespannt, ob heise und co, welche damals mit z = 16 gehyped haben, jetzt auch einen Artikel zur Korrektur veröffentlichen ;)

Badesalz
2023-03-31, 11:15:10
Ok. Wenn wir Sandstürme auf 40Lj. Entfernung feststellen können, dann bin ich auch mal beeindruckt :smile: Das ist natürlich ein Pfund.

PS:
Hat wer simple (IT-)Daten zum Webb?
Rechner(anzahl), deren grobe Hardware, Kapazitäten, Verbindungen in dem Hobel selbst, der Link zur Erde und zurück ist wie schnell, Reaktionsverzögerung, aktuelle Daten zum Energiebedarf/Verbrauch, maximaler Verbrauch, mit welcher Spannung wird gefahren, welcher "Format"/Protokoll wird für die Übertragung genutzt mit ggf. wieviel Kanälen?

Musste vieles gehärteter gemacht werden als bei Hubble? (wegen L2) Welche Strahlung herrscht da eigentlich? Wie lange würde ein Mensch das in 0815 Außenanzug unbeschadet aushalten? Ab welcher Größe eines Mikrometeorits bzw. ab welcher solcher Beschädigung am Spiegel würde man das auch auf den Daten sehen?

Badesalz
2023-04-05, 16:04:06
KEINER? :D Ich dachte ihr interessiert euch so für die ganze Technik, daß die Infos längst erschlossen wurden :tongue:

Langenscheiss
2023-05-05, 23:43:03
Die Infos dazu gibt es auf Seite 1 dieses Threads, im Nutzerhandbuch.

https://jwst-docs.stsci.edu/

Da steht auch, wer die einzelnen Instrumente entwickelt hat. Die haben jeweils eigenen Paper veröffentlicht, was genau diese Instrumente können, und wie sie aufgebaut sind.

@Wissenschaft:
Gutes Update-Video von Dr Becky zum Thema high-z Galaxien:
https://www.youtube.com/watch?v=W4KH1Jw6HBI
Sie beschreibt da paper aus der Gruppe meiner ehemaligen Büronachbarn aus Kopenhagen. Deren Lösung ist schlicht, dass die initiale stellare Massen Funktion (also die Verteilung der Stern-Massen), welche sich direkt "nach" (in universellen Zeitskalen) einem Starburst Event ergibt, nicht zu allen Epochen gleich war, sondern von der Temperatur des Universums (also dem Hintergrund) abhängt. Mit dieser zusätzlichen Abhängigkeit gibt es absolut keine Probleme mehr mit dem Lambda-CDM Modell, sprich es wäre eine plausible Erklärung für die Beobachtungen des JWST. Die Annahme, dass die initial mass function (imf) universell (zu allen Zeiten) gleich war und ist, wurde schon lange angezweifelt. Das JWST hat also nicht den Big Bang widerlegt, aber es sieht so aus, als seien dies die ersten handfesten Daten, die besagen, dass die Theorie der universellen imf tatsächlich non-sense ist.

Als Kontext: Habe mit den Erstautoren Steinhard und co. mal auf einer Kosmologie Konferenz geredet, und ich hatte den Eindruck, die haben grundsätzlich eine sehr konservative Meinung bezüglich jeglicher Messungen von angelichen Abweichungen von Lambda-CDM. Die gehen z.B. auch davon aus, dass die Hubble Tension
https://de.wikipedia.org/wiki/Hubble-Konstante
--- also die verschiedenen Werte der Hubble-Konstante je nach Mess-Methode --- letztlich hauptsächlich darauf beruht, dass die Distanz-Leiter-Methode, also die Messung von Distanzen mit Referenz-Lichtquellen wie Cepheiden, Supernovae etc., einfach zu viele Annahmen (z.B. bezüglich lokaler Doppler-Effekte durch Bewegung der Lichtquellen innerhalb der Raumzeit) machen. Nach deren Meinung liefert die Bestimmung der Hubble-Konstante aus der Mikrowellen Hintergrundstrahlung deshalb den besten Wert.

anddill
2023-05-06, 00:34:10
Mal abgesehen von dem allgemein damals heißeren Universum, müsste nicht auch die geringe Metallizität der ersten Sterne und Galaxien erhebliche Auswirkungen auf die Masse und Leuchtkraft der Sterne haben? Es wird ja auch spekuliert daß diese Typ 3 Population generell viel heißer und größer war als die heutigen Sterne.

Tobalt
2023-05-06, 06:53:38
@Langenscheiß: Was Steinhard & co dann wohl über den Perlmutter Nobel Prize 2011 denken 🙄..

Wie verwurzelt ist in der Community denn die Skepsis an der Genauigkeit der Distanzleiter und darauf aufbauenden "Entdeckungen"?

Langenscheiss
2023-05-14, 10:26:16
Kenne die community insgesamt nicht so gut, aber selbst der Lesch hat das ja mal irgendwo in seinen Videos angesprochen. Das hat sich in diesem speziellen Fall halt ergeben, weil es grad eine Kosmologie Konferenz vor der Haustür mit Roger Penrose und co gab. Da warte ich natürlich nicht lange auf eine Einladung, obwohl ich in dem Thema nicht gearbeitet habe ;) Und abgesehen von den eigentlichen Talks gibt es da natürlich immer spontane Diskussionen über gerade aktuelle Themen. Eine davon war halt mit Charles Steinhard, und er hat uns da gezeigt, wie krass sich die Kosmologie, also die berechnete Zeitentwicklung des Hubble Parameters (Konstante passt wirklich nicht ;) ) durch z.B. Doppleverschiebungs-bedingte Ungenauigkeiten bei Superova Entfernungsbestimmung ändert. Und ähnliches von Sneppen, aber da muss man natürlich bedenken, dass die alle im gleichen Institut arbeiten. Da gibt es oft keine verschiedenen Meinungen ;)

@anddill: Ja, man würde das denken. Metallizität war damals auch universell anders, genau wie die Hintergrundtemperatur. Gefühlt würde ich sagen, dass der Sternbildungsprozess auch davon abhängt, welche Elemente in welcher Konzentration bereits vorhanden sind. Aber Experte im Sternentstehungsprozess bin ich nicht. Gibt sicher einen Grund, warum viele Astronomen bzw. Astrophysiker an der universellen IMF festhalten.

@JWST:
Die akzeptierten Cycle 2 Proposals wurden veröffentlicht :)
https://www.stsci.edu/jwst/science-execution/approved-programs

Da gibt es z.B (von dem, was mich als Astronomie Laien auf den ersten Blick interessiert):
- Messung des Hubble Parameters mit Hilfe einer z = 2 Supernova 1A, welche mit dem JWST im März diesen Jahres zufällig entdeckt wurde. Das könnte ein weiterer wichtiger Datenpunkt für die Distanzleiter Methode sein, sofern es gelingt: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/4446.pdf
- Mögliche Bestätigung einer z = 1.5 Supernova als Typ 1A, und damit potentiell noch ein Datenpunkt für Distanzleiter Kosmologie, sowie weiterer wichtiger Parameter: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/2767.pdf
- Genaue Überprüfung von Cepheiden als Teil der Distanzleiter: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/2875.pdf
- z > 15 galaxy observation attempts: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/3215.pdf
- 600 Stunden Parallelzeit (sprich, man will einfach weitere NIRCam Bilder für targets, welche von anderen Programmen untersucht werden) für die photometrische (also via NIRCam) Beobachtung von high-redshift Galaxien. Man erwartet 150-800 z > 10 Kandidaten über Cycle 2 summiert :freak: . Hoffentlich bringt das dann endlich die benötigte Statistik für robuste Aussagen über das frühe Universum: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/3990.pdf
- tiefere infrarot Bilder der Hubble Frontier Fields: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/3293.pdf
- NIRSpec follow ups der CEERS Bilder (um Rotverschiebungen spektroskopische zu bestätigen, oder interloper zu identifizieren): https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/2750.pdf
- NIRSpec follow-ups im Hubble Ultradeep Field: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/3290.pdf
- Follow ups für Trappist 1 (sieht ja so aus, als gäbe es dort keinen Gesteinsplaneten mit Atmosphäre, aber das muss bestätigt werden): https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/3077.pdf
- 360° highres NIRCam Bilder vom Uranus: https://www.stsci.edu/jwst/phase2-public/2768.pdf

Insgesamt liegt scheinbar ein nicht unwesentlicher Teil des Fokus nun tatsächlich darauf, mit dem JWST die Hubble-Tension zu attackieren. Finde ich gut :)

Badesalz
2023-05-26, 10:19:59
Die Infos dazu gibt es auf Seite 1 dieses Threads, im Nutzerhandbuch.

https://jwst-docs.stsci.edu/
Das ist schonmal cool. Vielen Dank :up:

Das aber auch schon (vor paar Tagen entdeckt)
https://space.stackexchange.com/questions/59733/what-kind-of-hardware-and-software-does-the-james-webb-space-telescope-computer

Langenscheiss
2023-06-06, 15:48:02
Über 700 größtenteils neue Kandidaten (bis auf etwa 40, welche zuvor schon mit dem JWST untersucht wurden) bei z > 8, mit z = 18 als höchsten photometrisch gemessen red shift :freak: . Und fast alle Kandidaten zeigen Signaturen von Sternenbildung.
https://arxiv.org/abs/2306.02468
Analysiert wurden das GOODS-S und GOODS-N deep field. Diese wurden mit Hubble und anderen Teleskopen bereits untersucht, aber eben nicht so tief bei den nötigen Wellenlängen für derart hohe red shifts.

Genau das meinte ich mit Statistik früher Galaxie-Bildung :) Selbst wenn viele von den Kandidaten sich als high-z Fakes rausstellen würden (ich bezweifle, dass die mit NIRSpec Spektren von all diesen Kandidaten bekommen), so ist die Chance sehr groß, dass wir hier mehrere spektroskopisch gesicherte z >= 15 Entdeckungen bekommen. Zu Hubbles Zeiten musste man schon froh über eine einzige z > 8 Entdeckung sein.

NASA hat dazu auch einen Artikel mit einem entsprechend aufbereiteten Bild eines deep fields:
https://www.nasa.gov/feature/goddard/2023/early-universe-crackled-with-bursts-of-star-formation-webb-shows
EDIT:
Die Jades Daten gibt es auch als interaktive Map:
https://jades.idies.jhu.edu/?ra=53.1540113&dec=-27.7903589&zoom=3

Langenscheiss
2023-07-24, 10:55:30
Hier mal ein Zwischenbericht was die optische Performance und die Nachkalibrierung angeht:
https://arxiv.org/abs/2307.11179
Abgesehen vom initialen Einschlag des Mikrometeoriten am Ende des commissionings gab es wohl an der Front keine größeren Probleme mehr. Darüber hinaus scheinen sich Restverzerrungen in der mechanischen Struktur jetzt weitesgehend abgebaut zu haben, wodurch die notwendigen Spiegelkorrekturen jetzt teilweise geringer ausfallen als am Anfang von Cycle 1. Diese sich langsam abbauenden Verzerrungen gelten ja als große Herausforderung für Next-Gen Weltraumteleskope, welche noch deutlich höhere Aktuatorpräzision verlangen werden, als die wenigen Nanometer, die das JWST bietet.

Langenscheiss
2023-08-08, 11:44:06
Es gibt Neuigkeiten zu schwarzen Löchern im frühen Universum, nämlich sowohl die photometrische Entdeckung (mit JWST NIRCam und Chandra X-ray)
https://arxiv.org/abs/2308.02654
als auch die spektroskopische Bestätigung (mit JWST NIRSpec)
https://arxiv.org/abs/2308.02750
eines aktiven galaktischen Kerns, also eines supermassiven schwarzen Loches bei z = 10.1 (450 Mio Jahre nach dem Urknall). Das schwarze Loch hat eine geschätzte Masse M_BH von ca 10 bis 100 Mio Sonnenmassen, und die Host-Galaxie M_Gal = mehrere 100 Mio Sonnenmassen, was einem geschätzten Verhältnis M_BH/M_Gal = 0.05 - 1.0 gleich kommt. (Man stelle sich einfach mal den Extremfall vor, dass das schwarze Loch genauso viel Masse hat, wie alle Sterne in der Galaxie ;) )

Wie die Wissenschaftler schreiben, ist das Verhältnis M_BH/M_Gal um 2-3 Größenordnung größer ist als im lokalen heutigen Universum (typisches M_BH/M_Gal = 0.001 - 0.002) . Diese Art von Entdeckung ist wichtig, da sie darauf hindeuten könnte, dass der Massenzuwachs von schwarzen Löchern im frühen Universum anders verlaufen konnte als heute. Im Gespräch sind da Mechanismen, welche das Eddington-Limit ( https://de.wikipedia.org/wiki/Eddington-Grenze ) brechen, als auch sog. "direct collapse" Modelle, sprich ein "übermassives" schwarzes Loch (overmassive black hole) ensteht nicht über den "Umweg" eines Sterns, sondern direkt durch den Kollaps von Gas (Wasserstoff und Helium), welcher eine schwere Keimzelle für ein schwarzes Loch erzeugt. Wie immer ist das aber alles mit Vorsicht zu genießen. Diese Massenabschätzungen basieren halt auf bestimmte Annahmen und relativ wenig Beobachtungsdaten. Immerhin scheint aber das Spektrum darauf hinzudeuten. (Da ja Dr Becky an schwarzen Löchern arbeitet, wird es da bestimmt auch noch ein Video zu geben, wo sie das besser einordnet ;) )

Joe
2023-08-29, 00:39:44
https://i.imgur.com/EXTCCkc.jpg

dreamweaver
2023-08-29, 07:09:32
Ist schon geil!

Langenscheiss
2023-09-13, 19:41:59
Nach dem das JWST dem Trappist System ja ein bisschen den Reiz bezüglich Exoplaneten und biologischen Indikatoren genommen hat, hat es jetzt einen anderen Kandidaten interessanter gemacht.
Paper hier:
https://arxiv.org/abs/2309.05566
Und Zusammenfassung hier:
https://www.nasa.gov/goddard/2023/webb-discovers-methane-carbon-dioxide-in-atmosphere-of-k2-18b
Die Hypothese ist, dass es sich um einen Hycean Planeten handeln könnte, der potentiell habitabel sein könnte:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hycean-Planet
Klar, sind viele "könnte", aber da lohnen sich weitere Untersuchungen!

EDIT: Achso, wurde schon im Neuigkeiten Thread gepostet. Naja, hier gibts dann halt den Link zum paper und zur NASA Veröffentlichung :)

Langenscheiss
2024-01-13, 02:15:49
JWST vergrößert die Hubble "Spannung" noch weiter:
https://arxiv.org/abs/2401.04773

Zu gering aufgelöste Messungen von Cepheiden galt lange als mögliche Fehleruelle in der Bestimmung des Hubble Parameters mit Hilfe des HST. Diese Messungen wurden nun aber mit dem JWST wiederholt, und die vorherigen Ergebnisse wurden mit deutlich höherer photometrischen Auflösung mit hoher Signifikanz bestätigt. Also weiterhin keine Erklärung für die Diskrepanz zwischen Bestimmung des Hubble Parameters via Distanz-Messung und Bestimmung via kosmischer Hintergrundstrahlung. Bleibt also eines der spannendsten Rätsel der Kosmologie.

Badesalz
2024-01-17, 09:59:17
Bleibt also eines der spannendsten Rätsel der Kosmologie.Das Drängen um die Podiumsplätze in dieser Disziplin wird mit der Zeit nicht weniger
https://www.uclan.ac.uk/news/big-ring-in-the-sky

Langenscheiss
2024-02-10, 16:28:37
Hier eine nette kleine Zusamenfasung des aktuellen Standes zum Thema "too many too bright galaxies in the early Universe":
https://physics.aps.org/articles/v17/23
Die meisten Astronomen sind sich wohl einig, dass Lambda-CDM hier nicht zusammenbricht, aber es bleibt unverstanden, wie genau sich Galaxien in dieser frühen Zeit gebildet haben.
In diesem Beobachtungszyklus geht es ja offenbar mehr um andere Dinge, aber mit cycle 3 wird dann hoffentlich nochmal wieder genauer geschaut, um der Sache nachzugehen.

Joe
2024-03-29, 20:06:14
https://i.imgur.com/BtVWVsG.png

Radeonfreak
2024-03-29, 20:31:39
Nett. =)

Joe
2024-04-24, 20:01:44
https://i.imgur.com/rKvps0R.png

E39Driver
2024-04-30, 11:46:28
JW wird jetzt einen genaueren Blick auf K2-18b werfen. Ein sehr viel versprechender Kandidat da wohl Spuren von Dimethylsulfid gemessen wurden, was eine Biomarker darstellt. Auswertung soll jetzt mehrere Monate dauern.

Bei K2-18b soll es sich um eine massereiche Wasserwelt mit hoher Schwerkraft handeln und mit 124 Lichtjahren für uns auch zu weit entfernt. Auf galaktische Maßstäbe bezogen aber nur ein ganz kleiner Katzensprung. Der Umkehrschluss lautet wenn auf solch einer exotischen Welt Leben nachgewiesen werden kann, dann wird die Galaxie hochgerechnet voll von Leben sein

https://www.merkur.de/wissen/weltall-jwst-teleskop-beobachtung-herausfinden-exoplanet-k218b-hinweis-leben-zr-93038243.html

Agenor
2024-04-30, 17:24:28
Dazu passend. Dimethylsulfid ist wohl doch kein so guter Biomarker.
What is a presumed sign of life doing on a dead comet? (https://www.science.org/content/article/what-presumed-sign-life-doing-dead-comet)

Last year, a team of astronomers drew headlines when it claimed a possible detection of DMS in the atmosphere of K2-18b, an exoplanet 8.6 times as massive as Earth orbiting within the habitable zone of its star. Based on the cocktail of other gases detected in its atmosphere, the team believed K2-18b might have a surface ocean and that the DMS, if confirmed, would be a sign of marine life.
...
Hänni wasn’t so sure. She studies the surprisingly complex organic molecules that can be found in comets, including the amino acid glycine. After hearing about the K2-18b claim, Hänni wondered whether she could also find the molecule on an unquestionably lifeless body, the comet 67P/Churyumov-Gerasimenko, which the European Space Agency’s Rosetta spacecraft chased for 2 years, directly sampling the cloud of dust and gas shed from the icy space rock.

Just 1 day of data from Rosetta’s mass spectrometer, an instrument that can identify molecules by their specific weights, was enough for Hänni and her colleagues to find DMS. She says lab experiments will now be needed to pin down exactly how DMS forms in space, where ultraviolet light and cosmic rays can power the synthesis of complex organic molecules.

E39Driver
2024-05-02, 08:52:36
Dazu passend. Dimethylsulfid ist wohl doch kein so guter Biomarker.

Ah ok - schade wäre auch zu schön gewesen. Aber mal die Detailanalyse abwarten was an Ergebnissen gefunden wird. Methan und Kohlendioxid deuten ja eigentlich auch in diese Richtung hin

Joe
2024-05-18, 18:21:34
https://i.imgur.com/ZZZWBMw.png

Supernovae like the one that formed Cas A (shown here) are crucial for life as we know it. They spread elements like the calcium in our bones and the iron in our blood across space, seeding new generations of stars and planets: https://go.nasa.gov/44KdDcA

Langenscheiss
2024-05-30, 20:49:18
Sieht nach einem neuen Licht-Distanz-Rekord aus:
https://arxiv.org/abs/2405.18485
Nicht bloß photometrisch, sondern spektroskopisch bestimmt. Damit sind wir dann bei etwa 290Mio Jahre nach dem Urknall.
https://blogs.nasa.gov/webb/2024/05/30/nasas-james-webb-space-telescope-finds-most-distant-known-galaxy/
Wenn wir noch mehr von diesen Galaxien finden, wird die sprichwörtliche Luft für die Theorien früher Galaxienbildung wirklich langsam etwas dünn. Der Punkt ist ja hier nicht nur z = 14, sondern dass die Metallizität in dieser Galaxie schon unerwartet hoch ist. Klar ist das auch ein bias Effekt: die einzigen Galaxien aus dieser frühen Zeit, die wir heute noch sehen können, werden wahrscheinlich die Ausreißer sein. Aber dennoch!

Badesalz
2024-07-15, 09:41:30
Funktioniert das Teil noch?

redpanther
2024-07-15, 12:56:22
Habe nichts gegenteiliges gehört. Warum die Frage?

Sogar Hubble funzt noch, auch wenn es zuletzt ein paar Probleme gab.
Soweit ich verstanden habe, konnten die gelöst werden.

Badesalz
2024-07-15, 13:01:37
Weil hier seit Ende Mai nichts mehr... bahnbrechendes los war :wink:

Joe
2024-07-19, 19:57:39
https://science.nasa.gov/wp-content/uploads/2024/07/arp142-webbhubble-hubbleview-4k.jpg?w=2560&h=3580

https://science.nasa.gov/wp-content/uploads/2024/07/arp142-webbhubble-webbview-4k.jpg?w=2560&h=3580

Langenscheiss
2024-08-14, 00:50:38
Gibt ein update zur Hubble Tension durch neue JWST Messungen:
https://arxiv.org/abs/2408.06153
So wie es aussieht, scheint die Kopenhagener Schule mal wieder Recht zu behalten: Der Unterschied zwischen komischer Hintegrundstrahlung und "lokalen" Messungen scheint vor allem durch systematische Fehler letzterer Methode zu entstehen. Hier auch eine Einordnung dazu auf Science
https://www.science.org/content/article/space-telescope-data-reignite-debate-over-how-fast-universe-expanding-and-whether-new
Ist natürlich längst noch nicht bestätigt, aber solche Fehler wurden ja schon länger vermutet.

Langenscheiss
2024-10-02, 01:07:57
Im Mai diesen Jahres hat man ja mit JADES Gz14 die Galaxie mit der bisher höchsten Rotverschiebung nicht nur mit dem JWST beobachtet, sondern auch spektroskopisch bestätigt.

Nun nachdem man wusste, wo man schauen muss, wurden follow ups mit ALMA gemacht und ausgewertet, und das spannende Ergebnis ist, dass man eine helle Sauerstoff-Linie [OIII]88μm gefunden hat (6sigma signifikant) -- bei einer Galaxie nur etwa 300Mio Jahre nach dem Urknall.
https://arxiv.org/abs/2409.20549
Dies ist einmal mehr ein deutliches Indiz dafür, dass Galaxien sich offenbar im frühen Universum deutlich schneller entwickelt haben müssen, als bisher angenommen. Denn der Sauerstoff muss ja aus dem Wasserstoffgas nach dem Urknall irgendwo entstanden sein, und da nimmt man üblicherweise an, dass der Sauerstoff aus Supernovae hervorgeht. Insbesondere scheint es bei JADES Gz14 keinen hellen Kern mit einem supermassiven schwarzen Loch zu geben, welches eventuell für eine exotische alternative Erklärung für den vielen Sauerstoff herhalten könnte.

ChaosTM
2024-10-02, 09:14:31
Weil hier seit Ende Mai nichts mehr... bahnbrechendes los war :wink:


Die schönen Bildchen die wir gelegentlich geliefert bekommen sind aus wissenschaftlicher Sicht eher ein "Abfallprodukt".
Damit wurde das Projekt der Öffentlichkeit "verkauft".


Spektrallinie von beobachteten Atmosphären von Exo-Planeten sind eher weniger spektakulär..

Surrogat
2024-10-02, 09:40:43
Bei K2-18b soll es sich um eine massereiche Wasserwelt mit hoher Schwerkraft handeln und mit 124 Lichtjahren für uns auch zu weit entfernt

Effektiv ist jegliches interstellare Ziel für uns zu weit entfernt, selbst zum Mond scheint es bemannt derzeit extrem schwierig zu sein, und näher gehts nun mal nicht.

Tobalt
2024-10-02, 11:12:23
Effektiv ist jegliches interstellare Ziel für uns zu weit entfernt, selbst zum Mond scheint es bemannt derzeit extrem schwierig zu sein, und näher gehts nun mal nicht.

Bei Fraser Cain auf YouTube gab es vor kurzem ein für mich neues Segelkonzept, was ich interessant fande.

Tldr:
Sämtlich Rocket Konzepte funktionieren nicht wegen der mitzunehmenden Masse. Selbst Fusion kommt gerade mal auf <0.1 c, Antimatter auf <0.5c, jeweils ohne Möglichkeit am Ziel wieder zu bremsen. Beides zu wenig für merkliche Zeitdilatation.

Ein Segel aus einer Folie wäre zu schwer. Deshalb wird ein Segel aus Magnetfeld diskutiert, was man wohl sogar zum Bremsen nehmen könnte (bin vorher eingeschlafen)

masteruser
2024-10-02, 14:03:26
Aliens sollen wohl kommen... :biggrin: :cool: :wink:
Es wird wohl nicht langweilig...?


wlf0LJ5GlTc